OGH 2Ob2117/96d

OGH2Ob2117/96d4.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst K*****, vertreten durch Dr.Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Franz H*****, vertreten durch Dr.Peter Posch und Dr.Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 15.Jänner 1996, GZ 21 R 16/96-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 19.Juli 1995, GZ 6 C 858/94-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.655,68 (darin enthalten S 609,28 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat mit Vertrag vom 27.Mai 1993 in Wels ein Haus gekauft. Übergabe und Übernahme des Kaufobjektes erfolgten am 1.Juni 1993.

Die Verkäuferin hatte mit Vertrag vom 23.April 1986 ein ebenerdig gelegenes Geschäftslokal samt Kellerabteil in diesem Haus an den Beklagten vermietet; das Mietverhältnis begann am 1.April 1986 und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, wobei die Vermieterin für sich und ihre Rechtsnachfolger auf das Recht der Kündigung für die Dauer von 30 Jahren verzichtete.

Mit einem weiteren, am 1.April 1993 (schon während der Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger) abgeschlossenen Vertrag vermietete die Verkäuferin dem Beklagten eine Wohnung. Die maßgeblichen Bestimmungen des von einem Rechtsanwalt verfaßten Bestandvertrages lauten:

"I.) ...

Die Vertragsteile sind nun übereingekommen, den Mietgegenstand (laut Vertrag vom 23.April 1986) zu erweitern, und zwar um die im Hochparterre hofseitig gelegene Wohnung, bestehend aus Vorraum, Küche, Bad mit WC somit zwei Zimmern im Ausmaß von ca. 50 m2, sowie um einen PKW-Abstellplatz im Hof.

II.) Die angeführte Erweiterung des Mietgegenstandes erfolgt mit Wirksamkeit ab 1.April 1993. Der Mieter mietet daher außer dem bereits bestehenden Mietgegenstand laut Mietvertrag vom 23.4.1986, beginnend mit 1.April 1993, auch die im Hochparterre des Objektes hofseitig gelegene Wohnung, bestehend aus Vorraum, Küche, Bad mit WC, sowie zwei Zimmern, und einem PKW-Abstellplatz im Hof.

III.) Der monatliche Mietzins erhöht sich ab 1.April 1993 um S 4.000,-, in Worten: Schilling viertausend, zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe, sowie um die anteiligen Betriebskosten und öffentlichen Abgaben im Sinne der §§ 21 ff MRG für dieses weitere Objekt.

IV.) Die angeführte Wohnung wird dem Mieter ausschließlich für geschäftliche Zwecke im Rahmen seines Unternehmens (Kosmetik, Parfümerie, Boutique) überlassen, und zwar als Büro und zur fallweisen, jeweils nur vorübergehenden, Aufnahme von Dienstnehmern oder Mitarbeitern, wie Kosmetikerinnen, aber nicht für ständige Wohnzwecke.

Eine Änderung dieses Verwendungszweckes bedarf der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung der Vermieterin und stellt ein Verstoß dagegen einen wichtigen Grund für eine vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses dar.

VII.) Zwischen den Vertragsteilen wird im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG hinsichtlich des gegenständlichen Teiles des Mietobjektes (Wohnung und Abstellplatz) nachstehender, als wichtig und bedeutsam anzusehender Umstand als Kündigungsgrund ausdrücklich vereinbart: Das wirksame Zustandekommen eines Kaufvertrages zwischen der Vermieterin und Herrn (es folgt der Name des Klägers) hinsichtlich der gegenständlichen Liegenschaft.

Diesbezüglich ist der Mieter über die näheren Umstände in Kenntnis. Aus diesem Grund kann das Mietverhältnis von der Vermieterin unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils zum Quartal aufgekündigt werden.

In der Folge kamen die Verkäuferin und der Beklagte überein, Punkt IV. des Mietvertrages vom 1.April 1993 dahin abzuändern, daß es dem Mieter gestattet sei, die angeführte Wohnung nicht nur Mitarbeitern, sondern auch anderen Personen zu vermieten. Diese Vereinbarung wurde vom Beklagten in einem an die Verkäuferin gerichteten Schreiben vom 13. April 1993 festgehalten, welches von der Verkäuferin am 14.April 1993 unterfertigt wurde.

Mit einer am 22.Februar 1994 bei Gericht eingelangten (hier nicht gegenständlichen) Aufkündigung kündigte der Kläger dem Beklagten das Bestandverhältnis betreffend die streitgegenständliche Wohnung unter Geltendmachung der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 4 und Z 7 MRG zum 30.Juni 1994 auf. Die Beklagte habe entgegen der im Bestandvertrag vom 1.April 1993 getroffenen Vereinbarung die Wohnung an einen Untermieter vermietet, der nicht sein Dienstnehmer sei.

Der Beklagte erhob dagegen rechtzeitig Einwendungen und berief sich auf die Vereinbarung vom 13./14.April 1993, nach der die Untervermietung auch an andere Personen als seine Mitarbeiter gestattet sei. In diesem Verfahren legte er in der mündlichen Streitverhandlung vom 19.April 1994 den die Wohnung betreffenden Mietvertrag vom 1.April 1993 vor.

Am 27.Juni 1994 langte beim Erstgericht die gegenständliche Aufkündigung des Bestandverhältnisses durch den Kläger ein, die zum 30. September 1994 erklärt und auf die in Punkt IV.) und VI.) des Mietvertrages vom 1.April 1993 vereinbarten Kündigungsgründe gestützt wurde.

Der Kläger habe von dieser Vereinbarung erst nach Vorlage der Vertragsurkunde im ersten Kündigungsverfahren Kenntnis erlangt. Es seien beide Kündigungsgründe verwirklicht. Zum einen verstoße die Untermietung an eine Person, die nicht Dienstgeber des Beklagten sei, gegen den Vertragszweck; zum anderen sei der in Punkt IV.) des Vertrages vom 1.April 1993 (Verkauf der Liegenschaft an den Kläger) vereinbarte Kündigungsgrund durch den tatsächlich erfolgten Verkauf vewirklicht. Der Kläger habe auf die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes nicht verzichtet, weil er von dieser Vereinbarung erst durch Vorlage der Urkunde im ersten Kündigungsverfahren Kenntnis erlangt habe.

Der Beklagte wendete zu letzterem Kündigungsgrund ein, daß mit dieser Vereinbarung nur der Verkäuferin der Liegenschaft die Kündigung des Bestandverhältnisses ermöglicht werden habe sollen, wenn der Käufer an der Vermietung der Wohnung Anstoß nehme. Der Kläger habe bei Abschluß des Mietvertrages das Mietverhältnis hinsichtlich der Wohnung zur Kenntnis genommen und in der Folge den vom Beklagten gezahlten Mietzins durch mehr als ein Jahr unbeanstandet angenommen, weshalb dieser Kündigungsgrund erloschen sei.

Das erste (am 22.Februar 1994 gerichtsanhängig gewordene) Aufkündigungsverfahren wurde unterbrochen.

Das Erstgericht hat die Aufkündigung vom 27.Juni 1994 aufgehoben und das Klagebegehren, den Beklagten zur Räumung der Wohnung zu verpflichten, abgewiesen.

Es traf noch nachstehende weitere Feststellungen:

Die Verkäuferin verhandelte mit dem Kläger seit Sommer 1991 über den Verkauf ihrer Liegenschaft. Sie übergab ihm auch sämtliche bestehenden Mietverträge, damit er die Wirtschaftlichkeit des Erwerbes abschätzen könne. Sie erklärte bezüglich der streitgegenständlichen Wohnung, die damals von ihrer Mutter bewohnt wurde, daß sie frei werde. Der Kläger ersuchte die Verkäuferin, während der Vertragsverhandlungen keine Mietverträge abzuschließen, weil er größtmögliche Dispositionsfreiheit über die Liegenschaft wollte.

Der Beklagte war schon seit längerem an der Anmietung dieser Wohnung interessiert. Er erklärte am 1.April 1993 dem vertragsverfassenden Rechtsanwalt, er benötige für Mitarbeiter oder Leute, die vorübergehend in der Parfümerie tätig sind, eine Unterkunft bzw Nächtigungsmöglichkeit. Der Vertragsverfasser wies sowohl die Verkäuferin als auch den Beklagten auf das Risiko hin, daß der Kläger möglicherweise die Liegenschaft nicht kaufen wolle, wenn die Wohnung an den Beklagten vermietet ist, und schlug daher vor, im Bestandvertrag eine Kündigungsmöglichkeit für den Fall zu vereinbaren, daß der Kläger den Beklagten nicht als Mieter akzeptieren will. Es sollte dadurch dem Kläger das Druckmittel genommen werden, daß er aufgrund der Vermietung an den Beklagten einen Kauf ablehnt oder den Preis drückt.

Der Beklagte wollte in dieser Wohnung einen Tennislehrer unterbringen, der ihm bei den Eingaben in die EDV-Anlage behilflich sein sollte. Aus diesem Grund kam es zum Abschluß der Zusatzvereinbarung vom 13./14.April 1993. Mit Vertrag vom 27.April 1993 vermietete der Beklagte die Wohnung an den Tennislehrer für die Dauer eines Jahres.

Mit Schreiben vom 14.Mai 1993 wies der den Mietvertrag vom 1.April 1993 verfassende Rechtsanwalt den Rechtsvertreter des Klägers darauf hin, daß die gegenständliche Wohnung nunmehr zum Mietverhältnis mit dem Beklagten gehöre. Dies wurde auch in Punkt V. des Kaufvertrages über die Liegenschaft festgehalten. Der Kläger hatte bereits vor Unterfertigung dieses Vertrages die Verkäuferin zur Vorlage des Mietvertrages mit dem Beklagten betreffend die Wohnung aufgefordert. Die Verkäuferin erklärte ihm, daß dieser Vertrag gerade bei der Vergebührung sei. Sie bekomme S 4.000 Miete und habe sich dahin abgesichert, daß sie das Objekt bestandfrei machen könne, wenn der Kläger das Haus kauft. Auch in weiter Folge erhielt der Kläger von der Verkäuferin den Mietvertrag über die Wohnung nicht; dieser wurde erst im ersten Kündigungsverfahren, und zwar in der mündlichen Streitverhandlung vom 19.April 1994, vorgelegt.

Der Kläger nahm die Mietzinszahlungen des Beklagten entgegen. Mit Schreiben vom 28.Juli 1993 wies ihn der Beklagte darauf hin, daß bei der Zahlungsvorschreibung ab Juli 1993 der Mietzins für die Wohnung nicht berücksichtigt worden sei, und sicherte die Überweisung der Miete für Juli und August 1993 zu. Auch die weiteren Mieten leistete er an den Kläger, ohne daß dieser jemals von einer Kündigung sprach.

Als der Untermieter nach Ablauf der vereinbarten Mietdauer nicht ausziehen wollte, wandte er sich an den Kläger, um mit diesem ein direktes Mietverhältnis abzuschließen. Dabei erinnerte sich der Kläger an die Erklärung der Verkäuferin, daß sie die Wohnung dem Beklagten nur als Büro und nur zur Unterbringung von Mitarbeitern vermietet habe, und brachte die Aufkündigung vom 22.Februar 1994 ein. Am 25.Februar 1994 zog der Untermieter aus der Wohnung aus. Seither wurde die Wohnung vom Beklagten nicht mehr vermietet. Er verrichtet darin täglich ein bis zwei Stunden lang geschäftliche Tätigkeiten, die er nach Fertigstellung der Bauarbeiten im Haus ausdehnen will.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß die Voreigentümerin einer Untermietung auch an eine andere Person als einen Dienstnehmer des Beklagten zugestimmt habe; daran sei auch der Kläger als Käufer gebunden. Der Kündigungsgrund der Veräußerung des Mietobjektes sei zwar wirksam vereinbart worden. Nach der Parteienabsicht habe das Kündigungsrecht aber nur für den Fall gelten sollen, daß der Kläger die Liegenschaft nicht erwerben oder nur einen geringeren Kaufpreis zahlen will. Da dieser Fall nicht eingetreten sei und der Kläger die Liegenschaft trotz aufrechten Bestandverhältnisses erworben habe, sei der vereinbarte Kündigungsgrund hinfällig geworden. Auch ein Kündigungsrecht des Klägers als Liegenschaftskäufer sei erloschen, weil die auf den angeführten Kündigungsgrund gestützte Aufkündigung erst ein Jahr nach Abschluß des Kaufvertrages und somit verspätet eingebracht wurde. Da in dieser Zeit auch die Mietzinszahlungen des Beklagten angenommen worden seien, habe dieser mit Recht davon ausgehen dürfen, daß der Kläger das Mietverhältnis fortsetzen wolle. Es sei nicht bedeutend, wann der Kläger vom Inhalt der Vereinbarungen vom 1.April 1993 und 13.April 1993 erfahren habe, weil es an ihm gelegen wäre, sich bereits früher Kenntnis vom Sachverhalt zu verschaffen. Der Beklagte habe annehmen müssen, daß der Kläger den vollen Sachverhalt kenne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsmeinung. Der Kläger als Käufer der Liegenschaft sei nach § 2 Abs 1 Satz 3 MRG an Nebenabreden, die nicht ungewöhnlichen Inhaltes seien, gebunden. Die Einräumung der Befugnis zur gänzlichen Untervermietung und Weitergabe des Mietobjektes sei bereits nicht bei Mietverträgen und noch weniger bei Geschäftslokalen als unüblich beurteilt worden. Die Untervermietung des Bestandobjektes an dritte Personen stelle daher keinen Kündigungsgrund dar; es sei unerheblich, ob der Kläger diese Nebenabrede kannte oder kennen mußte.

Zwar könne auch der Verkauf eines Hauses wirksam als wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbart werden, doch müsse auch dieser Kündigungsgrund ehestens geltend gemacht werden. Unterbleibe dies, müsse ein schlüssiger Verzicht auf das Recht, ein Bestandverhältnis aus diesem Grund aufzukündigen, angenommen werden. Maßgebend sei, ob der Kündigungsgegner unter Überlegung aller für eine erfolgreiche Geltendmachung des Kündigungsgrundes erforderlichen Umstände davon ausgehen durfte, daß sein Vertragspartner das Kündigungsrecht nicht ausüben wolle. Zwar müsse dem Erwerber eine angemessene Frist zugebilligt werden, in der er sich Kenntnis von den Rechtsverhältnissen an der Liegenschaft verschaffen und sodann darüber disponieren kann, ob er bestehende Bestandverträge zur Auflösung bringen will. Warte er jedoch nach Abschluß des Kaufvertrages nahezu ein Jahr mit der Geltendmachung des vereinbarten Kündigungsgrundes "Verkauf der Liegenschaft" zu, so liege darin ein schlüssiger Verzicht auf diesen Kündigungsgrund. Es sei auch nicht hinderlich, daß der Erwerber der Liegenschaft die zwischen seinem Rechtsvorgänger und dem Mieter getroffenen Vereinbarungen nicht oder nicht zur Gänze kannte, weil der Mieter nach Ablauf einer angemessenen Frist die Kenntnis des Vermieters von den die Liegenschaft betreffenden Rechtsverhältnissen vermuten mußte. Der Erwerber der Liegenschaft sei verpflichtet gewesen, sich innerhalb einer angemessenen, im konkreten Fall jedenfalls überschrittenen Frist Kenntnis vom Inhalt der an der Liegenschaft bestehenden Bestandverträge, auf deren Existenz er schon im Kaufvertrag hingewiesen worden sei, zu verschaffen. Diese Unterlassung gehe zu seinen Lasten. Daran ändere auch nichts, daß der Kläger bereits am 22.Februar 1994 das Bestandverhältnis mit dem Beklagten betreffend die Wohnung gerichtlich aufgekündigt habe, weil in dieser Aufkündigung der Kündigungsgrund des Verkauftes der Liegenschaft nicht geltend gemacht worden sei. Dies lasse für den Mieter den Schluß zu, daß der Kläger diesen Kündigungsgrund nicht geltend machen habe wollen. Nach der Entscheidung EvBl 1957/335 verhindere die Nichtanführung eines Grundes in einer Kündigung nicht nur seine Geltendmachung in dem weiteren Verfahren, sondern auch seine Verwendung in einer späteren Kündigung. Selbst wenn man diesen Rechtssatz nicht übernehme, sei das Untätigbleiben des Klägers als Verzicht auf die Geltendmachung des nach dem Rechtsstandpunkt des Klägers vereinbarten Kündigungsgrundes zu werten. Der Kläger hätte von sich aus Initiativen setzen müssen, um alle für ihn maßgebenden Informationen über die Rechtsverhältnisse an der Liegenschaft zu erlangen.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, in welchem Zeitraum ein vereinbarter Kündigungsgrund, der keinen Dauertatbestand darstelle, nach seiner Verwirklichung geltend zu machen sei, nicht vorliege und jüngere Rechtsprechung dazu fehle, ob die Nichtanführung eines Grundes in einer Kündigung seine Verwendung in einer späteren Kündigung verhindere.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, dem Räumungsbegehren stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

In der Revision wird auf den Kündigungsgrund der unberechtigten Weitergabe der Wohnung nicht mehr eingegangen. Es wird darin geltend gemacht, daß von einem stillschweigenden Kündigungsverzicht nur dann ausgegangen werden könne, wenn einerseits der Vermieter alle für das Bestehen des Kündigungsgrundes erheblichen Tatumstände kennt, und andererseits auch der Mieter diese Kenntnis des Vermieters vermuten mußte. Der Kläger habe erst am 19.April 1994 Kenntnis vom vereinbarten Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG erlangt. Ein ungebührliches Zuwarten mit der Aufkündigung sei ihm nicht vorzuwerfen. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, allein aufgrund einer Vermutung eine Aufkündigung einzubringen, weil ihn eine Erkundigungspflicht nicht treffe.

Diese Ausführungen sind nicht berechtigt.

Nach den maßgebenden Feststellungen verhandelte der Kläger seit dem Jahre 1991 mit der Verkäuferin über den Verkauf ihrer Liegenschaft. Er ersuchte sie, die damals noch bewohnte, aber freiwerdende Wohnung nicht zu vermieten, weil er größtmögliche Dispositionsfreiheit hinsichtlich der Liegenschaft wollte. Im Kaufvertrag vom 27.Mai 1993 wurde festgehalten, daß die gegenständliche Wohnung nunmehr zum Mietverhältnis des Beklagten gehört. Der Kläger hatte zuvor die Verkäuferin zur Vorlage des Mietvertrages aufgefordert. Die Verkäuferin erklärte ihm, daß der Vertrag gerade bei der Vergebührung sei, sie bekomme S 4.000 Miete und habe sich dahin abgesichert, daß sie das Objekt bestandfrei machen könne, wenn der Kläger das Haus kaufe. Der Kläger erhielt den Mietvertrag erst am 19.April 1994 vorgelegt.

Kündigungsgründe sind zwar im allgemeinen ohne unnötigen Aufschub ("ehestens") geltend zu machen. Bei Unterlassung einer Kündigung durch längere Zeit trotz Kenntnis des den Kündigungsgrund bildenden Sachverhaltes ist dann ein stillschweigender Verzicht des Vermieters auf diesen Kündigungsgrund im Sinne des § 863 ABGB anzunehmen, wenn das Zuwarten des Vermieters mit der Aufkündigung unter Umständen erfolgt, aus denen bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig bleibt, daß der Vermieter den ihm bekannten Sachverhalt nicht mehr als Kündigungsgrund geltend machen will (SZ 61/42; WoBl 1992/15 uva). Dabei ist auch für die Bedeutung schlüssigen Verhaltens der objektive Erklärungswert dieses Verhaltens maßgebend. Entscheidend ist also, was redliche Personen nach den Umständen des Falles aus dem Verhalten ableiten mußten (SZ 58/11; JBl 1989, 723; 3 Ob 535/94 ua).

Hier mußte der Beklagte das Verhalten des Klägers dahin verstehen, daß dieser von dem im Bestandvertrag vereinbarten Kündigungsrecht nach Ablauf eines Jahres und Entgegennahme der Bestandzinszahlungen durch den Beklagten keinen Gebrauch mehr macht. Aus dem objektiven Erklärungswert des Verhaltens des Klägers ergibt sich also dessen Verzicht auf den geltend gemachten Kündigungsgrund des Verkaufes des Hauses. Die erst nach Ablauf eines Jahres nach Eintritt des vereinbarten Kündigungsgrundes eingebrachte Kündigung ist daher nicht rechtswirksam.

Bei diesem Sachverhalt mußte auf die Entscheidung EvBl 1954/335 ebensowenig eingegangen werden wie darauf, unter welchen Umständen der Verkauf des Hauses, in dem sich das Bestandobjekt befindet, als Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 MRG vereinbart werden kann (s hiezu Würth in Rummel2 Rz 45 zu § 30 MRG) und ob dies hier wirksam geschah.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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