Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.605,-- (darin S 1.267,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger schloß bei der beklagten Versicherung eine Haushaltsversicherung nach den ABH Fassung 1994 bzw nach den ABS Fassung 1971 ab. Nach Art 1.A. lit d der ABH 1984 fallen auch Schäden durch eine Beraubung unter das versicherte Risiko. Nach Art 2 Abs 3 lit c der ABH 1984 gilt als Beraubung die Wegnahme von versicherten Sachen unter Anwendung oder Androhung von tätlicher Gewalt gegen den Versicherungsnehmer, sonstige mit ihm in der häuslichen Gemeinschaft lebende sowie in der Wohnung berechtigt anwesende Personen.
Art 4 der ABH 1984 lautet:
"(1) Versichert gegen Schaden gemäß Art. 1A ist der gesamte Wohnungsinhalt sowie die Einrichtung von Gästezimmern bei nicht gewerbsmäßiger Fremdenbeherbergung. Zum Wohnungsinhalt gehört alles, was in einem Haushalt zur Einrichtung, zum Gebrauch oder zum Verbrauch dient, einschließlich der Bargeldbeträge und Valuten für die Haushaltsführung sowie Schmuck, Münzen, Einlagebücher Wertpapiere und Sammlungen. ...
Nicht versichert sind: Kraftfahrzeuge, Landfahrzeuge und Motorboote (ausgenommen Fahrräder, Krankenfahrstühle, Schlauchboote unabhängig vom Antrieb, Modelle) Handelswaren aller Art, Geschäfts- und Sammelgelder, unverarbeitete Edelsteine und Edelmetalle sowie ungefaßte Perlen. ...
(2) Für Bargeld, Valuten, Einlagebücher ohne Klausel, Schmuck, Briefmarken- und Münzensammlungen haftet der Versicherer innerhalb der Versicherungssumme, wenn sie
a) sich in - auch unversperrten - Möbeln oder im Safe ohne Panzerung befinden oder frei liegen,
aa) für Bargeld, Valuten, Einlagebücher ohne Klausel bis zu S 25.000,--, davon frei liegend bis S 5.000,--,
bb) für Schmuck, Briefmarken- und Münzensammlungen bis zu S 110.000,--, davon frei liegend bis S 30.000,--;
b) sich im gewöhnlichen, eisernen, feuerfesten Geldschrank (mindestens 100 kg Gewicht) oder in einer Einsatzkasse (mindestens 100 kg Gewicht) befinden, bis zu S 250.000,--;
c) sich im Geldschrank (Gewicht über 250 kg) mit besserem Sicherheitsgrad als unter lit b beschrieben, oder im Mauer-(Wand-)Safe mit mindestens Schloßschutzpanzer befinden, bis zu
S 800.000,--.
Die vorstehend angeführten Grenzbeträge sowie die Vorschriften hinsichtlich der Verwahrung gelten nur für das Einbruchsdiebstahlrisiko".
Der Kläger hatte im Tresor seiner Wohnung einen Bargeldbetrag von rund S 190.000,-- aufbewahrt, der der Tilgung einer Prozeßkostenschuld seiner Gattin aus einem im Berufungsverfahren, in dem die ordentliche Revision nicht zugelassen worden war, verlorengegangenen Prozeß gewidmet war. Als die Gattin des Klägers am 21.10.1992 um 10 Uhr wegen einer von ihr befürchteten Fahrnisexekution dieses Geld aus dem Tresor herausgenommen hatte und einen Bargeldbetrag von S 195.000,-- vorbereitete, betraten zwei unbekannte Männer die Wohnung des Versicherungsnehmers durch die unversperrte Eingangstür. Einer der beiden packte die Frau an den Oberarmen und schlug sie so heftig mit dem Kopf gegen die Wand, daß sie dadurch bewußtlos wurde. Beide Männer verließen dann die Wohnung mit dem Bargeldbetrag von rund S 195.000,--.
Der Kläger begehrt von der beklagten Versicherung aus diesem Vorfall unter Berücksichtigung einer möglichen Unterversicherung S 134.000,--.
Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß gar kein Raubüberfall stattgefunden habe und daß es sich bei einem Bargeldbetrag von S 195.000,--, von seiner Höhe her beurteilt, nicht um einen solchen handle, der der Haushaltsführung diene, sodaß ein derartiger Bargeldbetrag nicht als versichert anzusehen sei.
Das Erstgericht gab der Klage im zweiten Rechtsgang unter Zugrundelegung der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes in dessen Aufhebungsbeschluß ON 17, wonach es sich bei dem geraubten Bargeldbetrag um eine mitversicherte Sache handle, statt.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der angefochtenen Entscheidung. Es erklärte die Erhebung der ordentlichen Revision für unzulässig. Es verwies auf seine Ausführungen im vorangegangenen Aufhebungsbeschluß und ergänzte, daß Unklarheiten in den Versicherungsbedingungen zu Lasten des beklagten Versicherers zu gehen hätten.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision ist zulässig, weil zur vorliegenden Auslegungsfrage keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes besteht; sie ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Allein geltend gemacht wird, daß ein wie hier geraubter Geldbetrag von seiner Höhe und seinem Bestimmungszweck her nicht der Haushaltsführung zuzuordnen und daher vom Risikoausschluß des Art 4 der ABH 1984 erfaßt sei.
Die Auslegung von Versicherungsbedingungen hat sich nach dem Verständnis eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers zu orientieren, Unklarheiten sind zu Lasten des Versicherers auszulegen, der "erkennbare Zweck einer Bestimmung der allgemeinen Geschäftsbedingungen" muß aber stets beachtet werden (vgl VR 1990, 57 = RdW 1989, 329 mit Anmerkung von Schauer sowie VR 1992, 88). Risikoeinschränkende Klauseln besitzen daher in den Maße keine Vertragskraft, als deren Verständnis von einem Versicherungsnehmer ohne juristische Vorbildung nicht erwartet werden kann (vgl JBl 1992, 717 = VR 1992, 329 = VersR 1993, 511). Maßgebend ist daher, wie der juristisch nicht gebildete Versicherungsnehmer den Ausschluß im Lichte seines erkennbaren Zweckes verstehen mußte. Soferne die grammatikalische Auslegung kein eindeutiges Ergebnis hervorbringt, ist auf andere Interpretationskriterien zurückzugreifen (VR 1994, 22 = VersR 1994, 335). Bei der Haushaltsversicherung handelt es sich um eine sogenannte "Inbegriffsversicherung" im Sinne des § 54 VersVG (vgl Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 151). Die Versicherung eines Inbegriffs stellt sich versicherungstechnisch häufig als summarische Versicherung dar; die Versicherungssumme wird für sämtliche, meist nur generell bezeichnete Gegenstände des Inbegriffes ausgeworfen. Soweit nicht Entschädigungsgrenzen vereinbart sind, darf der Inbegriff aus Sachen der vereinbarten Art nach Belieben zusammengesetzt sein (vgl VR 1987, 98 = RdW 1987, 14). Der Auffassung der Revisionswerberin, daß vom Begriff "Bargeld für die Haushaltsführung" nur die Bargeldbeträge, die für die Befriedigung der täglichen im Haushalt anfallenden Bedürfnisse benötigt werden, umfaßt seien, weil die auf den Wohnungsinhalt als versicherten Risiko abstellenden ABH dieser Einschränkung des mit Einlagerung von Bargeld verbundenen Risikos des Versicherers bedürfe, kann nicht beigepflichtet werden. Dem widerspricht schon, daß im Großteil des österreichischen Bundesgebietes zur Tilgung von Haushaltsausgaben keine Valuten benötigt werden und dennoch Versicherungsschutz auch für in der Wohnung gelagerte ausländische Zahlungsmittel, die doch hauptsächlich nur für Auslandsreisen benötigt werden, angeboten wird. Weiters nimmt der Abs 2 des Art 4 der ABH 1984 "Geschäfts- und Sammelgelder" ohne weitere Abgrenzung oder Einschränkung vom Versicherungsschutz aus. Auch widerspricht die im Art 4 Abs 2 lit b und c vorgenommene Risikobeschränkung hinsichtlich der in besonders einbruchssicheren Tresoren verwahrten Geldbeträge bis zu S 800.000,-- (soferne kein Schmuck bzw keine Briefmarken- oder Münzensammlungen mit eingelagert werden) dieser Interpretation, weil daraus nicht entnommen werden kann, daß die betragliche Risikobeschränkung für besonders gesichert aufbewahrte Geldbeträge, Einlagebücher, Schmuck und Sammlungen nur so zu verstehen wäre, daß darin die Bargeldbeträge nur in der Höhe, wie sie zur Befriedigung der täglichen Haushaltsbedürfnisse benötigt werden, mitversichert sein sollen und sich die restliche Wertbegrenzung ausschließlich auf die anderen dort genannten Gegenstände beziehen soll. Allein die Aufgliederung des Art 4 Abs 2, der einleitend von Bargeld, Valuten usw spricht und nur in den ersten zwei Unterteilungen lit aa und lit bb eine Unterscheidung zwischen frei herumliegenden Geld einerseits und Schmuck bzw Sammlungen andererseits vornimmt, aber in den nächsten Unterteilungen lit b und lit c die zuvor unter lit aa und lit bb getroffene Spezifizierung nicht mehr vornimmt, läßt erkennen, daß der Inbegriff der in besonders gesicherten Behältnissen verwahrten Sachen nach Belieben zusammengesetzt sein kann. Ist aber das Einbruchsdiebstahlsrisiko bei besonders gesichert verwahrten Geldbeträgen mit S 800.000,-- versichert, so ist daraus abzuleiten, daß derartige Beträge, die nach der Lebenserfahrung nicht zur Befriedigung der täglichen Bedürfnisse des Haushaltes erforderlich sind, im Falle des Beraubungsrisikos bis zu dieser Höhe mitversichert sind, weil es von der Art des Deliktes her dem Täter immer wieder möglich sein wird, den Tresorschlüssel an sich zu bringen. Überhaupt erscheint eine Risikobeschränkung auf die zur Deckung von haushaltsbezogenen Auslagen benötigten Bargeldbeträge schwer nachvollziehbar, weil gerade in diesem Bereich die individuellen Bedürfnisse selbst in ein- und demselben Haushalt, man denke an die für Anschaffungen für Wohnungseinrichtung, die ja im weiteren Sinne auch für die Haushaltsführung erforderlich sind, benötigten Bargeldbeträge, stark variieren. Der Begriff Bargeld für die Haushaltsführung muß daher im Sinne der für die finanzielle Regelung des privaten Lebensbereiches erforderlichen Barmittel - soweit diese sich in der Wohnung des Versicherungsnehmers befinden - verstanden werden. Dies leuchtet auch aus dem im Abs 2 des Art 4 ABH 1984 vorgenommenen Risikoausschluß für "Geschäfts- und Sammelgelder" hervor, sodaß der Schluß zulässig ist, daß die Abgrenzung der versicherten Bargeldbeträge und Valuten für die Haushaltsführung von den in die Wohnung verbrachten "Geschäfts- und Sammelgeldern" vorzunehmen ist. Der von den Vorinstanzen herangezogenen Lehrmeinung Martins in SVR3, 852 ff zu der allerdings etwas anders gelagerten deutschen Bedingungslage, wonach mit dieser Abgrenzung nur eine solche zwischen privaten und zu geschäftlichen Zwecken verwahrten Geldbeträgen vorgenommen werde, ist daher beizutreten. Auch die Nachfolgebedingungen haben hier Klarheit in diesem Sinne geschaffen. Eine praktikable Risikoabgrenzung zwischen privatem und für den Geschäftsbereich benötigtem Bargeld ist auch für einen verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmer durchaus möglich. Im vorliegenden Fall waren der geraubte Geldbetrag zur Begleichung einer Prozeßkostenersatzverpflichtung in einem Zivilverfahren, das in keinem Zusammenhang mit einer geschäftlichen Tätigkeit stand, vorgesehen und sohin dem privaten Bereich des Versicherungsnehmers zuzuordnen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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