OGH 5Ob186/97g

OGH5Ob186/97g10.6.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Baumann, Dr.Prückner und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Harry V*****, Kellner, ***** vertreten durch Mag.Martin Neuburger, Funktionär der Mietervereinigung Österreichs, Landesorganisation Wien, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, wider die Antragsgegnerin Edith H*****, im Haushalt, ***** vertreten durch Dr.Brigitte Weiser und Dr.Hellmut Weiser, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 308.500,-- (§ 37 Abs 1 Z 6 iVm § 10 MRG), infolge der Revisionsrekurse des Antragstellers und der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Jänner 1997, GZ 40 R 618/96w-50, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 17.Juli 1996, GZ 5 MSch 199/94f-46, teilweise als nichtig aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß, soweit damit der Sachbeschluß des Erstgerichtes im Umfang der Abweisung eines Betrages von S 45.912,-- als nichtig aufgehoben wurde, als nichtig ersatzlos beseitigt, sodaß der Spruch zu lauten hat:

"1. Der erstgerichtliche Sachbeschluß, der hinsichtlich eines Zuspruches von S 45.912,-- sA, der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 186.837,-- sA, sowie im Umfang des Zuspruchs eines Betrages von S 2.086,25 an Barauslagen als unbekämpft unberührt bleibt, wird als nichtig aufgehoben, soweit über ein Begehren von S 75.751,-- sA im Außerstreitverfahren entschieden wurde.

Die Kosten des nichtigen Verfahrens und des Rekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

2. Das Begehren auf Zahlung des Betrages von S 75.751,-- sA ist im streitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen."

Text

Begründung

Mit seinem zunächst bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag begehrte der Antragsteller als ehemaliger Mieter der Wohnung *****, von der Antragsgegnerin als ehemaliger Vermieterin dieses Objektes die Bezahlung von S 308.500,-- als Ersatz von Aufwendungen, die er zur wesentlichen Verbesserung gemacht habe und die über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen seien. Der Antragsteller habe das Bestandobjekt am 1.3.1991 zurückgestellt, am selben Tage seien von der Hausverwaltung die Wohnungsschlüssel übernommen worden.

Die Antragstellerin bestritt den Anspruch des Antragstellers. Mangels Rechnungsvorlage liege keine ordnungsgemäße Aufforderung im Sinn des § 10 Abs 4 MRG vor. Darüber hinaus hätten die vom Antragsteller behaupteten Aufwendungen nicht nur keinen über die Mietdauer hinaus wirksamen Nutzen bewirkt, sondern infolge unfachmännischen und bauordnungwidrigen Vorgehens zur derzeitgen Unvermietbarkeit und Unverwertbarkeit des Mietobjektes geführt.

Das Erstgericht erkannte mit Sachbeschluß die Antragsgegnerin für schuldig, dem Antragsteller S 45.912,-- samt 4 % Zinsen seit 2.3.1991 und S 2.086,25 an Verfahrenskosten zu bezahlen, das Mehrbegehren von S 262.588,-- sA wies es ab. Es ging dabei von folgenden wesentlichen Feststellungen aus: Der Antragsteller war Hauptmieter der Wohnung 1150 Wien, Märzstraße 110/33. Er trat aufgrund eines vertraglichen Weitergaberechts des Vormieters in dessen Mietvertragsverhältnis ein und stellte die Wohnung am 1.3.1991 an die Antragsgegnerin zurück. Die vom Antragsteller getätigten, über das Bestandverhältnis hinaus einen Nutzen bewirkenden Aufwendungen wurden für nachstehende Verbesserungen getätigt, die am 1.3.1991 Restwerte hatten, wie folgt:

Gasinstallation S 8.613,--

Elektroinstallation S 12.169,--

Abwasserleitung S 9.734,--

Wasserinstallation S 8.761,--

Badewasse und Waschbecken S 2.434,--

Wandverkleidung mit

Gipskartonplatten, Dispersionsanstrich

und Einbau von Glasbausteinen S 3.651,--

Antennenstecker und Kabel S 550,--

Zusammen S 45.912,--

Mit Schreiben vom 20.2.1992 machte der Antragsteller seinen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen der Antragsgegnerin gegenüber geltend und nannte einen Nachmieter, der bereit war, die vom Antragsteller getätigten Investitionen zu ersetzen.

In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht, daß gemäß Art V Abs 3 Z 1 des 2. WÄG die Ansprüche des Antragstellers nach § 10 MRG im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen seien, weil infolge Rückstellung des Mietobjektes am 1.3.1991 die Ansprüche erst am 2.3.1991 fällig geworden seien. Da die Investitionen des Antragstellers nach dem 31.12.1981 und vor dem 1.3.1991 vorgenommen worden seien, sei gemäß Art V Abs 3 Z 1 lit c des 2. WÄG die Vorlage von Rechnungen noch nicht Anspruchsvoraussetzung. Der über die Dauer des Mietverhältnisses hinaus andauernde Nutzen durch die vom Antragsteller getätigten Verbesserungen stellte einen Wert von S 45.912,-- dar und sei in dieser Höhe ersatzfähig.

Das mit Rekurs des Antragstellers angerufene Rekursgericht hob 1. aus Anlaß des Rekurses den erstgerichtlichen Sachbeschluß, der hinsichtlich eines Zuspruchs von S 45.912,-- sA, der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 140.925,-- sA sowie im Umfang des Zuspruchs eines Betrages von S 2.086,25 an Barauslagen als unbekämpft unberührt bleibe, im Umfang von S 121.663,-- sA als nichtig auf, hob die Kosten des nichtigen Verfahrens und des Rekursverfahrens gegeneinander auf und sprach 2. aus, daß das Begehren auf Zahlung dieses Betrages von S 121.663,-- sA im streitigen Verfahren zu behandeln und zu erledigen sei. Aus der Formulierung im Einleitungssatz des Art V Abs 3 Z 1 des 2. WÄG ("nach dem 1.3.1991 fällig geworden.....") ergebe sich, daß vor dem 2.3.1991 fällig gewordene Ansprüche auch nach dem 2.3.1991 mittels Klage geltend zu machen sein. Der Zeitpunkt der Fälligkeit eines Anspruchs nach § 10 Abs 5 MRG richte sich danach, wann dieser gerichtlich geltend gemacht werden hätte können. Der Antragsteller habe am 20.2.1991 den Ersatz der Aufwendungen begehrt und gleichzeitig einen Nachmieter namhaft gemacht, der bereit gewesen sei, die Investitionen zu ersetzen. Am 1.3.1991 habe der Antragsteller die Wohnung zurückgestellt. Gemäß § 903 Satz 1 ABGB sei die Fälligkeit des Anspruchs des Antragstellers mit 1.3.1991, somit vor dem 2.3.1991, fällig geworden. Soweit nicht Heilung durch Rechtskraft eingetreten sei, seien das vom Erstgericht durchgeführte Verfahren und die Entscheidung des Erstgerichtes nichtig, weil die Ansprüche im streitigen Verfahren mittels Klage geltend gemacht hätten werden müssen. Als rechtkräftig erachtete das Rekursgericht den Zuspruch eines Betrages von S 45.912,-- sA sowie die Abweisung eines Betrages von S 140.925,-- sA, da der Rekursantrag auf die Zuerkennung weiterer S 121.663,-- sA gerichtet sei.

Gegen diese Entscheidung richten sich Revisionsrekurse beider Streitteile; derjenige des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen; die Antragsgegnerin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Rekursgericht, allenfalls an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist nicht berechtigt, derjenige der Antragsgegnerin teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem zweiten Wohnrechtsänderungsgesetz, BGBl 1991/68, welches

gemäß seinem Art V Abs 1 mit 1.3.1991 in Kraft trat, wurde die

Geltendmachung der Ansprüche nach § 10 MRG ins Außerstreitverfahren

verwiesen (§ 37 Abs 1 Z 6 MRG), ausgenommen solche, die am 1.3.1991

entweder schon gerichtsanhängig (Art V Abs 3 Z 3 des 2. WÄG) oder

aber zumindest im Sinne des § 10 Abs 4 MRG vor dem oder am 1.3.1991

fällig waren (Art V Abs 3 Z 2 leg cit; Würth-Zingher WR 91 Anm 1 zu §

37 MRG; Hanel, Aufwandsersatz gemäß § 10 MRG - Übergangsregelung im

2. WÄG, WoBl 1991, 98, 100). Die vorgenannte Auslegung, wonach sich

der Zeitpunkt der Fälligkeit danach bestimmt, wann der Anspruch im

Sinne des § 10 Abs 5 MRG gerichtlich geltend gemacht werden kann,

wurde vom Obersten Gerichtshof bereits ausdrücklich gebilligt (WoBl

1992/9; EWR I/10/1). Gemäß der Übergangsbestimmung des Art V Abs 3 Z

1 lit a 2. WÄG sind § 10 und § 37 Abs 1 Z 6 der MRG idF des 2. WÄG

auf solche Ansprüche auf Ersatz für Aufwendungen auf eine Wohnung

anwendbar, die vor dem 1.1.1982 oder nach dem 28.2.1991 vorgenommen

wurden, wenn die Ansprüche nach dem 1.3.1991 fällig wurden. Im

Revisionsrekursverfahren unstrittig ist, daß der Ersatz nur noch

solcher Aufwendungen begehrt wird, die zwischen diesen beiden

Zeitpunkten getätigt worden sein sollen. Gemäß Art V Abs 3 Z 2 WÄG

sind daher § 10 und § 37 Abs 1 Z 6 des MRG idF des 2. WÄG für die

noch strittigen Ansprüche nach § 10 MRG nicht anzuwenden. Vielmehr

ist für den Aufwandersatz § 10 aF MRG maßgeblich (Hanel aaO 100,

101), wonach die Vorlage von Rechnungen nicht Anspruchsvoraussetzung

war. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen kann daher kein

Zweifel daran bestehen, daß der Anspruch des Antragstellers am

1.3.1991, wie schon das Rekursgericht unter richtiger Anwendung der

Bestimmung des § 903 ABGB erkannte, und nicht erst nach dem 1.3.1991

fällig geworden ist. Zutreffend hat daher das Rekursgericht, soweit

nicht eine Heilung durch Rechtskraft eingetreten ist, die

Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges für die Geltendmachung

der verbliebenen Anspruchsteile sowie die daraus erwachsene

(Teil-)Nichtigkeit (EFSlg 23.502; Fasching ZPR2 Rz 113) wahrgenommen.

Insoweit ist der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht

berechtigt.

Der Antragsteller vermeint in seinem Revisionsrekurs, daß eine

"Heilung gemäß § 104 Abs 3 JN" eingetreten sei und das Rekursgericht

daher eine Sachentscheidung zu treffen gehabt hätte. Der Rekurswerber

übersieht hiebei, daß nach § 104 Abs 3 JN lediglich die Heilung einer

unprorogierbaren Unzuständigkeit erfolgen kann, während die Verschiebung der Grenzen zwischen streitiger und außerstreitiger Gerichtsbarkeit der Parteiendisposition grundsätzlich entzogen ist (Fasching ZPR2 Rz 113).

Das Rechtsmittel des Antragstellers muß daher erfolglos bleiben.

Zutreffend rügt hingegen die Antragsgegnerin eine Verletzung der

durch mangelnde Bekämpfung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses

eingetretenen Teilrechtskraft. Die Revisionsrekurswerberin rügt

diesen Umstand wohl nur unter dem Rekursgrund der "Aktenwidrigkeit", doch führt eine durch Überschreitung der Rechtsmittelanträge bewirkte Mißachtung der Teilrechtskraft zur - amtswegig wahrzunehmenden - Nichtigkeit (Kodek in Rechberger ZPO § 503 Rz 2 mwN). Aus dem vom Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs geht trotz der eingangs des Rechtsmittels erstatteten Rekurserklärung, "den bezirksgerichtlichen Sachbeschluß seinem Inhalt nach zu bekämpfen", aufgrund der Rekurserzählung (AS 251 f) deutlich hervor, daß nicht nur der Zuspruch des Teilbetrages von S 45.912,-- sA unbekämpft bleibt, sondern der Rekursantrag auch nur auf die Zuerkennung eines weiteren Betrages von S 75.751,-- gerichtet ist. Daraus folgt, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes mangels Anfechtung sowohl im Umfang der Zuerkennung von S 45.912,-- sA als auch einer Abweisung von S 181.837,-- sA (und nicht nur, wie vom Rekursgericht angenommen, S 140.925,-- sA) in Rechtskraft erwachsen ist. In der Nichtigerklärung des Sachbeschlusses in einem S 75.751,-- übersteigenden Umfang liegt daher ein Verstoß des Rekursgerichtes gegen die Teilrechtskraft, sodaß dieser Teil des angefochtenen Beschlusses als nichtig ersatzlos zu beheben war.

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