OGH 12Os134/97

OGH12Os134/9716.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rossmeisel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Markus J***** wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt als Bestimmungstäter nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7.April 1997, GZ 5 a Vr 9506/94-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Markus J***** wurde des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Ihm liegt zur Last, zwischen 1991 und dem 20.November 1992 in Wien allein oder im einverständlichen Zusammenwirken mit der gesondert verfolgten Charlotte G***** die als Vertragsbedienstete des Bundes in der Organisationseinheit der Externistenprüfungskommission (§ 42 SchuUG) tätige Sigrun K***** durch das Begehren, ihm die Zulassung zur Reifeprüfung ohne die Ablegung zahlreicher noch ausstehender Vorprüfungen zu ermöglichen (US 5), dazu bestimmt zu haben, als Beamtin mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf Kontrolle der den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden Zulassung zur Externistenmatura und des Zugangs zu Universitäten und Hochschulen zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich zu mißbrauchen, daß sie für tatsächlich nicht abgelegte Vorprüfungen aus Deutsch, Englisch, Latein, Mathematik, Physik, Chemie, Bildnerische Erziehung und Philosophischer Einführungsunterricht im Prüfungskatalog positive Noten eintrug, ein mit 20.November 1992 datiertes Vorprüfungszeugnis ausstellte und es ihm solcherart ermöglichte, im Sommer 1993 zur Externistenhauptmatura anzutreten.

Die dagegen (nominell) aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Durch die Abweisung seines Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung der Margit S***** zum Beweis dafür, daß in der Maturaschule N***** chaotische Zustände geherrscht haben und "Frau G***** an die Schüler herangetreten ist und sie ihnen ihre Hilfe angeboten hat" (129/II), wurden relevante Verteidigungsrechte (Z 4) des Beschwerdeführers nicht verletzt: Abgesehen davon, daß dem für die Annahme einer Bestimmungstäterschaft (objektiv) allein entscheidenden Erwecken des Handlungsentschlusses (Leukauf/Steininger Komm3 § 12 RN 28 und 29) eine vorherige Absprache zwischen Bestimmtem und Bestimmendem keinesfalls entgegensteht, diese vielmehr sogar dagegenspräche, daß der unmittelbare Täter vorher zur schließlich ausgeführten konkreten Tat bereits entschlossen war (Leukauf/Steininger aaO RN 41), hat sich der Angeklagte auf ein diesbezügliches Anbot durch Charlotte G***** niemals berufen, sondern dieses ausdrücklich verneint (109/II iVm 469/I). Soweit sich das Beschwerdevorbringen im gegebenen Zusammenhang aber auf ein eigenmächtiges Handeln durch Charlotte G***** bezieht, findet es im Inhalt des Beweisantrages keine Deckung und ist solcherart unbeachtlich (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 40). Das Beweisbegehren, noch weniger die Aktenlage lassen schließlich erkennen, inwieweit die behaupteten chaotischen Zustände im Bereich der Maturaschule N***** die dem Anklagevorwurf zugrundeliegenden amtsmißbräuchlichen Handlungen im Bereich des Stadtschulrates für Wien tangiert haben sollten.

Es versagt auch die ins Zentrum der Beschwerde gerückte Kritik an der wahldeutigen - und damit ohne den behaupteten logischen Widerspruch (Z 5) getroffenen - Feststellung, daß der Angeklagte mit seinem Ansinnen, ihm die Zulassung zur Externistenmatura ohne die Ablegung praktisch aller dafür wesentlichen Vorprüfungen zu ermöglichen, entweder direkt an die mit der Ausstellung der Vorprüfungszeugnisse befaßte Vertragsbedienstete der Externistenprüfungskommission, Sigrund K*****, herantrat oder Charlotte G***** um entsprechende Intervention ersuchte. Der Beschwerdeauffassung zuwider (der Sache nach Z 3) sind Wahlfeststellungen nicht schlechthin unzulässig, sondern unter der Voraussetzung, daß von zwei strafrechtlich gleichwertigen Alternativen fallbezogen eine von beiden vorliegen muß, ohne daß sich die eine oder andere Variante klären läßt, gestattet (Mayerhofer StPO4 § 260 E 65). Eben von dieser - im übrigen sowohl objektiv (US 5) als auch subjektiv (US 6 f) mit voller Deutlichkeit konstatierten - Prämisse ist das Erstgericht ausgegangen und hat sie mit den aus den Zeugenaussagen der betreffenden Prüfer (111 f/II) sowie der auf Grund der schulischen Mißerfolge bestehenden Interessenlage des Angeklagten gezogenen Schlußfolgerungen im Einklang mit den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung formell mängelfrei begründet. Die Behauptung, aus den Angaben der Prüfer ergebe sich lediglich eine fehlende Erinnerung an den Beschwerdeführer und die mittlerweilige Vernichtung der Prüfungsunterlagen, ist aktenwidrig. Soweit die betreffenden Zeugen nämlich nicht überhaupt dezidiert behaupteten, den Angeklagten nicht geprüft zu haben, folgt aus ihren Aussagen übereinstimmend, daß die Noteneintragungen in keinem Fall von ihnen stammen und diese zudem im Widerspruch zu den durchgehend fehlenden Eintragungen in den jeweiligen Prüfungslisten stehen. Die Aussage des Zeugen Prof.Mag.G*****, den Beschwerdeführer nicht geprüft zu haben (111/II), wird in keiner Weise davon tangiert, daß letzterem eine von diesem Prüfer gelegentlich gestellte Frage bekannt war. Dieses Verantwortungsdetail, ebenso wie im übrigen seine Behauptung, Sigrun K***** nicht persönlich gekannt zu haben, bedurfte daher keiner gesonderten Erörterung (Z 5).

Durch den Urteilssachverhalt ist nicht nur klargestellt, daß der Angeklagte jedenfalls eine der nach den beiden - im Urteil auch hinlänglich konkretisierten - Tatversionen in Frage kommenden angestifteten Personen persönlich kannte, sondern auch, daß sein Tatplan letztlich auf amtsmißbräuchliches Vorgehen derselben abzielte (US 5 f). Indem der Beschwerdeführer diese Sachverhaltsprämissen in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) unter Wiederholung seiner leugnenden Verantwortung in Zweifel zu ziehen sucht, verfehlt er eine prozeßordnungsgemäße Darstellung dieses materiellen Nichtigkeitsgrundes.

Die somit teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war demnach bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2, 285 a Z 2 StPO).

Über die Berufung des Angeklagten wird daher das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Stichworte