OGH 9ObA106/97x

OGH9ObA106/97x9.7.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hradil sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Eberhard Piso und Wolfgang Neumeier als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag.Dr.Johann S*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B***** AG, ***** vertreten durch Dr.Gustav Teicht und Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 576.882,03 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Dezember 1996, GZ 8 Ra 301/96k-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 8. August 1996, GZ 25 Cga 30/95d-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird zum Teil Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 390.015,27 samt 4 % Zinsen aus S 52.065,33 vom 1.1.1995 bis 31.1.1995, aus S 105.809,53 vom 1.2. bis 28.2.1995, aus S 159.553,73 vom 1.3.1995 bis 30.4.1995, aus S 168.098,45 vom 1.5.1995 bis 31.5.1995 sowie aus S 390.015,27 seit 1.6.1995 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der Gewerkschaft der Privatangestellten als freiwilliger kollektivvertragsfähiger Interessensvertretung den mit S 1.766,66 bestimmten Aufwandersatz sowie der klagenden Partei S 9.039,99 an anteiligen Barauslagen des Verfahrens erster Instanz und S 25.244,93 (darin S 1.998,60 Umsatzsteuer und S 13.253,33 Barauslagen) an anteiligen Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren von S 186.866,76 samt 4 % Zinsen aus S 53.744,20 vom 1.4. bis 30.4.1995, aus S 133.122,56 vom 1.5. bis 31.5.1995 und aus S 186.866,76 seit 1.6.1995 wird abgewiesen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei S 24.870,33 (darin S 1.199,50 Umsatzsteuer und S 17.673,33 Barauslagen) an anteiligen Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 8.11.1934 geborene Kläger war seit 2.1.1960 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ***** beschäftigt; seit 1.1.1963 hatte er eine Definitivstellung gemäß § 10 des Kollektivvertrages für Angestellte der Sparkassen bzw der Dienstordnung für die Bediensteten der B***** inne. Die Beklagte versetzte den Kläger mit Schreiben vom 26.7.1994 mit Wirkung ab 1.1.1995 (bei Bezug einer fiktiven ASVG-Pension in Höhe von monatlich S 24.719,- vom 1.1.1995 bis 29.2.1996, dies ist der Abfertigungszeitraum von 14 Monaten) in den Ruhestand und zahlte eine Abfertigung in Höhe von S 1,169.562,22 brutto. Der Kläger war infolge eines Urlaubs vom 25.7.1994 bis 12.8.1994 nicht an seiner Wohnadresse anwesend. Mit Schreiben vom 15.8.1994 erhob der Kläger Einspruch gegen seine Versetzung in den Ruhestand per 1.1.1995 und ersuchte gleichzeitig um vorzeitige Pensionierung per 31.3.1995. Der Kläger hatte zum 31.12.1994 jedenfalls 35 für die Pension anrechenbare Dienstjahre zurückgelegt. Mit Schreiben vom 23.1.1995 kündigte die Klägerin sicherheitshalber, obwohl sie von einer aufrechten Versetzung des Klägers in den Ruhestand ausging, das Dienstverhältnis zum 30.6.1995. Außer Streit steht ferner das Begehren von S 576.882,03 brutto sA der Höhe nach.

Mit seiner Klage vom 13.2.1995 begehrte der Kläger zunächst die Feststellung, daß das Dienstverhältnis zur beklagten Partei über den 31.12.1994 hinaus bis zur Versetzung in den Ruhestand zum 30.6.1995 aufrecht sei. In weiterer Folge (AS 37 ff, AS 45 ff) stellte der Kläger das Feststellungs- auf ein Leistungsbegehren um. Die von der Beklagten einseitig ausgesprochene Versetzung in den Ruhestand komme einer Kündigung gleich, Wirksamkeit und Folgen seien daher wie bei einer Kündigung zu beurteilen. Auf Grund der Dienstzeit des Klägers hätte eine Kündigungsfrist von 5 Monaten eingehalten werden müssen. Da dem Kläger das Schreiben der Beklagten vom 26.7.1994 infolge urlaubsbedingter Abwesenheit erst am 14.8.1994 zugegangen sei, sei die Kündigung verspätet erfolgt und - im Hinblick auf die zum 30.6.1995 ausgesprochene Eventualkündigung - erst zum letztgenannten Zeitpunkt wirksam geworden. Der Kläger habe seine Arbeitsbereitschaft erklärt, worauf seitens der Beklagten verzichtet worden sei. Auf Grund der Fälligkeit seiner - auch auf Schadenersatz gestützten -

Ansprüche macht der Kläger geltend:

Für Jänner 1995: Bei sonst aufrechter

Beschäftigung S 78.790,33 brutto

abzüglich erhaltener Pension - S 26.725,- brutto

Differenz sohin S 52.065,33 brutto.

Theoretisches Gehalt für die Zeit vom

1.2.1995 bis 30.6.1995 je Monat S 80.769,20 brutto

abzüglich monatl. Pension S 27.025,-- brutto

ergibt für

fünf Monate einen Differenzbetrag von S 268.721,- brutto.

Die per 5.Mai 1995 fällig werdende

Sonderzahlung hätte S 61.203,88 brutto

betragen, davon sei an Pension - S 27.025,-- brutto

in Abzug zu bringen,

sodaß S 34.178,88 brutto

als Sonderzahlungsdifferenz verblieben.

Vom berechtigten Abfertigungsanspruch in Höhe von S 1,245.832,28 brutto werden erhaltene S 1,169.562,22 brutto in Abzug gebracht, es verblieben daher S 76.300,06 brutto an Abfertigungsdifferenz. Dazu komme für den Urlaubsanspruch ab 1.1.1995 (insgesamt 36 Arbeitstage) eine Urlaubsentschädigung von S 145.616,76 brutto.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde nach. Die von ihr ausgesprochene Versetzung des Klägers in den Ruhestand entspreche § 95 Abs 1 der Betriebsvereinbarung (Pensionsordnung) und bedürfe nicht der Voraussetzungen einer Kündigung gemäß § 20 AngG. Das Pensionierungsschreiben sei dem Kläger wirksam zugegangen. Es sei ohne Belang, wenn diesem das Schreiben erst nach dem 31.7.1994 zugegangen sei, da der Kläger verpflichtet gewesen wäre, eine von der Wohnadresse verschiedene Urlaubsadresse bekanntzugeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Zusätzlich zum unstrittigen Sachverhalt traf es folgende wesentlichen Feststellungen:

Schon seit 13.5.1995 gab es zwischen dem für die Besetzung von Leitungsstellen in Filialen und Abteilungen der Beklagten zuständigen Angestellten und dem Kläger persönliche Gespräche über die Versetzung des Klägers in den Ruhestand, wobei dem Kläger mitgeteilt wurde, daß seine Pensionierung zum 31.12.1994 "ins Auge gefaßt" werde. Ein solches Gespräch gab es auch vor dem Urlaubsantritt des Klägers am 25.7.1994. Auch dabei erklärte der genannte Angestellte, "ins Auge zu fassen", den Kläger zum 31.12.1994 zu pensionieren. Der Beklagten war bekannt, daß der Kläger auf Urlaub fahren werde, eine Urlaubsadresse war jedoch nicht bekannt. Bereits am 26.7.1994 verfaßte die Beklagte nachstehendes Schreiben an den Kläger: "Versetzung in den dauernden Ruhestand. Sehr geehrter Herr Dr.S*****, die B***** AG hat Ihre Versetzung in den dauernden Ruhestand gemäß § 95 Abs 1 (gemeint: Pensionsordnung) per 1.1.1995 beschlossen. Sie erhalten eine Abfertigung im Ausmaß von 14 Zwölftel Ihres Jahresbruttobezuges sowie eine Zahlung, die der Höhe nach dem Jubiläumsgeld anläßlich Ihres

35. Dienstjubiläums entspricht. Über die Abrechnung der Abfertigung werden wir, Sie schriftlich informieren. Während des Abfertigungszeitraums, das ist vom 1.1.1995 bis 29.2.1996, erhalten Sie von der B***** eine fiktive ASVG-Pension. Die seitens der B***** gebührenden Pensionsbezüge, welche während des Abfertigungszeitraumes ruhen, gelangen ab 1.3.1996 zur Auszahlung. .............." Dieses Schreiben wurde entweder am 26.7., spätestens aber am 27.7.1994 im normalen Postweg an den Kläger an dessen Anschrift in *****, abgesandt. Dieses Schreiben gelangte noch im Juli 1994 an die Wohnadresse des Klägers. Der Kläger befand sich mit seiner Familie bereits seit 25.7.1994 in W***** in Niederösterreich, von wo er erst am 14.8.1994 an seine Wohnadresse zurückkehrte. An diesem Tage erlangte er auch Kenntnis vom Pensionierungsschreiben. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung traf das Erstgericht auch auszugsweise Feststellungen über die mit der Beklagten abgeschlossenen Betriebsvereinbarung: Gemäß § 54 DO kann das Dienstverhältnis aufgelöst werden durch Zeitablauf, Kündigung, Kündigung wegen Betriebseinschränkung, einvernehmliche Auflösung, Versetzung in den Ruhestand, Dienstentlassung, Dienstaustritt und Tod. Gemäß § 58 DO wird die Versetzung eines Angestellten in den Ruhestand in der Pensionsordnung (Abschnitt D der DO) geregelt. Nach § 95 DO gebührt eine Alterspension ohne Nachweis der Berufsunfähigkeit und ohne Rücksicht auf die Dienstzeit nach Vollendung des 60.Lebensjahres bei Vorliegen von mindestens 35 pensionsanrechenbaren Dienstjahren. Unter dieser Voraussetzung hat die Sparkasse auf Verlangen des Angestellten die Versetzung in den dauernden Ruhestand vorzunehmen, kann diese jedoch auch von sich aus aussprechen.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß eine in einem Kollektivvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Einzelvertrag festgelegte einseitige Ruhestandsversetzung (Pensionierung) in der Regel als Kündigung zu qualifizieren sei. Die Kündigungsfrist betrage gemäß § 20 Abs 2 AngG für das hier vorliegende Dienstverhältnis fünf Monate. So wie der Dienstgeber bei nicht bekanntgegebener Urlaubsadresse des Arbeitnehmers eine Kündigung grundsätzlich an die ihm bekannte Wohnadresse des Arbeitnehmers richten könne, sei auch im vorliegenden Fall eine fristgerechte Pensionierung erfolgt. Dem Kläger sei vor Urlaubsantritt bekannt gewesen, daß eine Versetzung in den Ruhestand zum 31.12.1994 folgen werde, sodaß von einem fristgerechten Zugang des Pensionierungsschreibens unter Einhaltung einer fünfmonatigen Kündigungsfrist auszugehen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Kläger sei nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, der Beklagten seine von der Wohnanschrift unterschiedliche Urlaubsanschrift bekanntzugeben, zumal ihm bekannt gewesen sei, daß die Auflösung seines Dienstverhältnisses bevorstehe. Die einseitige Pensionierung des Klägers sei wohl einer Kündigung ähnlich, jedoch seien nicht alle Bestimmungen über die Wirksamkeit einer Kündigung heranzuziehen, insbesondere nicht diejenige des § 105 ArbVG. Die Verständigung des Betriebsrats sei daher für eine Wirksamkeit der Pensionierung nicht erforderlich gewesen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß der Klage stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zum Teil berechtigt.

Die Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sind teils nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO), teils - im Hinblick auf die Abänderung durch das Revisionsgericht - unerheblich.

Die in einem Kollektivvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Einzelvertrag festgelegte einseitige Ruhestandsversetzung (Pensionierung) ist in der Regel als Kündigung zu qualifizieren (ARD 4639/33/95, ARD 4700/15/95 = RdW 1996, 279 und andere). Typischerweise soll nämlich durch die Versetzung in den Ruhestand das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden. Die hier anzuwendende Betriebsvereinbarung (DO) läßt in ihrem § 54 keinen Zweifel aufkommen, daß die Versetzung in den Ruhestand das Dienstverhältnis auflöst. Die im Falle einer einseitig durch den Dienstgeber ausgesprochenen Pensionierung eines definitiv angestellten Arbeitnehmers analog anzuwendenden Kündigungsbestimmungen bedingen demzufolge insbesondere auch die Einhaltung der jeweiligen Kündigungsfrist (Marhold, Die Versetzung in den Ruhestand, RdW 1986, 275). Gemäß § 20 Abs 2 AngG kann mangels einer für den Angestellten günstigeren Vereinbarung der Dienstgeber das Dienstverhältnis mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres durch vorgängige Kündigung lösen. Die Kündigungsfrist beträgt nach dem vollendeten 25.Dienstjahr 5 Monate. Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie bedarf keiner Annahme oder Anerkennung, sie muß jedoch in den Machtbereich des Adressaten gelangt sein (RIS-Justiz RS0028555). Der Arbeitgeber darf eine Kündigung (oder eine sonstige empfangsbedürftige Willenserklärung) grundsätzlich an die letzte, ihm bekanntgewordene Wohnadresse des Arbeitnehmers richten; dieser muß sich den Empfang einer solchen Erklärung auch dann mit der postordnungsgemäßen Zustellung unter dieser Adresse anrechnen (und daher die Zustellung gegen sich gelten) lassen, wenn er die Wohnung bereits verlassen, dies aber dem Arbeitgeber nicht gemeldet hat.

Voraussetzung einer solchen Zusatzfiktion ist jedoch eine Treu und

Glauben zuwidergehende Verhinderung des rechtzeitigen Zugehens eines

angekündigten oder nach den Umständen zu erwartenden Schreibens des

Arbeitgebers durch eine den Gepflogenheiten widersprechende

Abwesenheit des Arbeitnehmers (RdA 1996, 425 = WBl 1996, 410 = RdW

1997, 28 = ARD 4769/21/96). Im hier vorliegenden Fall war dem

Dienstgeber die Urlaubsadresse des Klägers zwar nicht bekannt, wohl

aber der Umstand, daß der Kläger "auf Urlaub fahren werde" (AS 79),

worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch eine Entfernung von der

Wohnadresse zu verstehen ist. Aus der Mitteilung, daß seine

Pensionierung zum Jahresende "ins Auge gefaßt" sei, mußte der Kläger

nicht zwingend darauf schließen, daß ein Schreiben mit einer

einseitigen Pensionierungserklärung durch den Dienstgeber gerade

während seines unmittelbar anschließenden Urlaubs abgesendet werde.

Da die Beklagte bereits am nächsten Tag das Pensionierungsschreiben

verfaßte, wäre es ihr durchaus zumutbar gewesen, dennoch am Vortag

anwesenden Kläger, dessen Entfernung vom Wohnort bekannt war, nach

seiner Urlaubsadresse zu fragen. Von einer Zustellungsvereitelung

wider Treu und Glauben kann daher im vorliegenden Fall nicht die Rede

sein, sodaß der Zugang des Schreibens an den Kläger nicht zu

fingieren, sondern mit dem Zeitpunkt anzusetzen ist, zu dem das

Schriftstück dem Kläger tatsächlich zukam (14.8.1994). Daraus folgt,

daß die fünfmonatige Kündigungsfrist bis zum beabsichtigten

Pensionierungstermin (31.12.1994) nicht eingehalten war. Dennoch wird

nach herrschender Auffassung auch in einem solchen Fall, dh ohne

Rücksicht darauf, aus welchem Grund bei Ausspruch der Kündigung

einzuhaltende Fristen oder/und Termine verletzt wurden, mit Ablauf

der vorschriftswidrigen Kündigungsfrist oder bei Verfehlen des

festgesetzten Termins das Arbeitsverhältnis grundsätzlich zur

Auflösung gebracht (Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, Angestelltengesetz7

404 mwN). Auf die zeitwidrige Kündigung und deren Rechtsfolgen ist

die Bestimmung des § 29 AngG analog anzuwenden, dh der Arbeitnehmer

behält den Anspruch auf Entgelt für den Zeitraum, der bis zur

ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine fristgerechte Kündigung verstreichen hätte müssen (Martinek/M.Schwarz/ W.Schwarz, aaO). Daran ändert auch die nachträglich vom Dienstgeber "sicherheitshalber" ausgesprochene Kündigung zum 30.6.1995 nichts, da der Arbeitgeber eine zeitwidrige Kündigung nicht von sich aus ändern kann (Martinek/ M.Schwarz/W.Schwarz, aaO 405). Unbeachtlich ist ferner der vom Kläger erstmals in seiner Berufungsschrift erhobene Einwand, seine Versetzung in den Ruhestand sei mangels Verständigung des Betriebsrates (§ 105 ArbVG) unwirksam geblieben. Da eine Unwirksamkeitsanfechtung wegen Verletzung der Bestimmungen des § 105 ArbVG in der Disposition des Klägers stand, dieser jedoch davon zunächst nicht Gebrauch gemacht hat, bedurfte es entgegen der Meinung des Klägers nicht eines Vorbringens der Beklagten, eine Vorgangsweise nach § 105 ArbVG eingehalten zu haben. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers stellt sich daher schon als im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung (§ 482 ZPO) dar.

Der schon erwähnte Anspruch des Klägers, so gestellt zu sein, wie wenn eine Pensionierung (Kündigung) fristgerecht erfolgt wäre, führt zur fiktiven Annahme einer Kündigung zum nächstfolgenden Kündigungstermin, dies ist gemäß § 20 Abs 2 AngG der 31.3.1995. Im Jänner 1995 hätte der Kläger bei aufrechtem Dienstverhältnis S 78.790,33 brutto an Gehalt bezogen, die vom Kläger vorgenommene Anrechnung der ausgezahlten Pension in Höhe von S 26.725,- brutto führt zu einem ausständigen Differenzbetrag in Höhe von S 52.065,33 brutto. Für die Monate Februar und März 1995 ergäbe sich (auf Grund einer unbestritten gebliebenen Gehaltsanhebung) je Monat ein Betrag von S 80.769,20 brutto, davon sind S 27.025,- brutto an bezogenen Pensionsbeträgen in Abzug zu bringen; die Differenz von S 53.744,20 ergibt für zwei Monate den dem Kläger zustehenden Betrag von S 107.488,40 brutto. Hinsichtlich der - dem Klagsvorbringen zufolge - erst im Mai 1995 fällig gewordenen Remuneration ("Sonderzahlung Urlaubsgeld") hat § 16 AngG analoge Anwendung zu finden, demzufolge bei Auflösung des Dienstverhältnisses vor Fälligkeit des Anspruches eine Aliquotierung zu erfolgen hat. Die zurückgelegte Dienstzeit von drei Monaten innerhalb der Periode von einem Jahr führt zu einem Anspruch auf Auszahlung von 3/12 der Bruttoremuneration (S 61.203,88) abzüglich 3/12 der vom Kläger selbst angerechneten Pensionssonderzahlung (S 27.025,- brutto); daraus ergibt sich eine aliquote Differenz von S 8.544,72 brutto. Zur begehrten Urlaubsentschädigung ist mangels qualifizierter Bestreitung des Beklagten (§ 267 ZPO) davon auszugehen, daß das Urlaubsjahr mit dem Kalenderjahr ident ist und bei ordnungsgemäßer Pensionierung des Klägers dessen Urlaubsanspruch bereits entstanden wäre. Daraus folgt die Zuerkennung einer Bruttourlaubsentschädigung für (unbestrittene) 36 Urlaubstage in Höhe von S 145.616,76. Dazu kommt letztlich die - ebenfalls der Höhe nach unbestrittene - Abfertigungsdifferenz von S 76.300,06 brutto, sodaß sich der Gesamtzuspruch auf S 390.015,27 brutto beläuft.

Im Umfang dieses Zuspruches war daher der Revision Folge zu geben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf §§ 58 a Abs 1 und 4 ASGG, §§ 43 und 50 ZPO. Der Kläger ist mit zirka zwei Drittel seines Anspruches durchgedrungen, daraus folgt gemäß § 43 Abs 1 erster Satz ZPO ein Anspruch auf Ersatz eines Drittels der Vertretungskosten. Dies gilt auch für den pauschalierten Aufwandsersatz nach § 58 a Abs 1 ASGG (Kuderna ASGG2 371). Die Barauslagen (Pauschalgebühren) sind gemäß § 43 Abs 1 dritter Satz ZPO im Umfang der Obsiegensquote von 2/3 zu ersetzen.

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