Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Liegenschaft ***** KG A*****, in *****, der Antragsgegner Bauberechtigter gemäß Baurechtseinlagezahl ***** in dieser Katastralgemeinde.
Die Antragstellerin begehrte unter Berufung auf Artikel III Abs 5 BauRGNov 1900, BGBl 1990/258, die Festsetzung des angemessenen Bauzinses mit jährlich S 16.698,--, wertgesichert auf Grundlage des Index der Verbraucherpreise 1986, Bezugsgröße Juni 1991, und die Einverleibung einer Reallast in der betreffenden Baurechtseinlage zur Sicherung der Zahlungsverbindlichkeiten.
Der bisherige Bauzins habe jährlich S 9.504,-- betragen, er sei nicht wertgesichert gewesen, weil eine Wertsicherung seinerzeit unzulässig gewesen sei. Wäre dies gesetzlich erlaubt gewesen, wäre jedenfalls eine Wertsicherung vereinbart worden, da die Antragstellerin dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verpflichtet sei. Der hier geltend gemachte Anspruch auf Erhöhung des unangemessenen Bauzinses sei weder verjährt noch verfristet: Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 5 Ob 86/93 sei die Antragstellerin nach notwendiger Befassung der zuständigen Gremien mit den einzelnen Antragsgegnergruppen in Kontakt getreten, um eine vergleichsweise Bereinigung herbeizuführen. Insbesondere sollte auch mit denjenigen Baurechtsnehmern, mit denen schon vorher eine Einigung erfolgt war, eine Gleichstellung erfolgen. Die von der Antragstellerin angestrengten Verfahren seien rechtzeitig und somit gehörig fortgesetzt worden.
Es habe keine generelle Ermäßigung der Bauzinse gegeben, sondern nur individuell über Antrag eines Baurechtsnehmers.
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Erhöhungsbegehrens:
Die Antragstellerin habe eine Unangemessenheit des Bauzinses nicht dargetan. Überhaupt bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Baurechtsgesetznovelle 1990 unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes. Der derzeitige von den Baurechtsnehmern bezahlte Bauzins sei auch keineswegs unangemessen niedrig. Insbesondere hätten die Bauberechtigten die früheren Pacht- und jetzigen Baurechtsliegenschaften in brauchbaren Zustand versetzen, diesen erhalten, Bauwerke errichten und die Aufschließung in jeder Hinsicht unter eigenem Finanz- und Arbeitsaufwand durchführen müssen. Bei Ablauf des Baurechtes ziehe den überwiegenden Nutzen die Antragstellerin aus diesen Investitionen, da sie vertragsgemäß lediglich ein Viertel des dann bestehenden Wertes der Bauwerke zu leisten habe. Selbst im Falle der Erlaubtheit hätten die seinerzeitigen Parteien Wertsicherungsklauseln nicht vereinbart. Dies folge schon daraus, daß die Antragstellerin Anfang der 70-er Jahre überhöhte Bauzinse vereinbart, diese jedoch gleichzeitig ermäßigt habe, um sie dann in einer Jahre dauernden Stufenregelung wieder anzuheben. Weitergehende Wertanpassungen seien nicht in der Absicht der Antragstellerin gelegen.
Der nach Ablauf der Ruhensfrist gestellte Fortsetzungsantrag der Antragstellerin sei zu spät erfolgt und stelle keine gehörige Fortsetzung des Verfahrens dar.
Das Erstgericht gab dem Sachantrag der Antragstellerin in der Weise statt, daß es den Antragsgegner schuldig erkannte, der Antragstellerin ab Juni 1991 (gemeint ist der 21.6.1991) für die verfahrensgegenständliche Baurechtseinlage einen jährlichen Bauzins von S 16.698,--, wertgesichert nach dem Index der Verbraucherpreise 1986, Bezugsgröße Juni 1991, zu bezahlen (das die Einverleibung der Reallast zur Zahlung des wertgesicherten Bauzinses ob der Baurechtseinlage betreffende Begehren ist nach der ersatzlosen Aufhebung dieses Teils der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Rekursgericht nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens beim Obersten Gerichtshof). Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
In den 30-er Jahren führte die Antragstellerin eine Randsiedlungsaktion durch, mit der auf der Stadt Wien gehörigen Grundflächen rund 500 Siedlerstellen geschaffen werden sollten. Die Bewerber für die Siedlerstelle mußten damals erwerbslose Familienerhalter sein. Geplant war die Errichtung von Siedlerstellen a 1500 m2 mit teilweise unterkellertem Haus samt Kleintierstall und Schlagbrunnen. Die Bewerber erhielten Darlehen in der Höhe von höchstens S 4.500,-- und hatten S 500,-- an Eigenmitteln selbst zu erlegen. Sämtliche Häuser wurden von den Siedlern im freiwilligen Arbeitsdienst errichtet und die Bauparzellen wurden nach Fertigstellung verlost. Die einzelnen Siedlerstellen wurden von der Antragstellerin an die Siedler verpachtet. Die Siedler übernahmen weiters die Verpflichtung, Baurechtsverträge abzuschließen, infolge der Kriegsereignisse kam es dazu nicht mehr. In den Pachtverträgen verpflichteten sich die Siedler überdies, die Siedlerstelle zu bewirtschaften und zu erhalten. Aufschließungsverpflichtungen übernahm die Antragstellerin nicht. Nach dem zweiten Weltkrieg betrug der Pachtzins 10 Groschen pro m2 und Jahr. Erst in den 60-er Jahren kam es zum Abschluß der ersten Baurechtsverträge, denen Verhandlungen mit den jeweiligen Siedlervereinen vorangegangen waren. Auf die Ausformulierung der Verträge hatten die Siedler keinen Einfluß, es wurde mit den einzelnen Baurechtsnehmern der Vertragsinhalt auch nicht eigens verhandelt, es wurde den Baurechtsnehmern jeweils der fertige Vertrag vorgelegt, die ihn dann unterschrieben. Wäre es gesetzlich möglich gewesen, hätte die Antragstellerin damals Wertsicherungsvereinbarungen in die Verträge aufgenommen. Die Baurechtsnehmer bzw damaligen Vertragspartner der Antragstellerin und Rechtsvorgänger der nunmehrigen Baurechtsnehmer hätten bei Vertragsschluß eine Wertsicherung zum Bauzins akzeptiert, wenn eine solche in den Verträgen enthalten und gesetzlich möglich gewesen wäre. Im vorliegenden Fall wurde bei der Berechnung des Bauzinses von einem angemessenen Grundwert von S 150,-- pro m2 ausgegangen. Die gegenständliche Grundstückfläche beträgt 1584 m2. Diese Fläche wurde mit S 150,-- multipliziert, davon 4 % ergebe den dann vereinbarten Bauzins von S 9.504,--. Konkret wurde der Antrag auf Einräumung des Baurechtes mit Gemeinderatsbeschluß vom 5.7.1971 genehmigt und das Baurecht bis zum 31.12.2051 eingeräumt. In der Folge hob die Antragstellerin jedoch nicht den vereinbarten Bauzins in der vollen Höhe ein, sondern wollte aus sozialen Erwägungen die Erhöhung vom Pacht- zum Bauzins fließend gestalten: Beginnend mit dem Jahr 1973 stieg der Quadratmeterpreis alle zwei Jahre um 50 Groschen an, sodaß erst ab 1.1.1995 der volle Bauzins zur Vorschreibung gelangte.
Im Juni 1991 stellte die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Erhöhung des Bauzinses im Hinblick auf die Baurechtsgesetznovelle 1990. Beim BG Donaustadt waren sowohl in der Abteilung 7 als auch in der Abteilung 23 Verfahren über diese Anträge anhängig. Zu den Verfahren der Abteilung 23 vereinbarten die Parteien am 3.12.1993, zu denjenigen der Abteilung 7 am 27.1.1994 im Hinblick auf ein gleichgelagertes, bereits beim Obersten Gerichtshof anhängiges Verfahren des BG Döbling Ruhen des Verfahrens. Die Entscheidung des OGH (5 Ob 86/93) wurde der Antragstellerin am 31.1.1994 zugestellt. Nach Befassung der zuständigen Landes- und Stadtgremien der Antragstellerin und Besprechungen mit den befaßten Rechtsanwälten (näheres siehe in dem zu 5 Ob 119/97s bereits abgehandelten Fall) setzte die Antragstellerin die in der Abteilung 7 des BG Donaustadt anhängigen Verfahren am 13.6.1994, die in der Abteilung 23 des gleichen Gerichtes anhängigen Verfahren am 16.6.1994 fort.
In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht, daß das Verfahren nach Ablauf der Ruhensfrist rechtzeitig fortgesetzt worden sei, die Antragstellerin habe nie ein Verhalten gesetzt, aus dem die betroffenen Bauberechtigten darauf hätten schließen können, daß die Antragstellerin an der Fortsetzung des Verfahrens kein Interesse mehr habe.
In der Sache selbst lägen alle Voraussetzungen für eine Erhöhung des Bauzinses nach Art III Abs 5 der BauRGNov 1990 vor. Die Aufwertung des vereinbarten Bauzinses von S 9.504,-- ergebe unter Heranziehung des Verbraucherpreisindex I (1958 = 100) für Juni 1991 (392,8) rechnerisch den Betrag von S 24.341,--, wovon die Antragstellerin lediglich S 16.698,-- begehre. Dieser Bauzins sei auf Basis des Verbraucherpreisindexes 1986, Bezugsgröße Juni 1991, wertzusichern.
Das Rekursgericht änderte den die Erhöhung des Bauzinses betreffenden Teil der erstgerichtlichen Entscheidung bei gleichzeitiger Aufhebung eines die Zahlung des überhöhten Bauzinses betreffenden Leistungsbefehls dahin ab, daß es feststellte, der für die verfahrensgegenständliche Baurechteinlage zu entrichtende jährliche Bauzins betrage ab 1.1.1995 S 18.619,--, wertgesichert nach dem Index der Verbraucherpreise 1986, Bezugsgröße Dezember 1994.
Bei der Erhöhung des Bauzinses sei das Erstgericht dem vom Obersten Gerichtshof (5 Ob 86/93 = EvBl 1994/92 = MietSlg 45/28) vorgegebenen Verständnis der Bestimmung des Art III Abs 5 BauRGNov 1990 gefolgt. Die bis zum 31.12.1994 gewährte gestaffelte Ermäßigung des Bauzinses stehe jedoch einer durch die Baurechtsgesetznovelle ermöglichten Erhöhung vor diesem Zeitpunkt entgegen. Der Vergleich der für die Monate Juni 1991 (Antragszeitpunkt) und Dezember 1994 veröffentlichten Indexzahlen des VPI 1986 (113,0 und 126,0) ergebe, daß im konkreten Fall der ermittelte Bauzins ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Einhebungsmöglichkeit (1.1.1995) jährlich S 18.619,-- betrage. Im diesem Sinn sei daher der Sachbeschluß des Erstgerichtes abzuändern gewesen. Der Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens sei verfehlt. Mit der fristgerechten Antragstellung innerhalb der Präklusivfrist von einem Jahr (Art III Abs 7 BauRGNov 1990) habe die Antragstellerin von ihrem "Gestaltungsrecht" fristgerecht Gebrauch gemacht, sodaß es auf eine gehörige Fortsetzung im Sinne des § 1497 ABGB nicht ankomme.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Anwendung des § 1497 ABGB auf Verfahren, die innerhalb der einjährigen Präklusivfrist des Art III Abs 7 BauRGNov 1990 eingeleitet wurden, Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle.
Dagegen richtet sich der "außerordentliche" Revisionsrekurs des Antragsgegners (zitiert ist wohl ein Beschluß des Rekursgerichtes vom 21.12.1996, gemeint ist jedoch der hier vorliegende vom 17.12.1996), mit dem erkennbaren Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinn einer Abweisung des Erhöhungsbegehrens der Antragstellerin abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den angefochtenen Sachbeschluß zu bestätigen.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Oberste Gerichtshof bereits implizite zu 5 Ob 93/97f und ausdrücklich zu 5 Ob 115/97s und ähnlichen Folgeentscheidungen ausgesprochen hat, ist § 1497 ABGB auf die fragliche Präklusivfrist anzuwenden. Die Ansicht, es komme bloß auf die rechtzeitige Geltendmachung eines Gestaltungsrechtes und nicht auch auf eine gehörige Fortsetzung des Verfahrens an, wurde daher bereits abgelehnt (vgl 5 Ob 115/97s ua). Wie ebenfalls bereits ausgesprochen wurde, kommt es für die "gehörige" Fortsetzung im Sinne des § 1497 ABGB nicht so sehr auf die Dauer, als vielmehr auf die Gründe der Untätigkeit an. Hiezu hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgeführt, daß sowohl die schwierige und zeitaufwendige Entscheidungsfindung bei der antragstellenden Gebietskörperschaft als auch das Bemühen um eine Gleichbehandlung aller Bauberechtigten eine längere, auch mehrere Monate dauernde Frist für die Fortsetzung vergleichbarer Verfahren rechtfertigten (5 Ob 115/97s). Alle übrigen im Revisionsrekurs geltend gemachten Argumente wurden bereits vom Rekursgericht zutreffend widerlegt.
Auch darauf, daß in der Gewährung einer nur Teile der Vertragsdauer abdeckenden Ermäßigung des Bauzinses kein Verzicht auf eine weitere Wertsicherung des Bauzinses liegt, wurde bereits mehrfach hingewiesen. Im übrigen ist der Oberste Gerichtshof als reine Rechtsinstanz an die Feststellung, daß sich die Parteien auf eine Wertsicherung des Bauzinses geeinigt hätten, wäre dem nicht ein gesetzliches Hindernis entgegengestanden, gebunden (vgl SZ 66/139, 5 Ob 115/97s). Auf die offenbare Unangemessenheit des Bauzinses, der nur einen Bruchteil des inneren Wertes des seinerzeit vereinbarten Entgelts beträgt, wurde ebenfalls mehrfach hingewiesen (5 Ob 115/97s ua).
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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