Spruch:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde wird verweigert.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Sofort nach Verkündung seiner Verurteilung durch das Geschworenengericht am 14.April 1997 meldete Erhard R***** Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 55).
Da eine fristgerechte Ausführung dieser Rechtsmittel dem Gericht nicht vorlag, wurde die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 a StPO zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß erhebt der Angeklagte (nach Vollmachtswechsel) Beschwerde und beantragt "in eventu" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wider die Versäumung der Rechtsmittelfrist.
Rechtliche Beurteilung
Die ausdrücklich auf § 285 a Abs 2 (richtig wohl: § 285 b Abs 2) StPO gestützte Beschwerde des Angeklagten ist unbegründet, weil bei der (fristgerechten) Anmeldung der Beschwerde keiner der in § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angeführten Nichtigkeitsgründe bezeichnet (s § 285 a Z 2 StPO) und eine Ausführung der Beschwerdegründe beim Gericht nicht überreicht wurde (§ 285 Abs 1 StPO).
Der Nachweis einer (angeblich fristgerecht) erfolgten Postaufgabe der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde fehlt, der (eventualiter gestellte) Wiedereinsetzungsantrag, der eine Fristversäumung voraussetzt (§ 364 StPO), spricht vielmehr dagegen.
Dem Wiedereinsetzungsantrag wiederum mangelt allein schon die Behauptung einer Fristversäumnis, weil sämtliche Ausführungen dazu sich in dem Vorbringen erschöpfen, der Verteidiger selbst habe zeitgerecht die Rechtsmittelausführungen zur Post gegeben, nur (aus "geringem Verschulden") nicht "eingeschrieben". Dies wird aber vom Gesetz gar nicht verlangt, sondern ist allenfalls "empfehlenswert" (Mayerhofer StPO4 § 6 ENr 26 a). Es fehlt aber nicht nur der Nachweis, daß tatsächlich eine Rechtsmittelausführung zur Post gegeben wurde, weil eine solche überhaupt nie bei Gericht eingelangt ist, sondern insbesondere das Vorbringen, daß die Postaufgabe noch zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu welchem nach den postamtlichen Vorschriften mit dem Aufgabevermerk des Aufgabetages mit Bestimmtheit gerechnet werden konnte (Mayerhofer aaO ENr 25 f) und, daß die Eingabe auch an das zuständige Gericht adressiert war (Mayerhofer aaO ENr 31 ff). Recht besehen stellt das Vorbringen bloß Spekulationen darüber an, was mit der Rechtsmittelschrift nach deren Fertigstellung in der Anwaltskanzlei geschehen sein könnte.
Die Nichtbeachtung der zeitgerechten und richtig adressierten Postaufgabe könnte zwar ein unter Fristver- säumnis verspätetes Einlangen (aber nicht das völlige Fehlen) von Rechtsmittelausführungen bei Gericht erklären, doch in dieser Richtung sind Anhalts- und damit behauptete Wiedereinsetzungsgründe nicht gegeben.
Die vom Obersten Gerichtshof anzustellende rechtliche Beurteilung wiederum, ob das der Einhaltung der Ausführungsfrist entgegenstehende Hindernis den Kriterien des § 364 Abs 1 Z 1 StPO entspricht, setzt aber einen entsprechenden Sachverhalt unabdingbar voraus (arg "nachweisen").
Beschwerde und Wiedereinsetzungsantrag (betreffend die Nichtigkeitsbeschwerde) mußten daher erfolglos bleiben.
Über die Berufung hat gemäß § 285 i StPO das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden, weil selbst bei nicht (fristgerecht) ausgeführter Berufung im vorliegenden Fall sachlich über diese (zeitgerecht angemeldete) zu entscheiden ist (Mayerhofer aaO § 294 ENr 1, 4 a und 4 b).
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