Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 16 (sechzehn) Jahre erhöht.
Der Angeklagte wird mit seiner Berufung wegen des Strafausspruchs darauf verwiesen.
Seiner Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der Angeklagte Johann O***** der Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (1.) und des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB (2.) schuldig erkannt.
Danach hat er (zusammenfassend wiedergegeben) am 6.Juli 1996 in Gallneukirchen dadurch, daß er Benzin in einem Wohnzimmer des seiner Ehefrau und ihm gehörenden Hauses, in dem sich seine Gattin befand, verschüttete und entzündete, wodurch das Obergeschoß des Hauses in Brand geriet,
1. an einer fremden Sache, nämlich dem im Miteigentum der Hannelore O***** stehenden Haus in Alberndorf, Grasbach 20, ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, und
2. Hannelore O***** vorsätzlich zu töten versucht.
Die Geschworenen haben die (anklagekonformen) Hauptfragen nach dem Verbrechen der Brandstiftung (Hauptfrage 1) und nach dem Verbrechen des versuchten Mordes (Hauptfrage 2) bejaht. Die nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 2 zu beantwortenden Eventualfragen (fortlaufende Zahlen 3 bis 6) nach versuchtem Totschlag (§§ 15, 76 StGB), nach absichtlicher schwerer Körperverletzung (§ 87 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB), nach schwerer Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1, 85 Z 2 zweiter Fall und Z 3 erster Fall StGB) und nach schwerer Körperverletzung (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB) blieben folgerichtig unbeantwortet. Die Zusatzfrage, ob der Angeklagte im Tatzeitpunkt zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) gewesen ist (fortlaufende Zahl 7), wurde verneint. Demgemäß unterblieb auch die Beantwortung der nur für den Fall der Bejahung der Zusatzfrage zu beantwortenden Zusatzfragen (richtig: Eventualfrage) nach Begehung der Taten im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB; vgl S 103 ff/II).
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch unbegründet ist.
Entgegen der Fragestellungsrüge (Z 6) war auf Grund der Verantwortung des Angeklagten die Stellung einer Eventualfrage (zur Hauptfrage 1) nach fahrlässiger Herbeiführung einer Feuersbrunst nach § 170 Abs 1 (§ 169 Abs 1) StGB nicht indiziert.
Der Angeklagte hat sich im Verfahren gleichbleibend damit verantwortet, er sei im Verlauf eines heftigen, eskalierenden Streites mit seiner Gattin schließlich derart in Wut geaten, daß er nach dem von ihm vorerst nur zu Einschüchterungszwecken vorgenommenen Verschütten von Benzin im Wohnzimmer seines Hauses schließlich unmittelbar vor dem Entzünden des Benzin-Luftgemisches "sich nicht mehr unter Kontrolle hatte, ... ihm alles wurscht war" (Gendarmerieaussage S 37, 39/I), ein "black-out" hatte und daher "beim besten Willen nicht mehr sagen könne, was damals in ihm vorgegangen sei" (Beschuldigtenvernehmung vor dem Untersuchungsrichter S 61/I iVm S 40/II), "einfach an gar nichts gedacht habe, weil ihm die Sicherungen durchgebrannt seien, nie aber an ein so großes Ausmaß der "Brand"-Folgen geglaubt habe" (Hauptverhandlung S 9, 18/II).
Mit dieser Verantwortung behauptet er aber ausschließlich das durch einen hochgradigen Affekt bewirkte völlige Fehlen seiner Schuldfähigkeit zur Tatzeit. Dieser Verantwortung hat der Schwurgerichtshof ohnehin durch Stellung der Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) Rechnung getragen. Anhaltspunkte für eine allenfalls gegebene Fahrlässigkeitsschuld bot diese Verantwortung dagegen nicht, weil bei einem aufgrund äußerer Umstände herbeigeführten völligen Aussetzen der Verstandes- und Willenstätigkeit objektiv sorgfaltswidriges Verhalten subjektiv nicht zugerechnet werden könnte. Die als fehlend reklamierte Schuldfrage war sohin nicht indiziert.
Entgegen der Instruktionsrüge (Z 8) ist auch die den Geschworenen vom Vorsitzenden erteilte schriftliche Rechtsbelehrung (§ 321 StPO) zum (für die Tatbestände der beiden Hauptfragen jeweils hinreichenden) bedingten Vorsatz weder unvollständig noch unrichtig. Vielmehr werden die gesetzlichen Kriterien dieser Vorsatzform sowie die Abgrenzungskriterien zur bewußten und unbewußten Fahr- lässigkeit in einer für die Geschworenen leicht faßlichen Form richtig dargelegt (S 57 bis 60/II).
Dem Beschwerdevorbringen zuwider war der Vorsitzende auch bei Darlegung der bewußten Gleichgültigkeit (vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 5 RN 17) nicht verhalten, die Geschworenen in der schriftlichen Rechtsbelehrung ergänzend auch darüber zu unterrichten, daß die Hilfskonstruktion "Na, wenn schon" mit der Verantwortung des Angeklagten, daß ihm alles "wurscht" gewesen sei, nicht gleichgesetzt werden könne. Gegenstand der Rechtsbelehrung können nämlich nur rechtliche, nicht aber tatsächliche Umstände sein, die nur für die Beweiswürdigung von Bedeutung sind. Die Zurückführung der in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale auf den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalt ist vielmehr Sache der nach § 323 Abs 2 StPO abzuhaltenden Besprechung (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 8 E 14).
Schließlich wurde in der Rechtsbelehrung auch unmißverständlich klargelegt, daß für die Annahme eines bedingten Tatvorsatzes bloße Gleichgültigkeit im Sinne einer inneren Teilnahmslosigkeit nicht genügt (ÖJZ-LSK 1978/160), sondern insoweit ein auf die Tatbildverwirklichung bezogener positiver Willensentschluß des Täters vorausgesetzt wird (vgl S 57, 60/II).
Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 75 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Jahren. Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen sowie die schweren Tatfolgen bei Hannelore O*****, als mildernd hingegen das Geständnis des Tatsächlichen, eine mäßiggradige Reduktion der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit, den Umstand, daß der Mord beim Versuch blieb, das Anerkenntnis eines Teils des beanspruchten Schmerzengeldes und schließlich, daß die Tat Ausfluß einer langzeitigen subjektiv empfundenen Benachteiligung bzw Ausgrenzung vom Familienverband gewesen sein dürfte.
Den Strafausspruch bekämpfen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft. Ersterer strebt eine Reduktion, zweitere die Erhöhung des Strafausmaßes an.
Nur die Berufung der Staatsanwaltschaft ist berechtigt.
Die aufgezählten Strafzumessungsgründe bedürften vorerst einer Korrektur. Dem Angeklagten ist nämlich, weil zwischenzeitlich die (einschlägige) Vorstrafe getilgt wurde, ein untadeliger Wandel zugute zu halten (15 Os 97/96; 15 Os 204,205/96). Im Ergebnis ist jedoch für ihn damit nichts zu gewinnen, weil das Geschworenengericht zu Unrecht eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit als mildernd angenommen hat, beruht diese doch - ebenso wie die ebenfalls zu Unrecht als mildernd gewertete subjektiv empfundene negative Einstellung der Familienmitglieder ihm gegenüber - auf ihm vorzuwerfenden wiederholten Alkoholmißbrauch. Bloß marginal zugunsten des Angeklagten schlägt sein Beitrag zur Wahrheitsfindung aus (Leukauf/Steininger Komm3 § 34 RN 26); das (überdies nur teilweise) Anerkenntnis einer Schadenersatzverpflichtung stellt überhaupt keinen besonderen Milderungsgrund dar (Leukauf/Steininger aaO RN 23).
Unter Berücksichtigung der nun korrigierten Strafzumessungsgründe und der überaus schweren - für das Tatopfer voraussichtlich lebenslang währenden - Tatfolgen, nämlich der langen qualvollen Schmerzen des Tatopfers, dessen nach wie vor hilflosen Zustandes und seiner schwersten Verunstaltungen - in diesem Zusammenhang sind die Berufungsgegenausführungen, es liege ein atypisch leichter Fall des Deliktstypus Mord vor, nicht nachvollziehbar - und sohin von besonders schweren Unrechtsfolgen ist die verhängte Freiheitsstrafe nicht nur einer Reduktion unzugänglich, sondern bedarf einer dem hohen sozialen Störwert und der beträchtlichen, durch nichts geminderten personalen Täterschuld einer ins Gewicht fallenden Erhöhung.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft war demnach Folge zu geben und der Angeklagte somit mit seiner Berufung wegen des Strafausspruches hierauf zu verweisen.
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte desweiteren schuldig erkannt, der Privatbeteiligten Hannelore O***** ein (vorläufiges Teil-)Schmerzengeld von 600.000 S und einen (Teil-)Ersatz für den Sachschaden (durch den Brand) von 100.000 S zu bezahlen.
Die Zusprüche des Schmerzengeldes über einen anerkannten Betrag von 300.000 S hinaus sowie des gesamten Sachschadenersatzes von 100.000 S bekämpft der Angeklagte, indem er einerseits behauptet, hiezu nicht nach § 365 Abs 2 StPO vernommen worden zu sein, und andererseits, daß die Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht ausreichen würden, die Höhe dieser Beträge zu rechtfertigen.
Zu erstem Einwand genügt es, auf Seiten 3 bzw 39 des Hauptverhandlungsprotokolls, hinsichtlich des zweiten auf die oben erwähnten und auch aus den Akten ersichtlichen schwersten Folgen beim Tatopfer und die Brandschäden an dem im Miteigentum des Opfers stehenden Haus hinzuweisen. Danach kann aber an der Angemessenheit der (Teil-)Forderungen nicht der geringste Zweifel bestehen.
Sohin war auch der Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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