OGH 14Os48/97

OGH14Os48/9713.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Mai 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Mayrhofer, Dr.E.Adamovic und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Sturmayr als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef S*****, Sabine K***** und Stefan G***** wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Ein- und Ausfuhr von Suchtgift nach § 12 Abs 1 SGG und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 23. Jänner 1997, GZ 35 Vr 3.609/96-47, nach Anhöhrung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Aus deren Anlaß wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Einziehung von "Maul"-Briefwaagen und gebrauchten Filtern mit Heroinanhaftungen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Innsbruck verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Verfahrens über ihre Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Josef S***** und Sabine K***** des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Ein- und Ausfuhr von Suchtgift nach § 12 Abs 1 SGG und § 15 StGB sowie Stefan G***** des Verbrechens der Ein- und Ausfuhr von Suchtgift nach § 12 Abs 1 SGG als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB und des Vergehens der versuchten Ein- und Ausfuhr von Suchtgift nach § 15 StGB, § 16 Abs 1 SGG als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Neben einem Erkenntnis im Sinne des § 16 Abs 3 letzter Satz SGG (idF vor dem StRÄG 1996) wurden "die zum Abwiegen von Cannabis verwendeten "Maul"-Briefwaagen und mehrere gebrauchte Filter mit Heroinanhaftungen" gemäß § 26 Abs 1 StGB eingezogen.

Inhaltlich des Schuldspruches haben zwischen Frühjahr oder Sommer 1996 und dem 28.November 1996 in München, Kufstein, Niederndorf und anderen Orten

A/ den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich Heroin, in einer großen Menge aus der Bundesrepublik Deutschland aus- und nach Österreich eingeführt oder einzuführen versucht, und zwar

I. Josef S***** und Sabine K***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter

1. insgesamt ca 60 Gramm im Zuge dreier Fahrten und

2. weitere ca 50 Gramm, wobei es insoweit beim Versuch geblieben ist;

II. Josef S***** und der abgesondert verfolgte Sascha K***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter ca 8 Gramm;

III. Josef S***** 10 bis 20 Gramm;

B/ Stefan G***** mit Bezug auf eine Teilmenge von 20 Gramm Heroin zu der unter A/I/1 beschriebenen Tat beigetragen, indem er Josef S***** mit seinem PKW nach München und daran anschließend bis zur deutsch-österreichischen Grenze brachte;

C/ Stefan G***** zu der unter Punkt A/I/2 beschriebenen Tat beigetragen, indem er die Schmuggelfahrt mit Josef S***** und Sabine K***** verabredete und 8.400 S zum Ankauf des (für sich allein keine große Menge ausmachenden) Suchtgiftes beisteuerte.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerden der drei Angeklagten gehen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Josef S*****:

Eine Feststellung, wonach die zu I/1 genannten ca 60 Gramm Heroin einen Wirkstoffgehalt zwischen 20 und 30 % enthalten hätten, wurde nicht getroffen, womit die Mängelrüge (Z 5) ins Leere geht. Die Tatrichter haben vielmehr einen Reinheitsgehalt von nur 10 % angenommen und dies schlüssig und zureichend damit begründet, daß allein die mehrfachen Schmuggelfahrten und die solcherart zum Ausdruck gekommene Befriedigung der Konsumentenerwartung diese (Mindest-)Annahme zu tragen vermag. Die daran anschließende Bemerkung, wonach dem Vorsitzenden in zehnjähriger einschlägiger Erfahrung noch nie ein Wirkstoffgehalt von nur 2,78 % bei geschmuggeltem Heroin bekanntgeworden sei, ist bloß als Hinweis auf die Gerichtsnotorietät dieses Umstandes, für welche die Kenntnis innerhalb eines qualifizierten Kreises mit einschlägigen Strafsachen befaßter Richter hinreicht (Mayerhofer StPO4 § 258 E 156 a), zu verstehen.

Die Beteuerung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, er habe "eigentlich nach jeder Fahrt vom Suchtgift wegkommen" wollen (S 87/Bd II), ist bei einem "vom Heroin abhängigen" Täter (S 81/Bd II) nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite mit Bezug auf den an die bewußt kontinuierliche Begehung geknüpften Additionseffekt der einzelnen Aus- und Einfuhren zu wecken. Die Einwendungen (Z 5 a) erschöpfen sich im übrigen in einer unzulässigen Kritik an der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) verläßt den Boden der tatsächlichen Urteilsannahmen und ist solcherart nicht an den Verfahrensanordnungen ausgerichtet.

Ein gleiches gilt für die Sanktionsrüge (Z 11), mit welcher der Beschwerdeführer gegen die festgestellten Strafbemessungstatsachen lediglich in beweismäßiger Hinsicht remonstriert und eine im Verhältnis zu Sabine K***** überhöhte Freiheitsstrafe behauptet (vgl hiezu Mayerhofer StPO4 § 281 Abs 1 Z 11 E 7 a), ohne eine rechtsfehlerhafte Annahme oder Bewertung dieser Tatsachen aufzuzeigen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Sabine K*****:

Die gerügte (Z 5) Feststellung der Aus- und Einfuhr einer 3,06 Gramm übersteigenden Menge reinen Heroins berührt keine für die Subsumtion entscheidende Tatsache, weil die Grenzmenge für Heroin nach ständiger Rechtsprechung bei 1,5 Gramm liegt.

Die Kritik an der Feststellung des auch den bereits beschriebenen Additionseffekt erfassenden Täterwillens stellt sich inhaltlich bloß als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar.

Durch die bloße Wiederholung dieser Argumente werden auch keine erheblichen Bedenken (Z 5 a) gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen geweckt.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) hält nicht an den tatsächlichen Grundlagen des Urteils fest. Sie unterläßt es zudem aufzuzeigen, weshalb der Umstand, "wie es dazu kam", daß "die Beschwerdeführerin" sich "bereit fand", die Schmuggeltransporte für Josef S***** durchzuführen, von rechtlicher Bedeutung sein soll (vgl Mayerhofer StPO4 § 285 a E 45) und ist solcherart nicht an der Prozeßordnung ausgerichtet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Stefan G*****:

Die Mängelrüge (Z 5) übersieht wie jene des Josef S*****, daß die Tatrichter mit Bezug auf das zu A/I/1 genannte Suchtgift einen Reinheitsgehalt von nur 10 % konstatiert haben. Im übrigen haben die zum Wirkstoffgehalt dem Josef S***** entgegengehaltenen Argumente auch für Stefan G***** Geltung, weshalb er darauf verwiesen wird.

Ob G***** aber "von Anfang an die Absichten des Mitangeklagten S***** kannte", ist für die rechtliche Unterstellung der Tat ohne Belang.

Der Vorwurf mangelnder Konstatierung der subjektiven Tatseite (der Sache nach Z 9 lit a) übergeht die darauf bezogenen hinreichend deutlichen Ausführungen im Urteil (US 7 f).

Die Wiederholung der zum Reinheitsgrad des unter A/I/1 genannten Suchtgiftes bereits vorgetragenen Argumente im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag erhebliche Bedenken im Sinne dieses Nichtigkeitsgrundes nicht zu begründen.

Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a und 10, der Sache nach nur Z 10) setzt sich über die Feststellung hinweg, daß das zu A/I/1 erwähnte Heroin einen Reinheitsgehalt von 10 % aufwies und verfehlt damit eine gesetzeskonforme Darstellung.

Die Zurückweisung sämtlicher Nichtigkeitsbeschwerden (§ 285 d StPO) hat die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285 i StPO).

Der unbekämpft gebliebenen Einziehung von "zum Abwiegen von Cannabis verwendeten "Maul"-Briefwaagen und mehreren gebrauchten Filtern mit Heroinanhaftungen" mangelt es indes an jeglichen, einen Ausspruch im Sinne des § 26 StGB tragenden Feststellungen (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO), weshalb dieser gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO von Amts wegen aufzuheben und die Sache insoweit an das Bezirksgericht Innsbruck, wo die Gegenstände aufbewahrt werden, zu neuer Verhandlung und Entscheidung zu verweisen war (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO). Das Bezirksgericht wird bei seiner Entscheidung die durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996 (BGBl 1996/762) geänderte Rechtslage (§ 26 Abs 2 StGB nF; §§ 445 Abs 3, 445 a Abs 1 StPO nF) und die zu § 26 StGB ergangene Judikatur (vgl Mayerhofer StGB4 § 26 E 4, 8 b, 9 und 10 a) zu beachten haben.

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten ist in § 390 a StPO begründet.

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