OGH 11Os127/97

OGH11Os127/9714.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Seyit A***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.Mai 1997, GZ 3 b Vr 2649/97-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Seyit A***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er im Februar 1997 in Wien Eva K***** durch Herunterreißen der Jogging- und Unterhose sowie dadurch, daß er sich auf sie legte und gegen ihren Widerstand mit ihr einen Geschlechtsverkehr ausübte, (außer dem Fall des Abs 1 des § 201 StGB) mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt hat.

Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

In der Mängelrüge (Z 5) vermeint der Beschwerdeführer zunächst, das Erstgericht habe bei der Feststellung entscheidender Tatsachen wichtige Beweisergebnisse mit Stillschweigen übergangen, ohne aber selbst solche zu benennen, sodaß es diesbezüglich der erforderlichen deutlichen und bestimmten Bezeichnung dieses Nichtigkeitsgrundes mangelt. Im übrigen wird diese Behauptung durch die ausführliche und erschöpfende Erörterung aller Beweismittel in der Urteilsbegründung (US 7 bis 9) widerlegt.

Insoweit weitere Feststellungen begehrt werden, beziehen sich diese nicht auf die vorgeworfene Straftat, sondern nur auf nicht entscheidungsrelevante Umstände, und zwar zu der Frage, ob Eva K***** nach der Tat bei einem Türken genächtigt habe, zu ihrer Persönlichkeit und ihrem sonstigen Verhalten gegenüber Männern. Die Bekämpfung der Urteilspassage wiederum, wonach sich aus der Unterlassung einer Anzeige durch die Genannte ergebe, daß sie dem Angeklagten nicht habe schaden wollen (US 7), als eine durch nichts begründete unzulässige Vermutung geht fehl, weil die von den Tatrichtern gezogene Schlußfolgerung keine entscheidungswesentliche Feststellung, sondern lediglich eine von mehreren beweiswürdigenden Erwägungen zur Frage der Glaubwürdigkeit dieser Zeugin darstellt. Die nach § 258 Abs 2 StPO gewonnene Überzeugung der Tatrichter von der höheren Glaubwürdigkeit eines Zeugen ist aber jeder Anfechtung entzogen (Mayerhofer StPO4 § 270 E 135).

Schließlich fehlt der in Kritik gezogenen Urteilsannahme, Eva K***** sei wegen ihrer prekären Wohnsituation auch noch nach der ersten Nacht beim Angeklagten geblieben, abermals die Entscheidungsrelevanz. Im übrigen vermag der Beschwerdeführer den behaupteten Widerspruch zum Akteninhalt nicht aufzuzeigen, spricht er doch selbst davon, "daß sie immer wieder Unterkunft gefunden hatte und bei diversesten fremden Männern wohnte", was mit dem aktenkundigen Umstand eines fehlenden festen Wohnsitzes in Wien (S 23, 27 f) übereinstimmt.

Mit dem Beschwerdevorbringen, das Erstgericht hätte auf Grund des Verhaltens des Tatopfers den fehlenden Tätervorsatz auf Willensbeugung oder Willensausschaltung feststellen müssen, negiert der Beschwerdeführer die ihn belastenden, als Grundlage des Schuldspruchs dienenden Beweisergebnisse und ficht damit in Wahrheit erneut in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung an.

Auch in der Tatsachenrüge (Z 5 a) verkennt der Angeklagte, daß die erfolgreiche Geltendmachung formeller Nichtigkeitsgründe unabdingbar voraussetzt, daß sich die Beschwerdeausführungen auf entscheidende - also entweder für die Unterstellung der Tat unter ein bestimmtes Strafgesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes maßgebende - Umstände beziehen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 18, 26; Z 5 a E 18 und 19). Unter diesem Gesichtspunkt versagt die Kritik an den Feststellungen zweier weiterer Sexualkontakte der Eva K***** mit dem Angeklagten, die sie über sich ergehen ließ, sowie über Unterkunftsmöglichkeiten vor und nach der Tat.

Insoweit der Beschwerdeführer die (an sich relevante) Feststellung über die Gewaltanwendung bei der Tat als nicht auf die Aktenlage gegründet moniert, setzt er sich über die eindeutigen Angaben des Opfers vor der Polizei und in der Hauptverhandlung (S 31, 154 f) zum Tatgeschehen hinweg. Auch die auf das gesamte Verhalten der Zeugin abstellenden Beschwerdehinweise können keine erheblichen Bedenken an der Richtigkeit der Lösung der Schuldfrage erwecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet schon in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285 i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390 a Abs 1 StPO.

Stichworte