OGH 9ObA138/97b

OGH9ObA138/97b25.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Wolfgang Stelzmüller und Dr.Manfred Dafert als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mary Cangaria M*****, vertreten durch Dr.Gerda Mahler-Hutter, Rechtsanwältin in Berndorf, wider die beklagte Partei Ing.Werner J*****, vertreten durch Dr.Gernot Hain, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 21.643 S netto sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 1996, GZ 9 Ra 229/96d-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 3.Mai 1995, GZ 4 Cga 108/94k-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 7.227,60 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 1.204,60 S Umsatzsteuer), sowie die mit 5.635,68 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahren (darin enthalten 609,28 S Umsatzsteuer und 1.980 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile lebten seit Anfang Mai 1993 (mit kurzen Unterbrechungen) bis 15.1.1994 in Lebensgemeinschaft. Die Klägerin war über Aufforderung des Beklagten in dessen Wohnung gezogen und verrichtete dort alle Haushaltsarbeiten und auch persönliche Betreuungsleistungen für den Beklagten.

Am 6.9.1993 schlossen die Streitteile nachstehende Vereinbarung:

"Frau Mary M***** erklärt sich bereit, Herrn Ing.W.J***** ab dem 6.9.1993 120 Stunden per Monat lt Anmeldung bei der NÖ Gebietskrankenkasse Baden um dieses Gehalt zu pflegen bis auf Widerruf.

Die Zahlung für diese Dienstleistungen erfolgt im eindeutigen Einvernehmen von Frau M*****, wenn Herr Ing.J***** das Pflegegeld zugewiesen erhält. Sollte ein abweisender Bescheid des Pflegegeldes ergehen, verzichtet Frau M***** gegenüber Herrn Ing.J***** auf alle bis dahin noch ausstehenden Ansprüche."

Mit 6.9.1993 erfolgte die Anmeldung der Klägerin als Krankenbetreuerin gegen ein monatliches Entgelt von 7.189,20 S brutto, wovon ein Betrag von 2.700 S auf Sachbezüge (freie Station) entfiel. Per 31.12.1993 wurde die Klägerin vom Beklagten abgemeldet und verließ die Wohnung am 15.1.1994. Zahlungen wurden in diesem Zusammenhang vom Beklagten an die Klägerin nicht geleistet. Wenn die Klägerin auf Zahlung drängte, vertröstete sie der Beklagte von einem Monat zum anderen.

Der Beklagte bezieht ein monatliches Einkommen in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes. Sein Begehren auf Gewährung von Pflegegeld wurde abgewiesen.

Die Klägerin begehrt die Zahlung eines Betrages von 21.643 S netto an ausständigem Lohn vom 6.9.1993 bis 31.12.1993, anteiligen Sonderzahlungen und Urlaubsabfindung. Sie sei in der angeführten Zeit beim Beklagten beschäftigt gewesen, habe jedoch keinen Lohn erhalten.

Der Beklagte beantragt die Abweisung dieses Begehrens. Er habe seine damalige Lebensgefährtin als Pflegerin angestellt, mit ihr jedoch vereinbart, daß sie ein Gehalt erst dann erhalten solle, wenn ihm das Pflegegeld bewilligt würde. Das Pflegegeld sei ihm jedoch nicht gewährt worden. Das Dienstverhältnis sei per 31.12.1993 einvernehmlich gelöst worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt erweise sich dieses als berechtigt.

Das Berufungsgericht wies über Berufung des Beklagten das Klagebegehren ab. Nach ständiger Judikatur seien während des Bestehens einer Lebensgemeinschaft erbrachte Leistungen und Aufwendungen in der Regel unentgeltlich, es sei denn, daß ein besonderer Rechtsgrund für die Entgeltlichkeit gegeben sei. Kondiktionsansprüche kämen nicht in Frage, weil kein Kondiktionsgrund, sondern die berechtigte Erwartung des unentgeltlichen Empfanges bestehe. Die Klägerin habe bereits seit Beginn der Lebensgemeinschaft sämtliche Leistungen im Haushalt für den Beklagten erbracht; ihre Tätigkeit habe sich nach Anmeldung zur Krankenkasse nicht verändert. Es ergebe sich aus den Feststellungen nicht, daß die Streitteile ernsthaft ein Dienstverhältnis begründen wollten. Da der Beklagte über ein monatliches Einkommen von nur 7.000 S verfügt habe, habe auch der Klägerin klar sein müssen, daß er nicht in der Lage sein werde, den in der Krankenkassenmeldung ausgewiesenen Betrag zu zahlen. Aus der Formulierung der Vereinbarung ergebe sich, daß der Beklagte allenfalls vorgehabt habe, der Klägerin für den Fall der Gewährung von Pflegegeld eine Zuwendung zu machen; da sein Antrag jedoch abgewiesen worden sei, brauche auf diese Frage nicht weiter eingegangen werden. Der geltend gemachte Anspruch erweise sich daher nicht als berechtigt. Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt, weil das Berufungsgericht nicht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihrem Begehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht zwar die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Entgeltlichkeit von Leistungen im Rahmen einer Lebensgemeinschaft im wesentlichen richtig wiedergegeben, bei ihrer Anwendung jedoch die Ausgestaltung des konkreten Falles unbeachtet gelassen hat. Im Hinblick auf den hier vorliegenden Sachverhalt können die zitierten Grundsätze auf diesen Fall nicht übertragen werden.

Die Revision ist auch berechtigt.

Die mangelnde Berechtigung des Begehrens der Klägerin leitet das Berufungsgericht daraus ab, daß nach seinen Schlußfolgerungen ein Arbeitsverhältnis zwischen den Streitteilen nicht begründet worden sei. Dabei läßt es aber das Vorbringen der Parteien unbeachtet.

Die Klägerin gründete ihr Begehren darauf, daß sie beim Beklagten in der fraglichen Zeit als Krankenbetreuerin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt gewesen sei. Der Beklagte brachte dazu vor, daß er die Klägerin als Pflegerin angestellt, mit ihr jedoch vereinbart habe, daß sie ihr Entgelt erst nach Gewährung des Pflegegeldes erhalten werde. Damit gehen aber beide Parteien übereinstimmend davon aus, daß in der Zeit vom 6.9.1993 bis 31.12.1993 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Davon ist daher bei der Entscheidung auszugehen, ohne daß diese Frage im Verfahren noch zu prüfen wäre.

Wird im Rahmen einer Ehe oder einer Lebensgemeinschaft zwischen den Partnern ein Arbeitsvertrag abgeschlossen, so haben die Regelungen des Arbeitsrechtes zur Anwendung zu kommen (Arb 10.269).

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin unterlag dem Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz, BGBl 1962/235 idgF (HausgG); die entgeltrechtlichen Regelungen finden sich im Mindestlohntarif Zl 53/BEA/1992-2, § 2 A Pkt 6. (Krankenbetreuerinnen). Gemäß § 3 HausgG sind die Geldbezüge im nachhinein, spätestens am Letzten des Kalendermonats zu zahlen; in jedem Fall wird das bereits verdiente Entgelt mit der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig. Gemäß § 20 HausgG können die dem Dienstnehmer aufgrund dieses Gesetzes zustehenden Rechte, soweit nichts anderes bestimmt ist, durch Kollektivvertrag, Mindestlohntarif oder Einzeldienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden. Eine während des Dienstverhältnisses oder innerhalb einer Woche nach Auflösung desselben vom Dienstnehmer abgegebene Erklärung über Entgeltansprüche ist unwirksam.

Der Entgeltanspruch wird danach unbedingt und ohne Rücksicht auf einen im voraus abgegebenen Verzicht erworben und ist ungeachtet anderslautender Vereinbarungen spätestens am Letzten jedes Monats fällig. Durch die vom Beklagten ins Treffen geführte Vereinbarung vom 6.9.1993 konnten die Entgeltansprüche der Klägerin daher nicht rechtswirksam eingeschränkt werden, so daß das erhobene Begehren zu Recht besteht. Gegen die Höhe der geltend gemachten Forderung hat der Beklagte im Verfahren nichts vorgebracht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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