OGH 4Ob153/97x

OGH4Ob153/97x26.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Ärztekammer (Bundesfachgruppe für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde), Wien 1, Weihburggasse 10-12, vertreten durch Dr.Franz J.Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Dr. Mario S*****, 2. Dr. Kurt S*****, 3. Dr. Angelika L*****, alle vertreten durch Dr.Helmut Fetz und Dr.Birgit Fetz, Rechtsanwälte in Judenburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 2.April 1997, GZ 6 R 219/96i-15, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt, einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen und des bestätigten Teiles, wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

I. Zur Sicherung des Anspruches der Klägerin wider die Beklagten auf Unterlassung von Wettbewerbsverstößen wird ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteiles

1. den Beklagten jede Information im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufes durch Formen der Telekommunikation, zB Informationen im Kabel-TV J*****,

2. dem Erstbeklagten jede Information im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes durch Beiträge in Printmedien, in denen sein Name wiederholt und reklamehaft genannt wird, verboten.

II. Das Mehrbegehren, den Beklagten jede Information im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes durch Beiträge in Postwurfsendungen, welche an die Bevölkerung verteilt werden, zB in den 'J***** Stadtnachrichten', und dem Zweit- und der Drittbeklagten jede Information im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes durch Beiträge in Printmedien, in denen ihr Name wiederholt und reklamehaft genannt wird, zu verbieten, wird abgewiesen.

Die Klägerin hat zwei Drittel ihrer gegen den Erstbeklagten erwachsenen Kosten vorläufig selbst zu tragen; ein Drittel hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin hat ein Drittel ihrer gegen den Zweitbeklagten und die Drittbeklagte erwachsenen Kosten vorläufig selbst zu tragen; zwei Drittel hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Erstbeklagten die mit S 6.758,32 bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 1.126,38 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Zweitbeklagten und der Drittbeklagten die mit S 27.033,28 bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 4.505,54 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin hat zwei Drittel ihrer gegen den Erstbeklagten erwachsenen Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; ein Drittel hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin hat die Hälfte der ihr gegen den Zweitbeklagten und die Drittbeklagte erwachsenen Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Hälfte hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Erstbeklagten die mit S 4.110,79 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 685,13 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Klägerin ist schuldig, dem Zweitbeklagten und der Drittbeklagten die mit S 12.332,37 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 2.055,39 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Erstbeklagte leitet das "Institut für Zahnheilkunde" in J*****, für welches mit Bescheiden des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 8.6.1995 und 21.11.1995 die sanitätsbehördliche Errichtungs- und Betriebsbewilligung erteilt wurde. Neben dem Institut betreibt der Erstbeklagte noch eine Zahnarztpraxis. Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte sind im Institut als Ärzte teilzeitbeschäftigt. Die Drittbeklagte führt darüber hinaus im selben Gebäude eine eigene Zahnarztpraxis. Die Beklagten sind Mitglieder der Ärztekammer.

Das "Institut für Zahnheilkunde" wurde im November 1995 eröffnet. Der Erstbeklagte verständigte (ua) die Stadtgemeinde J***** von der Eröffnung. Der Bürgermeister fragte ihn, ob er mit der Bekanntgabe der Eröffnung in den "J***** Stadtnachrichten" einverstanden sei. Der Erstbeklagte erklärte sich damit einverstanden. Die "J***** Stadtnachrichten" sind das amtliche, monatlich erscheinende Mitteilungsblatt der Stadtgemeinde J*****, das an alle J***** Haushalte gratis verteilt wird.

Etwa eine Woche vor Weihnachten 1995 erschien im Institut des Erstbeklagten ein Reporter der "J***** Stadtnachrichten", um zu fotografieren. Ihn begleitete, für den Erstbeklagten überraschend, ein Reporter der "M***** Zeitung", der dem Erstbeklagten erklärte, über die Eröffnung des Instituts berichten zu wollen. Der Erstbeklagte schilderte den beiden Reportern den Werdegang seines Institutes. Er verwies auf die einschlägigen Bestimmungen des Ärztegesetzes und ersuchte, sachlich zu berichten. Dies sicherten ihm die Reporter zu. Er ersuchte den Reporter der "J***** Stadtnachrichten" auch, ihm vor der Drucklegung Einsicht in das Manuskript zu gewähren. Dieser erklärte, daß dies nicht möglich sei, weil bereits mit dem Druck begonnen werde. An den Reporter der "M***** Zeitung" richtete der Erstbeklagte kein derartiges Ersuchen, weil er annahm, es werde ein gemeinsames Konzept für den Bericht erstellt.

Die Reporter nahmen mehrere Fotos auf. Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte waren auf Ersuchen des Erstbeklagten erschienen. Dem Zweitbeklagten war klar, daß die Fotos für einen Bericht über die Institutseröffnung aufgenommen wurden. Die Drittbeklagte gab den Reportern Auskunft über ihren beruflichen Werdegang.

In der Ausgabe Nr. 01/Jänner 1996 der "J***** Stadtnachrichten" wurde unter der Überschrift "'Bohrinsel' nun auch in Judenburg errichtet" über die Institutseröffnung berichtet. Der - zwar etwas kleiner, aber ebenfalls fett gedruckte - Untertitel lautete: "Dr. Mario S***** sucht zwar nicht wie in G***** nach Thermenwasser, geht aber in der ersten privaten Zahnklinik der Steiermark schlechten Zähnen an die Wurzel." Im Bericht schien der Name des Erstbeklagten ein weiteres Mal auf; der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte wurden je zweimal namentlich erwähnt. Der Bericht war mit einem Bild illustriert, das mit "Primarius Dr. Mario S***** (...) und sein Team: Ein Schwerpunkt der neuen Zahnklinik ist die zahnärztliche Chirurgie" bezeichnet war.

Die "M***** Zeitung" berichtete in ihrer Ausgabe vom 6.1.1996 über die Institutseröffnung. Der Bericht trug den Titel "Dr. Mario S*****, Institut für Zahnheilkunde" und war ebenfalls mit einem Bild illustriert. Der Bilduntertitel lautete: "Das Team des Institutes für Zahnheilkunde, rechts im Bild Primararzt Dr. Mario S*****, neben ihm die Fachärzte Dr. Angelika L***** und Obermedizinalrat Dr. Kurt S*****". Im Bericht schien der Name des Erstbeklagten ein weiteres Mal auf; der Zweitbeklagte wurde zweimal namentlich genannt, die Drittbeklagte dreimal.

Die Institutseröffnung war auch Gegenstand eines Berichtes im Kabel-TV J*****, von dem der Erstbeklagte erst nachträglich erfuhr. Er wußte aber, daß der für die inhaltliche Gestaltung der "J***** Stadtnachrichten" Zuständige auch für die im Kabel-TV J***** gesendeten Programme verantwortlich war. Im Kabel-TV wurden vier Bilder gesendet, von denen eines "Primararzt Dr. Mario S***** mit seinem Team" (Bild 1) zeigte, während die drei anderen folgenden Text aufwiesen: "Dr. Mario S***** sucht zwar nicht wie in G***** nach Thermenwasser, geht aber in der ersten privaten Zahnklinik der Steiermark schlechten Zähnen an die Wurzel!" (Bild 2). "Am 1.11.95 eröffnete Dr. Mario S***** in der O*****gasse 6 ein Institut für Zahnheilkunde. 3 Fachärzte für Zahnheilkunde sind dort tätig. Primararzt ist Dr. Mario S*****. Schwerpunkte dieses zahnmedizinischen Zentrums sind zahnärztliche Chirurgie, Zahntechnik und die ganzheitliche zahnmedizinische Betreuung des älteren Menschen." (Bild 3), "Bohrinsel in J*****" (Bild 4).

Diese Standbilder waren Teil eines Endlosbandes mit verschiedenen Berichten. Das Band wurde rund um die Uhr gesendet; ein Durchlauf nahm etwa 45 Minuten in Anspruch. Jedes der Bilder wurde etwa 30 Sekunden gezeigt. Die Bilder wurden "eine Zeit lang" gesendet.

Die Beklagten haben den Inhalt der Berichte nicht beeinflußt. Sie waren mit dem Ausdruck "Bohrinsel" nicht einverstanden. Als der Erstbeklagte vom Bericht im Kabel-TV Kenntnis erlangte, ersuchte er, die Bilder 2 und 4 herauszunehmen. Der für das Kabel-TV Zuständige teilte ihm mit, daß der Bericht über die Institutseröffnung nicht mehr im Endlosband enthalten sei.

Die Beklagten haben für die Veröffentlichung der Berichte in den "J***** Stadtnachrichten", in der "M***** Zeitung" und im Kabel-TV kein Entgelt entrichtet.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung jede Information im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes durch

a) Beiträge in Postwurfsendungen, welche an die Bevölkerung verteilt werden, zB in den "J***** Stadtnachrichten", und/oder

b) Formen der Telekommunikation, zB Informationen im Kabel-TV J*****, und/oder

c) Beiträge in Printmedien, in denen ihre Namen wiederholt und reklamehaft genannt werden,

zu untersagen.

Die Werbung der Beklagten verstoße sowohl gegen Art 3 h als auch gegen Art 5 a der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit". Die "J***** Stadtnachrichten" seien eine Postwurfsendung; die Werbung im Kabel-TV eine Form der Telekommunikation. Der Name der Beklagten werde wiederholt und reklamehaft genannt.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Der Zweitbeklagte sei nicht passiv legitimiert. Er betreibe weder das "Institut für Zahnheilkunde" noch eine eigene Praxis. Das "Institut für Zahnheilkunde" unterliege dem Steiermärkischen Krankenanstaltengesetz; die Bestimmungen des Ärztegesetzes seien nicht anzuwenden. Das Kabel-TV J***** sei ebenso wie die "J***** Stadtnachrichten" ein offizielles Organ der Gemeinde J*****. Durch die beanstandeten Berichte werde die Öffentlichkeit sachlich informiert. Auch über andere Ärzte und Ambulatorien erschienen ähnliche Berichte. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr.

Das Erstgericht verbot den Beklagten jede Information im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes durch

a) Beiträge in Postwurfsendungen, welche an die Bevölkerung verteilt werden, zB in den "J***** Stadtnachrichten", und/oder

b) Formen der Telekommunikation, zB Informationen im Kabel-TV J*****.

Darüber hinaus verbot es dem Erstbeklagten jede Information im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes durch Beiträge in Printmedien, in denen sein Name wiederholt und reklamehaft genannt wird. Das Mehrbegehren wies das Erstgericht ab.

Das Werbeverbot für Ärzte gelte auch dann, wenn sie für ein Zahnambulatorium tätig seien. Nach der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" sei die wiederholte betonte, auffällige und reklamehafte Nennung des Namens des Arztes untersagt. Im Artikel in der "M***** Zeitung" sei der Name des Erstbeklagten auffällig hervorgehoben, nicht aber der des Zweitbeklagten und der Drittbeklagten. Die Beklagten hätten sich die Berichte vor der Drucklegung vorlegen lassen müssen. Der Artikel in den "J***** Stadtnachrichten" sei allein schon durch die Überschrift ("Bohrinsel") reklamehaft aufgemacht. Der Hinweis auf die Suche nach Thermenwasser in G***** sei keine sachliche Information. Dazu komme noch, daß die "J***** Stadtnachrichten" wie eine Postwurfsendung an alle Haushalte gratis verteilt würden. Der im Kabel-TV gesendete Bericht sei wegen der Bilder 2 und 4 ebenfalls unsachlich; es handle sich dabei auch um eine Information im Wege der Telekommunikation, die nach Art 3 lit h der Richtlinie standeswidrig sei. Die Beklagten hielten an ihrer Auffassung fest, zum beanstandeten Verhalten berechtigt gewesen zu sein. Schon deshalb sei die Wiederholungsgefahr nicht weggefallen.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Sicherungsantrag zur Gänze abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dem Beschluß sei die Entscheidung 4 Ob 2228/96t zugrundezulegen. Die Hinweise auf die Behandlungsschwerpunkte des Institutes seien unaufdringlich und damit unbedenklich. Die Informationen erweckten auch nicht den Eindruck einer besonderen Exklusivität im Vergleich zu anderen. Ein reklamehaftes Herausstellen der eigenen Leistung im Sinne des Art 3 lit e der Richtlinie sei daher zu verneinen. Die Nennung des Namens der im Institut tätigen Ärzte und deren Ausbildung sei unbedenklich. Auch der humoristisch formulierte Untertitel "Dr. Mario S***** sucht zwar nicht wie in G***** nach Thermenwasser, geht aber in der ersten privaten Zahnklinik der Steiermark schlechten Zähnen an die Wurzel!" und die hervorgehobenen Überschriften "Bohrinsel nun auch in J***** errichtet" und "Bohrinsel in J*****" seien im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dem Arzt müsse nicht jegliche Werbung mit ins Auge fallenden Slogans als "marktschreierisch" verboten werden. Die Werbeslogans seien humoristisch formuliert; ihr Inhalt beeinträchtige die Standesehre nicht. Dem Arzt seien Postwurfsendungen und andere Formen der Telekommunikation nur untersagt, wenn sie von ihm selbst oder über seine Veranlassung verfaßt wurden und mit denen er unmittelbar an die Öffentlichkeit trete. Die Beklagten hätten die Informationen weder veranlaßt noch gezahlt; derartige Informationen kämen als Service allen in J***** praktizierenden Ärzten, Instituten und Ambulatorien zugute.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil keine Rechtsprechung zur Frage besteht, ob die Berichterstattung im Kabel-TV einer Gemeinde eine Form der Telekommunikation im Sinne des Art 3 lit h der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" ist; er ist auch teilweise berechtigt.

Die Klägerin verweist darauf, daß der Entscheidung 4 Ob 2228/96t ein anderer Sachverhalt zugrundeliegt. Die Information im Kabel-TV J***** sei eine andere Form der Telekommunikation im Sinne des Art 3 h der Richtlinie und daher standeswidrig. Der Name des Erstbeklagten werde wiederholt genannt und reklamehaft herausgestellt. Die "J***** Stadtnachrichten" seien eine Postwurfsendung; das zeige schon der Vermerk "An einen Haushalt P.b.b.".

Die Beklagten sind Ärzte; für sie sind daher die Bestimmungen des Ärztegesetzes maßgebend. Gemäß § 25 Abs 1 ÄrzteG idF BGBl 1992/461 hat sich der Arzt jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten. § 25 Abs 4 leg cit ermächtigt die Österreichische Ärztekammer, nähere Vorschriften über die Art und Form der im Abs 1 genannten Informationen zu erlassen.

Aufgrund dieser Verordnungsermächtigung hat die Österreichische Ärztekammer die Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" erlassen und in der "Österreichischen Ärztezeitung" vom 10.2.1993, 14-16, kundgemacht. In der "Österreichischen Ärztezeitung" vom 25.9.1996, 59-60, wurde die nunmehr geltende Fassung veröffentlicht, die sich von der bisherigen Fassung dadurch unterscheidet, daß dem Arzt in Art 4 lit g die Einrichtung einer Homepage im Internet gestattet wird; Art 4 lit g der bisherigen Fassung trägt die Bezeichnung Art 4 lit h. In der Präambel der Richtlinie wird darauf hingewiesen, daß dem Arzt bis zur Novelle 1992 grundsätzlich jede Art von Werbung verboten war. Die Änderung des § 25 ÄrzteG bringe eine Neuregelung, um dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung und der Ärzte Rechnung zu tragen. Es gelte aber weiterhin der Grundsatz, daß durch Informationen bei medizinisch ungebildeten Personen keine ungerechtfertigten Erwartungen erweckt werden dürfen (s RdM 1996, 57 - marktschreierische Werbung).

Nach Art 3 der Richtlinie liegt eine standeswidrige Information (ua) bei der Verteilung von Flugblättern und Postwurfsendungen an die Bevölkerung und anderen Formen der Telekommunikation vor (lit h). Gemäß Art 5 der Richtlinie hat der Arzt beim Umgang mit Medien Zurückhaltung zu üben. Dabei ist die wiederholte betonte, auffällige und reklamehafte Nennung des Namens untersagt (lit a).

Standeswidrig ist es daher, wenn der Arzt Flugblätter und Postwurfsendungen an die Bevölkerung verteilt (s RdM 1996, 57 - marktschreierische Werbung). Der Werbende wendet sich damit in aufdringlicher Weise an einen völlig unbestimmten Personenkreis. Die Beklagten haben keine Postwurfsendungen verteilt, sondern der Bericht über ihre Tätigkeit ist in den "J***** Stadtnachrichten" erschienen, dem amtlichen Mitteilungsblatt der Gemeinde, das "an einen Haushalt" versandt wird. Damit werden die "J***** Stadtnachrichten" nicht zu einer "Postwurfsendung" im Sinne der Richtlinien; dieser Begriff erfaßt eine bestimmte Art von Werbemitteln, deren Verwendung durch einen Arzt als standeswidrig erachtet wird, weil sich der Werbende damit in aufdringlicher Weise an einen völlig unbestimmten Personenkreis wendet. Die "J***** Stadtnachrichten" sind hingegen eine Publikation, die ein Dritter versendet, um die Bevölkerung zu informieren. Die Beklagten haben demnach keine Postwurfsendungen verteilt; das Rekursgericht hat den Sicherungsantrag insoweit zu Recht abgewiesen.

Art 3 lit h der Richtlinie erfaßt "andere Formen der Telekommunikation". Ein Kabel-TV ist eine Form der Telekommunikation; das gilt unabhängig davon, ob bewegliche Bilder oder Standbilder gezeigt werden und von wem dieses Kabel-TV betrieben wird. Auch das Kabel-TV einer Gemeinde fällt daher unter Art 3 lit h der Richtlinie. Den Beklagten hilft nicht, daß sie die Einschaltung nicht veranlaßt haben, hätten sie doch die rechtliche Möglichkeit gehabt, die Einschaltung zu verhindern. Als die Fotos aufgenommen wurden, hätten sie eine Verwendung im Kabel-TV der Gemeinde untersagen müssen. Nach den Feststellungen hat der Erstbeklagte gewußt, daß der für die "J***** Stadtnachrichten" Zuständige auch für das Kabel-TV der Gemeinde verantwortlich war. Daß dem Zweitbeklagten und der Drittbeklagten die Existenz dieser Einrichtung nicht bekannt gewesen wäre, haben sie nicht behauptet.

Ein Bericht im Kabel-TV einer Gemeinde verstößt demnach gegen Art 3 lit h der Richtlinie, weil diese Bestimmung Werbung durch Telekommunikationsmittel gänzlich ausschließt. Daß die Richtlinie damit die das Standesansehen beeinträchtigende Information des § 25 Abs 1 ÄrzteG näher bestimmt, ist unbedenklich (RdM 1996, 57 - marktschreierische Werbung).

Auch der allein noch verfahrensgegenständliche Verstoß des Erstbeklagten gegen Art 5 lit a der Richtlinie - die Klägerin hat die Abweisung ihres gegen den Zweit- und Drittbeklagten gerichteten Sicherungsantrages durch das Erstgericht unbekämpft gelassen - ist zu bejahen. Der Name des Erstbeklagten ist in der Überschrift des Berichtes in der "M***** Zeitung" und im Untertitel des Artikels in den "J***** Stadtnachrichten" deutlich hervorgehoben und er wird auch wiederholt genannt. Bereits darin liegt ein standeswidriges Verhalten; ob der Bericht selbst sachlich gehalten ist, ist entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes nicht entscheidend.

Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50, 52 Abs 1 ZPO. Die Klägerin ist mit Punkt a) ihres Sicherungsantrages gegenüber allen drei Beklagten unterlegen, mit den Punkten b) und c) ist sie gegen den Erstbeklagten, gegen den Zweitbeklagten und die Drittbeklagten ist sie nur mit Punkt b) durchgedrungen. Die Klägerin hat Punkt a) und Punkt b) mit je S 150.000,-- und Punkt c) mit S 100.000,-- bewertet. Sie hat daher gegenüber dem Erstbeklagten mit rund zwei Drittel obsiegt, mit rund einem Drittel ist sie ihm gegenüber unterlegen. Gegenüber dem Zweitbeklagten und der Drittbeklagten hat sie in erster Instanz mit rund einem Drittel obsiegt, mit rund zwei Drittel ist sie unterlegen. In zweiter und dritter Instanz hat sie gegenüber dem Zweitbeklagten und der Drittbeklagten zur Hälfte obsiegt, zur Hälfte ist sie unterlegen.

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