OGH 3Ob316/97k

OGH3Ob316/97k29.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 10.November 1982 geborenen Ingrid Elisabeth G***** infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Günther Walter B*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 7. August 1997, GZ 3 R 254/97f-87, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom 30.Mai 1997, GZ 2 P 506/95m-80, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der erstinstanzliche Beschluß ON 80, mit welchem die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die Minderjährige erhöht wurde, wurde dem Vater im Wege über das für seinen deutschen Wohnort O***** zuständige Amtsgericht Fürstenfeldbruck am 17.6.1997 durch Niederlegung auf der Postanstalt O***** zugestellt. In dem darüber vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck zur Geschäftsnummer 5 A R 158/97 am 4.7.1997 ausgestellten Zustellungszeugnis wird ausgeführt, die Niederlegung des zuzustellenden Schriftstückes auf der Postanstalt O***** sei erfolgt, weil der im Zustellungsantrag genannte Empfänger selbst in der Wohnung nicht angetroffen und die Zustellung weder an einen zur Familie gehörigen erwachsenen Hausgenossen noch an eine in der Familie dienende erwachsene Person, noch an den Hauswirt oder Vermieter ausführbar gewesen sei; eine schriftliche Mitteilung über die Niederlegung sei unter der Anschrift des Empfängers in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abgegeben worden. Die Zustellung sei nach den deutschen Vorschriften wirksam (ON 83, AS 257).

Am 7.7.1997 langte beim Erstgericht ein als Rekurs gegen den Beschluß ON 80 aufzufassendes Schreiben des Vaters ein, welches maschinschriftlich mit 30.6.1997 datiert ist und auf welchem von einer Kanzleibediensteten des Erstgerichtes der handschriftliche Vermerk "zur Post gegeben am 4.7.1997" gesetzt und unterfertigt wurde.

Das Gericht zweiter Instanz wies mit dem angefochtenen Beschluß den Rekurs des Vaters zurück und sprach aus, der ordentliche Revisionserkurs sei nicht zulässig. Angesichts der Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses am 17.6.1997 durch Hinterlegung sei der am 4.7.1997 zur Post gegebene Rekurs verspätet, er hätte zur Wahrung der Rechtsmittelfrist bis spätestens 2.7.1997 zur Post gegeben werden müssen. Weil die Minderjährige aus dem bekämpften Beschluß bereits Rechte erlangt habe, sei der verspätete Rekurs zurückzuweisen.

Nach der Zustellung des zweitinstanzlichen Beschlusses - erneut im Wege über das Amtsgericht Fürstenfeldbruck durch Niederlegung auf der Postanstalt O***** - am 18.9.1997 (AS 299) wandte sich der Vater zunächst mit Schreiben vom 22.9.1997 (Postaufgabe 23.9. = ON 89) an den Rechtspfleger des Erstgerichtes und teilte diesem unter Vorlage einer Fotokopie des Postaufgabescheines (Einlieferungsscheines) des Postamtes O***** mit, daß der Rekurs am 2.7.1997 (und nicht am 4.7.1997) zur Post gegeben worden sei. In einem weiteren am 30.9.1997 zur Post gegebenen und am 3.10.1997 beim Erstgericht eingelangten Schreiben, das als außerordentlicher Revisionsrekurs bezeichnet ist, wiederholte der Vater diese Behauptung und beantragte, den außerordentlichen Revisionsrekurs zuzulassen und die bereits (mit dem Rekurs) eingereichten Unterlagen nochmals zu prüfen (ON 91, AS 279 ff).

Die Kanzleibedienstete des Erstgerichtes, welche auf dem Rekurs des Vaters den Posteingangsvermerk "4.7.1997" gesetzt hatte, gab beim Erstgericht zu Protokoll, sie könne sich an den genauen Hergang nicht mehr erinnern, sie nehme aber an, daß der auf dem Briefumschlag zum Rekurs ON 82 angebrachte Poststempel das Datum "4.7.1997" deutlich lesbar getragen habe, weil sie andernfalls den Vermerk nicht angebracht und den Briefumschlag nicht weggeworfen hätte (ON 93, AS 301 ff).

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig, weil einerseits die der rekursgerichtlichen Entscheidung zugrundeliegende Sachlage über die Postaufgabe des Rekurses mittlerweile nicht mehr unangefochten ist, andererseits aber auch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die Wirksamkeit einer im Ausland (Deutschland) im Wege der internationalen Rechtshilfe erfolgten Zustellung und deren Einfluß auf den Lauf der mit der Zustellung ausgelösten Rechtsmittelfrist der Förderung der Rechtssicherheit dient. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Voranzustellen ist, daß die Voraussetzungen und Wirkungen einer im

Ausland (hier Deutschland) vorzunehmenden Zustellung grundsätzlich

nach dem im Zustellungsstaat geltenden Verfahrensrecht zu beurteilen

sind (s. Art 2 der Vereinbarung vom 6.6.1959 zwischen der BRD und

Österreich zur Vereinfachung des rechtlichen Verkehrs nach dem Haager

Übereinkommen vom 1.3.1954, BGBl 27/1960), worauf hier sowohl in den

Zustellungsersuchen des Erstgerichtes (mittels ZPF 52: ......läßt

sich die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers nicht bewirken,

so kann sie auf jede andere Art vorgenommen werden, die nach dem am

Zustellungsort geltenden Recht zulässig ist), als auch im jeweiligen

Zustellungszeugnis des Amtsgerichtes Fürstenfeldbruck ("Die

Zustellung..... durch Niederlegung bei der Postanstalt.......ist nach

den deutschen Vorschriften wirksam) zutreffend hingewiesen wird. Eine

Beurteilung der in Deutschland vorgenommenen Zustellung durch

Niederlegung im Sinne des § 182 dZPO nach den im vergleichbaren Fall

in Österreich geltenden Vorschriften über die Zustellung durch

Hinterlegung gemäß § 17 ZustG kommt somit nicht in Betracht. Der

gemäß § 66 der deutschen Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO

siehe Piller/Hermann dt.Justizverwaltungsvorschriften 3g) für die

Zustellung des vorliegenden erstinstanzlichen Beschlusses im Wege der

internationalen Rechtshilfe zuständige Rechtspfleger des

Amtsgerichtes Fürstenfeldbruck hat die förmliche Zustellung im Sinn

des Ersuchens des Erstgerichtes nach den deutschen

Zustellungsvorschriften (§§ 208 ff dZPO mit der Verweisung auf § 182

dZPO, siehe hiezu von Feldmann im Münchener Kommentar zur dZPO Rz 1

bis 4 zu § 182 und Rz 1, 10 zu § 208) durch Niederlegung bei der

zuständigen Postanstalt vorgenommen und in dem darüber ausgestellten

Zustellungszeugnis bestätigt, daß diese Zustellung nach den deutschen

Vorschriften wirksam ist. Mit der Niederlegung war aber die

Zustellung abgeschlossen (Feldmann aaO Rz 2). Die 14-tägige

Rekursfrist begann daher mit dem 18.6.1997 zu laufen und endete

entgegen der offenbar auf § 17 Abs 3 dritter Satz ZustG ("hinterlegte

Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist [= Abholfrist] als

zugestellt") beruhenden Ansicht der Vorinstanz - am 1.7.1997. Der

nach der vom Vater belegten Behauptung am 2.7.1997 zur Post gegebene

Rekurs ist daher verspätet und aus den vom Gericht zweiter Instanz

insoweit zutreffend dargelegten Gründen gemäß § 11 Abs 2 AußStrG mit

Recht zurückgewiesen worden (§ 510 Abs 3 ZPO).

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