Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Soweit angefochten wurde - neben den Mitangeklagten Simon St***** und Michael L***** - der Angeklagte Bernhard B***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster Fall SGG (A/I/2 des Urteilssatzes) schuldig erkannt und zu 20 Monaten Freiheitsstrafe sowie gemäß § 13 Abs 2 SGG (aF) zu einer Wertersatzstrafe von 140.000 S verurteilt.
Rechtliche Beurteilung
Ihm liegt zur Last, von Anfang 1996 bis Mitte September 1996 in Wien gewerbsmäßig durch den wiederholten Verkauf von insgesamt mindestens 90 Gramm Heroin (30 % Reinsubstanz - US 12) und rund 80 LSD-Trips an Simon St***** und unbekannte weitere Abnehmer den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt zu haben.
Die aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, in der er sich mit den beiden erstbezeichneten Nichtigkeitsgründen ausschließlich gegen die Annahme einer - die von ihm zugestandenen - 60 Gramm übersteigenden Menge des in Verkehr gesetzten Heroins wendet, wirft zunächst die Frage auf, ob sie angesichts der Tatsache, daß die maßgebliche Grenzmenge von 1,5 Gramm Reinsubstanz Heroin hier jedenfalls nicht nur erreicht, sondern weit überschritten worden ist, insoweit einen entscheidenden Tatumstand betrifft und daher auf sie überhaupt einzugehen ist.
Dazu vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Auffassung, daß als entscheidende Tatsachen nur jene anzusehen sind, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß pben (Mayerhofer StPO4 E 26 zu § 281 Abs 1 Z 5 uva). Dies führt - ähnlich wie bei in mehreren Angriffen begangenen wert- oder schadensqualifizierten Delikten zufolge des Zusammenrechnungsgrundsatzes (§ 29 StGB) - bei einem in mehreren Teilhandlungen iS einer fortlaufenden Tatbestandsverwirklichung begangenen Suchtgiftverbrechen zufolge des damit verbundenen Additionseffektes (Mayerhofer/Rieder Nebengesetze3 E 16 zu § 12 SGG) dazu, daß den jeweiligen Suchtgift-Teilmengen dann keine entscheidende Bedeutung zukommt, wenn die Summe dieser Teilmengen als große (§ 12 Abs 1 SGG) bzw übergroße (§ 12 Abs 3 Z 3 SGG) Menge anzusehen ist und sich somit an der rechtlichen Gesamtbeurteilung der Einzelakte durch eine allfällige Reduktion einzelner Teilmengen nichts änderte.
Wenn allerdings in einer Nichtigkeitsbeschwerde nicht bloß das Ausmaß einer Suchtgift-Teilmenge, sondern die Begehung des betreffenden Teilaktes überhaupt bestritten wird, dann kann diesem Einwand die Relevanz nicht abgesprochen werden. Es ist mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar, den Schuldspruch wegen eines solchen, tatsächlich nicht begangenen Teilaktes nur deshalb bestehen zu lassen, weil auch bei dessen Wegfall die rechtliche Gesamtbeurteilung unverändert bliebe (idS vgl EvBl 1984/163 und die Anm hiezu bei Mayerhofer StPO4 E 31 a zu § 281; zur Anfechtbarkeit von Einzelangriffen bei wert- und schadensqualifizierten Delikten vgl Mayerhofer StPO4 E 20 zu § 281 Abs 1 Z 5). Darüber hinaus ist eine Mengenanfechtung - trotz schuldspruchbezogener Irrelevanz - auch dann zulässig, wenn davon die ermessensentzogenen tatsächlichen Grundlagen der Berechnung einer Wertersatzstrafe betroffen sind (vgl JBl 1994, 835).
Da letzteres hier der Fall ist, erweisen sich sowohl die erhobene Mängel- (Z 5) als auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) als zulässig.
Sie sind jedoch nicht begründet.
In seinen undifferenzierten Ausführungen moniert der Beschwerdeführer, daß die Tatrichter, gestützt auf seine Angaben bei der Gendarmerie am 23.September 1996 (S 335 ff/I), er habe ca 60 bis 80 Gramm Heroin an Bekannte aus Wien und aus dem Waldviertel verkauft, zu Unrecht über die namentlich an Simon St***** veräußerte Menge von 40 Gramm hinaus zu einer auch noch an andere Personen veräußerten Mindestmenge von 50 Gramm, sohin zu insgesamt 90 Gramm, Heroin gelangt seien.
Aus dem Protokoll über diese Vernehmung ergibt sich, daß der Beschwerdeführer zunächst zugab, in der Zeit zwischen Juni 1996 und Mitte September 1996 an einige Bekannte aus Wien und dem Waldviertel insgesamt 60 bis 80 Gramm Heroin veräußert zu haben, worauf er "über Vorhalte" deponierte, "auch an Simon St***** .... Heroin, LSD und Ecstasy verkauft" zu haben, und zwar an Heroin "ca 30 - 40 Gramm" (S 337/I). Mit seinen Einwänden versucht der Beschwerdeführer seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung zum Durchbruch zu verhelfen, er habe insgesamt nur 60 Gramm Heroin an andere veräußert und anläßlich der erwähnten Gendarmerievernehmung zum Ausdruck bringen wollen, daß die an St***** veräußerte Heroinmenge in den damals eingestandenen ca 60-80 Gramm Heroin enthalten sei. Er übersieht jedoch mit seiner isoliert auf eine einzelne Passage der Urteilsgründe gerichteten Argumentation, daß die Tatrichter ihre Feststellungen bezüglich der in Verkehr gesetzten Suchtgiftmengen erkennbar (US 9 f) nicht bloß auf seine Angaben bei der Gendarmerie stützten, sondern darüber hinaus auf seine sonstigen Einlassungen im Verfahren und auf die belastenden Angaben des Mitangeklagten St*****, der sogar von noch höheren Heroinmengen sprach, die der Angeklagte veräußert haben soll (S 118 ff, 133/II).
Dabei ist die Schlußfolgerung des Erstgerichtes, der Angeklagte habe mit seinen Angaben bei der Gendarmerie - seiner späteren Darstellung in der Hauptverhandlung zuwider - die Veräußerung von 30-40 Gramm Heroin an St***** zuzüglich der Veräußerung von 60-80 Gramm Heroin an andere gemeint, logisch und empirisch einwandfrei. Sie wird im übrigen durch die Einlassung des Beschwerdeführers beim Untersuchungsrichter nur zwei Tage später, nämlich am 25.September 1996 (S 353/I, ON 19), er habe 60 bis 70 Gramm Heroin "an die Freunde von Simon St***** aus dem Waldviertel" verkauft, sowie "an Simon St***** ca 30-40 Gramm" (S 355/I), die ihrem Inhalt nach eindeutig zwei getrennt und daher zu summierende Veräußerungskomplexe darstellen, nahegelegt. Diese Angaben, die dem Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vorgehalten worden waren (S 134, 136/II; s aber auch Verlesung S 148/II), haben dadurch, daß sich das Schöffengericht generell mit der die Heroinmenge betreffend wechselnden Verantwortung des Beschwerdeführers auseinandersetzte, ersichtlich auch in die erstrichterliche Beweiswürdigung Eingang gefunden.
Den Beschwerdeausführungen zuwider bewirkt die im Urteil unterbliebene Erörterung der Aussage des Zeugen Insp.Kurt K*****, der die Vernehmung des Beschwerdeführers am 23.September 1996 durchgeführt hatte, keine Unvollständigkeit der Urteilsgründe. Denn die Angaben des Zeugen, wonach er "glaube" (AS 138/II), daß nach jener Aussage des Beschwerdeführers die angeblich an St***** veräußerten 30-40 Gramm in der ersterwähnten Menge von 60-80 Gramm inkludiert gewesen seien, waren als bloße Darlegung einer subjektiven Interpretation - dem gesetzlichen Auftrag zur gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) entsprechend - nicht erörterungsbedürftig.
Der vom Beschwerdeführer - verfehltermaßen im Rahmen der Rechtsrüge - bemängelte Widerspruch der Feststellungen zum Beginn des Deliktszeitraumes (sachlich Z 5) kann als im Sinne der einleitenden Ausführungen nicht entscheidend auf sich beruhen.
Nach Prüfung des weiteren Beschwerdevorbringens an Hand der Akten ergeben sich gegen die kritisierten Mengenfeststellungen auch keine erheblichen Bedenken (Z 5 a).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie sich mit ihrem Einwand fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht am gesamten Urteilssachverhalt orientiert, in dem nach der Darstellung des Tatverhaltens in Verbindung mit der konstatierten Absicht des Beschwerdeführers, sich durch den wiederkehrenden Verkauf von Suchtgift eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, alle subjektiven Tatbestandskomponenten deutlich genug zum Ausdruck gebracht worden sind.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten Bernhard B***** und Michael L***** (§ 285 i StPO), wobei dem Rechtsmittel des Letztgenannten auch iS des dritten Satzes des § 498 Abs 3 StPO Beachtung zu schenken sein wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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