OGH 14Os137/97

OGH14Os137/9729.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Holzweber, Dr.Ratz und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Wais als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Thomas W***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Thomas W***** sowie über die Berufung des Angeklagten Mario K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 21.April 1997, GZ 11 Vr 3.296/95-59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Soweit angefochten wurde - neben den Mitangeklagten Sieglinde W***** und Mario K***** - Thomas W***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB (I.1.) sowie der Vergehen nach § 36 Abs 1 Z 1 und 5 WaffG (I.2.) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (I.3.) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Graz

I.1. in der Zeit zwischen Ende September/Anfang Oktober 1995 und dem 12. Oktober 1995 den Rene L***** dadurch, daß er ihn aufforderte, dem Peter V***** zwei Schußverletzungen im Bereich der Beine zuzufügen, ihm die Tatwaffe (eine Pistole der Marke Luger, Kaliber 9 mm) übergab und ihm für die Tatbegehung eine Belohnung von 10.000 S versprach, dazu bestimmt, jenem am 12.Oktober 1995 durch die Abgabe von fünf Schüssen absichtlich eine schwere Körperverletzung (Weichteildurchschüsse am rechten und linken Oberschenkel sowie drei Durchschüsse des rechten Unterschenkels mit einer Zertrümmerung des Schienbeines und einer Verletzung der Nerven) zuzufügen, wobei die Tat schwere Dauerfolgen, nämlich eine auffallende Verunstaltung sowie ein schweres Leiden und die Berufsunfähigkeit des Geschädigten nach sich zog (komplette Nervenlähmung im Bereich des rechten Fußrückens bis unter das Kniegelenk, Funktionsstörung im Bereich der Zehen und des unteren und oberen Sprunggelenks rechts mit Spitzfußstellung, deutlich sichtbare Narben am gesamten rechten Bein, Atrophie des rechten Beines);

2. (zumindest) im Zeitraum von Anfang September bis Anfang Oktober 1995, wenn auch nur fahrlässig, eine Pistole der Marke Luger, Kaliber 9 mm, unbefugt besessen und dem Rene L*****, der zu deren Besitz nicht befugt war, zur Begehung der unter Punkt I.1. beschriebenen strafbaren Handlung überlassen; sowie

3. zu einem nicht mehr konkretisierbaren Zeitpunkt im Oktober und November 1995 den Mario K***** durch gefährliche Drohung mit der Zufügung zumindest von Verletzungen, nämlich durch die Äußerung:

"Wenn ich oder meine Gattin wegen dir ins Gefängnis müssen, so dämpfe ich dich und deine Freundin samt deinem Baby aus !" zur Ablegung falscher Aussagen vor den Beamten der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Graz und vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz in der Strafsache gegen Rene L***** und Gerald G*****, AZ 18 Vr 2770/95, genötigt.

Die aus Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas W***** geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider war das Schöffengericht in Entsprechung der Verpflichtung zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 1 Z 5 StPO) nicht gehalten, bei jeder einzelnen Feststellung anzugeben, auf welches Beweismittel es sich hiebei stützte. Es hat sich mit der überwiegend leugnenden Verantwortung des Angeklagten, insbesondere dessen Aussage, K***** habe ihn belastet, weil er sich "reinwaschen" wolle, auseinandergesetzt (US 13). Daß es sich bei Erörterung von dessen Angaben neben seinen Depositionen vor der Polizei und in der Hauptverhandlung auch auf die vor dem Untersuchungsrichter (ON 16) stützte, obwohl jene inhaltlich des Hauptverhandlungsprotokolles tatsächlich nicht verlesen wurden (S 375/II), begründet keine Nichtigkeit. Die Übereinstimmung der Aussage eines Mitbeschuldigten im Vorverfahren mit dessen Angaben in der Hauptverhandlung darf ungeachtet des Umstandes, daß die Verlesung der früheren Aussage mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 252 Abs 1 Z 2 oder 4 StPO unterbleiben mußte, in den Urteilsgründen beweiswürdigend berücksichtigt werden, weil - umgekehrt - die Abweichung des in der Hauptverhandlung Vernommenen in wesentlichen Punkten von seiner früheren Aussage im Hinblick auf eine Verlesungszulässigkeit gemäß § 252 Abs 1 Z 2 StPO der richterlichen Überprüfungspflicht unterliegt und damit Verhandlungsgegenstand (§ 258 Abs 1 StPO) ist (vgl 14 Os 79/96 = ÖJZ-LSK 1996/310).

Daß L***** vor der Polizei den Angeklagten nicht als Auftraggeber angab, ist ebensowenig von entscheidender Bedeutung, wie dessen (von K***** vermutetes; S 401/I) Motiv zur Abstandnahme vom - nicht in Rede stehenden - Angriff mit einer Axt.

Mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, daß auch andere gegen den Geschädigten Forderungen hatten, haben sich die Tatrichter ebenfalls auseinandergesetzt (US 12) und sich - was der Beschwerdeführer übergeht - bei ihren den Schuldspruch tragenden Feststellungen insbeson- dere auch auf die den Angeklagten massiv belastenden Angaben der Zeugen S***** und W***** im Vorverfahren gestützt (US 15).

Nach Prüfung des weiteren Beschwerdevorbringens anhand der Akten ergeben sich auch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5 a).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Thomas W***** und Mario K***** folgt.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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