Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und der Ausspruch der Anwendung des § 43 a Abs 3 StGB aus dem angefochtenen Urteil ausgeschaltet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann G***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 19. April 1996 in Salzburg Mirjam H***** mit schwerer gegen sie gerichteter Gewalt und durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib und Leben, und zwar dadurch, daß er die Badezimmertür versperrte, ihr einen heftigen Schlag in die linke Gesichtshälfte versetzte und schrie: "Tu was ich dir sage, sonst bringe dich dich um", ferner dadurch, daß er sie heftig an den Haaren riß und würgte, zur Duldung eines Beischlafes und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich eines Analverkehrs, genötigt hat.
Dagegen richtet sich die auf die Z 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich als nicht berechtigt erweist.
Rechtliche Beurteilung
Unhaltbar ist der unter dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund (Z 5) erhobene Vorwurf der Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit sowie einer offenbar unzureichenden Begründung des erstgerichtlichen Ausspruches über entscheidende Tatsachen.
Den Entscheidungsgründen ist unmißverständlich zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer nach Überzeugung des Schöffensenates die Nötigungsmittel der im Sinn des ersten Deliktsfalls des § 201 StGB qualifizierten Gewalt und Drohung im Bewußtsein zum Einsatz gebracht hat, damit den ernstgemeinten Widerstand des Tatopfers gegen die Duldung des (neuerlichen) Beischlafes und des Analverkehrs zu überwinden; gleichfalls ergibt sich aus den Urteilsgründen eindeutig, daß die Tatrichter diese Feststellung im wesentlichen auf die für glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin Mirjam H***** gestützt haben (US 5, 6, 7, 8); dem Beschwerdevorwurf undeutlicher Urteilsausführungen in bezug auf die subjektive Tatseite fehlt jede Grundlage.
Die vom Beschwerdeführer vermißte Erörterung des Umstandes, daß die Verletzungsanzeigen der Landeskrankenanstalten Salzburg (55, 57) keine ins Gewicht fallenden Gesichtsverletzungen der Mirjam H***** ersichtlich machen, war mangels Entscheidungsrelevanz nicht geboten. Ein Faustschlag muß ebenso wie ein Schlag mit der offenen Hand ins Gesicht nach forensischer Erfahrung nicht zwangsläufig zu einer nachhaltigen Verletzung führen, deren Fehlen sohin keine Schlußfolgerung auf eine nicht stattgefundene Tätigkeit zuläßt. Im übrigen stellten die erhebenden Polizeibeamten kurz nach der Tat eine Schwellung oberhalb der Oberlippe links und an der Innenseite eine Quetschwunde fest (29).
Mit der Behauptung, die Urteilsfeststellung des Versetzens "eines Schlages mit der Hand ins Gesicht" (US 4) stehe im inneren Widerspruch zum im Urteilstenor genannten "heftigen Schlag in die linke Gesichtshälfte", verkennt der Nichtigkeitswerber das Wesen dieser formellen Mangelhaftigkeit, die voraussetzt, daß im Urteil nach den Gesetzen logischen Denkens einander ausschließende Tatsachen als nebeneinander bestehend festgestellt werden, wovon vorliegend keine Rede sein kann.
Sofern die Beschwerde die bereits erörterten Einwände gegen die Urteilsbegründung auch unter dem Aspekt der Scheinbegründung ins Treffen führt, zeigt sie erneut keine formelle Mangelhaftigkeit in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes auf; dieses Vorbringen erschöpft sich ebenso wie die in diesem Zusammenhang geübte Kritik an den vom Erstgericht in seine Erwägungen miteinbezogenen Erfahrungswerten im unzulässigen und demzufolge unbeachtlichen Versuch einer Bekämpfung der schlüssigen tatrichterlichen Beweiswürdigung.
Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) versagt, die anhand einzelner - vom Erstgericht im übrigen ohnedies berücksichtigter (US 6 f) - Ungereimtheiten in den (nicht den Kernbereich der Anschuldigung betreffenden) Angaben der Mirjam H***** dieser Zeugenaussage die grundsätzliche Eignung als tragfähige Grundlage des Schuldspruches abzusprechen trachtet. Prüfenswerte Anhaltspunkte für eine allenfalls unrichtige Lösung der Schuldfrage werden hiemit nicht dargetan.
Der Vorwurf nicht ausreichender Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Z 9 lit a) negiert die ausdrücklichen und hinreichenden Urteilskonstatierungen eines bewußten Einsetzens der Tätlichkeiten und Drohungen, um den Widerstand der Zeugin zu brechen (US 5), sodaß die Rechtsrüge in diesem Punkt nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gelangt.
Unbegründet ist der weitere rechtliche Einwand (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10), daß der dem Beschwerdeführer angelasteten Ankündigung, er werde sein Opfer "umbringen", die Eignung einer im Sinne des ersten Deliktsfalls des § 201 StGB qualifizierten Drohung "mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben" nicht zukomme.
"Gegenwärtig" ist eine angedrohte Gefahr, wenn der Drohende zu erkennen gibt, er könne und werde seine Drohung sofort wahrmachen, wenn also der oder die Bedrohte mit der unmittelbar bevorstehenden Verwirklichung des angekündigten schweren Übels rechnen muß; als "schwere Gefahr für Leib oder Leben" kommen der Tod und die anderen im § 106 Abs 1 Z 1 StGB angeführten Folgen bzw vergleichbare Übel in Betracht (siehe Mayerhofer/Rieder4 § 201 StGB ENr 12, 13 a).
Dem vorliegenden Urteilssachverhalt zufolge duldete Mirjam H***** den Beischlaf und den Analverkehr, nachdem ihr der Beschwerdeführer für den Fall des weiteren Widerstands mit dem Umbringen gedroht und sie tätlich angegriffen, insbesondere am Hals gewürgt hatte, sodaß der Frau "schwarz vor den Augen wurde" (US 4). Diese durch intensives Würgen bestärkte verbale Drohung mit dem Umbringen war bei Anlegung des gebotenen objektiv-individuellen Maßstabes, dh bei unbefangener Betrachtung der Situation unter Berücksichtigung der auch in der Person der Bedrohten gelegenen konkreten Tatumstände, durchaus geeignet, als Ankündigung eines unmittelbar bevorstehenden, im besonderen Ausmaß Leben, die Gesundheit oder die körperliche Unversehrtheit beeinträchtigenden Übels verstanden zu werden. Der Annahme einer im Sinn des § 201 Abs 1 StGB qualifizierten Drohung haftet sohin ein rechtlicher Fehler nicht an, zumal es entgegen dem in der Beschwerde vertretenen Standpunkt ohne Belang ist, ob die - objektiv zu bejahende - Besorgnis auch tatsächlich bei Mirjam H***** erweckt wurde (Leukauf/Steininger Komm3 § 74 RN 21, § 107 RN 8;
Kienapfel BT I3 § 107 Rz 9; Bertel/Schwaighofer BT I4 § 107 Rz 4);
nur der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, daß die Genannte im Zuge ihrer Zeugenaussage ihre damalige Todesangst ausdrücklich erwähnt hat (siehe insbesondere 27, 45).
Dahingestellt bleiben kann, ob auch die dem Schuldspruch nach § 201 Abs 1 StGB zugrundegelegten Tätlichkeiten dem Erfordernis der "schweren Gewalt" gerecht werden. Die Tathandlung des Verbrechens der Vergewaltigung besteht im Nötigen zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung unter Einsatz der Nötigungsmittel der schweren, gegen das Opfer gerichteten Gewalt oder der gegen das Opfer gerichteten Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben. Diese Nötigungsmittel sind rechtlich gleichwertige Begehungsformen ein- und desselben Deliktes; schon die (nach dem Gesagten rechtsrichtige) Annahme des Einsatzes einer im Sinn des § 201 Abs 1 StGB qualifizierten Drohung trägt den Schuldspruch, sodaß selbst eine rechtsirrige Annahme auch des zweiten Tatbegehungsmittels keinen Nachteil für den Beschwerdeführer nach sich ziehen kann (vgl 13 Os 35/90).
Der Nichtigkeitsbeschwerde war sohin ein Erfolg zu versagen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 201 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren, wovon es gemäß § 43 a Abs 3 StGB einen Strafteil von sechzehn Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah.
Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend "die mehrfach einschlägigen Verurteilungen infolge Gewalt gegen körperliche Integrität", als mildernd keinen Umstand und erachtete unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die letzte Haft des Angeklagten mehr als zehn Jahre zurückliegt, lediglich einen Teilvollzug im Ausmaß von acht Monaten Freiheitsstrafe als erforderlich.
Dagegen richtet sich die Berufung der Staatsanwaltschaft, mit der die Ausschaltung der Gewährung der (teil-)bedingten Strafnachsicht begehrt wird.
Die Berufung ist berechtigt.
Wie die Berufungswerberin zutreffend vorbringt, kommt in Ergänzung der - ansonsten vom Erstgericht zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe - noch als erschwerend der rasche Rückfall und - überdies - die zweifache Begehungsweise der geschlechtlichen Handlung (Beischlaf und Analverkehr) hinzu. Der rasche Rückfall hat erhebliches Gewicht. Zeigt sich doch, daß die zu 40 E Vr 2230/95 des Landesgerichtes Salzburg am 9.Jänner 1995 durchgeführte, mit Urteil abgeschlossene Hauptverhandlung keinen Eindruck hinterließ; denn der Angeklagte, der daraufhin erst eine der ihm bewilligten Raten der Geldstrafe bezahlt und am 18.April 1997 um Aufschub der zweiten Rate ersucht hatte (ON 23 im genannten Verfahren), delinquierte bereits in der Nacht zum 19.April 1997 erneut in massiver Weise.
Berücksichtigt man weiters das - sich schon im Vorleben als auch in dem hier in Verfolgung gezogenen Verhalten manifestierende - hohe Aggressionspotential des Angeklagten und die Wirkungslosigkeit weiterer bisheriger Vollzüge - sowohl von unbedingten Geldstrafen als auch von (wenn auch schon lange zurückliegenden) Freiheitsstrafen -, so kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Vollzug eines nur achtmonatigen Strafteiles in Verbindung mit der bloßen Androhung des Vollzuges einer 16-monatigen Freiheitsstrafe ausreichend spezialpräventive Wirkung entfalten wird, um den Angeklagten zukünftig von der Begehung strafbarer Handlungen, die sich gegen die körperliche Integrität anderer Personen richten, abzuhalten. Im übrigen würde der Vollzug lediglich eines Teiles der Freiheitsstrafe in Fällen wie diesen generalpräventiv als unzureichende Unrechtsfolge im Bereich des Sexualstrafrechtes angesehen werden. Die vom Angeklagten in seiner Äußerung zur Berufung der Staatsanwaltschaft zitierte Entscheidung SSt 57/26 betrifft den nicht vergleichbaren Fall einer bisher Unbescholtenen, dessen Unzuchtshandlung nicht sonderlich gravierend war. Die Heranziehung der Entscheidung EvBl 1977/249 ist unverständlich, sie befaßt sich nämlich mit dem Umstand, daß eine getilgte Vorstrafe nicht als erschwerend zu werten ist.
Somit war die Anwendung des § 43 a Abs 3 StGB aus dem angefochtenen Urteil auszuschalten.
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