OGH 10ObS294/97a

OGH10ObS294/97a9.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr sowie die fachkundigen Laienrichter DI Gustav Poinstingl und Brigitte Augustin beide aus dem Kreis der Arbeitgeber als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Margarete C*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Winiwarter, Rechtsanwalt in Krems/D, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Alterspension, infolge Rekurses und Revision der klagenden Partei gegen den Beschluß und das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26.Mai 1997, GZ 10 Rs 55/97z-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Krems/D als Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 30.Oktober 1995, GZ 7 Cgs 296/94a-6, bestätigt wurde,

1.) den

Beschluß

gefaßt:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Anträge der Klägerin, gemäß Art 140 B-VG beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Überprüfung der Bestimmung des § 120 GSVG wegen Verfassungswidrigkeit zu stellen, sowie auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof werden zurückgewiesen.

2.) in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Den Parteien steht kein förmlicher Rechtsbehelf zur Verfügung, um in einem gerichtlichen Verfahren die Vorlage beim EuGH zu einer Vorabentscheidung zu bewirken. sie haben nur die Möglichkeit, ein Vorabentscheidungsverfahren anzuregen und den Richter von der Notwendigkeit einer Vorlage und damit von der Entscheidungserheblichkeit der gemeinschaftsrechtlich relevanten Frage zu überzeugen (Haedrich in Oetker/Preis EAS B 1300, 37). Da den Parteien sohin kein verfahrensrechtlicher Anspruch auf die Vorlage einer Frage an den EuGH zusteht, begründet die Ablehnung der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens durch das Berufungsgericht keinen im Rechtsmittelweg anfechtbaren Verfahrensfehler; auch war der entsprechende, an den Obersten Gerichtshof gerichtete Antrag zurückzuweisen (SZ 68/89).

Ein Recht, vom Obersten Gerichtshof die Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung eines Gesetzes wegen Verfassungswidrigkeit zu stellen, steht einem Revisionswerber nicht zu (SSV-NF 4/86, 4/153 ua), weshalb der darauf abzielende Antrag ebenfalls zurückzuweisen war. Ein solches Recht kommt der Partei auch im Berufungsverfahren nicht zu. Auch das Berufungsgericht hat daher diesen Antrag der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Dem Rekurs der Klägerin kommt daher keine Berechtigung zu.

Der Oberste Gerichtshof hegt im übrigen aus den bereits vom Berufungsgericht angeführten Gründen keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 120 GSVG; in der vom angefochtenen Urteil zitierten Entscheidung SSV-NF 6/11 wurde vom erkennenden Senat bereits ausgesprochen, daß Regelungen, nach denen Pensionsansprüche von der Erfüllung einer Wartezeit abhängen, verfassungsrechtlich nicht bedenklich sind.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Bestimmung des § 2 Abs 1 Z 1 GSVG sei insoweit verfassungswidrig, als damit Personen zu Beitragsleistungen verpflichtet würden, die im Hinblick auf ihr Alter praktisch nie in den Genuß einer adäquaten Pensionsleistung kommen könnten, wendet sie sich nicht gegen Bestimmungen des Leistungsrechtes, sondern des Beitragsrechtes. Dabei handelt es sich aber um Verwaltungssachen (§ 194 GSVG iVm § 355 ASVG); hiefür gelten die Verfahrensbestimmungen der §§ 409 ff ASVG. Die Zuständigkeit der Gerichte in Arbeits- und Sozialrechtssachen erstreckt sich nur auf die in § 65 ASVG genannten Leistungssachen. Da Verwaltungssachen damit der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte entzogen sind, können auch gesetzliche Regelungen des Beitragsrechtes für eine gerichtliche Entscheidung nicht präjudiziell sein, so daß es diesbezüglich schon aus diesem Grund an einer Voraussetzung für die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens durch den Obersten Gerichtshof fehlt.

Auch zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens besteht kein Anlaß. Der Zweck des Vorabentscheidungsverfahrens besteht in der Wahrung der gemeinschaftsrechtlichen Ordnung der Mitgliedsstaaten. Die Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens ist nur gegeben, wenn es sich um eine vorlagefähige Frage aus dem Gemeinschaftsrecht handelt. Fragen der Vereinbarkeit innerstaatlichen Rechts mit Gemeinschaftsrecht begründen ebenso wie die Auslegung nationalen Rechts die Unzulässigkeit des Ersuchens (Haedrich aaO, 35 f). Wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausführten, erstreckt sich der Regelungsbereich des EU-Rechtes im Bereich des Sozialrechtes im wesentlichen auf die Statuierung zwischenstaatlichen Sozialrechtes. Das Gemeinschaftsrecht wirkt grundsätzlich nicht auf die innerstaatlichen Regelungen der einzelnen Sozialversicherungssysteme ein. § 117 EG-Vertrag hat rein programmatischen Charakter und begründet keine Rechte des Einzelnen (Lenz, EG-Vertrag 757 f). Die Klägerin vermag im übrigen gar nicht darzutun, bezüglich welcher (das Gemeinschaftsrecht betreffender) Fragen die Voraussetzungen für die Einleitung des beantragten Vorabentscheidungsverfahrens nach ihrer Ansicht vorliegen.

Ausgehend von der geltenden Rechtslage wird die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen nicht bekämpft.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe, die einen Kostenzuspruch aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich aus dem Akt Anhaltspunkte auf das Vorliegen solcher Gründe.

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