OGH 14Os89/97

OGH14Os89/979.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.September 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Mayrhofer, Dr.Holzweber, Dr.Ratz und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kunz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Vera M***** und andere Angeklagte wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Milojica L***** und Bosko L***** sowie über die Berufung des Angeklagten Dejan M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 6.November 1996, GZ 11 Vr 205/96-90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten Milojica L***** und Bosko L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (ua) die Angeklagten Milojica L*****, Bosko L***** und Dejan M***** (zu A) des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (Milojica L***** teils als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, Bosko L***** als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB), Milojica L***** und Dejan M***** ferner (zu B) des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Den Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten Milojica L***** und Bosko L***** mit Nichtigkeitsbeschwerde, gegen den Strafausspruch richten sich die Berufungen der Genannten sowie des Angeklagten Dejan M*****.

Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung haben in Steyr

A) Milojica L***** und Bosko L***** mit dem Vorsatz durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Versicherungsangestellte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich der Auszahlung von Versicherungssummen verleitet, durch welche nachgenannte Versicherungsgesellschaften einen 25.000 S übersteigenden Schaden am Vermögen erlitten, und zwar

I. Milojica L***** am 21.September 1992 Angestellte der N***** (im Urteil unrichtig: Nordstein) C***** Versicherung durch Erstattung einer unrichtigen Diebstahlsmeldung betreffend einen PKW der Marke Renault 19, Baujahr 1992, zur Auszahlung von 193.200 S;

II. Milojica L***** und Bosko L***** sowie die Mitangeklagten Vera M***** und Dejan M***** als Beteiligte (§ 12 StGB) am 24.Juli 1995 Angestellte der D***** Versicherung durch Erstattung einer unrichtigen Diebstahlsmeldung betreffend einen PKW der Marke Honda Civic, Baujahr 1995, zur Auszahlung von 146.783 S;

B/I) Milojica L***** am 19.September 1992 den zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten der Bundespolizeidirektion Steyr eine mit Strafe bedrohte Handlung wissentlich vorgetäuscht, indem er den unter A/I bezeichneten fingierten Autodiebstahl zur Anzeige brachte.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Milojica L*****:

Der gegen den Schuldspruch laut A/I und II sowie B/I aus den Gründen der Z 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milojica L***** kommt keine Berechtigung zu.

Durch die Ablehnung der Einvernahme des Milos L***** als Zeugen zum Beweis dafür, daß er nie den Ehegatten M***** gegenüber gesagt habe, er fahre mit dem Fahrzeug Renault des Milojica (L*****), wurden Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Das angestrebte Beweisergebnis betrifft nämlich keine entscheidende Tatsache, weil sich das Schöffengericht nicht einmal im Rahmen der Beweiswürdigung auf eine solche Äußerung des Milos L***** stützte und die unter Hinweis auf die Beobachtungen der Zeugen Ljubisa L***** und Lalica L***** (S 212 ff/II) mängelfrei begründete (US 12 f) Annahme, wonach die Familienmitglieder des Beschwerdeführers den tatverfangenen PKW nach seiner regulären Überstellung nach Jugoslawien und der fingierten Diebstahlsanzeige weiter benützten, davon nicht tangiert wird.

Im übrigen wurde Milos L***** nicht zum Beweis dafür beantragt, daß er nach der Diebstahls- und Schadensmeldung nicht über den PKW des Beschwerdeführers verfügte, sondern er sollte bloß bezeugen, dies gegenüber Dejan M***** nicht einbekannt zu haben, was ebensowenig erheblich ist.

Auch die behaupteten Begründungsmängel (Z 5) haften dem Urteil nicht an.

Daß die Gattin des Beschwerdeführers Eigentümerin des in Rede stehenden Personenkraftfahrzeuges war und die Versicherungssumme an sie ausgezahlt wurde, steht keiner entscheidenden Tatsachenfeststellung entgegen, zumal dadurch das von den Tatrichtern angenommene Tatmotiv, wonach er nach wirtschaftlichem Nutzen trachtete ("um in den Besitz der auszuzahlenden Kaskoversicherung zu kommen und sich überdies für diesen PKW die weitere Leasingratenzahlung zu ersparen"), nicht in Frage gestellt wird.

Soweit der Angeklagte (im Rahmen der Tatsachenrüge) eine Undeutlichkeit der Urteilsgründe hinsichtlich der ihm angelasteten "Anstiftung" rügt, genügt der Hinweis auf die Urteilsannahmen, wonach Milojica L***** an Dejan M***** "mit dem Ansinnen herantrat, einen Diebstahl des PKWs in Ungarn vorzutäuschen, den PKW in der Zwischenzeit nach Jugoslawien verbringen zu lassen" und weiters zusagte, für den Verkauf an oder über seinen Bruder Milos L***** für 10.000 DM zu sorgen (US 8 f), welche den Erfordernissen der Bestimmungstäterschaft nach § 12 zweiter Fall StGB vollauf genügen.

Bei Würdigung der Aussage des Zeugen Ljubisa L***** konnte die Erörterung der Divergenz hinsichtlich der Anwesenheit des Milos L***** zu Weihnachten 1992 in Belgrad - bei welcher Gelegenheit der genannte Zeuge jedenfalls den zuvor als gestohlen gemeldeten PKW sah - dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe entsprechend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), unterbleiben, weil sie ein nicht entscheidendes Detail betrifft.

Gleiches gilt für die Beweisergebnisse, wonach der Rechtsmittelwerber von Borko J***** kurz vor der Vortäuschung des Autodiebstahls aufgefordert wurde, einen anderen Parkplatz zu wählen, ferner dem Vojo K***** mitteilte, daß er nicht zu Besuch kommen könne, weil das Auto gestohlen wurde und schließlich Johann W***** im Haus mithörte, als über den "Autodiebstahl" gesprochen wurde.

Nach Prüfung der Akten anhand des weiteren Beschwerdevorbringens (Z 5 a) ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten Milojica L***** zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) verfehlt den Vergleich des Urteilssachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz und damit die prozeßordnungsgemäße Darstellung des materiellen Nichtigkeitsgrundes:

Mit dem Einwand, "vom Jahre 1992 bis zur Tatausführung am 22.7.1995 liegt aber so ein großer Zeitraum, daß ein solches 'Ansinnen' rechtlich nicht mehr als Anstiftung gewertet werden kann, weil es am räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Tatausführung mangelt", der zudem die Konstatierungen übergeht, wonach die Ehegatten M***** - zu denen seine Kontakte erst ab 1993/1994 intensiver wurden (US 8) - nach kurzem Zögern auf seinen kriminellen Vorschlag eingingen, über den erst im Jahr 1995 geleasten (US 3, 9) PKW in der inkriminierten Weise zu verfügen (womit die Tatrichter mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht haben, daß die Bestimmungsaktivitäten nicht schon 1992, sondern nur wenige Tage vor der Tat gesetzt wurden), wird nämlich nicht dargetan, warum der relevierte Umstand der Kausalität der Anstiftung entgegenstünde.

Indem die Beschwerde die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (B/I) anzweifelt, argumentiert sie gleichfalls nicht auf der Grundlage des Urteilssachverhaltes, demzufolge der Angeklagte den Diebstahl vortäuschte, um in den Genuß der Versicherungsleistung zu gelangen (US 8).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Bosko L*****:

Auch dessen Beschwerde (§ 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO) versagt.

Die Behauptung, der Schuldspruch im Punkt A/II stehe in einem unlösbaren Widerspruch (Z 5) zu dem zugleich gemäß § 259 Z 3 StPO ergangenen Freispruch von der weiteren Anklage, Bosko L***** habe mit den Angeklagten Vera M*****, Dejan M***** und Milojica L***** als Beteiligten den zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten der Bundespolizeidirektion Steyr dadurch eine mit Strafe bedrohte Handlung wissentlich vorgetäuscht, daß Vera M***** am 7.September 1995 den erwähnten fingierten Autodiebstahl zur Meldung brachte, ist verfehlt.

Diese Rüge ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil der Beschwerdeführer nicht - wie er vorbringt - vom Vorwurf des Betruges, sondern von der Anklage wegen Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung freigesprochen wurde. Die Verneinung der Beteiligung an einer solchen gegen die Rechtspflege gerichteten strafbaren Handlung vermag jedoch die Beteiligung an einem Betrug zum Nachteil einer Versicherung keineswegs auszuschließen.

Nach Prüfung der Akten anhand des Vorbringens zur Tatsachenrüge (Z 5 a) ergeben sich für den Obersten Gerichtshof auch bezüglich des Angeklagten Bosko L***** keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

Soweit die Beschwerde darauf abzielt, der Verantwortung des Angeklagten dahin zum Durchbruch zu verhelfen, daß sein Bruder Milos L***** bereits in Györ in den PKW zugestiegen und dann gemeinsam mit ihm nach Jugoslawien gefahren sei, richtet sie sich gegen einen unwesentlichen Nebenumstand. Auch hat sich das Erstgericht mit den früheren Angaben der Eheleute Vera und Dejan M***** - in denen sie die Beteiligung des Beschwerdeführers an der Tat vorerst verschwiegen hatten - ausreichend auseinandergesetzt (US 12), sodaß das Urteil an keiner Unvollständigkeit leidet. Zu einer Erörterung der Angaben der Genannten zur Frage, ob über den PKW ein (schriftlicher) Kaufvertrag verfaßt wurde, bestand hingegen kein Anlaß, weil es sich hiebei gleichfalls um keinen für die rechtliche Beurteilung der Tat wesentlichen Umstand handelt.

Der Rechtsrüge (Z 9 lit a), wonach das Überbringen des PKWs an seinen Bruder in Ungarn (US 9) "als tatbestandsmäßige Ausführungshandlung im Sinne des § 146 StGB nicht in Betracht" kommt, ist zwar zuzustimmen, weil die eine unmittelbare Täterschaft (§ 12 erster Fall StGB) begründende Ausführungshandlung nur jener Täter setzt, dessen Verhalten der Schilderung der Tathandlung im Tatbild unmittelbar entspricht. Sie zeigt jedoch keinen gesetzlichen Grund auf, warum trotz - nicht bestrittener - Gleichwertigkeit der in § 12 StGB genannten Täterschaftsformen durch die im Urteil angenommene unmittelbare Täterschaft statt Beitragstäterschaft nach dem dritten Fall des § 12 StGB die Tat einem Strafgesetz unterzogen worden wäre, das darauf nicht anzuwenden ist.

Soweit die Beschwerde Feststellungsmängel hinsichtlich der Kenntnis des Beschwerdeführers über den betrügerischen Tatplan der Eheleute M***** behauptet, ist sie gleichfalls nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie die gegenteilige Urteilsfeststellung (US 9) übergeht.

Bleibt anzumerken, daß zum Vorteil der an der unter A/II bezeichneten strafbaren Handlung beteiligten Angeklagten die (real konkurrierende) Veruntreuung (§ 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB) des geleasten PKWs nicht inkriminiert wurde.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Milojica L*****, Bosko L***** und Dejan M***** (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte