OGH 3Ob2116/96i

OGH3Ob2116/96i28.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Hans Georg Mayer und Dr.Hans Herwig Toriser, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die verpflichtete Partei Albin L***** sen., ***** vertreten durch Dr.Klaus Messiner und Dr.Ute Messiner, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 426.722,77 sA, infolge Revisionsrekurses des Albin L***** jun., ***** vertreten durch Dr.Peter Krassnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 1.Februar 1996, GZ 4 R 29/96y-32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 13.Dezember 1995, GZ 6 E 3233/95x-26, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Rekurs der verpflichteten Partei zurückgewiesen wird.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, dem Revisionsrekurswerber Albin L***** jun. die mit S 20.352,-- (darin enthalten S 3.392,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Gegenstand des Exekutionsverfahrens ist die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 129 GB ***** A*****. Das Eigentumsrecht des Verpflichteten ist gemäß Vergleich vom 4.10.1989 zugunsten Cornelia L*****, geboren 25.3.1961, Albin L*****, geboren 16.2.1959, Annemarie L*****, geboren 9.11.1963, Birgit L*****, geboren 28.3.1966 durch die Verpflichtung beschränkt, diese Liegenschaft spätestens von Todes wegen einem oder mehreren seiner Kinder zu überlassen.

Das Erstgericht stellte die Exekution auf Antrag des Albin L***** jun., eines Sohnes des Verpflichteten, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 200 Z 2 EO ein; es stellte fest, daß Albin L***** jun. mit Schreiben seines Vertreters vom 4.12.1995 den Vertreter der betreibenden Partei ersucht habe, ihm den aktuellen Saldo bekannt zu geben, weil er ein Interesse daran habe, die Zwangsversteigerung der Liegenschaft abzuwenden; er wolle daher die Forderung der betreibenden Partei abdecken und gemäß § 1422 ABGB einzulösen. Mit Schreiben vom 5.12.1995 habe der Vertreter der betreibenden Partei den Saldo mit S 494.408,59 bekanntgegeben, ohne sich zum Einlösungsantrag näher zu äußern. Albin L***** jun. habe hierauf am 6.12.1995 diesen Betrag an die Betreibendenvertreter überwiesen. Mit Schreiben vom 11.12.1995 hätten die Betreibendenvertreter dem Vertreter des Albin L***** jun. mitgeteilt, die betreibende Partei sei zum Schluß gekommen, daß die Forderungseinlösung aus rechtlichen Erwägungen nicht möglich erscheine; sie hätte nun daher den Betrag von S 494.408,59 wiederum zurücküberwiesen. Albin L***** jun. habe den Betrag nicht gerichtlich hinterlegt.

Das Erstgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, gemäß § 200 Z 2 EO sei das Versteigerungsverfahren durch Beschluß einzustellen, wenn ein Pfandgläubiger die vollstreckbare Forderung, wegen derer die Versteigerung bewilligt wurde, unter gleichzeitigem Ersatz aller dem Verpflichteten zur Last fallenden Kosten einlöst und Einstellung der Versteigerung beantragt. § 200 Z 2 EO gebe dem Pfandgläubiger ein Einlösungsrecht, das er auch ohne Einwilligung des Schuldners ausüben könne. Weigere sich der betreibende Gläubiger, die Bezahlung seiner Forderung anzunehmen, könne der Einlösende den Betrag nach § 1425 ABGB gerichtlich hinterlegen; bei Annahmeverzug des Gläubigers habe er nicht die Pflicht zur Hinterlegung. Dieses Einlösungsrecht stehe sinngemäß auch den Inhabern von Dienstbarkeiten, Reallasten und Bestandrechten, nicht aber dem Bürgen oder Mitschuldner zu. Hier sei das Eigentumsrecht des Verpflichteten durch die Verpflichtung beschränkt, diese Liegenschaft spätestens von Todes wegen einem oder mehreren seiner Kinder zu überlassen. Mit der Versteigerung würden die Kinder des Verpflichteten um ihren Anspruch gebracht, wonach sie spätestens von Todes wegen nach dem Verpflichteten die Liegenschaft erhalten. Ihr Interesse, daß die Zwangsversteigerung abgewendet werde, sei daher dem Interesse eines Pfandgläubigers gleichzustellen, sodaß § 200 Z 2 EO auch im konkreten Fall zur Anwendung gelangen könne. Albin L***** jun. sei demnach berechtigt, die vollstreckbare Forderung der betreibenden Partei einzulösen. Er könne dieses Recht auch gegen den Willen des Verpflichteten und der betreibenden Partei ausüben. Durch die Nichtannahme des Betrags sei die betreibende Partei in Annahmeverzug geraten, weshalb der Einlösungswerber zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet sei, den Betrag gerichtlich zu hinterlegen.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß infolge Rekurses des Verpflichteten dahin ab, daß der Antrag des Albin L***** jun. auf Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens gemäß § 200 Z 2, 4 EO zurückgewiesen wurde. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und im Hinblick auf die fehlende Rechtsprechung zu den in der Entscheidungsbegründung aufgezeigten Fragen der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht bejahte ein Rechtschutzbedürfnis des Verpflichteten an der Bekämpfung des Beschlusses auf Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens, weil es auch seine Rechts- und Interessensphäre betreffe, wer ihm als Gläubiger der im Exekutionsverfahren betriebenen Forderung gegenüberstehe. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, der Begriff des Pfandgläubigers bei Anwendung des § 462 ABGB werde weit ausgelegt; Albin L***** jun. könne aber angesichts der vertraglichen Vereinbarung keinen gesicherten Besitznachfolgeanspruch für sich reklamieren, zumal der Verpflichtete seine Liegenschaft einem oder mehreren anderen Kindern überlassen könne. Er sei somit nicht legitimiert, die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nach § 200 Z 2 EO zu begehren. Eine Einstellung des Versteigerungsverfahrens nach § 200 Z 4 EO könne nur der Verpflichtete begehren.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Einstellungswerbers ist berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden. Die Beschwer muß nach nunmehr herrschender Auffassung zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (SZ 61/6 uva; Rechberger/Simotta/Exekutionsverfahren2 Rz 316; Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht Rz 176).

Der Revisionsrekurswerber zeigt zutreffend auf, daß der Rekurs des Verpflichteten gegen den Beschluß auf Einstellung der Exekution gemäß § 200 Z 2 EO mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen gewesen wäre. Durch die Einstellung der Exekution, gegen die der betreibende Gläubiger kein Rechtsmittel erhoben hat, an sich ist der Verpflichtete nicht in seinen Rechten beeinträchtigt. Ob die Einlösung der Forderung durch den Einstellungswerber gemäß § 462 ABGB tatsächlich erfolgt ist, wird jedoch in diesem Exekutionsverfahren nicht geklärt (vgl GlUNF 6878). Der Einstellungsbeschluß des Erstgerichtes hat auch darüber nicht in einer der Rechtkraft fähigen Form abgesprochen. Lehnt der Gläubiger die Zahlung ab, so kann der Einlösungsbetrag nach § 1425 ABGB bei Gericht erlegt werden - wie dies hier nunmehr zu 7 Nc 1/96g des Bezirksgerichtes Wolfsberg geschehen ist - und aufgrund der Amtsbestätigung über den Erlag Vormerkung nach § 39 GBG erwirkt werden (GlUNF 6664; Klang in Klang II 491). Die Rechtfertigung dieser Vormerkung hat sodann im Prozeß nach §§ 41 lit c und 42-44 GBG zu erfolgen.

Schon aus diesem Grund war in Stattgebung des Revisionsrekurses des Einstellungswerbers die mangelnde Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung für den Rekurs des Verpflichteten gegen den erstinstanzlichen Einstellungsbeschluß wahrzunehmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte