OGH 8Ob2320/96a

OGH8Ob2320/96a26.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer als Vorsitzende sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich G*****, Zimmerer, ***** vertreten durch Dr.Fritz Schneider und Dr.Eva Schneider, Rechtsanwälte in Bludenz, wider die beklagte Partei Hassan El M*****, Kellner, ***** vertreten durch Dr.Josef Riedmann, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 186.748 S sA und Feststellung (Revisionsinteresse 5.625 S), infolge außerordentlicher Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 17.Juli 1996, GZ 3 R 151/96x-24, womit infolge Berufung des Klägers das Zwischenurteil (richtig: Teil- und Zwischenurteil) des Landesgerichtes Feldkirch vom 12.April 1996, GZ 8 Cg 139/95h-19, teils abgeändert, teils bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Ausspruch über das Feststellungsbegehren aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 2.August 1993 befanden sich die Streitteile im Verkaufsraum einer Tankstelle in B*****. Als der Beklagte dort ein Telefongespräch führte, vermeinte der zu diesem Zeitpunkt merklich alkoholisierte Kläger, daß der Beklagte einen auf dem Apparat befindlichen Knopf bediente, um keine Kosten für dieses Gespräch zahlen zu müssen. Der Kläger war darüber erzürnt und stellte den Beklagten in aggressiver Art und Weise zur Rede. Der 1,75 m große und über 70 kg schwere Kläger faßte den 1,60 m großen und knappe 60 kg wiegenden Beklagten an dessen Oberkörper und an seinen Oberarmen und drängte ihn aus dem Verkaufsraum durch eine Türe in die angrenzende Werkstätte. Er beschimpfte den Beklagten während dieses Vorfalles und fordete ihn auf, die aufgelaufenen Telefongebühren zu bezahlen. In der Werkstatt schlug der Beklagte dem Kläger gegen dessen Kinn, wodurch dieser zu Boden stürzte. Darüber hinaus trat er mit seinem Fuß gegen die linke Gesichtshälfte des am Boden liegenden Klägers. Durch den Schlag und den Tritt gegen den Kopf bzw den Sturz erlitt der Kläger einen Bruch des linken Unterarmes im mittleren Drittel, eine massive Weichteilschwellung im Unterkieferbereich links bis zum Kieferwinkel hin, einen Bruch des rechten Unterkieferastes, eine Quetschwunde an der Unterseite des Kinns links sowie eine Hautabschürfung an der Stirn links. Die kariösen Wurzelreste der beiden Eckzähne des Unterkiefers, an denen zuvor die Zahnprothese befestigt war, mußten im Rahmen der operativen Bruchversorgung entfernt werden.

Der Kläger begehrte unter Anrechnung eines Mitverschuldens von einem Drittel die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 186.748 S sA an Schmerzengeld, Kosten einer Zahnbehandlung, Krankenhauskosten, Verdienstentgang und sonstigen Unkosten; weiters begehrte der Kläger die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen Schäden, Folgen und Nachteile aus dem "Unfall" vom 2. August 1993 zu zwei Drittel und brachte vor, daß aufgrund der erlittenen Verletzungen mit Dauer- und Spätschäden, insbesondere einer bleibenden Invalidität zu rechnen sei; weiters sei auch nach Wiederherstellung der Kaufunktion damit zu rechnen, daß der Zahnersatz nach einer gewissen Dauer erneuert werden müsse.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil (richtig: Teil- und Zwischenurteil), daß das Leistungs- und das Feststellungsbegehren dem Grunde nach im Ausmaß von drei Viertel zu Recht bestehen, wobei es ein gleichteiliges Verschulden der Streitteile annahm.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und änderte das Zwischenurteil bezüglich des Leistungsbegehrens dahin ab, daß es dem Grunde nach zur Gänze zu Recht bestehe; im übrigen, hinsichtlich des Ausspruches über das Feststellungsbegehren, gab es der Berufung nicht Folge. Weiters sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteige und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht wertete das Verschulden des Beklagten, der sich nicht auf die bloße Abwehr des Angriffes des Klägers beschränkt, sondern das Ausmaß der gerechtfertigten Verteidigung weit überschritten habe, als schwerer und eine Verschuldensteilung von 2 :

1 zu Lasten des Beklagten als angemessen. Das Leistungsbegehren bestehe daher dem Grunde nach zur Gänze zu Recht. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines Zwischenurteiles nicht vorgelegen, was aber mangels Anfechtung des diesbezüglichen Ausspruches nicht aufgegriffen werden könne. Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers könne über das Feststellungsbegehren derzeit aber auch nicht mit Endurteil abgesprochen werden, da das Erstgericht zu den vom Kläger behaupteten und vom Beklagten bestrittenen Spät- und Dauerschäden keine Feststellungen getroffen habe; aus diesem Grund habe es hinsichtlich des Feststellungsbegehrens beim Ausspruch des Erstgerichtes zu verbleiben.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über das Feststellungsbegehren richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß hinsichtlich des Feststellungsbegehrens mit Teilurteil dahin entschieden werde, daß der Beklagte dem Kläger zu zwei Drittel für sämtliche künftige Schäden, Folgen und Nachteile aus dem Vorfall vom 2.August 1993 hafte; hilfsweise wird Aufhebung und Rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht beantragt.

Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Die Revision ist zulässig und berechtigt, weil das Berufungsgericht bei Beurteilung einer Frage des Verfahrensrechtes von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.

Wie sich aus der Entscheidung SZ 45/51 ergibt, hindert die bloße Falschbezeichnung als Zwischenurteil durch das Erstgericht nicht die sachliche Entscheidung über das richtig als Teil- und Zwischenurteil zu behandelnde Urteil durch das Berufungsgericht. Da das Berufungsgericht Feststellungen zu den vom Kläger behaupteten und vom Beklagten bestrittenen Spät- und Dauerschäden für erforderlich erachtete und der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten kann (JBl 1990, 322; SZ 64/3; JBl 1992, 785 uva), waren die Entscheidungen der Vorinstanzen, soweit damit über das Feststellungsbegehren abgesprochen wurde, aufzuheben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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