OGH 15Os118/97

OGH15Os118/9725.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.September 1997 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rohan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz V***** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 3.Juni 1997, GZ 6 Vr 915/97-22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten sowie seines Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz V***** des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB und des Verbrechens der (ergänze: versuchten) schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 27.März 1997 in Graz

(1) Margaret R***** durch die Äußerung "Ich steche dich ab", wobei er zur Bekräftigung der Drohung mit seinem Jausenmesser in unmittelbarer Nähe des Körpers der Margaret R***** herumfuchtelte, gefährlich mit dem Tod bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

(2) Klaus R***** durch die Äußerung "Du halt die Goschn, sonst schiebe ich ihn (das Messer gemeint) dir hinein. Wenn du die "Schandi" holst, gehe ich heim und hole mir meine Pistole und erschieß dich", sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Anzeigeerstattung bei der Polizei, zu nötigen versucht.

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich als nicht berechtigt erweist.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge (Z 5) gelingt es nicht, eine Unvollständigkeit des Urteils aufzuzeigen. Das Erstgericht hat sich vielmehr hinlänglich mit den Beweisergebnissen über die äußeren Umstände, unter denen die Drohungen gefallen sind, auseinandergesetzt und dabei solche Feststellungen getroffen, die die rechtliche Beurteilung der Eignung der Drohungen, den Bedrohten begründete Besorgnisse vor einem Anschlag auf ihr Leben einzuflößen, zuließen. Dabei spielte angesichts der Unterstreichung der Drohung mit einem Messer, der Ankündigung einer Messerattacke sowie des Einsatzes einer Schußwaffe bei der Nötigung es keine Rolle, ob die Bedrohten mit dem Milieu der Obdachlosen und "Sandlern" vertraut waren, sodaß es einer Erörterung dieses Umstandes nicht bedurfte. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Bedrohten hätten gewußt, daß seine Äußerungen keinesfalls ernst gemeint gewesen seien, stellt sich dies als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinsichtlich der - dem Vorbringen entgegenstehenden - Konstatierungen des Schöffengerichtes dar, wonach sich Margaret R***** aus Angst vor einem Angriff in die Wohnung begeben (US 3) und Klaus R***** deshalb die Polizei verständigt hatte, weil die Drohungen von dem als aggressiv bekannten Angeklagten ausgestoßen worden waren (US 4).

Eine gesetzgemäße Ausführung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe setzt das Festhalten an den tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen voraus. Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) auf die Bekämpfung von erstgerichtlichen Feststellungen als unrichtig abzielt und für den Beschwerdeführer günstigere Urteilsfeststellungen anstrebt, ist sie daher nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Dies gilt auch für das Beschwerdevorbringen der mangelhaften Prüfung der subjektiven Tatseite durch das Erstgericht, weil der Beschwerdeführer dabei die Feststellungen seiner mit den Drohungen jeweils verbundenen Absichten (US 5 f) übergeht. Soweit er einen Vorsatz unter Berufung auf seine Volltrunkenheit überhaupt abstreitet, läßt er überdies den Umstand außer acht, daß das Erstgericht einen solchen Grad der Alkoholisierung gar nicht festgestellt hat, wofür die Ergebnisse des Beweisverfahrens im übrigen auch keinen Anhaltspunkt boten (siehe insbesondere das amtsärztliche Gutachten 23 sowie den Polizeibericht 21).

Dem Vorbringen in der Rechtsrüge, daß zu Punkt 1 des Urteils das Tatbild des Vergehens der gefährlichen Drohung nicht erfüllt sei, kommt keine Berechtigung zu. Die Drohung muß nämlich - der Beschwerdemeinung zuwider - (bloß) geeignet sein, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen, nicht aber, diesen in Furcht und Unruhe zu versetzen; hierauf muß vielmehr die Absicht des Täters gerichtet sein (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 107 E 4; Leukauf/Steininger Komm3 § 107 RN 4). Für die Erfüllung des Tatbestandes genügt es, daß die gefährliche Drohung ihr Ziel erreicht hat, mithin dem Bedrohten zur Kenntnis gelangt ist; daß dieser tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt wurde, ist nicht erforderlich (Leukauf/Steininger aaO RN 8). Die Eignung der Drohung, begründete Besorgnisse einzu- flößen, ist objektiv-individuell zu beurteilen. Maßgeblich ist, ob der Bedrohte bei unbefangener Betrachtung der Situation unter Berücksichtigung allfälliger besonderer Umstände, die in seiner Person liegen, den Eindruck gewinnen konnte, der Täter sei in der Lage und willens, das angekündigte Übel tatsächlich herbeizuführen. Daß die Drohung beim Bedrohten tatsächlich Besorgnis erweckt hat, ist gleichfalls nicht erforderlich (Leukauf/Steininger aaO § 74 RN 21 mwN).

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes zog der Beschwerdeführer - in unmittelbarer Nähe von Margaret R***** stehend - sein Jausenmesser aus der Jackentasche, fuchtelte damit herum und bedrohte die Genannte mit den Worten "Ich steche dich ab" (US 3). Diese Äußerung stellte sich sinngemäß als Ankündigung der Tötung der Bedrohten mit einem Messer dar, die durch die Manifestation der Bereitschaft zum Einsatz der erwähnten tödlichen Waffe bekräftigt wurde. Unter diesen Umständen war die Drohung sehr wohl geeignet, der Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen (vgl Mayerhofer/Rieder aaO E 2). Sie verfehlte auch nicht Ihre Wirkung auf Margaret R*****, die sich - nach den Feststellungen des Erstgerichtes - aus Angst vor einem Angriff in ihre Wohnung zurückzog und ihrem heimkehrenden Ehemann davon Mitteilung machte (US 3 f).

Damit gewann aber auch Klaus R***** einen Eindruck von der Gefährlichkeit des - nach den Urteilsfeststellungen ihm als aggressiv bekannten - Angeklagten. Im Zusammenhalt mit der vorangegangenen Bedrohung seiner Ehefrau waren dann die ihm gegenüber geäußerten Worte "Halt die Goschn, sonst schiebe ich ihn dir hinein und wenn du die "Schandi" verständigst, hole ich mir meine Pistole von zu Hause und erschieß dich!" (US 4) - auch wenn sie nicht unmittelbar durch den Einsatz einer Waffe begleitet waren - gleichfalls geeignet, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen. Drohungen mit Messerattacken und Schußwaffeneinsatz sind im übrigen - der Meinung des Beschwerdeführers zuwider - auch im Bereich eines Asylantenheimes nicht bloß "milieubedingte Unmutsäußerungen". Die gegen Punkt 2 des Urteils gerichtete Rechtsrüge geht daher gleichfalls ins Leere.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) zielt auf die Ausschaltung der Qualifikation nach § 107 Abs 2 StGB bei Punkt 1 des Urteils ab. Hiebei übergeht der Beschwerdeführer die - mit hinlänglicher Deutlichkeit getroffene - Urteilsfeststellung seiner Absicht, Margaret R***** durch Drohung mit dem Tod in Furcht und Unruhe zu versetzen (US 4 f), sodaß die Beschwerde auch in diesem Umfang nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 106 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vierzehn Monaten.

Dabei wertete es als erschwerend "die überaus zahlreichen, hauptsächlich einschlägigen Vorstrafen" sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen; als mildernd, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist. Weiters ging es davon aus, daß die Alkoholisierung dem Angeklagten im Sinn des § 35 StGB nicht als mildernd zugute zu halten sei, vielmehr "sogar eher als erschwerend angenommen werden müßte, zumal der Angeklagte als Sandler mit Wohnsitz im Asylantenheim ständig dem Alkohol zuspricht".

Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten, mit der er sowohl die Herabsetzung der Freiheitsstrafe als auch die Gewährung teilbedingter Strafnachsicht anstrebt.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Entgegen dem Berufungsvorbringen liegt der weitere Milderungsgrund der Unbesonnenheit (§ 34 Z 7 StGB) nicht vor, weil dieser verlangt, daß die Tathandlung auf eine augenblickliche Eingebung zurückzuführen ist, auf einen Willensimpuls, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen ist und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre (Leukauf/Steininger aaO § 34 RN 13). Auf Grund der Persönlichkeitsstruktur des bereits wiederholt wegen Drohungen mit Messern und Angriffen mit Messern vorbestraften Rechtsmittelwerbers und der geplanten Vorgangsweise - er hat die Zeugin zuerst beschimpft, dann (nach ihrer Aufforderung wegzugehen) bedroht - und ca fünfzehn Minuten später sein strafbares Verhalten in Form der schweren Nötigung gegen ihren Ehemann wiederholt (19, US 3 und 4), kann von einer Unbesonnenheit nicht gesprochen werden.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe lediglich (milieubedingte) Unmutsäußerungen von sich gegeben, ist er auf die Argumentation in Erledigung dieses Einwandes im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen.

Weiters ergibt sich - der Behauptung des Angeklagten zuwider - aus den Vorstrafakten zweifelsfrei, daß er im alkoholisierten Zustand zu agressivem Verhalten gegen andere Personen (verbal oder in Form von körperlichen Attacken) neigt, sodaß das Erstgericht auch zutreffend davon ausgegangen ist, daß die Vorteilsabwägung des § 35 StGB zu seinen Ungunsten ausschlägt. Soweit er überdies als mildernd den Umstand geltend macht, daß aus seiner Tat kein Schaden entstanden ist, ist darauf hinzuweisen, daß der dem Vergehen der gefährlichen Drohung innewohnende Schaden in der dem Opfer durch die Tat entstehenden psychisch nachteiligen und beunruhigenden Situation liegt. Hinsichtlich der Nötigung wurde ohnedies als mildernd angenommen, daß es beim Versuch geblieben war. Letztlich hat das Erstgericht auch zu Recht das (rückfallsbegründend) einschlägig belastete Vorleben des Beschwerdeführers unter den besonderen Erschwerungsgrund des § 33 Z 2 StGB eingereiht.

Unter zutreffender Bewertung des Schuld- und Unrechtsgehaltes der vom Angeklagten verübten Straftaten kann - insbesondere im Hinblick auf die Wirkungslosigkeit bisheriger Verurteilungen wegen gleichartiger Delikte und die Aggravierung seines die körperliche Integrität anderer in Frage stellenden Verhaltens - eine Milderung der Strafe, in welcher Art auch immer, nicht in Betracht gezogen werden.

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