OGH 3Ob270/97w

OGH3Ob270/97w17.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Markus A*****, vertreten durch Dr.Herbert Heigl KEG und Mag.Willibald Brugger, Rechtsanwälte in Marchtrenk, wider die beklagte Partei Friedrich A*****, vertreten durch Hager & Teuchtmann, Rechtsanwälte in Linz/Urfahr, wegen Unterhalts (Streitwert 216.000 S) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 18.Juni 1997, GZ 13 R 247/97b, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Beklagte anerkannte im Verfahren erster Instanz ausdrücklich seine Unterhaltspflicht für die berufliche Weiterbildung des Klägers durch ein Studium ab September 1996 (ON 2 Seite 2; ON 4 Seite 3). Es stellt sich daher nur die Frage der allfälligen Verneinung einer Unterhaltspflicht für einen bestimmten Zeitraum vor diesem Zeitpunkt.

Der Kläger maturierte - nach dem maßgeblichen Sachverhalt - im Sommer 1995 an einer höheren landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt und leistete vom 1.Juli 1995 bis 28.Februar 1996 Präsenzdienst. Danach "mußte er erkennen, daß die Lage für einen Maturanten am Arbeitsmarkt nicht die günstigste ist", er hätte jedoch bis Anfang September 1996 außerordentlichen Präsenzdienst leisten können. Vom 7.März bis 14. April 1996 befand er sich mit seiner 70-jährigen Großmutter auf Verwandtenbesuch in Australien. Vom 15.April bis 24.Juli 1996 war er beschäftigungslos, jedoch beim Arbeitsmarktservice als arbeitsuchend gemeldet. Ab 29.Juli 1996 trat er eine Stelle als Kraftfahrer an. Kurze Zeit später erlitt er sich einen Leistenbruch und war danach arbeitsunfähig.

Dem Kläger wurde im angefochtenen Urteil (auch) Unterhalt für den Zeitraum vom 1.März bis 31.August 1996 zuerkannt. Darin erblickt der Beklagte - nach dem maßgeblichen Sachverhalt offenbar unzutreffend - die Unterstützung "nutzlosen Müßiggangs" und die Bestätigung eines Rechts des Klägers "zu Lasten des Vaters faul" sein zu dürfen.

Rechtliche Beurteilung

Wie der erkennende Senat in 3 Ob 7/97v im einzelnen darlegte, wird die Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes, das nach Abschluß seiner Berufsausbildung keine entsprechende Arbeitsmöglichkeit findet, an sich verneint. "Nach längerer Zeit" vergeblicher Suche, einen der Ausbildung adäquaten Arbeitsplatz zu erlangen, sei jedoch - besonders bei geringer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners - die Verweisung des Kindes selbst auf "Hilfsarbeitertätigkeiten" statthaft. Für eine wegen der EU-Mitgliedschaft der Republik Österreich nicht nur auf deren Territorium zu beschränkende Stellensuche sei ein Zeitraum von etwa 6 Monaten seit Abschluß der Berufsausbildung angemessen.

Der Beklagte müßte für den strittigen Zeitraum daher selbst dann Unterhalt bezahlen, hätte der Kläger bereits seit 28.Februar 1996 eine abgeschlossene Berufsausbildung gehabt. Umso weniger kann sich der Beklagte unter Beachtung des hier maßgeblichen Sachverhalts (Anspruch auf Finanzierung eines weiterführenden Studiums) seiner Unterhaltspflicht entledigen.

Was die in der außerordentlichen Revision aufgeworfene Frage betrifft, ob das Gericht zweiter Instanz seiner Entscheidung eine erst nach Schluß der Verhandlung erster Instanz (3.März 1997) eingetretene Tatsache (Berufstätigkeit der geschiedenen und unterhaltsberechtigten Ehefrau des Beklagten seit 10.März 1997) zugrundelegen durfte, ist hervorzuheben, daß dieses Thema nicht erst als unzulässige Neuerung im Berufungsverfahren eingeführt wurde, brachte der Kläger doch schon in erster Instanz in der Verhandlungstagsatzung vom 3.März 1997 vor, es sei zu berücksichtigen, daß der Beklagte ab 10.März 1997 nicht mehr mit Unterhaltsleistungen an seine geschiedene Ehefrau belastet sein werde, werde diese doch ab diesem Zeitpunkt berufstätig sein (ON 13 Seite 3 f).

Auch wenn Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden, sind, wie der Oberste Gerichtshof bereits in 2 Ob 255/74 (= ZVR 1975/168 [Teilveröffentlichung]) aussprach, die Verhältnisse bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz Entscheidungsgrundlage. Gemäß § 406 ZPO kann jedoch aufgrund von Unterhaltsansprüchen auch zu Leistungen verurteilt werden, die erst nach Urteilsschöpfung fällig werden. Daraus ist abzuleiten, daß im Verfahren erster Instanz behauptete, für den künftigen Unterhaltsanspruch wesentliche und auch beweisbare Tatsachen aus der Entscheidungsgrundlage nicht auszuklammern sind. Diesem Grundsatz entsprechen die Erörterungen in 2 Ob 255/74 zu Schadenersatzrenten gemäß §§ 1325 und 1327 ABGB in Erweiterung des Kreises der "Alimentationsansprüche" im engeren Sinn.

Soweit sich der Kläger im übrigen mit Fragen der Unterhaltsbemessung und den Voraussetzungen einer konkludenten Vereinbarung zur Fälligkeit der Unterhaltszahlungen auseinandersetzt, werden auch damit keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt, die einer Lösung durch den Obersten Gerichtshof bedürften.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

Stichworte