OGH 7Ob157/97g

OGH7Ob157/97g24.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schalich, Dr.Tittel, Dr.I.Huber und Dr.Hradil als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Johann Ehrenfried F*****, infolge Revisionsrekurses 1.) des Kurt S*****, und 2.) der Sonja I*****, beide vertreten durch Dr.Gebhard Heinzle und Dr.Julia Winkler, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 18.Februar 1997, GZ 3 R 52/97p-19, womit infolge Rekurses des Kurt S***** und der Sonja I***** der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 10.Dezember 1996, GZ 12 A 354/95-16, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 29.9.1995 verstorbene Johann Ehrenfried F***** hinterließ als gesetzliche Erben seine Geschwister Ella S***** und Gebhard F*****. Zu der am 23.10.1995 beim Gerichtskommissär abgehaltenen Tagsatzung erschienen Gebhard F***** sowie Silvia P***** als Bevollmächtigte ihrer Mutter Ella S*****. Sie erklärte namens ihrer Mutter, daß sich diese ihres Erbrechtes für sich und ihre Nachkommen entschlage. Gebhard F***** gab daraufhin zum gesamten Nachlaß die unbedingte Erbserklärung ab. Mit Beschluß vom 10.11.1995, der der Silvia P***** als Vertreterin der Ella S***** am 23.11.1995 zugestellt wurde, wurde der Nachlaß dem Gebhard F***** zur Gänze eingeantwortet.

Am 5.12.1996 stellten Kurt S***** und Sonja I***** mit der Behauptung, sie seien je zu einem Drittel gesetzliche Erben der inzwischen verstorbenen Ella S*****, den Antrag, die Einantwortung der Verlassenschaft nach Johann Ehrenfried F***** aufzuheben und das Verlassenschaftsverfahren unter Beiziehung der gesetzlichen Erben nach Ella S***** neu durchzuführen. Die von Silvia P***** präsentierte, von Ella S***** unterfertigte "Spezialvollmacht" sei ungültig gewesen, weil darin nicht angeführt sei, für welches Verlassenschaftsverfahren Silvia P***** bevollmächtigt und zur Ausschlagung der Erbschaft berechtigt gewesen sei. Das Abhandlungsverfahren sei nichtig, weil in Wahrheit eine als Erbin berufene Person nicht zugezogen worden sei.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Wie sich aus der von Silvia P***** vorgelegten Spezialvollmacht vom 20.10.1996 ergebe, sei sie auch ermächtigt worden, die Ausschlagung von Erbschaften vorzunehmen.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Für die Ausschlagung der Erbschaft sei nach § 1008 ABGB eine besondere, auf das einzelne Geschäft ausgestellte Vollmacht notwendig. In der von Silvia P***** vorgelegten Spezialvollmacht fehle zwar der Name des Verstorbenen. Es bestehe jedoch kein Zweifel, daß sich diese Spezialvollmacht auf das vorliegende Verlassenschaftsverfahren beziehe. Silvia P***** habe sich in der Tagsatzung vom 23.10.1995 ausdrücklich auf diese Vollmacht berufen. Auch im zivilgerichtlichen Verfahren weise die Vollmacht für einen Rechtsanwalt, falls eine solche vorgelegt werde, für gewöhnlich nicht die Rechtssache auf, für die die Vollmacht gelte. Ebenso sei es nicht erforderlich, in die im Verlassenschaftsverfahren vorgelegte Spezialvollmacht den Namen des Verstorbenen aufzunehmen. Die von Silvia P***** für ihre Mutter in der Tagsatzung vom 23.10.1995 abgegebene Erbsentschlagungserklärung sei daher rechtsgültig erfolgt. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil es an einer oberstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage fehle, ob in eine Spezialvollmacht auch die Rechtssache aufzunehmen sei, auf die sich diese Vollmacht beziehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Kurt S***** und der Sonja I***** ist zulässig, aber unberechtigt.

Es ist hier primär nicht entscheidend, ob Silvia P***** eine gültige Spezialvollmacht der Ella S***** zur Abgabe einer Erbsverzichtserklärung in dieser Verlassenschaftssache hatte, sondern ob Ella S***** bei der Tagsatzung vom 23.10.1995, zu der sie ordnungsgemäß geladen war, und bei der Zustellung der Einantwortungsurkunde wirksam vertreten war. Nur bei einem Vertretungsmangel wäre das Verlassenschaftsverfahren nach Johann Ehrenfried F***** nicht rechtskräftig beendet. Die Frage der Wirksamkeit einer Erbsentschlagungserklärung wäre allenfalls im Prozeßweg zu klären (vgl zuletzt 7 Ob 2398/96i).

Wie aus der Vollmachtsurkunde ON 6, auf die sich Silvia P***** in der Abhandlungstagsatzung vom 23.10.1995 (ON 7) berufen hat, hervorgeht, erteilte Ella S***** "im Verfahren zur Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung nach...." (die vorgesehenen Zeilen wurden nicht ausgefüllt) besondere Vertretungsvollmacht, wobei in weiterer Folge nicht nur die Ausschlagung der Erbschaft sowie überhaupt die Abgabe von Erbserklärungen besonders angeführt ist, sondern unter anderem auch die Vertretung vor dem Nachlaßgericht, die Vertretung bei Errichtung des Verlassenschaftsinventars und die Bevollmächtigung zur Empfangnahme von gerichtlichen Beschlüssen und behördlichen Entscheidungen sowie zur Einbringung von ordentlichen und außerordentlichen Rechtsmitteln aller Art in diesem Verfahren.

Während bei Rechtsanwälten die Berufung auf die erteilte Prozeßvollmacht sowohl im streitigen (§ 30 Abs 2 ZPO) als auch im außerstreitigen Verfahren (§ 8 Abs 1 zweiter Satz RAO idF BGBl 1990/474) genügt, haben andere Bevollmächtigte ihre Bevollmächtigung gemäß § 30 Abs 1 ZPO, der auch im außerstreitigen Verfahren gilt (EvBl 1975/111), durch eine Urkunde (Vollmacht) darzutun, wobei die Vollmacht entweder eine Prozeßvollmacht oder eine Vollmacht für einzelne bestimmte Prozeßhandlungen sein kann (§ 31 ZPO). Hiebei muß grundsätzlich die Vorlage der Vollmachtsurkunde, die die betreffenden Prozeßhandlungen bezeichnet, im konkreten Verfahren genügen, auch wenn dieses Verfahren in der Urkunde nicht ausdrücklich angeführt ist, sofern nicht besondere Umstände gegen die Bevollmächtigung des sich mit dieser Vollmacht Ausweisenden gerade im betreffenden Verfahren sprechen. Die Rechtsmittelwerber haben bisher nicht einmal behauptet, daß zur selben Zeit auch ein anderes oder andere Verlassenschaftsverfahren anhängig gewesen wären, die ein Einschreiten der Ella S***** erforderlich gemacht hätten. Dazu kommt, daß die Vollmachtsurkunde offensichtlich von dem in gegenständlichen Verfahren als Gerichtskommissär bestellten Notar vorbereitet wurde, stimmt doch nicht nur das Schriftbild des maschinegeschriebenen Textes mit jenem des vor dem Notar angefertigten Abhandlungsprotokolls, einer Kostennote usw überein, sondern wurde auch die auf der Vollmachtsurkunde angebrachte Bundesstempelmarke mit der Stampiglie des Notars entwertet. Dazu kommt, daß die Urkunde ihrem Inhalt nach im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Abhandlungstagsatzung, nämlich drei Tage vorher, von Ella S***** unterfertigt wurde.

Selbst bei der in § 2 Abs 2 Z 3 AußStrG angeordneten genauen Prüfung der Vollmachtsurkunde kann daher nach dem Akteninhalt nicht zweifelhaft sein, daß sich die Bevollmächtigung auf das Verlassenschaftsverfahren nach Johann Ehrenfried F*****, dem Bruder der Vollmachtgeberin, bezog.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher zu bestätigen.

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