OGH 12Os60/97 (12Os61/97)

OGH12Os60/97 (12Os61/97)19.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Juni 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber, Dr.Ratz und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Marte als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hanns H***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 31.Jänner 1997, GZ 8 d Vr 9.636/96-23, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig mit dem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Beschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Weiss, und der Verteidigerin Dr.Dornhackl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Hanns H***** wurde (1) des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB und (2) des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 2 StGB schuldig erkannt. Demnach hat er in Wien (1) mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S nicht übersteigenden Gesamtwert, nämlich (a) am 7.September 1996 acht Ribiselrouladen und zwei Kilogramm Brot sowie (b) im September 1996 in zumindest drei weiteren Angriffen jeweils fünf Semmeln Berechtigten der Firma Billa weggenommen und (c) am 10.Dezember 1996 Bargeld und einen Gaskocher der Ottilie M***** durch Einbruch wegzunehmen versucht, indem er mit einem Stein die Eingangsverglasung ihres Geschäftslokales einschlug; (2) am 8.September 1996 insgesamt 179 Zigarettenpackungen verschiedener Marken im Gesamtwert von zumindest 5.000 S, die der Verkäufer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, gekauft.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit b und 10 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der allein gegen den Schuldspruch wegen versuchten Gelddiebstahls durch Einbruch (Faktum 1 c) gerichteten Mängelrüge (Z 5) zuwider stützen sich die dazu entscheidenden Tatsachenfeststellungen keineswegs darauf, daß der Angeklagte insoweit geständig gewesen wäre. Wird doch in den Urteilsgründen (US 7 f) unmißverständlich auf die in diesem Punkt leugnende Verantwortung des Angeklagten vor Gericht eingegangen und deren Ablehnung als vor dem Hintergrund weiterer Verfahrensergebnisse nicht überzeugender Entlastungsversuch mit dem insoweit tragfähigen Hinweis auf die polizeilichen Angaben des Angeklagten begründet, wonach er aus dem Geschäftslokal einen Gaskocher zu entziehen und "in die Kassa zu schauen" trachtete (AS 47). Demnach liegt aber weder die behauptete Aktenwidrigkeit noch ein anderer formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes vor.

Der weitere Einwand (Z 10), die versuchte Wegnahme von Bargeld sei von der dem Angeklagten angelasteten Einbruchsqualifikation auszunehmen, weil der Angeklagte (vor der Polizei) den das Bargeld betreffenden Tatentschluß erst der dem Eindringen in das Geschäftslokal nachfolgenden Tatphase zugeordnet habe, setzt sich darüber hinweg, daß der Angeklagte nach den tatrichterlichen Feststellungen bereits beim Einschlagen der Geschäftsverglasung von Diebstahlsvorsatz geleitet war. Mangels umfassender Orientierung an den Tatsachengrundlagen des bekämpften Schuldspruchs verfehlt die Rechtsrüge eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes.

Fehl geht aber auch, was zum vermeintlichen Vorliegen der Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit nach § 42 StGB zu den Fakten 1 a und b vorgebracht wird (Z 9 lit b). Abgesehen davon, daß der Angeklagte in den Jahren 1988, 1994 und 1995 insgesamt viermal wegen einschlägiger Straftaten (ua auch wegen Raubes und gewerbsmäßigen Diebstahls) zu teils empfindlichen Freiheitsstrafen verurteilt wurde und dabei auch einschneidende Hafterfahrungen sammeln mußte, liegen dem hier relevierten Faktenteilkomplex insgesamt zumindest vier diebische Zugriffe zugrunde, die sich als solcherart gehäufte Rückfallstaten im Kontext einer Zuordnung zu bloß geringer Täterschuld (§ 42 Z 1 StGB) entziehen. Der Stellenwert der hier abgeurteilten strafbaren Handlungen im Längsschnitt der bisherigen Gesamtdelinquenz des Angeklagten schließt aber auch die Annahme, daß seine Bestrafung aus spezialpräventiver Sicht nicht geboten wäre (§ 42 Z 3 StGB), und damit eine weitere der kumulativen gesetzlichen Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit aus.

Der Subsumtionsrüge (Z 10) zuwider eignet sich der Tatkomplex 1 a und b auch nicht zu der angestrebten Beurteilung als Vergehen der Entwendung nach § 141 Abs 1 StGB, hinsichtlich dessen es an der Verfolgungsvoraussetzung einer entsprechenden Ermächtigung gemäß § 141 Abs 2 StGB fehle (Z 9 lit b).

Die dazu relevierte Motivation der Befriedigung eines Gelüstes setzt grundsätzlich voraus, daß der Täter durch die Tatbegehung ein eigenes im Tatzeitpunkt gegenwärtiges Bedürfnis sofort oder zumindest alsbald befriedigen will (ua Leukauf/Steininger Komm3 § 141 StGB RN 15).

Laut Schuldspruch 1 a waren Lebensmittelmengen tatgegenständlich, die schon aus der Sicht ihrer Dimension eine Bedürfnisbefriedigung im aufgezeigten Sinn ausschlossen (dazu Mayerhofer/Rieder StGB4 § 141 E 8 b, 9 a). Zum Faktum 1 b ging das Erstgericht auf der Basis entsprechend tragfähiger Verfahrensergebnisse davon aus, daß der Angeklagte die jeweils handelsüblich verpackten Teilmengen an Gebäck partiell auch zu Bevorratungszwecken an sich nahm (US 6 und 8). Mag auch eine Tatprivilegierung nach § 141 Abs 1 StGB nicht vorweg schon dadurch ausgeschlossen sein, daß die tatgegenständlichen Nahrungsmittel wegen ihrer handelsüblichen Verpackungsmenge über die gegenwärtige Befriedigung eines Gelüstes hinaus auch noch eine spätere Bedürfnisstillung ermöglichten (Leukauf/Steininger aaO), so gibt doch bei Fallkonstellationen der hier aktuellen Prägung, bei denen sowohl die sofortige Befriedigung eines gegenwärtigen Bedürfnisses als auch die Beschaffung eines Vorrates in Betracht kommt, jener Zweck den Ausschlag, der aufgrund der inneren Einstellung des Täters im Vordergrund seiner Motivation steht (SSt 49/14). Auf der Basis der tatrichterlich - wie dargelegt mängelfrei - bejahten mitbestimmenden Tatausrichtung auf späteren Warenkonsum liegen daher weder der behauptete Subsumtionsirrtum noch das daraus abgeleitete Verfolgungshindernis vor.

Schließlich trifft es auch nicht zu, daß die bekämpften Schuldsprüche auch die Tatqualifikation nach § 128 StGB mitumfaßten. Die (bloß verbale) Benennung der zutreffend nur den §§ 127, 129 Z 1 und 15 StGB unterstellten Tathandlungen als Verbrechen des "schweren" Diebstahls durch Einbruch erweist sich - mangels jedweder Konsequenz für den aktuellen Strafsatz - als nach Lage des Falles rechtlich unbedeutendes Bezeichnungsversehen (Mayerhofer StPO4 § 260 E 97 b).

Die insgesamt nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28 Abs 1, 129 StGB (unter Anrechnung der erlittenen Vorhaft gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB) zehn Monate Freiheitsstrafe, wobei es die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Wiederholung der diebischen Angriffe als erschwerend, das Teilgeständnis, die Zustandebringung des verhehlten Gutes und den bloßen Versuch beim Einbruchsdiebstahl hingegen als mildernd wertete.

Mit - gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO zugleich gefaßtem - Beschluß widerrief das Erstgericht die zu AZ 42 BE 201/95 des Landesgerichtes Salzburg (bei einem offenen Strafrest von sieben Monaten) ausgesprochene bedingte Entlassung des Angeklagten aus früheren Freiheitsstrafen.

Der gegen den Strafausspruch erhobenen Berufung des Angeklagten kommt ebensowenig Berechtigung zu wie seiner Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß.

Soweit der Angeklagte eine Strafreduktion im wesentlichen mit der Begründung anstrebt, die Taten aus wirtschaftlicher Not bzw unter dem Einfluß einer leichten Alkoholisierung verübt zu haben, läßt er die hier primär entscheidenden Grundlagen der Strafzumessung unberührt. Abgesehen davon, daß der Aufwendung - zumal knapper - finanzieller Mittel für Alkoholkonsum hinsichtlich der diebischen Entziehung von Grundnahrungsmitteln kein faßbar mildernder Aspekt zu entnehmen wäre, erweist sich das in erster Instanz ausgesprochene Strafausmaß bei angemessener Berücksichtigung des Vorlebens des Angeklagten und der nunmehr abgeurteilten Deliktshäufung wie auch der tatfördernden Lebenssituation als sachgerecht und dem Berufungsstandpunkt zuwider nicht überhöht.

Dem Erstgericht ist aber auch dahingehend beizupflichten, daß sich der Widerruf der dem Angeklagten gewährten bedingten Entlassung aus spezialpräventiven Gründen als unabdingbar geboten erwies.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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