Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Annahme eines 3,851.313,80 S um 40.000 S übersteigenden Verkürzungs- betrages von Umsatzsteuer (Punkt II. des Urteilssatzes) sowie im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Ing.Heinrich P***** wird nach § 33 Abs 5 FinStrG unter Anwendung des § 21 Abs 1 und Abs 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von 2,5 Mio S (zweimillionenfünfhunderttausend Schilling), für den Fall der Uneinbringlichkeit zu fünf Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde der Angeklagte Ing.Heinrich P***** der Finanzvergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG (I. und III.) sowie der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (II.) schuldig erkannt.
Darnach hat er in Innsbruck
I. als Geschäftsführer der I***** GmbH vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht Abgabenverkürzungen (1.) bewirkt, und zwar von 1985 bis 1988 eine Verkürzung an Umsatz-, Körperschafts-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuer von 1,163.539 S; (2.) zu bewirken versucht, und zwar 1989 (richtig: 1988) eine Verkürzung an Umsatzsteuer von 307.600
S;
II. als Geschäftsführer der I***** GmbH (hinsichtlich der Zeiträume Mai bis November 1987, März und April 1990) und der W***** GmbH (hinsichtlich der Zeiträume Juli bis November 1989 und Jänner sowie März bis Mai 1990) vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen und Gutschriften) von 3,891.313,80 S (richtig: 3,851.313,80 S) bewirkt, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten;
III. die seiner Person zugeflossenen Gelder aus verdeckten Gewinnausschüttungen in den Jahren 1985 bis 1986 nicht erklärt und dadurch unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung an Einkommensteuer von 438.866 S bewirkt.
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a, 9 lit a und lit b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist unbegründet.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem (weitestgehend unsubstantiiert gebliebenen) Vorwurf in der Mängelrüge (Z 5), die in der Urteilsbegründung insbesondere zu I.1. und II. "einzeln angeführten Hinterziehungsbeträge" würden den "im Spruch angeführten Summen" nicht entsprechen, ergeben die hinsichtlich I.1. den Entscheidungsgründen zu entnehmenden Detailbeträge, und zwar 200.833 S (US 13), 13.333 S (US 14), 360.600 S, 111.764 S, 243.104 S, 89.000 S und 144.905 S (US 16) genau den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Gesamtverkürzungsbetrag von 1,163.539
S.
Sofern der Beschwerdeführer hinsichtlich des Faktums II. eine relevante Divergenz zwischen Urteilsspruch und Entscheidungsgründen mit dem Hinweis auf den der Urteilsbegründung nicht zu entnehmenden Betrag von "80 g" darzutun versucht, genügt der Hinweis, daß das Erstgericht hinsichtlich des Projektes "Bürohaus Mitterweg" etc eine Verkürzung an Umsatzsteuer non insgesamt 1,268.916 S angenommen hat (US 9, 10). In den zur Stützung dieser Annahme herangezogenen finanzbehördlichen Unterlagen ist dieser Verkürzungsbetrag mit 1,268.916,80 S (S 225, 231/I) bzw 1,268.916,82 S (S 244/I) ausgewiesen; damit steht fest, daß das Erstgericht in den Entscheidungsgründen die Anführung des Groschenbetrages ersichtlich nur aus Gründen der Vereinfachung unterlassen hat.
Die auf einem Schreibfehler beruhende Anführung des Jahres 1989 (statt richtig 1988) im Urteilsspruch (I.2.) wurde unter dem Gesichtspunkt mangelnder Individualisierung der Tat (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) nicht angefochten (§ 281 Abs 1 Z 3 StPO) und kann daher auf sich beruhen.
Weshalb die Gewährung eines Darlehens durch den Angeklagten mit einer vorangegangenen verdeckten Gewinnausschüttung an ihn nach den Denkgesetzen nicht vereinbar sei, zeigt die Mängelrüge nicht auf und verfehlt damit ihre gesetzeskonforme Darstellung.
Hinsichtlich der diesbezüglichen, auch in der Tatsachenrüge (Z 5 a) angestellten Beschwerdeerwägungen ergeben sich aus den Akten keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.
Die in subjektiver Hinsicht zur Tatbestandsverwirklichung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG erforderlichen Feststellungen sind - dem Beschwerdevorbringen (Z 9 lit a) zuwider - den Entscheidungsgründen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen (US 16).
Im Gegensatz zu der dem Generalprokurator durch § 33 Abs 2 StPO eingeräumten Möglichkeit unter anderem auch gegen jeden gesetzwidrigen Vorgang eines Strafgerichtes die Nichtigkeitsbeschwerde zu erheben, steht dem Angeklagten nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO eine solche nur gegen den Urteilsausspruch dahin offen, ob Umstände vorhanden sind, durch die die Strafbarkeit der Tat aufgehoben oder die Verfolgung wegen der Tat ausgeschlossen ist.
Weil aber infolge Aufhebung des § 55 FinStrG ab 21.August 1996 (BGBl 1996/421) für die Annahme eines auf dieser Bestimmung beruhenden Verfolgungshindernisses (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 9 lit b E 20) im Urteilszeitpunkt die gesetzliche Grundlage gefehlt hat, ist die auf eine Verletzung des (nicht mehr in Geltung stehenden) § 55 FinStrG rekurrierende Beschwerde schon deshalb nicht an den Verfahrensvorschriften ausgerichtet, weil sie eine Weitergeltung des § 55 FinStrG auf anhängige Strafverfahren gar nicht behauptet.
Hingegen ist das angefochtene Urteil in zweifacher Hinsicht mit dem vom Angeklagten nicht (explizit) gerügten, gemäß § 290 Abs 1 StPO aber von Amts wegen aufzugreifenden Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftet:
Die Addierung der laut Entscheidungsbegründung unter dem Gesichtspunkt des § 33 Abs 2 lit a FinStrG maßgeblichen Beträge, nämlich 1,268.960 S (US 10), 1,457.029 S (US 11), 577.369 S (US 12), 467.999 S (US 12) und 80.000 S (US 14), ergibt eine Summe von 3,851.313 S, sohin einen Betrag, der um 40.000 S unter jenem liegt, der im Urteilsspruch zu Punkt II. ausgewiesen ist. Wird der Verkürzungsbetrag nach dem FinStrG unrichtig festgestellt, so wird ein gesetzwidriger Strafrahmen angewendet und Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO begründet, auch wenn die verhängte Geldstrafe tatsächlich innerhalb des richtigen Strafrahmens ausgemessen wurde (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 11 E 30). Der sich in bezug auf die Ermittlung des strafbestimmenden Wertbetrages (vgl US 27) zum Nachteil des Angeklagten auswirkende Berechnungsfehler war sohin - auf Basis der zutreffenden erstgerichtlichen Feststellungen - entsprechend zu korrigieren.
Darüber hinaus verstieß das Erstgericht bei der Strafbemessung gegen das Doppelverwertungsverbot, weil es die beträchtliche Höhe des Hinterziehungsbetrages sowie die Hinterziehung mehrerer Abgaben als erschwerend wertete, bestimmt doch die Schadenshöhe bei der Strafbemessung nach § 33 Abs 5 FinStrG bereits die gesetzliche Strafdrohung (Mayerhofer aaO E 11), wobei die für die zusammentreffenden Strafdrohungen hinsichtlich verschiedener Abgaben maßgeblichen Wertbeträge nach § 21 Abs 2 FinStrG zu summieren sind.
Bei der damit erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe war ausgehend vom korrigierten strafbestimmenden Wertbetrag von 5,761.318 S mit daraus resultierendem Strafrahmen bis zu 11,522.636 S der lange Tatzeitraum erschwerend; mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, das längere Wohlverhalten seit den Taten und die lange Verfahrensdauer.
Berücksichtigt man weiters, daß der Angeklagte nach der Aktenlage bislang keinerlei Schadensgutmachung geleistet und jedwedes strafbare Verhalten in Abrede gestellt hat, so erweist sich die im Bereich von ca 22 % des Strafrahmens verhängte Sanktion als schuldangemessen (§ 23 Abs 1 und Abs 2 FinStrG).
Der Gewährung (teilweiser) bedingter Nachsicht stehen die durch einen langen Tatzeitraum als Geschäftsführer zweier Firmen gesetzten Verkürzungshandlungen ebenso entgegen wie Rücksichten der Generalprävention, weil andere potentielle Täter davon abgehalten werden müssen, aus wettbewerbsverzerrenden Billigstangeboten resultierende Liquiditätsprobleme durch Steuerhinterziehung zu beheben.
Für den Fall der Uneinbringlichkeit der auch der persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Angeklagten Rechnung tragenden (§ 23 Abs 3 FinStrG) Geldstrafe war eine angemessene fünfmonatige Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen (§ 20 Abs 1 FinStrG).
Die Berufung des Angeklagten ist durch die Strafneubemessung gegenstandslos.
Dessen Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel ist im § 390 a StPO begründet.
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