OGH 4Ob231/97t

OGH4Ob231/97t9.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Elisabeth H*****, der mj. Julia H*****, und der mj. Theresa H*****, infolge Rekurses der Minderjährigen, vertreten durch die Mutter Ulrike H*****, diese vertreten durch Dr. Stefan Gloß und Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in Sankt Pölten, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Sankt Pölten als Rekursgericht vom 4. Juni 1997, GZ 10 R 163/97s-83, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Sankt Pölten vom 6. Mai 1997, GZ 1 P 2663/95b-78, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Die Rekursbeantwortung des Vaters wird zurückgewiesen.

2. Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die Rekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die mj. Kinder Elisabeth, Julia und Theresa H***** entstammen der mit Beschluß des Bezirksgerichtes Herzogenburg vom 3.11.1992 gemäß § 55a EheG geschiedenen Ehe des Stephan und der Ulrike H*****. In der anläßlich der Scheidung geschlossenen Vereinbarung verpflichtete sich der Vater, zum Unterhalt der mj. Elisabeth S 3.300,--, zum Unterhalt der mj. Julia S 2.640,-- und zum Unterhalt der mj. Theresa S 2.200,-- monatlich beizutragen. In der Vereinbarung wird weiters (ua) festgehalten:

"4.15 H***** Stephan und Hoffmann Ulrike hafteten zur ungeteilten Hand als Darlehensschuldner für ein bei der Z-Länderbank Bank Austria AG (Fil. Friedrich Hillegeist-Str.) zu Konto-Nr. 213 253 443/01 aufgenommenes Darlehen. Aus diesem Kreditverhältnis besteht keine Haftung der Antragsteller mehr.

Ulrike H***** übernahm unter Haftentlassung des Stephan H***** durch die Darlehensgeberin zu Konto-Nr. 213-254-472/01 einen Teilbetrag von S 310.000,-- in Form eines Privatkredites zur ausschließlichen Rückzahlung an Kapital und Zinsen, wobei auf diesen übernommenen Teilbetrag eine monatliche Rate von derzeit S 3.680,-- entfällt.

Den verbleibenden Restbetrag übernahm unter Haftentlassung der H***** Ulrike H***** Stephan gegenüber der Bank Austria AG zur Alleinzahlung, der auch die den Darlehensverträgen zugrunde liegenden Kreditrestschuld-Versicherungen aus eigenem ohne Anspruch auf Rückersatz gegen H***** Ulrike weiter bedient."

Am 11.4.1996 beantragte der Unterhaltssachwalter, die Unterhaltsbeiträge zu erhöhen, und zwar für die mj. Elisabeth auf S 5.500,--, für die mj. Julia auf S 4.900,-- und für die mj. Theresa auf S 4.000,--.

Der Vater sprach sich gegen die Unterhaltserhöhung aus. Sein Einkommen sei nicht gestiegen, die Kinder seien kaum älter geworden. Noch während aufrechter Ehe sei er eine Kreditverbindlichkeit bei der Bank Austria AG zu Kreditkonto-Nr. 213-254-460/01 über einen Betrag von S 410.000,-- eingegangen. Das Darlehen sei im Zusammenhang mit der Errichtung der damaligen Ehewohnung in K*****, A***** Nr. 12, verwendet worden. Damit seine mj. Kinder nach der Scheidung eine ordentliche Unterkunft haben, sei im Scheidungsvergleich vereinbart worden, daß seiner geschiedenen Ehegattin das Alleineigentum an dieser Liegenschaft zustehe und er die alleinige Rückzahlung dieses Darlehens übernehme. Für das Darlehen zahle er derzeit monatlich S 5.647,-- zurück; um diesen Betrag sei die Bemessungsgrundlage zu mindern.

Das Erstgericht erhöhte den Unterhaltsbeitrag für die mj. Elisabeth auf S 5.200,--, für die mj. Julia auf S 4.600,-- und für die mj. Theresa auf S 3.900,--; das Mehrbegehren wies es ab.

Die Darlehensrate sei von der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht abzuziehen. Im Scheidungsvergleich habe Ulrike H***** die für die Errichtung des Reihenhauses in K*****, A***** Nr. 12, bei der Sparkasse in Krems und dem Bundesland Niederösterreich aufgenommenen Darlehen übernommen. Das Vorbringen des Vaters finde in der Aktenlage keine Deckung. Der Privatkredit sei am 6.8.1992, somit zu einem Zeitpunkt aufgenommen worden, als schon seit über sieben Monaten kein gemeinsamer Haushalt mehr bestanden habe.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dem Vater sei im erstgerichtlichen Verfahren nicht der Beweis gelungen, daß die den Rückzahlungsverpflichtungen zugrunde liegenden Schulden den Kindern zugute gekommen sind. Die im Zusammenhang mit der Errichtung des Reihenhauses eingegangenen Verbindlichkeiten seien in Punkt 4.5 des Vergleiches genannt; die vom Vater genannte Kreditverbindlichkeit werde in Punkt 4.15 des Vergleiches erwähnt. Die systematische Stellung dieses Vergleichspunktes lasse keinen Rückschluß darauf zu, daß der Kredit zur Wohnraumbeschaffung eingegangen wurde.

Der Vater beantragte nunmehr, den Unterhalt herabzusetzen. Seine finanziellen Verhältnisse hätten sich verschlechtert; er habe die monatlichen Kreditraten von S 5.647,-- (Kreditkonto-Nr. 213-254-460/01) aufzubringen. Das Reihenhaus sei 1987 angeschafft worden; zur Finanzierung sei ein Kredit von rund S 600.000,-- bei der Bank Austria aufgenommen worden; beide Ehegatten seien Hauptschuldner gewesen. Aus Anlaß der Ehescheidung habe jeder der Ehegatten einen Kredit über rund S 300.000,-- aufgenommen und damit den Kredit über S 600.000,-- zurückgezahlt. Mit den monatlichen Kreditraten von S 5.647,-- finanziere der Vater weiterhin die Anschaffungskosten für die ehemalige Ehewohnung.

Die Mutter sprach sich gegen die Herabsetzung aus. Die Bedürfnisse der Kinder seien gestiegen. Die in Punkt 4.15 des Scheidungsvergleiches genannte Darlehenskonto-Nummer stimme mit der nunmehr angegebenen Nummer nicht überein. Das Darlehen komme den Kindern nicht zugute. Die Mutter habe das Haus in K***** längst verkauft.

Das Erstgericht setzte die Unterhaltsbeiträge ab 1.6.1996 herab, und zwar auf S 5.000,-- für die mj. Elisabeth, auf S 4.400,-- für die mj. Julia und auf S 3.600,-- für die mj. Theresa. Das Mehrbegehren wies es ab.

Der Vater habe vom 1.4.1996 bis 31.3.1997 monatlich durchschnittlich S 27.037,-- verdient. Sein Einkommen habe sich damit um rund 5 % verringert; in diesem Ausmaß seien die Unterhaltsbeiträge herabzusetzen. Auf die Kredittilgungsraten sei im Hinblick auf die in Rechtskraft erwachsenen Vorentscheidungen nicht weiter einzugehen.

Das Rekursgericht hob die Entscheidung des Erstgerichtes über die Abweisung des Mehrbegehrens auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Eine Änderung der Verhältnisse liege auch dann vor, wenn schon zur Zeit der früheren Entscheidung eingetretene Tatsachen dem Gericht erst später bekannt werden. Dies könne der Fall sein, wenn der Unterhaltspflichtige seiner Behauptungs- und Beweislast nicht nachkomme. Die relative Rechtskraftwirkung der Begründung eines Unterhaltsbemessungsbeschlusses sei daher auf die im konkreten Fall erhobenen widerstreitenden Parteienbehauptungen zu beschränken. Der Vater habe zwar schon im Vorverfahren eingewendet, monatlich S 5.647,-- für ein während aufrechter Ehe aufgenommenes Darlehen zurückzuzahlen, dessen alleinige Rückzahlung er im Scheidungsvergleich übernommen habe. Erstmals im Rekurs habe der Vater nähere Ausführungen zu seiner Kreditbelastung gemacht, die das Rekursgericht zu keiner anderen Beurteilung veranlaßt hätten. Nunmehr habe der Vater ganz konkrete Behauptungen aufgestellt, die zu einer abweichenden Beurteilung der Abzugsfähigkeit dieser Kreditraten führen könnten. Die vom Vater vorgelegten Urkunden reichten nicht aus, verläßlich festzustellen, ob der bei der Bank Austria zur Kontonummer 213-253-443/01 aufgenommene und im Scheidungsvergleich unter Punkt 4.15 erwähnte Kredit tatsächlich für die Errichtung des Reihenhauses verwendet wurde. Das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil der Vater dazu nicht vernommen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs der Kinder ist berechtigt. Die Rekursbeantwortung des Vaters war zurückzuweisen, weil das außerstreitige Unterhaltsverfahren einseitig ist.

Die Kinder verweisen auf die anläßlich der Scheidung geschlossene Vereinbarung, aus der hervorgehe, daß der Kredit nicht für die Errichtung des Hauses verwendet worden sei. Der Kredit werde nicht im Zusammenhang mit den grundbücherlich sichergestellten, für die Errichtung der Ehewohnung verwendeten Krediten genannt. Bei Abschluß der Vereinbarung sei das Einkommen des Vaters bereits mit der Kreditrate belastet gewesen; dennoch sei der Kredit bei der Unterhaltsbemessung nicht berücksichtigt worden. Die Umstände hätten sich nur insofern geändert, als die Unterhaltsverpflichtung für die Mutter weggefallen sei, das Einkommen des Vaters sich geändert habe und der Bedarf der Kinder gestiegen sei.

Nach ständiger Rechtsprechung bleiben Kreditrückzahlungen, zu denen sich der Unterhaltspflichtige anläßlich der nachehelichen Vermögensaufteilung verpflichtet, ohne Einfluß auf die Höhe seiner Unterhaltsverpflichtung, auch wenn die Rückzahlungen dem ehemaligen Ehegatten und/oder den Kindern zugutekommen (ua EFSlg 65.450; EFSlg

72.374 = RZ 1994/65; s auch Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 244). Der Vater hat sich im Zusammenhang mit der Vermögensauseinandersetzung anläßlich der Scheidung verpflichtet, die Hälfte des bei der Z-Länderbank Bank Austria AG zu Konto-Nr. 213-253-443/01 aufgenommenen Darlehens zurückzuzahlen, während die Mutter die Rückzahlung des Restbetrages übernahm. Die Rückzahlungsverpflichtung ist in der gemäß § 55a EheG geschlossenen Vereinbarung festgehalten.

Das schließt die Berücksichtigung der vom Vater geltend gemachten Kreditraten unabhängig davon aus, ob das Darlehen seinerzeit aufgenommen wurde, um den Erwerb des Reihenhauses zu finanzieren. Die vom Rekursgericht aufgetragene Verfahrensergänzung ist daher für die Entscheidung unerheblich, ohne daß es noch darauf ankäme, ob dem Vorbringen des Vaters im Herabsetzungsantrag die Rechtskraft der Entscheidung über die Unterhaltserhöhung entgegensteht.

Dem Rekurs war Folge zu geben. Die Rekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen, weil das außerstreitige Unterhaltsverfahren keinen Kostenersatz vorsieht (s Fucik, Außerstreitgesetz 16).

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