Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien haben der klagenden Partei die mit 12.573 S (darin 2.095,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Landtagsabgeordneter und Vertreter einer Teilorganisation (die die Interessen des Bauernstandes vertritt) einer politischen Partei. Die Erstbeklagte ist Journalistin, Redakteurin und Ressortleiterin der "K***** Zeitung". Die Zweitbeklagte ist Medieninhaberin und Verlegerin dieser Zeitung.
Im Jänner 1995 kam es zu einer Protestveranstaltung von Bauern gegen die Folgen des EU-Beitritts für den Bauernstand. Der klagende Politiker war anwesend und führte mit einem Diskussionsteilnehmer, einem Landwirt, ein Gespräch. In der Ausgabe vom 30.1.1995 der "K***** Zeitung" wurde ein Artikel der Erstbeklagten veröffentlicht, der sich auch mit der Protestveranstaltung beschäftigte. Der diesbezügliche Text lautete:
"Mißtrauensvotum. Was sich am Dienstag auf Schloß Krastowitz abspielte, war dennoch einmalig in der Geschichte des Landes und der Interessenvertretungen. Die erzürnten Bauern erzwangen sich das Rederecht und sprachen ihrer Interessenvertretung das Mißtrauen aus. W***** und Kammeramtsdirektor Ernest G***** wurde von mehreren Rednern vorgeworfen, sie hätten den Bauern falsche Versprechungen über die EU-Zukunft gemacht. Mit der emotionsgeladenen Stimmung wurden die am Pranger stehenden Kämmerer unterschiedlich fertig. W***** blieb sachlich, G***** still und Ö***** Johann R***** bediente sich im Gespräch mit einem Bauern der Unwahrheit."
In der Ausgabe vom 2.2.1995 wurde ein Leserbrief eines Parteifreundes des Klägers veröffentlicht, mit dem ua dem erhobenen Vorwurf der Unwahrheit einer Aussage des Klägers entgegengetreten wurde. Unmittelbar unter diesem Leserbrief veröffentlichte die Zweitbeklagte eine Anmerkung der Erstbeklagten mit folgendem Wortlaut:
"Bewertungskriterien für die Berichterstattung der K***** Zeitung sind Fakten: Deshalb wird häufig gesetzten Handlungen größerer Stellenwert eingeräumt als Absichtserklärungen. Zumal über eine Reform der Landtagsarbeit die gesamte vergangene Legislaturperiode geredet, aber in keinem Punkt gehandelt wurde. Das gestörte Verhältnis des *****Abgeordenten Johann R***** zur Wahrheit ist hingegen ein Faktum. a.g."
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Unterlassung der Behauptungen, der Kläger habe sich anläßlich einer Veranstaltung am 24.Jänner 1995 auf Schloß Krastowitz im Gespräch mit einem Bauern der Unwahrheit bedient und der Kläger habe ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit. Der Kläger begehrt ferner die Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich "sinngleicher Behauptungen und weiters den Widerruf der Behauptungen und die Veröffentlichung des Widerrufs in der Zeitung der Beklagten. Dem Kläger werde vorgeworfen, bewußt unwahre Aussagen gemacht zu haben. Der Vorwurf sei falsch, ehrenbeleidigend und rufschädigend. Es lägen Tatsachenbehauptungen vor. Die Beklagten müßten bei ehrenbeleidigenden Äußerungen die Wahrheit beweisen. Die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage und seien grob unrichtig. Die Beklagten hätten die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt, weil sie vor der Verbreitung der Behauptungen mit dem Kläger keine Rücksprache gehalten hätten.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Bei der Protestversammlung habe ein Landwirt eine emotional gehaltene Rede gehalten und auf Unterlassungen der Standesvertretung hingewiesen. Nach der Rede habe der Kläger gegenüber dem Redner geäußert, dieser sei ein "Freiheitlicher". Dies hätte dem Kläger die Erstbeklagte mitgeteilt. Diese Äußerung des Klägers sei unwahr und wider besseres Wissen erfolgt. Der erwähnte Redner auf der Protestveranstaltung habe sich erzürnt zur Erstbeklagten begeben. Er habe gegenüber einer Kollegin der Erstbeklagten erklärt, er sei kein "Freiheitlicher". Er wolle wissen, wieso die Erstbeklagte dazukomme, solches von ihm zu behaupten. Die Erstbeklagte habe darauf verwiesen, daß sie eine solche Behauptung nie aufgestellt habe. In der Veröffentlichung vom 30.1.1995 sei wahrheitsgemäß dargelegt worden, daß sich der Kläger in seinem Gespräch mit dem Bauern der Unwahrheit bedient habe. Der Klubobmann der Partei des Klägers habe in einem Leserbrief behauptet, dem Kläger sei fälschlich die Unwahrheit einer Aussage unterstellt worden. Für alle Leser sei klar gewesen, daß es sich bei dieser Behauptung um die Bezugnahme auf die Protestveranstaltung und auf das Gespräch des Klägers gehandelt habe. Die Erstbeklagte habe in der Glossierung des Leserbriefs die wahren Fakten als Bewertungskriterien darlegen müssen. Sie habe nicht zum Ausdruck bringen wollen, daß der Kläger ganz allgemein ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit habe. Ihre Äußerung sei nur im Konnex mit dem beschriebenen Vorfall zu verstehen. Eine Notwendigkeit zu einer Rücksprache mit dem Kläger vor Veröffentlichung des Vorwurfs habe nicht bestanden. Der Kläger habe tatsachenwidrig und wider besseres Wissen behauptet, die Erstbeklagte hätte ihm gesagt, der Landwirt sei ein "Freiheitlicher". Der Sachverhalt stehe aufgrund der Aussage und der Empörung des betroffenen Landwirts fest.
Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte über den schon eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch fest, daß es zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten immer wieder dienstlich zu Gesprächskontakten gekommen sei. Die Erstbeklagte habe positiv über den Kläger berichtet. Im Zusammenhang mit Presseaussendungen des "B*****", bei dem der Kläger als Kammerrat auch beschäftigt sei, sowie mit verschiedenen Protestveranstaltungen von Landwirten seien gewisse Differenzen zwischen der Erstbeklagten und dem Kläger aufgetreten (Feststellungen S 8 f in ON 10). Bei einer außerordentlichen Vollversammlung der Kärntner Landwirtschaftskammer am 24.1.1995 auf Schloß Krastowitz seien der Kläger und die Erstbeklagte anwesend gewesen. Ein Landwirt habe mit Zwischenrufen auf sich aufmerksam gemacht. Er sei zum Rednerpult gegangen und habe dort eine emotionale Ansprache gehalten. Die Erstbeklagte sei danach weggefahren. Der Kläger habe den Redner angesprochen. Es sei nicht feststellbar, ob der Kläger dem Landwirt gegenüber behauptet habe, die Erstbeklagte habe ihm (dem Kläger) mitgeteilt, daß der Landwirt ein "Freiheitlicher" sei. Der Landwirt habe die Erstbeklagte telefonisch kontaktiert und klargestellt, er sei kein "Freiheitlicher". Auf die Frage, warum diese Mitteilung erfolge, habe der Landwirt geantwortet, der Kläger habe ihm gesagt, die Erstbeklagte hätte behauptet, daß er ein "Freiheitlicher" sei. Dies wolle er nicht auf sich sitzen lassen, da er als Bauer und nicht als Parteipolitiker aufgetreten sei. Die Erstbeklagte habe sich mit dem Vorwurf gegenüber dem Kläger auf den Vorfall mit dem Landwirt bezogen. Sie habe damit nicht zum Ausdruck bringen wollen, daß der Kläger überhaupt nicht die Wahrheit sage.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß bei ehrenbeleidigenden unrichtigen Tatsachenbehauptungen der Täter die Wahrheit beweisen müsse. Es komme immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der Äußerung an. Der Äußernde müsse stets die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Journalisten treffe die Verpflichtung zur sorgfältigen Recherche und zur Prüfung der Zuverlässigkeit der Informationsquellen. Bei nicht zweifelsfreien Informationen sei dem Betroffenen vor der Veröffentlichung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Wahrheitsbeweis sei dem Beklagten nicht gelungen. Der Vorwurf eines gestörten Verhältnisses zur Wahrheit sei unter Zugrundelegung des maßgeblichen Leserhorizonts nicht auf den Vorfall mit dem Landwirt allein zu beziehen, der Vorwurf müsse auf den allgemeinen Umgang des Klägers mit der Wahrheit bezogen werden. Die Erstbeklagte habe auch die gebotene journalistische Sorgfaltspflicht verletzt, weil sie im wesentlichen nur auf die Richtigkeit der Aussage des Informanten vertraut hätte.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es teilte die Rechtsmeinung des Erstgerichtes zur Beweislast und ging von überprüfbaren Tatsachenbehauptungen aus. Die erhobenen Charakter- und Verhaltensvorwürfe verletzten die soziale Wertstellung des Klägers als Mensch und Politiker. Die Vorwürfe seien ehrenbeleidigend und rufschädigend. Die Beklagten hätten keineswegs eine politische Kritik geübt. Eine solche Kritik wäre auch keineswegs maßvoll gewesen. Das Unterlassungsbegehren sei nicht unzulässig weit gefaßt. Der Vorwurf eines gestörten Verhältnisses zur Wahrheit gehe über den konkreten Anlaßfall hinaus und sei als allgemeiner Charaktervorwurf aufzufassen. Ein Recht auf freie Meinungsäußerung gebe es bei unwahren Tatsachenbehauptungen nicht. Der Widerrufsanspruch sei berechtigt. Die Erstbeklagte habe ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Sie hätte die Richtigkeit der fremden Behauptungen überprüfen müssen. Der Widerrufsanspruch sei schon bei leichter Fahrlässigkeit gegeben.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Mit ihrer außerordentlichen Revision beantragen die Beklagten die Abänderung dahin, daß die Klage abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
In der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise wird beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig. Der Widerrufsnspruch setzt Fahrlässigkeit voraus. Zur Frage, ob die Nichteinholung einer möglichen Auskunft beim von der Äußerung Betroffenen schon eine vorwerfbare Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht darstellt, liegt noch keine ausreichende oberstgerichtliche Judikatur vor. Die Revision ist daher zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Die Beklagten bekämpfen zunächst die nach ihrer Ansicht zu weite Fassung des Unterlassungstitels, womit ihnen auch die Unterlassung "sinngleicher" Behauptungen aufgetragen wird. Die Revisionswerber könnten daher künftig den Kläger in keinem Fall der Lüge bezichtigen, selbst wenn dieser Vorwurf wahr sei. Zur Stützung ihrer Ansicht über einen zu weiten Unterlassungstitel können sich die Revisionswerber nicht auf die von ihnen zitierte Entscheidung (MR 1989, 219) berufen. Dort begehrte die Klägerin allgemein die Unterlassung herabsetzender Äußerungen über ihr Unternehmen, insbesondere die Bezeichnung als "Mafiaprint". Der Oberste Gerichtshof beschränkte das Verbot auf die Unterlassung der Bezeichnung der Klägerin als "Mafiaprint" sowie wahrheitswidriger Behauptungen gleichen Inhalts. Letzteres entspricht dem vorliegenden Verbot "sinngleicher Behauptungen". Den Revisionsausführungen, daß das Verbot dazu führen könnte, daß dem Beklagten das Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten werde, wenn sie über in Zukunft tatsächlich stattfindende lügenhafte Äußerungen des Klägers nicht berichten dürften, ist entgegenzuhalten, daß das Verbot (hinsichtlich der zweiten Behauptung, der Kläger habe ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit) eine Beleidigung nach § 1330 Abs 1 ABGB betrifft, der kein konkreter Sachverhalt zugrundelag. Ein solcher konnte demgemäß auch nicht in den Spruch des Titels aufgenommen werden. Die Ansicht der Beklagten führte im Ergebnis dazu, daß bei Beleidigungen, denen kein überprüfbares konkretes Tatsachensubstrat zugrundeliegt, die also als Beschimpfungen zu qualifizieren sind, ein Unterlassungsgebot nicht ausgesprochen werden könnte, weil sich in Zukunft ein Sachverhalt ereignenen könnte, der den beleidigenden Vorwurf rechtfertigt. Der Unterlassungsanspruch des Beleidigten steht selbstverständlich auch bei allgemein erhobenen Vorwürfen zu. Dem Beklagten wird mit dem Exekutionstitel auch keineswegs das Recht genommen, über allenfalls in Zukunft sich ereignende Lügen des Klägers zu berichten. Bei einem berechtigten Lügenvorwurf müßten sie einer Exekutionsführung des Klägers mit der Impugnationsklage begegnen. Entgegen der Auffassung der Revisionswerber ist der in der Ausgabe vom 2.2.1995 erhobene Vorwurf der Erstbeklagten, der Kläger habe ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit, nach dem maßgeblichen Gesamtzusammenhang, in dem die Äußerung fiel und dem dadurch für die Leserschaft vermittelten Gesamteindruck (MR 1993, 101 uva), ein nicht näher konkretisierter Vorwurf. Zutreffend verweist der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung darauf, daß ein nicht zu vernachlässigender Teil der Leser nur den Leserbrief und die Anmerkung der Erstbeklagten gelesen hat und über die vorausgehenden Ereignisse (also den ersten Artikel und den in diesem gar nicht näher erläuternden Sachverhalt) nicht informiert war. Einem nur allgemein erhobenen Lügenvorwurf kann auch nur mit einem allgemein gehaltenen Unterlassungstitel begegnet werden.
Zur Frage der Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht hat der erkennende Senat erwogen:
Aufgrund der Negativfeststellung des Erstgerichtes ist von einem wahrheitswidrig erhobenen Lügenvorwurf auszugehen. Bei ehrenbeleidigenden Tatsachenbehauptungen trifft den Täter die Beweislast über die Wahrheit der Tatsachen (MR 1993, 55 uva). Die Erstbeklagte beruft sich auf die eingeholte Information eines Dritten, den sie zugestandenerweise nicht kannte. Es liegt nicht der Fall der Weitergabe einer fremden Äußerung ohne Identifikation mit dieser Äußerung vor. Die Erstbeklagte hat den Lügenvorwurf selbst erhoben. Für den verschuldensabhängigen Widerrufsanspruch ist es entscheidungswesentlich, ob die beklagte Journalistin vor der Veröffentlichung des Vorwurfs zu weiteren Recherchen verpflichtet war. Diese Frage ist zu bejahen. Wohl bildet das Nichteinholen einer möglichen Auskunft für sich allein noch keine Sorgfaltsverletzung (SZ 50/86; MR 1993, 55). Dies gilt aber nur grundsätzlich. Nach den Umständen des Einzelfalls kann sich durchaus eine Verpflichtung zu weitergehenden Recherchen über die Richtigkeit der Tatsachen, über die berichtet werden soll, ergeben. Unter dem Titel "Wahrnehmung journalistischer Sorgfalt" ordnet § 29 Abs 1 MedienG an, daß der Medieninhaber (Verleger) oder ein Medienmitarbeiter wegen eines Medieninhaltsdelikts, bei dem der Wahrheitsbeweis zulässig ist, nicht nur bei erbrachtem Wahrheitsbeweis, sondern auch dann nicht zu bestrafen ist, wenn ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung bestanden hat und auch bei Aufwendung der gebotenen journalistischen Sorgfalt für ihn hinreichende Gründe vorgelegen sind, die Behauptung für wahr zu halten. Was unter "gebotener journalistischer Sorgfalt" zu verstehen ist, bedarf der Auslegung im Einzelfall (Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz 75). Die Durchführung zusätzlicher Recherchen wird jedenfalls dann zu fordern sein, wenn die Auskunft leicht erreichbar ist und die geplante Veröffentlichung dadurch nicht ungebührlich verzögert wird. Daß im vorliegenden Fall eine Stellungnahme des Klägers vor der Veröffentlichung nicht erreichbar gewesen wäre oder daß das Informationsbedürfnis über ein aktuelles und gewichtiges Tagesereignis eine sofortige Berichterstattung erforderlich gemacht hätte, wurde nicht einmal behauptet. Im Bereich des Strafrechtes wird die Auffassung vertreten, daß die Einholung der Stellungnahme des Betroffenen zu den journalistischen Sorgfaltspflichten gehört (OLG Wien 27 Bs 23/90 = MR 1990, 54), was von der Lehre gebilligt wird (Swoboda, Das Recht der Presse 106). Dies kann grundsätzlich auch für den zivilrechtlichen Anspruch gelten. Es darf nur das veröffentlicht werden, was der Journalist aus hinreichenden Gründen (§ 29 Abs 1 MedienG) für wahr halten durfte. Die Beklagten konzedieren, daß die Erstbeklagte den Informanten gar nicht kannte. Zureichende Gründe für die Annahme der Lauterkeit des Informanten und für die Richtigkeit seiner Angaben können die Revisionswerber nicht ins Treffen führen. Die Art und Weise, wie der Informant sich bei der Bekanntgabe der Information (zunächst an eine Kollegin der Erstbeklagten) verhielt, reicht noch nicht aus, eine besondere Vertrauenswürdigkeit des Informanten annehmen zu dürfen. Schließlich ist dabei zu bedenken, daß der Informant einer Personengruppe angehört, die gerade mit der Tätigkeit des klagenden Politikers und seiner Partei nicht einverstanden war. Die Journalistin traf daher, wenn sie den Vorwurf des Informanten als eigenen Vorwurf weitergab, die Verpflichtung zu weitergehender Recherche über die Richtigkeit des Vorwurfs. Dem Kläger hätte die Gelegenheit eingeräumt werden müssen, den Vorwurf zu entkräften und die Erstbeklagte von der Unrichtigkeit der Behauptung des Dritten zu überzeugen. Den Beklagten stand schließlich auch die Möglichkeit offen, die Äußerung des Dritten zu veröffentlichen, die Informationsquelle also zu benennen. Bei überwiegendem Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der zitierten Äußerung und bei wahrheitsgetreuer Wiedergabe der Äußerung hätten sich die Beklagten auf den aus § 6 Abs 2 Z 4 MedienG abzuleitenden Rechtfertigungsgrund berufen können (vgl dazu 6 Ob 2018/96z). Wenn sie sich stattdessen zur Veröffentlichung eines eigenen Vorwurfs entschlossen, hätten sie die Stellungnahme des Betroffenen vorher einzuholen gehabt. Bei der Veröffentlichung in Medien ist die Gefahr des Eintritts nachhaltiger, durch die falsche Berichterstattung verursachter Schäden besonders groß. Dieser Gefahr soll die journalistische Sorgfaltspflicht entgegenwirken. Der Journalist hat sich um die Wahrheit zu bemühen. Die Recherchepflicht ist umso größer, je unzuverlässiger die Informationsquelle ist. Vor der Veröffentlichung eines Sachverhalts aus Mitteilungen von Behörden (etwa aus einem Polizeibericht) wird allenfalls die Einholung der Stellungnahme des Betroffenen entbehrlich sein. Ein solcher Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Bei einer Informationsquelle, über deren Zuverlässigkeit der Journalist nicht weiß, umfaßt die Recherchepflicht grundsätzlich auch die Einholung der Stellungnahme des Betroffenen. Dies ist schon aus dem Grundsatz "audiatur altera pars" abzuleiten.
Zuletzt berufen sich die Revisionswerber noch auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und erachten ihre Äußerungen als vertretbare Kritik an einem Politiker. Sie übersehen dabei, daß sie die Richtigkeit des Lügenvorwurfs nicht nachgewiesen haben. Ein Recht auf freie Meinungsäußerung in Form von Beleidigungen, die nicht auf einem wahren Sachverhalt oder überhaupt auf keinem Sachverhalt (Beschimpfungen) beruhen, gibt es nicht. Eine solche "Kritik" kann nicht im Wege der bei politischen Werturteilen vorzunehmenden Interessenabwägung gerechtfertigt werden (MR 1997, 85 mwN).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Kostenbemessungsgrundlage ist bei nicht auf Geld gerichteten Klagen ein Betrag von 240.000 S (§ 10 RATG).
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