OGH 13Os150/97

OGH13Os150/9729.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Grems als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl H***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 14.August 1997, GZ 7 Vr 379/97-9, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Karl H***** wurde des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB sowie der Vergehen des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB, der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in B*****

1. von 1988 bis 16.März 1994 wiederholt die am 24.Oktober 1980 geborene unmündige Anna H***** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, und zwar

a) von 1988 bis 1991 dadurch, daß er sie aufforderte, an seinem Glied bis zum Samenerguß zu saugen,

b) von 1988 bis 16.März 1994 dadurch, daß er sie an seinem Glied bis zum Samenerguß masturbieren ließ,

c) von 1991 bis 16.März 1994 dadurch, daß er sie an der Brust und an der Scheide betastete und an ihren Brustwarzen saugte,

2. von 1988 bis 16.März 1994 und von April 1995 bis 9.Mai 1997 sein minderjähriges Kind Anna H*****, geboren am 24.Oktober 1980, durch die unter A 1. angeführten Tathandlungen zur Unzucht mißbraucht, wobei er die unter A 1.b und 1.c angeführten Tathandlungen bis 9.Mai 1997 fortsetzte,

3. von 1988 bis 16.März 1994 und von April 1995 bis 9.Mai 1997 wiederholt Anna H***** durch gefährliche Drohung zu den unter A 1.a und 1.b angeführten Tathandlungen genötigt,

4. von 1988 bis 16.März 1994 und von April 1995 bis 9.Mai 1997 wiederholt Anna H***** durch die Äußerung, wenn sie wegen der unter A 1. angeführten Tathandlungen jemandem Mitteilung mache, werde sie in ein Heim kommen, mithin durch gefährliche Drohung zur Abstandnahme einer Anzeigeerstattung oder Mitteilung an dritte Personen genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Die Abweisung des Beweisantrages "auf Beischaffung der Krankengeschichten des Angeklagten vom Wagner-Jauregg-Krankenhaus betreffend die Aufenthalte 1991 und 1997 sowie auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, daß auf Grund der senilen Demenz des Beschwerdeführers, seiner Depressionen, seiner sexuellen Veranlagung und auf Grund seines körperlich unterentwickelten Zustandes (derzeit nur mehr 39 kg Körpergewicht) die strafrechtliche Verantwortlichkeit zumindest in Zweifel zu ziehen sei (S 64)", war - der Beschwerde zuwider - durchaus rechtens.

Der Antrag wird bereits den formellen Voraussetzungen nicht gerecht, weil einerseits das Beweisthema auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinausläuft und der Antragsteller andererseits nicht dargetan hat, inwieweit die Krankenhausaufenthalte sowie die behaupteten körperlichen und geistigen Zustände des Angeklagten seine Zurechnungsunfähigkeit in dem mehrere Jahre umfassenden Tatzeitraum indizieren sollen.

Die Begründung des zu erwartenden Ergebnisses der Beweisaufnahme hat umso eingehender zu erfolgen, je fraglicher die Brauchbarkeit der geforderten Verfahrensschritte im Lichte der übrigen Verfahrensergebnisse ist (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 19 c; 13 Os 119/96). Unter diesem Gesichtspunkt wäre vorliegend eine präzisere Antragsbegründung umsomehr geboten, als sich der im wesentlichen auch schuldig bekennende Nichtigkeitswerber selbst nur mit Vergeßlichkeit, nicht aber mit fehlender Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit verantwortete (S 59 f). Zwei Krankenhausaufenthalte sowie die behauptete körperliche und geistige Beschaffenheit deuten im Zusammenhalt mit den Einlassungen des Beschwerdeführers nicht auf dessen Zurechnungsunfähigkeit.

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen verwertete das Erstgericht völlig zu Recht den persönlichen Eindruck des Angeklagten als eine der Entscheidungsgrundlagen, wie dies aus dem Zwischenerkenntnis (S 65) und der Urteilsbegründung (US 9) hervorgeht, und maßte sich damit nicht Fähigkeiten eines psychiatrischen Sachverständigen an. Denn nur auf Grund ausreichender objektiver Anhaltspunkte und des in freier Beweiswürdigung gewonnenen persönlichen Eindrucks ist die Notwendigkeit einer Psychiatrierung des Angeklagten zu beurteilen (vgl auch Mayerhofer StPO4 § 134 E 2-6).

Letztlich ist der Beschwerdehinweis auf die Entscheidungsbegründung des Oberlandesgerichtes Linz über den Anklageeinspruch in einem früheren Verfahren nicht Inhalt des vorliegend abgewiesenen Antrages gewesen und daher verspätet; es ist im Ergebnis daraus für den Beschwerdeführer auch nichts zu gewinnen, weil in diesem Verfahren ebenfalls die Zurechnungsfähigkeit des Ange- klagten festgestellt und eine fast gleichartige Verurteilung (nach §§ 207 Abs 1, 212 Abs 1, 105 Abs 1 StGB betreffend dasselbe Tatopfer) erfolgte.

Es war daher die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).

Eine Antwort auf die gemäß § 35 Abs 2 StPO erstattete Äußerung zur (kursorischen) Stellungnahme der Generalprokuratur muß schon deshalb unterbleiben, weil gar nicht erkennbar ist, ob die Generalprokuratur die Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 3 StPO für unbegründet hielt (wogegen sich der Beschwerdeführer wendet); diese Gesetzesbestimmung ist jedenfalls nicht Grundlage der vorliegenden Entscheidung.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.

Stichworte