Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß sich die gewerbsmäßige Absicht der Angeklagten bei den dem Schuldspruch laut den Punkten A/I und II/2 des Urteilssatzes zugrunde liegenden Betrugshandlungen nicht auf die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien bezogen hat, in der rechtlichen Beurteilung aller Betrugstaten (A) lediglich nach § 148 erster Fall StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das mehrere unangefochten gebliebene weitere Schuldsprüche (Urteilsfakten B bis F) und einen rechtskräftigen Freispruch enthält, wurde Edeltraud G***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 erster Fall und 15 StGB schuldig erkannt (Punkt A).
Darnach hat sie in Wien in der Zeit von November 1993 bis Juni 1996 mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern,
(zu A/I und II/2) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Angestellte verschiedener Versandunternehmen durch Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit jeweils unter Benützung falscher Namen, teilweise auch falscher Urkunden, nämlich von ihr mit fremdem Namen unterschriebener Bestellscheine, in insgesamt zehn Fällen zur Ausfolgung von Waren verleitet und teils zu verleiten versucht, wodurch die Versandunternehmen um mehr als 25.000 S am Vermögen geschädigt wurden bzw geschädigt werden sollten;
(zu A/II/1) Bedienstete der Post durch die Vorgabe, 35.000 S eingezahlt zu haben, unter Benützung eines verfälschten PSK-Zahlscheines zur Überweisung von 35.000 S auf das Konto der Wiener Stadtwerke zu verleiten versucht.
Rechtliche Beurteilung
Ausschließlich die Nichtannahme des Qualifikationstatbestandes nach § 148 zweiter Fall StGB bekämpft die Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grunde der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO.
Das Schöffengericht stellte zwar fest, daß die Angeklagte in mehreren Fällen (zu A/I und II/2) die Betrügereien unter Verwendung falscher Urkunden, nämlich von ihr mit fremdem Namen unterfertigter Bestellscheine verübte, vermeinte aber dennoch den Tatbestand des § 148 zweiter Fall StGB "im Zweifel nicht mit einer für ein verurteilendes Erkenntnis notwendigen Sicherheit" nachweisen zu können, weil bei einer - auch wertmäßigen - Gegenüberstellung der sowohl schriftlich als auch telefonisch vorgenommenen Bestellungen nicht davon ausgegangen werden könne, daß die unter Benützung falscher Urkunden getätigten Bestellungen überwiegen (US 18 und 19).
Diese Begründung wird den entscheidenden Abgrenzungskriterien zwischen den beiden Qualifikationstatbeständen des § 148 StGB in materieller Hinsicht nicht gerecht.
Für die Haftung nach § 148 zweiter Fall StGB reicht es nämlich aus, daß die Absicht des Täters auf die Erzielung einer fortlaufenden Einnahme zwar nicht ausschließlich, aber doch auch durch die wiederkehrende Begehung schwerer (hier nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB qualifizierter) Betrügereien gerichtet ist (Leukauf/Steininger Komm3 § 148 RN 8). Darauf, ob die qualifizierten Betrugstaten im Rahmen einer Faktenmehrheit zahlen- oder schadensmäßig überwiegen, kommt es hingegen nicht an.
Auf Grund seiner unrichtigen Rechtsauffassung hat sich das Erstgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Tendenz der Angeklagten nicht wenigstens teilweise auch dahin ging, sich durch die wiederkehrende Begehung derart qualifizierter Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Dieser Feststellungsmangel (Z 10) zwingt insoweit zu einer Verfahrenserneuerung in erster Instanz.
Durch die Mitaufhebung des Strafausspruchs ist die Berufung der Staatsanwaltschaft gegenstandslos.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.
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