OGH 10Ob89/97d

OGH10Ob89/97d12.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag.Ulrike L*****, Architektin, *****, 2. Dr.Peter L*****, Rechtsanwalt, ebendort, Erstklägerin vertreten durch den Zweitkläger, wider die beklagte Partei Ing.Helmut Sch*****, Sachverständiger, ***** vertreten durch Dr.Werner Masser, Dr.Ernst Grossmann, Dr.Eduard Klingsbigl, Dr.Robert Lirsch, Rechtsanwälte in Wien, wegen Wiederaufnahmsklage, infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 3.Jänner 1997, GZ 41 R 677/96d-34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurswerber haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Bezirksgericht Hernals als Erstgericht hat die Verfahren 5 C 1007/92b (Räumungsklage gemäß § 1118 ABGB) und 5 C 1012/92p (Aufkündigung) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 3.11.1994 die Aufkündigung aufgehoben und das damit verbundene und das auf § 1118 ABGB gestützte Räumungsbegehren abgewiesen. Das Berufungsgericht bestätigte die Aufhebung der Aufkündigung, gab aber der Berufung der klagenden Parteien, soweit sie sich gegen die Abweisung des Räumungsbegehrens wendeten, Folge und verhielt den Beklagten zur Räumung des Bestandobjektes samt Gartenteil. Die Abweisung des mit der Aufkündigung verbundenen Räumungsbegehrens bestätigte es deshalb, weil das bereits mit Zustellung der Räumungsklage an den Beklagten am 22.9.1992 zur Auflösung gelangte Bestandverhältnis nicht noch einmal mit Aufkündigung aufgelöst werden könne. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Während die Entscheidung des Berufungsgerichtes, soweit es die Aufhebung der Aufkündigung und die Abweisung des damit verbundenen Räumungsbegehrens bestätigt hat, unangefochten blieb, erhob die beklagte Partei gegen die Stattgebung des auf § 1118 ABGB gestützten Räumungsbegehrens die außerordentliche Revision.

Der Oberste Gerichtshof änderte in Stattgebung der Revision der beklagten Partei das Urteil des Berufungsgerichtes, das hinsichtlich der Aufhebung der Aufkündigung als unangefochten unberührt blieb, dahingehend ab, daß es das Urteil des Erstgerichtes wieder herstellte.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem Punkte II/1, womit die Aufhebung der Aufkündigung durch das Erstgericht und die Abweisung des damit verbundenen Räumungsbegehrens bestätigt wurde, erheben die Kläger die beim Berufungsgericht eingebrachte Wiederaufnahmsklage.

Sie streben damit die Aufhebung des zunächst unangefochten gebliebenen Teiles des Urteiles des Berufungsgerichtes an. Sie stützen sich auf den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 5 ZPO und meinen, der Oberste Gerichtshof habe eine für die Nichtstattgebung der Berufung gegen die Aufhebung der Aufkündigung präjudizielle Entscheidung (des Berufungsgerichtes), nämlich die Stattgebung der Räumungsklage, aufgehoben.

Das durch die Wiederaufnahmsklage angerufene Berufungsgericht wies diese zurück.

Es vertrat die Rechtsansicht, daß nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO im Falle der Anfechtung der Entscheidungen mehrerer Instanzen das Gericht der höchsten Instanz zuständig sei, die Wiederaufnahmsklage aber in den übrigen Fällen gemäß § 532 Abs 1 ZPO grundsätzlich beim Prozeßgericht erster Instanz einzubringen sei. Das Berufungsgericht sei nur zuständig, wenn die maßgebenden Feststellungen ausschließlich von ihm getroffen wurden. Das Gericht der ersten Instanz, von dem die Tatsachenfeststellungen stammen, sei daher auch dann zuständig, wenn erst das Gericht zweiter Instanz diese Feststellungen zu ungunsten des Klägers verwertet hat. Da das Berufungsgericht ausschließlich aufgrund der vom Prozeßgericht erster Instanz getroffenen Feststellungen entschieden habe, wäre die Wiederaufnahmsklage bei diesem anzubringen gewesen. Eine Überweisung an das zuständige Gericht käme nicht in Betracht.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der klagenden Parteien, der im Ergebnis nicht berechtigt ist.

Mangels Relevanz kann es dahingestellt bleiben, ob die Wiederaufnahmsklage beim Erstgericht oder beim Berufungsgericht einzubringen war.

Rechtliche Beurteilung

Nach Einlangen der Rechtsmittelklage ist nämlich von Amts wegen eine Zulässigkeitsprüfung vorzunehmen, die ua die Prüfung der Geltendmachung eines gesetzlichen Wiederaufnahmsgrundes umfaßt. Die Klage ist zurückzuweisen, wenn sich der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund überhaupt unter keinen der im Gesetz angeführten Wiederaufnahmsgründe einordnen läßt (Kodek in Rechberger ZPO Rz 1 zu § 538; JBl 1952, 320; JBl 1993, 126; EvBl 1957/224; EFSlg 30.090; SZ 47/99, SZ 49/67; 3 Ob 2385/96y. Das Fehlen der Zulässigkeitsvoraussetzungen ist in jeder Lage des Verfahrens von Amt wegen wahrzunehmen (SZ 47/99).

Der von den Klägern herangezogene Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 5 ZPO setzt voraus, daß eine rechtskräftige präjudizielle Vorentscheidung, auf die sich die angefochtene Entscheidung stützt, durch eine andere rechtskräftige Entscheidung aufgehoben worden ist (Kodek aaO Rz 4 zu § 530). Der Wiederaufnahmsgrund liegt aber nicht vor, wenn nur eine präjudizielle Rechtsmeinung des Gerichtes, auf die sich seine Entscheidung stützt, in der Folge in einer anderen rechtskräftigen Entscheidung nicht geteilt wird. Die einheitliche Entscheidung des Berufungsgerichtes, mit der es einerseits die Aufkündigung aufhob, weil schon mit Zustellung der Räumungsklage gemäß § 1118 erster Fall ABGB das Bestandverhältnis aufgelöst worden sei und andererseits dem Räumungsbegehren nach § 1118 erster Fall ABGB stattgab, gründet sich auf keine rechtskräftige Vorentscheidung über das Räumungsbegehren, sondern war selbst die Entscheidung über das Räumungsbegehren.

Mangels Vorliegens eines rechtskräftigen Erkenntnisses, auf das sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes stützte, ist der geltend gemachte Grund für eine Wiederaufnahmsklage absolut untauglich.

Es hat daher bei der Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage zu bleiben.

Der Kostenausspruch gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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