OGH 5Ob406/97k

OGH5Ob406/97k16.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Adamovic, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn, Mühlgasse 24, 2020 Hollabrunn, wegen Ersichtlichmachung des Naturschutzgebietes "Thayatal" ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Liegenschaftseigentümerin Gabrielle G***** P*****, geboren *****, Gutsbesitzerin, ***** vertreten durch Dr.Ludwig Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 15.April 1997, AZ 22 R 26/97x, womit der Rekurs der Liegenschaftseigentümerin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Retz vom 13.Jänner 1997, TZ 60/1997, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den Rekurs der Liegenschaftseigentümerin gegen den Beschluß des Erstgerichtes unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Aufgrund des § 7 Abs 1 des Nö Naturschutzgesetzes, LGBl 5500-3, wurden von der Nö Landesregierung mit der Verordnung LGBl 5500/13-19, § 2 Abs 41 nachstehende Grundflächen wie folgt zu Naturschutzgebieten erklärt, wobei sie die vorangestellte Bezeichnung erhielten:

Naturschutzgebiet "Thayatal": Das Naturschutzgebiet umfaßt die Thaya im Gemeindegebiet von H***** und die in der Anlage ausgewiesenen Grundflächen (Gebiete A, A 1, B, C und D) in den Katastralgemeinden H*****, M*****, U***** und N***** (alle Stadtgemeinde H*****).

Die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn beantragte am 9.1.1997 die Erlassung des Grundbuchsbeschlusses: "Aufgrund § 1 und § 2 Abs 41 der Verordnung über die Naturschutzgebiete, LGBl 5500/13-19, wird im Grundbuch ***** ob der der Gabrielle G***** P***** zur Gänze gehörigen Liegenschaft EZ 574 hinsichtlich der Grundstücke Nr *****, *****, *****, ***** und *****, die Ersichtlichmachung des Naturschutzgebietes bewilligt. Hievon werden verständigt: ...".

Das Erstgericht bewilligte diese Ersichtlichmachung ob der im Kopf dieser Entscheidung genannten Liegenschaft hinsichtlich der im Antrag genannten Grundstücke.

Dagegen erhob die Grundstückseigentümerin Rekurs.

Das Rekursgericht wies den Rekurs zurück, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für unzulässig.

Die Möglichkeit der Ersichtlichmachung eines Naturschutzgebietes ergebe sich wohl aus § 15 Abs 1 Nö Naturschutzgesetz, fraglich bleibe hingegen, ob eine solche Ersichtlichmachung eine Rechtswirkung ausübe, die den Eigentümer in seinem Recht verletze. Der Eigentümer sei wohl grundsätzlich berechtigt, sich gegen unzulässige Eintragungen in der ihm zugeschriebenen Grundbuchseinlage zur Wehr zu setzen (MGA Grundbuchsrecht4 § 122 GBG/39). Dies treffe jedoch nicht auf die im Sinne des § 7 Abs 2 AllGAG ohne Rücksicht auf die bücherliche Eintragung gegen jeden Eigentümer wirksamen Beschränkungen, Lasten und Verbindlichkeiten, die auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhten, zu, die durch die Ersichtlichmachung im Grundbuch weder eine Rechtswirkung im Sinne des § 20 GBG bezweckten noch persönliche Verhältnisse kundtäten. Die Ersichtlichmachung eines Naturschutzgebietes habe daher keinerlei dem Eigentümer nachteilige Rechtswirkungen, sodaß er sich auch nicht im Rekursweg dagegen wenden könne.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei gemäß § 126 GBG iVm §§ 13 Abs 1 Z 3, 14 Abs 1 AußStrG unzulässig.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Liegenschaftseigentümerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurslegitimation eines Liegenschaftseigentümers gegen eine bücherliche Eintragung wird in Lehre und Rechtsprechung nach § 9 AußStrG beurteilt und nur jenen Personen zuerkannt, die durch eine Verfügung der ersten Instanz in ihren bücherlichen Rechten verletzt wurden oder deren Interessenssphäre durch eine solche Verfügung berührt wurde (Bartsch, GBG 602; SZ 16/50, SZ 20/35, SZ 26/203, EvBl 1959/366, EvBl 1962/426). Ausdrücklich wurde ausgesprochen (EvBl 1962/426), daß der Eigentümer für berechtigt gehalten werden muß, sich gegen unzulässige Eintragungen auf der ihm zugeschriebenen Grundbuchseinlage zur Wehr zu setzen. Der zitierten Entscheidung lag der Fall zugrunde, daß aus einem Belastungs- und Veräußerungsverbot Berechtigte die Löschung dieser Eintragung begehrten, wogegen der Grundeigentümer Rekurs erhob.

Der Gesetzgeber hat zwar die Wirkung einer "Ersichtlichmachung" nicht ausdrücklich geregelt, doch bestehen keine Bedenken dagegen, Ersichtlichmachungen im Sinne des § 7 Abs 2 AllGAG als Anmerkung im Sinne des § 20 lit b GBG aufzufassen (Hoyer, Grundbuchseintrag im angemerkten Rang und Frist für den Antrag auf Löschung von Zwischeneinträgen in NZ 1997, 233; so auch VwGH vom 7.11.1995, ZfVB 1996/2190). Mit der Ersichtlichmachung gemäß § 15 Abs 1 Nö Naturschutzgesetz, welche über Antrag der Behörde vorzunehmen ist, geht zumindest eine Beschränkung bücherlicher Rechte des Grundstückseigentümers einher, weil mit der an der Liegenschaft haftenden Wirkung angemerkt wird, daß sich niemand (auch nicht der Rechtsnachfolger des Grundeigentümers) auf die Unkenntnis der ersichtlich gemachten Verpflichtung berufen kann. Es sei in diesem Zusammenhang nur auf die nachteiligen Folgen bei Erwirkung einer Baubewilligung oder Verwertung der Liegenschaft hingewiesen, wo eine zu Unrecht erfolgte Ersichtlichmachung dem Liegenschaftseigentümer die Widerlegungslast aufbürdet.

Der Oberste Gerichtshof hat demnach auch in vergleichbaren Fällen der Ersichtlichmachung auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhender Beschränkungen (§ 3 Abs 2 DSchG, § 7 Abs 4 Stadterneuerungsgesetz) von Grundstückseigentümern gegen die Bewilligung der Ersichtlichmachung erhobene Revisionsrekurse (EvBl 1994/149) oder gegen die Entscheidung der ersten Instanz erhobene Rekurse (5 Ob 21/89, 5 Ob 60/92 ua) als zulässig behandelt.

Es besteht kein Grund, in dem hier gleichgelagerten Fall der Grundstückseigentümerin die Rekurslegitimation abzusprechen.

Wenn das Rekursgericht einen Rekurs als unzulässig zurückgewiesen hat, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, anläßlich der Entscheidung über diesen Zurückweisungsbeschluß gleich in der Sache selbst zu erkennen, wenn dadurch der Instanzenzug verschoben würde. Der Oberste Gerichtshof darf nicht sachlich über eine Frage entscheiden, über die er im Hinblick auf § 126 Abs 1 GBG unter Umständen gar nicht zu entscheiden hätte (SZ 50/55 ua).

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