Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 23.4.1933 geborene Kläger ist aktives Mitglied der freiwilligen Feuerwehr S*****. Franz St***** besitzt in S***** ein Haus mit Garten im Ausmaß von ca 1.007 m2. Anfangs Februar 1995 ersuchte er den Feuerwehrkommandanten, ob die freiwillige Feuerwehr S***** einen Weidenbaum in seinem Garten zurückschneiden könne. Der Feuerwehrkommandant sagte, die Feuerwehr werde es im Rahmen einer Übung machen. Der Baum ragte mit seinen Ästen weder auf die Straße noch auf öffentliche Grundstücke. Der Kläger erhielt vom Feuerwehrkommandanten den Auftrag, die Äste im Anwesen des Franz St***** im Rahmen einer Übung zurückzuschneiden. Er fuhr am 15.2.1995 in Feuerwehruniform mit dem Feuerwehrauto zum Grundstück und brachte die Feuerwehrleiter in den Garten und stellte sie beim Baum auf. Er kletterte hinauf und schnitt mit der Feuerwehrsäge Äste der Weide ab. Die Leiter wurde vom Franz St***** gehalten. Als er von der Leiter hinuntersteigen wollte, drehte sich die Leiter bei einer Höhe von 1,7
m. Der Kläger mußte um einen Sturz auf einen Pkw-Anhänger zu vermeiden, von der Leiter nach hinten springen. Franz St***** konnte die Leiter nicht mehr halten, der Kläger kam mit beiden Füßen auf dem Betonboden auf und zog sich Verletzungen an beiden Beinen zu. Die Feuerwehr schneidet auch sonst über Aufträge von Privatpersonen Bäume in Form von Übungen zurück, weil dies das Beste ist, um am Gerät geschult zu werden. Sie schneidet Bäume auch dann, wenn keinerlei Gefahr für Mensch oder Personen besteht.
Mit Bescheid vom 9.1.1996 lehnte die Beklagte den Anspruch auf Entschädigung des Klägers aus Anlaß des Unfalls vom 15.2.1995 ab, weil ein Arbeitsunfall nicht vorliege.
Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger die Anerkennung des Vorfalles vom 15.2.1995 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil kein geschützter Arbeitsunfall vorliege.
Das Erstgericht stellte mit Zwischenurteil fest, daß der Vorfall vom 15.2.1995 ein Arbeitsunfall sei. Es vertrat die Rechtsansicht, der im Rahmen einer Feuerwehrübung erlittene Unfall des Klägers als Feuerwehrmann sei ein geschützter Arbeitsunfall im Sinne des § 176 Abs 1 Z 7 ASVG (= nunmehr Z 7a).
Das Berufungsgericht änderte das Zwischenurteil dahingehend ab, daß es mit Endurteil das Klagebegehren abwies.
Es führte rechtlich aus, daß der Unfall vom 15.2.1995 nicht die Folge eines Einsatzfalles sei, sondern das Schneiden des Baumes lediglich gärtnerischen Zwecken des Franz St***** gedient habe. Die Anordnung des Kommandanten zur Durchführung des Baumschnittes sei nicht als Anordnung einer Übung zu werten. Der Baumschnitt sei im ausschließlichen Interesse des Grundstücksbesitzers aus Gefälligkeit erfolgt. Das Schneiden eines Baumes durch einen einzelnen Feuerwehrmann ohne entsprechende Überwachung, Anleitung und Beaufsichtigung entspreche nicht den Erfordernissen der Ausbildung oder Übung im Sinne des § 176 Abs 1 Z 7 aF ASVG.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Ob § 176 Abs 1 Z 7 ASVG durch das SRÄG 1996 (BGBl 411) ab 1.8.1996 eine Erweiterung (214 BlgNR 20. GP, 37) dadurch erfahren hat, daß auch die Tätigkeiten, die die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr über die bisher in § 176 Abs 1 Z 7 ASVG genannten Tätigkeiten hinaus unter den dort genannten Bedingungen in Vollziehung von gesetzlich übertragenen Aufgaben ausüben (nunmehr Z 7b), Arbeitsunfällen gleichgestellt sind, hat keine Auswirkung auf das bereits am 15.2.1995 sohin vor Inkrafttreten dieser Bestimmung stattgefundene Unfallereignis. Auch unter Betrachtung des § 63 Abs 2 und § 64 Abs 3 NÖFGG (NÖ Feuer- und Gefahrenpolizei- und Feuerwehrgesetz) ändert der Umstand, daß jemand, der die Feuerwehr außerhalb ihrer Verpflichtung zur Hilfeleistung in seinem Interesse in Anspruch genommen hat, verpflichtet ist, der Feuerwehr die Kosten des "Einsatzes" zu ersetzen, nichts daran, daß der Unfallversicherungsschutz nur im Rahmen des § 176 Abs 1 Z 7 aF ASVG und nur in Ausübung der im Rahmen der Ausbildung, der Übungen und des Einsatzfalles obliegenden Pflichten eintritt. Mit § 63 Abs 2 NÖFGG wurden keine Aufgaben auf die Feuerwehr gesetzlich übertragen, sondern nur die Ersatzpflicht für außerhalb ihrer gesetzlichen Aufgaben liegende Hilfeleistungen geregelt. Im Gegenteil weist § 63 NÖFGG ausdrücklich darauf hin, daß die zu ersetzende Tätigkeit doch außerhalb der gesetzlichen Verpflichtung zur Hilfeleistung durch die freiwillige Feuerwehr stattgefunden hat. Die Bezeichnung als Einsatz enthebt nicht von der Verpflichtung zu prüfen, ob es sich auch um einen solchen im Sinne des § 176 Abs 1 Z 7 aF ASVG handelt. Als Einsatz wird im NÖFGG jedes Tätigwerden der Feuerwehr, im ASVG aber nur das Tätigwerden im Rahmen der obliegenden Pflichten verstanden.
Der Regelungszweck der mit der 9. Novelle zum ASVG (BGBl 1962/13) eingeführten Bestimmung des § 176 Abs 1 Z 7 aF ASVG war, die im Stammgesetz für diesen Personenkreis vorgesehene beitragspflichtige Teilversicherung, die im Hinblick auf den gemeinnützigen Zweck der Tätigkeiten als ungerecht empfunden wurde, durch Aufteilung des Versicherungsrisikos dieser Tätigkeiten auf die Gesamtheit der Unfallversicherten bzw deren Dienstgeber, bei denen nahezu alle Personen, die in derartigen Institutionen tätig sind, aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit unfallversichert sind, zu übertragen, ohne besondere Unfallversicherungsbeiträge einzuheben (517 BlgNR VIV GP, 77).
Ein Einsatzfall zum Schutz vor den bei öffentlichen Notständen drohenden Gefahren (SSV 20/102) im Rahmen der Feuerpolizei oder der örtlichen Gefahrenpolizei lag hier nicht vor, weil die Tätigkeit ausschließlich im privaten Interesse des Franz S***** begründet war. Es handelte sich daher nicht um eine Leistung die aufgrund gesetzlicher oder statutarischer Verpflichtung zu erbringen war (214 BlgNR 20. GP, 38), mag sie auch allenfalls nach § 63 Abs 2 NÖFGG ersatzpflichtig gewesen sein.
Unter einer Übung ist ein Verfahren zur Aneignung und zur Verbesserung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch (wiederholtes) Vollziehen bestimmter Tätigkeiten gekennzeichnet, die für einen möglichen Einsatz ("..... damit die Feuerwehrmitglieder allen an sie gestellten Anforderungen entsprechen können" = § 15 Abs 1 der Dienstordnung) von Bedeutung sein können und die nicht mit den allgemeinen ohne besondere Ausbildung jedermann eigenen Fähigkeiten durchgeführt werden können. Auch eine Übung steht mit der Ausbildung im Zusammenhang, weil sie der Überwachung, der Vertiefung, der Erhebung und Überprüfung des Ausbildungsstandes dient (vgl SSV-NF 4/112). Aus § 15 der Dienstordnung ist zu entnehmen, daß jährlich mindestens sechs Gesamtübungen und zwei Schulungsvorträge abgehalten werden müssen, dem Feuerwehrkommandanten die Grundausbildung obliegt, ein Ausbildungsplan zu erstellen und dem Abschnittsfeuerwehrkommando vorzulegen ist sowie die Vorbereitung und Durchführung der Übungen den Gegebenheiten und Einsatzanforderungen zu entsprechen haben. Daraus ergibt sich aber schon zwangsläufig, daß eine solche Übung zumindest eine Mindestorganisation derselben voraussetzt, weil die Überprüfung und Übung von Einsatzanforderungen zumindest planvolle Vorgaben erfordert.
Der erkennende Senat hat wiederholt ausgeführt, daß der Versicherungsschutz abgesehen vom Einsatzfall davon abhängig ist, daß die Teilnahme an einer der Ausbildung oder der Übung dienenden Veranstaltung zu den Pflichten gehört, die den Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehr in diesem Rahmen, also im Rahmen des Feuerwehrdienstes obliegen (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung 3 Bd Rz 611 zu § 2 SGB VII; SSV-NF 2/140, 3/60; 4/112; 6/123; 7/21).
Im Hinblick auf den Normzweck dient die vom Feuerwehrkommandanten ad hoc angeordnete Übung, bei der zwar auch die im Einsatzfall zu verwendenden Geräte und Maschinen oder sonstigen Ausrüstungsgegenstände und Fahrzeuge benützt werden, nicht dem der Tätigkeit der freiwilligen Feuerwehr zugrundeliegenden gemeinnützigen Zweck, wenn sie ausschließlich im Rahmen eines nicht von den gesetzlichen (gemeinnützigen) Pflichten umfaßten nur dem Privatinteresse dienenden "Einsatz" stattfindet. Gerade die Beitragsfreiheit gebietet es, Versicherungsschutz nur zu gewähren, wenn Ausbildung, Übung und Einsatz nur im Rahmen des Schutzzweckes der Norm, nämlich im Rahmen der den gemeinnützigen Interessen dienenden Pflichtenausübung bei Notständen im Rahmen der Feuerpolizei oder der örtlichen Gefahrenpolizei erfolgt. Daß letztlich jede Benützung der Ausrüstung im gewissen Sinn der Übung dient, macht sie noch nicht zu einer durch die Bestimmung des § 176 Abs 1 Z 7aF ASVG geschützten, wenn sich die "Übung" nur als unselbständiger Teil eines nicht gemeinnützigen Zwecken dienenden Einsatzes herausstellt und daher in der nicht geschützten Tätigkeit aufgeht.
Der ad hoc erteilte Auftrag des Feuerwehrkommandanten, im Anwesen des Franz St***** die Äste zurückzuschneiden entspricht schon deshalb keiner planvollen den Gegebenheiten und Einsatzanforderungen entsprechenden Übung, weil die Ausführung im gesamten dem Kläger nach eigenem Gutdünken überlassen war.
Ob der Kläger bei sonstiger Disziplinarfolge verpflichtet war, dem Befehl des Kommandanten nachzukommen, begründet allein noch keinen Versicherungsschutz, wenn die Voraussetzungen einer Übung im Sinne des § 176 Abs 1 Z 7 aF ASVG fehlten. Die dienstrechtlichen Verpflichtungen begründen nämlich nur dann Unfallversicherungsschutz, wenn sie den Voraussetzungen des § 176 Abs 1 Z 7 aF ASVG entsprechen.
Gerade die Novellierung des § 176 Abs 1 Z 7 aF ASVG durch das SRÄG 1996 durch Ausweitung des Versicherungsschutzes für Tätigkeiten im Rahmen der institutionalisierten Gefahrenhilfe, die der eigentlichen Erfüllung des Gesetzesauftrages vorangehen oder nachfolgen (214 BlgNR 20. GP, 37 f) zeigt, daß Zweck derselben war, weitere Tätigkeiten in den Unfallversicherungsschutz, die bisher nicht geschützt waren, neu einzubeziehen, die nicht unter Ausbildung, Übung oder Einsatz subsumierbar sind.
Dies spricht dafür, daß alle Tätigkeiten, die vor der Novellierung nicht unter Ausbildung, Übung oder Einsatz eingeordnet werden können, nicht geschützt waren, auch wenn sie zu den Aufgaben der Feuerwehr gehörten, wie solche, die nach § 63 NÖFGG ersatzpflichtig sind und außerhalb der Verpflichtung zur Hilfeleistung erbracht wurden.
Aber auch der Versicherungsschutz nach § 176 Abs 1 Z 6 ASVG liegt nicht vor. Der Kläger verrichtete schon deshalb keine betriebliche Tätigkeit wie ein sonst Vollversicherter, weil er nicht als Betriebsfremder, sondern als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr tätig wurde. Selbst wenn diese Tätigkeit ihrer Art nach einer betrieblichen entsprechen würde, ist sie nicht geschützt, wenn sie nur aufgrund mitgliedschaftlicher oder ähnlicher Verpflichtungen ausgeübt wird und nicht wie in einem Dienst-Lehr- oder ähnlichem Verhältnis (SSV-NF 6/123, 7/21). Die zum Unfall führende Tätigkeit des Baumschneidens ist zwar eine solche, die üblicherweise von gewerblichen Unternehmen verrichtet wird, jedoch erfolgte keine Eingliederung in einem solchen Betrieb des Haus- und Grundbesitzers Franz St***** noch lag eine Tätigkeit vor, die üblicherweise von Dienstnehmern der freiwilligen Feuerwehr verrichtet wird, sondern um eine solche, die von aktiven Mitgliedern im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit verlangt wird (SSV-NF 6/123).
Der Revision ist daher keine Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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