OGH 11Os72/97-7 (11Os73/97)

OGH11Os72/97-7 (11Os73/97)5.8.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.August 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schillhammer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas B***** und andere Angeklagte wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Franz S***** und Roman K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 15.Januar 1997, GZ 12 Vr 183/96-54, sowie über die Beschwerde gegen den zugleich mit dem Urteil gemäß § 494 a StPO gefaßten Widerrufsbeschluß betreffend Roman K***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde des Angeklagten K***** werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Franz S***** (A 1 und 2) und Roman K***** (A 3 bis 5) des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB, Roman K***** teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB sowie K***** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach haben sie in Steyr - jeweils als Beteiligte mit Andreas B***** - fremde bewegliche Sachen nachgenannten Personen mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, und zwar

Franz S*****

(zu A 1) am 28.August 1991 der Gunhild H***** 1.232 S Bargeld sowie Zeitschriften und Rauchzubehör im Wert von 2.782 S durch Einbruch in ein Geschäftslokal,

(2) am 28.August 1991 der Firma Foto Wie***** Münzgeld im Betrag von 150 S durch Einbruch in ein Geschäftslokal,

Roman K*****

(3) nachts zum 30.August 1991 der Walpurga Wim***** 2.000 S Bargeld durch Einbruch in ein Geschäftslokal,

(4) nachts zum 1.September 1991 dem Landeskrankenhaus Steyr Bargeld durch Einbruch in den Küchenbereich, wobei es mangels geeigneten Diebsgutes beim Versuch blieb,

(5) nachts zum 4.September 1991 dem Österreichischen Schäferhundeverein Bargeld durch Einbruch in eine Hütte, wobei es mangels geeigneten Diebsgutes beim Versuch blieb,

(zu C) Roman K***** am 18.Mai 1996 den Ernst S***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihm zumindest einen Faustschlag ins Gesicht versetzte, wodurch letzterer eine Jochbeinprellung erlitt.

Beide Angeklagte wurden jeweils nach § 129 StGB, Roman K***** unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB, Franz S***** gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf mehrere Urteile des Landes- und des Bezirksgerichtes Steyr zu (Zusatz-)Freiheitsstrafen verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die (gemeinsam ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, die beide auf die Z 5 a und 11 des § 281 Abs 1 StPO, Roman K***** auch noch zusätzlich auf die Z 5 leg cit stützen, denen jedoch insgesamt keine Berechtigung zukommt.

In der Mängelrüge (Z 5) moniert der Angeklagte K***** als Unvollständigkeit der Urteilsbegründung, daß sich die Tatrichter insoweit nicht mit den Widersprüchlichkeiten in der Aussage des (Mitangeklagten) Andreas B***** auseinandergesetzt hätten, als dieser anläßlich seiner Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Steyr am 6. Mai 1996 vorerst angegeben habe, er hätte außer einem versuchten Trafikeinbruch und einem Einbruch in eine A*****-Tankstelle die übrigen strafbaren Handlungen, die ihm vorgehalten worden waren und die er zugegeben habe, nicht verübt und deren Begehung nur deshalb eingestanden, damit er nicht in Untersuchungshaft komme (S 363/I), wohingegen er in der fortgesetzten Einvernahme am gleichen Tag im Rahmen einer Lebensbeichte die (die Mittäter S***** und K***** betreffenden Tathandlungen) frei und ohne Zwang oder Vorhaltungen gemacht habe (S 367/I, US 9).

Dem ist zu erwidern, daß es gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht erforderlich ist, im Urteil zu allen Vorbringen und Aussagen Stellung zu nehmen und alle Umstände einer Erörterung zu unterziehen, die durch das Beweisverfahren hervorgekommen sind. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof in den Entscheidungsgründen in gedrängter Form die entscheidenden (also für die Schuld oder den anzuwendenden Strafsatz maßgebenden) Tatsachen bezeichnet, die er als erwiesen annimmt und die - mit den Denkgesetzen im Einklang stehenden - Gründe anführt, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme geführt haben (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 5 f, 142). Diesen Erfordernissen hat das Schöffengericht entsprochen, wobei es sich bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angaben des Mitangeklagten B***** ausführlich mit der Bedeutung der - nach anfänglichem Leugnen letztlich abgelegten - umfassenden Lebensbeichte und den Begleitumständen der im Rahmen dieser Lebensbeichte gemachten Angaben befaßt und auch die bezüglichen Depositionen der einvernehmenden Beamten Franz G***** und Kr***** ebenso wie die Frage, inwieweit es sich um ungerechtfertigte Bezichtigungen auf Grund persönlicher Umstände handeln könnte, umfassend erörtert hat (US 9 und 10).

Daß aber aus den vom Erstgericht ermittelten Prämissen - wie vom Beschwerdeführer behauptet - auch andere als die von den Tatrichtern abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich gewesen wären und das Gericht sich dennoch für die dem Angeklagten ungünstigeren entschieden hat, ist ein Akt richterlicher Beweiswürdigung, der einen Begründungsmangel nicht zu bewirken vermag (Mayerhofer aaO § 258 E 21, 22, 24).

Aber auch in der Tatsachenrüge (Z 5 a) gelingt es den Beschwerden nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Hiebei versuchen die Angeklagten S***** und K***** die Glaubwürdigkeit ihrer leugnenden Verantwortung vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung darzutun, indem sie die Depositionen des Mitangeklagten B***** - unter Verweis auf dessen Freundschaft zu Anton Bi***** bzw die nunmehrige Lebensgemeinschaft mit einer früheren Bekannten des Angeklagten K***** - als "Racheakt" bzw "Gefälligkeitsgeständnis" gewertet wissen wollen und damit dessen belastende Angaben zu entkräften trachten.

Solcherart wird aber lediglich nach Art und Zielsetzung einer im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes auf eine auch im Rahmen der Tatsachenrüge nicht zulässige Weise (NRsp 1994/176) in Zweifel gezogen.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO vermeint der Beschwerdeführer S*****, die über ihn verhängte Zusatzstrafe von vier Monaten verstoße gegen zwingende Bestimmungen der Strafbemessung, da sie in keinem Verhältnis zu den bisher verhängten Strafen stünde, auf die gemäß §§ 31, 40 StGB nunmehr Bedacht genommen worden sei.

Gemäß § 31 Abs 1 StGB darf (1.) eine Zusatzstrafe das Höchstmaß jener Strafe nicht übersteigen, die für die nachträglich abzuurteilende Tat angedroht ist und außerdem darf (2.) die aus der Zusatzstrafe und die aus der mit dem früheren Urteil verhängten Strafe vorgenommene Addition die Höhe nicht übersteigen, die bei gemeinsamer Aburteilung nach §§ 28, 29 StGB zulässig gewesen wäre (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 31 E 63). Verletzungen der Vorschrift des § 31 StGB (daß auf die dem Schuldigen durch das frühere Erkenntnis zuerkannte Strafe angemessen Rücksicht zu nehmen ist, so daß die im Gesetz für die schwerer strafbare Handlung bestimmte Höchststrafe nie überschritten werden darf) sind mit Nichtigkeitsbeschwerde (§ 281 Z 11 StPO) nur anfechtbar, wenn das Höchstmaß der auf die am schwersten strafbare Tat angedrohten Strafe überschritten wurde. In allen anderen Fällen der Anwendung des § 31 StGB kann das Strafmaß nur mit Berufung angefochten werden, sofern diese im einzelnen Fall zulässig ist (Mayerhofer/Rieder aaO E 81 mwN). Demgemäß wird das bezügliche Vorbringen dieses Angeklagten im Rahmen der Berufungsentscheidung zu behandeln sein.

Der Angeklagte K***** verkennt bei seinem Vorbringen, wonach die §§ 31, 40 StGB zumindest sinngemäß anzuwenden gewesen wären und unter Berücksichtigung der nunmehr verhängten und widerrufenen Strafen die Gesamtstrafe unangemessen und unvertretbar sei, daß sämtliche Anwendungsfälle des § 281 Abs 1 Z 11 StPO nicht darauf abstellen, ob eine Unrechtsfolge im konkreten Fall unvertretbar oder unangemessen ist (insoweit wäre eine nur mit Berufung anfechtbare Ermessensentscheidung gegeben), sondern vielmehr darauf, ob dem Erstgericht bei der Strafbemessung eine fehlerhafte Rechtsanwendung unterlief. Eine solche läge aber nur vor, wenn das Erstgericht der Urteilsbegründung zufolge für den Strafausspruch Kriterien herangezogen hätte, die die im Gesetz normierten - und dem Gericht bei seiner Entscheidung keinen Ermessensspielraum einräumenden - Strafzumessungsvorschriften in unvertretbarer Weise widersprechen (JBl 1989, 328; EvBl 1989/147 ua). Ein derartiges rechtsfehlerhaftes Vorgehen wird vom Beschwerdeführer K***** gar nicht behauptet.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde des Angeklagten K***** fällt somit in die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Linz (§§ 285 i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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