OGH 4Ob246/97y

OGH4Ob246/97y23.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AB, ***** vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Joachim W. Leupold und Mag. Eleonore Neulinger, Rechtsanwälte in Irdning, wegen (restlich) S 231.000,-- sA, infolge Rekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. März 1997, GZ 15 R 18/97w-26, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 23. Oktober 1996, GZ 15 Cg 121/95a-20, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 11.430,-- bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 1.905,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Inhaberin der Patente AT 366951 und EP 19367. Gegenstand der Patente ist ein Wurzelendreduzierer, den die Klägerin in Schweden erzeugt. Die Klägerin verkauft die Maschinen; sie werden weder von ihr noch von einem anderen Unternehmen verleast oder vermietet.

Die Beklagte kaufte am 28.4.1992 bei der Firma Josef B***** einen Wurzelendreduzierer um S 800.000,--. Die Maschine griff in die Patente der Klägerin ein. Hätte die Beklagte einen von der Klägerin erzeugten Wurzelendreduzierer gekauft, hätte sie für eine dem Eingriffsgegenstand entsprechende Maschine netto S 643.500,-- aufwenden müssen.

Die Beklagte verwendete den Wurzelendreduzierer in ihrem Sägebetrieb, der bis 1987 oder 1988 als forstlicher Nebenbetrieb des Stiftes A***** geführt worden war. Im Februar 1994 legte die Beklagte den Sägebetrieb mangels Rentabilität still. Der Geschäftsführer der Beklagten beauftragte den Forstmeister des Stiftes Dipl.-Ing. Franz R*****, die gesamte Legstätte so günstig wie möglich zu verkaufen. Im Spätherbst 1994 kaufte die E***** KG die Anlage in Bausch und Bogen um S 1,050.000,--. Am 21.2.1995 wurde der Kauf schriftlich fixiert; für den Wurzelendreduzierer wurde ein Teilbetrag von S 350.000,-- ausgewiesen.

Am 12.12.1994 schrieb der Klagevertreter der Beklagten wie folgt:

"Sie haben in Ihrem Betrieb einen Wurzelendreduzierer von Josef B*****, S*****, aufgestellt, welcher derzeit allerdings außer Betrieb sein soll.

Für den Fall, daß Sie diesen zu veräußern beabsichtigen sollten, weise ich vorsorglich darauf hin, daß diese Maschine zu 10 Cg 120/94s des Handelsgerichtes Wien wegen Eingriffes in die Patente AT 366951 und EP 19367 der B***** AB streitverfangen ist.

Im Falle einer Weiterveräußerung könnten daher auch Sie sich einer Patentverletzung (§ 22 PatG) mit allen sich daraus ergebenden Rechtsfolgen wie Unterlassung, Urteilsveröffentlichung, Rechnungslegung und Schadenersatz (§§ 147 - 151 PatG) schuldig machen - und zwar ab Empfang dieses Schreibens mit (zumindest) bedingtem Vorsatz, was (für die Organe der Gesellschaft auch gerichtlich strafbar ist (§ 159 PatG).

...".

Die Klägerin begehrte zunächst Rechnungslegung, in der Folge schränkte sie das Klagebegehren auf Kosten ein und verlangte schließlich S 387.600,-- sA. Eventualiter begehrt sie eine angemessene Lizenzgebühr. Ein Teilbetrag von S 147.600,-- an Schadenersatz wurde rechtskräftig abgewiesen.

Die Beklagte schulde der Klägerin ein angemessenes Entgelt für die Nutzung des Eingriffsgegenstandes; Gewinnherausgabe oder Schadenersatz nach § 150 Abs 2 PatG würden nicht begehrt. Das Entgelt sei nicht nach den fiktiven Mietkosten zu berechnen, weil Wurzelendreduzierer üblicherweise nicht gemietet, sondern gekauft würden. Maßgebend sei der Kapitalaufwand, das sei die Differenz zwischen Ankaufs- und Weiterverkaufspreis zuzüglich Kapitalkosten. Das Entgelt betrage mindestens S 200.000,--. In Analogie zur Lizenzgebühr sei das Entgelt nur beim Hersteller des Verletzungsgegenstandes zu bemessen. Dem Verwender gegenüber sei auf den Nutzungsvorteil am Gegenstand selbst abzustellen.

Die Beklagte beantragt, das einen Betrag von S 9.000,-- übersteigende Klagebegehren abzuweisen. Über S 9.000,-- wurde ein Teilanerkenntnisurteil gefällt.

Die Beklagte treffe kein Verschulden. Sie schulde der Klägerin allenfalls eine angemessene Lizenzgebühr. Der geforderte Betrag sei weit überhöht. Wegen der schlechten Ertragslage der Sägeindustrie seien jährlich höchstens 3 % Lizenzgebühr angemessen. Die Beklagte habe in ihrem Sägewerksbetrieb ausschließlich Verluste erlitten; der Gebrauch des Wurzelendreduzierers habe ihr keinen Vorteil gebracht. Als redliche Benützerin habe sie der Klägerin über den anerkannten Betrag von S 9.000,-- hinaus nichts mehr zu zahlen.

Das Erstgericht wies ein Teilbegehren von S 9.000,-- zurück; es sprach der Klägerin S 231.000,-- sA zu; das Mehrbegehren wies es ab.

Der Nutzungsvorteil der Beklagten habe sich am Aufwand für den Wurzelendreduzierer zu orientieren. Im Differenzbetrag zwischen dem von der Beklagten gezahlten Kaufpreis und dem auf den Wurzelendreduzierer entfallenden Teilwert finde der von der Klägerin begehrte Betrag von S 240.000,-- jedenfalls Deckung. Ein Sachverständigengutachten sei nicht einzuholen gewesen, sondern es sei nach § 273 ZPO vorzugehen.

Das Berufungsgericht bestätigte den klageabweisenden Teil des Ersturteiles; den klagestattgebenden Teil hob es auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Die Beklagte habe nicht die Maschine als körperliche Sache ohne Rechtsgrund innegehabt, sondern nur das darin verkörperte geistige Eigentum in Form des Patentrechts. Das Patentrecht werde durch eine (analoge oder fiktive) Lizenzgebühr abgegolten, die grundsätzlich im Kaufpreis enthalten sei. Es sei daher weder maßgebend, um welchen Preis die Beklagte den Wurzelendreduzierer gekauft hat, noch komme es darauf an, ob sie ihn weiterverkauft habe. Der von der Beklagten zu erstattende Nutzungsvorteil umfasse nicht den Wert der gesamten Maschine. Ein über die Lizenzgebühr hinausgehender Anspruch stünde der Klägerin nur als Schadenersatz für Absatzminderung zu. Da die Klägerin in eventu Bereicherung in Form einer Lizenzgebühr verlange, ohne diesen Anspruch zu beziffern, und auch nicht die Voraussetzungen eines darüber hinausgehenden Schadenersatzanspruches wegen Absatzminderung behauptet habe, werde dies im fortgesetzten Verfahren zu geschehen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs der Klägerin ist zulässig, weil keine Rechtsprechung zur Frage besteht, wie das angemessene Entgelt nach § 150 Abs 1 PatG zu berechnen ist; der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin verweist darauf, daß der Wurzelendreduzierer der Beklagten fast zur Gänze unter Oberbegriff und Anspruch des Patentes der Klägerin falle. Diesen Gegenstand des Patentes habe die Beklagte genutzt und nicht nur das darin verkörperte geistige Eigentum in Form des Patentrechtes. Das angemessene Entgelt für die Benützung einer solchen Sache sei in Analogie zum Verwendungsanspruch nach der Differenz zwischen Ankaufs- und Weiterverkaufspreis (zuzüglich Kapitalkosten) zu berechnen. Während der Hersteller aus seiner Verletzung nur einmal Nutzen ziehe, ziehe der Verwender einen dauernden Nutzen, der nach dem Anteil des Patentgegenstandes am Verletzungsgegenstand und dem dafür getätigten Aufwand zu bemessen sei.

Gemäß § 150 Abs 1 PatG hat der durch unbefugte Verwendung eines Patentes Verletzte gegen den Verletzer Anspruch auf ein angemessenes Entgelt. Bei schuldhafter Patentverletzung kann der Verletzte an Stelle des angemessenen Entgeltes a) Schadenersatz einschließlich des ihm entgangenen Gewinnes oder b) die Herausgabe des Gewinnes, den der Verletzer durch die Patentverletzung erzielt hat, verlangen (§ 150 Abs 2 PatG).

Die Klägerin hat ausdrücklich erklärt, keinen Schadenersatz nach § 150 Abs 2 PatG zu begehren. Zu prüfen ist daher nur, wie das der Klägerin nach § 150 Abs 1 PatG zustehende angemessene Entgelt zu berechnen ist.

Der Anspruch auf angemessenes Entgelt nach § 150 Abs 1 PatG ist ein aus dem § 1041 ABGB erwachsender Vergütungsanspruch für die ungerechtfertigte Verwendung eines Patentes. Die Höhe der Vergütung entspricht dem Wert der Nutzung des Patentes, also in der Regel einer angemessenen Lizenzgebühr (Friedl/Schönherr/Thaler, Patent- und Markenrecht, § 150 PatG Anm 2 unter Hinweis auf die EB; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht**2, 241).

Auch nach deutschem Recht haftet der Patentverletzer dem Verletzten für den aus der Patentverletzung entstandenen Schaden (§ 139 Abs 2 dPatG). Der Verletzte kann entweder den Ersatz des unmittelbaren Schadens, die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr oder die Herausgabe des vom Verletzer selbst erzielten Gewinns verlangen. Es sind aber auch Bereicherungsansprüche nach §§ 812ff BGB nicht ausgeschlossen. Der Bereicherungsanspruch richtet sich auf den objektiven Wert des Gebrauches, weil das zunächst Erlangte, der Gebrauch des Schutzgegenstandes, nach der Natur der Sache nicht herausgegeben werden kann. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch des Schutzgegenstandes findet sich allein in der angemessenen Lizenzgebühr (Benkard, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz9, § 139 Rz 14, 61, 85 mwN).

Nach deutschem Recht kann demnach der Verletzte eine angemessene Lizenzgebühr entweder aus dem Titel des Schadenersatzes oder nach Bereicherungsrecht verlangen. Der Verletzte wird so gestellt, wie er stünde, wäre der Patentverletzer gesetzmäßig vorgegangen. Der Patentverletzer hätte die Erlaubnis des Schutzrechtsinhabers einholen müssen, die dieser, wie üblich, nur gegen Zahlung eines Entgelts - einer Lizenzgebühr - erteilt hätte. Der Verletzer wird so behandelt, als ob er Lizenzgebühr hätte zahlen müssen, die durch seinen rechtswidrigen Eingriff dem Verletzten entgangen ist. Dabei wird nicht berücksichtigt, ob der Verletzte überhaupt zur Lizenzierung bereit gewesen wäre (s Benkard aaO § 139 dPatG Rz 63f mwN).

Nach österreichischem Recht kann nichts anderes gelten. Die von der Klägerin angewandte Berechnungsmethode ist nur für jene Fälle geeignet, in denen eine fremde Sache rechtsgrundlos benützt wird. Das zeigen die von der Klägerin zitierten Entscheidungen: Gegenstand der Entscheidung SZ 58/138 war die Nutzung eines PKW; jener der Entscheidung JBl 1992, 388 der Gebrauch von zwei Schreibmaschinen und jener der Entscheidung JBl 1992, 456 die Verwendung eines Reitpferdes. Wird hingegen eine Sache gebraucht, die zwar in Rechte eines Dritten eingreift, aber im Eigentum des Benützers steht, dann muß nicht der Gebrauch der Sache an sich, sondern es müssen nur die verletzten Rechte angemessen abgegolten werden. Das sind im vorliegenden Fall die Patentrechte der Klägerin; ihre angemessene Abgeltung geschieht durch eine Lizenzgebühr.

Daran ändert auch nichts, daß die Beklagte den Wurzelendreduzierer nicht hergestellt, sondern nur benutzt und dann weiterverkauft hat. Auch in diesem Fall liegt der Eingriff in die Rechte der Klägerin (nur) in der rechtsgrundlosen Nutzung ihrer Patentrechte, die nicht nur durch die Herstellung eines Eingriffsgegenstandes, sondern auch durch dessen Gebrauch und Veräußerung verwirklicht wird (§ 22 Abs 1 PatG). Genutzt wird nicht eine Sache der Klägerin, sondern der immaterielle Schutzgegenstand, wofür üblicherweise eine Lizenzgebühr zu entrichten ist.

Bei der Bemessung der Lizenzgebühr können die Grundsätze herangezogen werden, die für die Ermittlung einer angemessenen vertraglichen Lizenzgebühr entwickelt wurden. Dabei sind aber die Vor- und Nachteile abzuwägen, die der Verletzer gegenüber einem Lizenznehmer hat. Bei der Bemessung ist auch die allgemeine wirtschaftliche Bedeutung des Patentes zu berücksichtigen. Auf die Frage, ob der Verletzer selbst mit Verlust oder Gewinn gearbeitet hat, kommt es hingegen nicht an (s Benkard aaO § 139 Rz 63ff, 85).

Ob der Patentverletzer nicht durch die Herstellung eines Eingriffsgegenstandes, sondern durch seinen Gebrauch und/oder seine Veräußerung in die Patentrechte eingegriffen hat, ist grundsätzlich ohne Bedeutung. Wird eine Lizenz erteilt, so berechtigt sie in der Regel dazu, den geschützten Gegenstand herzustellen, feilzuhalten und zu gebrauchen. Die Lizenzgebühr gilt sämtliche Nutzungsarten ab; sie kann daher auch für jeden Eingriffsgegenstand nur einmal zu entrichten sein, wobei mehrere an der Patentverletzung Beteiligte solidarisch haften. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann es demnach keine Rolle spielen, daß die Eingriffshandlung des Herstellers mit der Erzeugung abgeschlossen ist, die des Verwenders aber im Gebrauch liegt und daher andauert.

Das Berufungsgericht hat die Feststellungen nicht für ausreichend erachtet, um das angemessene Entgelt bestimmen zu können. Da die dem Aufhebungsbeschluß insoweit zugrunde liegende Rechtsansicht richtig ist, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (Kodek in Rechberger, ZPO § 519 Rz 5 mwN).

Nicht der Überprüfung entzogen ist aber der Auftrag des Berufungsgerichtes, die Klägerin aufzufordern, das Eventualbegehren zu beziffern, und zu erörtern, ob die Klägerin einen Schadenersatzanspruch wegen Absatzminderung geltend macht. Die vom Berufungsgericht insoweit aufgetragene Verfahrensergänzung erübrigt sich: Die Klägerin fordert schon mit ihrem auf Zahlung eines bestimmten Betrages gerichteten Hauptbegehren ein angemessenes Entgelt gemäß § 150 Abs 1 PatG. Daß ihre Berechnungsmethode unrichtig ist, führt nicht zur Abweisung des Hauptbegehrens; maßgebend ist vielmehr, ob das auf Basis einer angemessenen Lizenzgebühr berechnete angemessene Entgelt die bereits rechtskräftig zuerkannten S 9.000,-- übersteigt und ihr daher ein weiterer Betrag zuzusprechen ist.

Es ist auch nicht zu erörtern, ob die Klägerin einen Schadenersatzanspruch wegen Absatzminderung geltend macht. Die Klägerin hat, wie bereits erwähnt, ausdrücklich erklärt, nicht Schadenersatz, sondern nur ein angemessenes Entgelt nach § 150 Abs 1 PatG zu begehren.

Der Rekurs mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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