OGH 12Os100/97

OGH12Os100/9731.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Juli 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schillhammer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard R***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2.Oktober 1996, GZ 3 b Vr 12042/90-108, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß der Angeklagte den ihm angelasteten Betrug gewerbsmäßig begangen habe, und demgemäß in der rechtlichen Tatunterstellung unter § 148 zweiter Fall StGB sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit ihren gegen den Strafausspruch gerichteten Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten im Umfang der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard R***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er - zusammengefaßt wiedergegeben - in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über seine mangelnde Fähigkeit und seinen mangelnden Willen zur zugesicherten Rückzahlung der von ihnen zur Begründung von Liegenschaftsmiteigentum (US 9, 12) aufgenommenen Kredite, zur Veranlassung der Zuzählung nachstehend angeführter Darlehensbeträge und zur vertraglichen Verpflichtung, über die erworbenen Immobilien nur mit seiner Zustimmung zu verfügen, verleitet, wodurch die Genannten in einem 500.000 S übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt wurden, und zwar

1.) Ende 1989 und im Frühjahr 1990 Martin M***** zur Veranlassung der Überweisung von 2,1 Mio S und

2.) im Februar 1991 Gerlinde S***** (richtig: S*****) zur Veranlassung der Überweisung von 2,380.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt nur insoweit Berechtigung zu, als sie sich gegen die Annahme der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB richtet.

Der die Mängelrüge (Z 5) einleitende Einwand, das Urteil lasse jedwede Begründung für die Feststellung vermissen, daß der Angeklagte die ersten vier Raten zur Rückführung des von Gerlinde S***** aufgenommenen Kredites (Schuldspruchfaktum 2.) deshalb geleistet hat, um das Tatopfer in Sicherheit zu wiegen (vgl dazu die Angaben der Zeugin, wonach diese Raten insofern "auf einem Umweg über sie gegangen seien, als ihr der Angeklagte das Geld in die Hand gedrückt hat" - 142/II), setzt sich über die die subjektiven Tatbestandserfordernisse tragenden Feststellungen (US 12, 14 f) hinweg und erweist sich damit als nicht gesetzmäßig ausgeführt. Gleiches gilt für die eine tatbestandsessentielle Täuschung unter dem Gesichtspunkt unvollständiger Begründung in Frage stellende weitere Beschwerdeargumentation, die mit der Behauptung, der Notar Dr.S***** habe die Zeugin S***** "darauf aufmerksam gemacht, sie solle aufpassen, da er durch die verfaßten Urkunden nicht in ihr Kreditverhältnis gegenüber der Länderbank eingreifen könne", was die angebliche Warnung anlangt, von verfahrensfremden Prämissen ausgeht (328 ff/II).

Abgesehen davon konnte im Hinblick auf die von den Tatrichern festgestellte (vorweg dolos eingegangene) Verpflichtung des Angeklagten, die in Rede stehenden Kredite rückzuführen, eine Erörterung sowohl der finanziellen Kapazität der Zeugin S***** als auch der ferner von der Beschwerde problematisierten Frage, ob und gegebenenfalls ab wann geplant war "die gegenständliche Wohnung ehebaldigst zu verkaufen" - als für die Beurteilung sowohl der (ohnedies unbestrittenen) objektiven als auch der subjektiven Tatkomponenten unerheblich - auf sich beruhen.

Das der Sache nach gegen die (mängelfrei begründete) Ablehnung der vom Beschwerdeführer angebotenen Exkulpationsvariante, es sei zu einer Vereinbarung zwischen ihm und der M***** GesmbH gekommen, wonach diese die von ihm S***** gegenüber eingegangenen Verpflichtungen übernommen, sie in der Folge aber schuldhaft nicht erfüllt habe (US 15 f), gerichtete Beschwerdevorbringen bekämpft in Wahrheit in (hier) unzulässiger Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung und erweist sich (abermals) als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Dieser Mangel haftet der Beschwerde aber auch insoweit an, als sie materiellrechtliche Nichtigkeit des Urteils nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a mit der Behauptung geltend macht, die Urteilsannahmen, der Angeklagte habe die wirtschaftliche Abhängigkeit der Zeugin S***** ausgenützt (diese habe arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchtet, weil die Frau des Angeklagten mehrfach erwähnte, es gäbe sehr viele arbeitslose Sekretärinnen) in Verbindung mit der Feststellung, der Zeugin sei es zunächst gelungen, eine Kreditaufnahme zu vermeiden, seien nicht geeignet, die Tatbestandsmerkmale der §§ 146 ff zu erfüllen, weil S***** - von den dargelegten Urteilserwägungen ausgehend - den Tatplan des Angeklagten durchschaut habe. Denn abgesehen davon, daß selbst im Falle korrekter Wiedergabe des Urteilsinhaltes die Behauptung des Wegfalls der Tatbestandskomponente der Täuschung unschlüssig wäre, hat das Erstgericht hinreichende - von der Beschwerde allerdings übergangene - den Schuldspruch tragende Feststellungen getroffen und dazu lediglich ergänzend ausgeführt, daß sich der Angeklagte bei der Tatbegehung zusätzlich die wirtschaftliche Abhängigkeit des seinen Intentionen ablehnend gegenüberstehenden (aber deshalb nicht täuschungsunfähigen) Opfers zunutze machte (US 12).

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß die Beschwerde im gegebenen Konnex die für den Fall des Fehlschlagens doloser Täuschung aktuell werdende Frage des Betrugsversuches zur Gänze vernachlässigt.

Hingegen kommt der Rechtsrüge (Z 10), mit welcher der Beschwerdeführer die Annahme der Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung schweren Betruges (§ 148 zweiter Fall StGB) bekämpft, im Ergebnis Berechtigung zu: Gewerbsmäßig verübt eine Straftat, wer in der Absicht handelt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB). Der Täter muß darauf abzielen (§ 5 Abs 2 StGB), durch die Wiederholung von Straftaten desselben Deliktstyps ein fortlaufendes, das heißt entweder überhaupt ständiges oder aber doch für längere Zeit wirkendes, wenn auch nicht unbedingt regelmäßiges Einkommen zu erlangen (Leukauf/Steininger Komm3 § 70 RN 3 mwN). Es genügt nicht, daß er bloß gelegentlich und fallweise gleichartige Taten zwecks Gewinnung einer Einnahme zu begehen beabsichtigt (NRSp 1991/108).

Die Feststellungen des Erstgerichtes zur Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung beschränken sich im wesentlichen auf den substanzlosen Gebrauch der verba legalia, daß nämlich der Angeklagte in der sich aus seiner finanziellen Situation ergebenden Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Tatbegehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 8, 9, 14). An Ausführungen zu den Vorstellungen des Angeklagten über die zeitliche Dauer der Erzielung von Einnahmen durch Betrug und damit zur entsprechenden begriffsessentiellen (im konkreten Fall nach den Tatmodalitäten nicht von selbst evidenten) Tendenz (die durch die Urteilsfeststellung, daß sich der Angeklagte, als er offensichtlich erneuten Geldbedarf hatte, abermals zu der Gerlinde S***** schädigenden Tat entschloß - entgegen der Beschwerde - nicht ausgeschlossen ist, weil gewerbsmäßige Absicht einen einheitlichen direkten Tätervorsatz hinsichtlich aller Straftaten nach Art eines fortgesetzten Deliktes nicht voraussetzt - NRSp 1988/300) mangelt es jedoch zur Gänze. Infolge Rechtsirrtums über die gesetzlichen Voraussetzungen dieser Qualifikation erweisen sich somit die Feststellungen des Erstgerichtes zur gewerbsmäßigen Begehung des dem Angeklagten angelasteten Betruges als unzureichend. Da dieses Feststellungsgebrechen vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden kann, war - wie aus dem Spruch ersichtlich - insoweit mit (partieller) Urteilsaufhebung und Anordnung einer entsprechenden Verfahrenserneuerung (§ 285 e StPO), im übrigen aber mit Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde vorzugehen (§ 285 d StPO).

Mit ihren gegen den Strafausspruch gerichteten Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die (auch den Strafausspruch erfassende) kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte