Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Heinz P***** der Vergehen (zu 1.) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, (zu 2.) der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB, (zu 3.) der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB und (zu 4.) der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 20. September 1995 in Nenzing
1. die Priska S***** mit einer Vergewaltigung oder geschlechtlichen Nötigung gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er sie mit einem Arm um ihren Hals von hinten in den Würgegriff nahm, sie zu Boden zog, sich auf sie setzte, als sie am Rücken lag, sie gegen ihren heftigen Widerstand am Körper festhielt und ihr den Mund zuhielt; und dadurch,
2. insbesondere durch das ungefähr drei Minuten andauernde Festhalten, der Priska S***** die persönliche Freiheit entzogen;
3. die Genannte vorsätzlich am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt, wobei die Tat eine Schürfwunde am linken Zeigefinger, eine Rötung an der Innenseite der linken Hand und ein Hämatom im Bereich des linken Schlüsselbeins zur Folge hatte; und
4. durch Zuhalten des Mundes der laut um Hilfe schreienden Priska S***** und der Aufforderung: "Sei still!" diese mit Gewalt zur Unterlassung weiterer Hilferufe zu nötigen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Lediglich die Schuldsprüche wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung (1.) und der Freiheitsentziehung (2.) bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 9 (lit a) und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Zum Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB:
Der Rechtsrüge zuwider hat das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 9) keineswegs im Sinne eines beweismäßigen "non liquet" wieder in Frage gestellt, indem es zwar gewichtige Indizien für eine sexuelle Motivation des Angeklagten in Richtung §§ 201 Abs 2, 202 Abs 1 StGB bejahte (US 10 und 11), sich im Zweifel zu seinen Gunsten aber letztlich doch dafür entschieden hat, daß der Beschwerdeführer bei der Gewaltanwendung gegen Priska S***** lediglich in der Absicht handelte, sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Zu Unrecht bestreitet der Angeklagte auch die objektive Eignung seiner Handlungen, als Drohung mit Vergewaltigung oder geschlechtlicher Nötigung verstanden zu werden:
Unter Drohung ist jede Art von Kundgebung eines Willensentschlusses zu verstehen, ein Übel, das der Drohende unmittelbar selbst oder durch eine Mittelsperson verwirklichen kann oder zu können vorgibt, für einen anderen Menschen herbeizuführen. Dies kann mündlich, schriftlich, durch unmißverständliche Gesten oder Andeutungen, aber auch durch die Vorbereitung der ihren Gegenstand bildenden schädlichen Maßnahmen geschehen (Pallin in WK § 74 RN 20 mwN). Auch durch Gewaltanwendung kann eine gefährliche Drohung begangen werden, soferne die Gewalt den Umständen nach als Drohung mit der Fortsetzung oder der Steigerung der Gewalttätigkeit zu verstehen ist (Schwaighofer in WK § 107 RN 8).
Letzteres ist hier der Fall:
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes ist der Angeklagte mit massiver Gewaltanwendung, welche unter Anwendung eines objektiv-individuellen Maßstabes spezifisch einen schwerwiegenden sexuellen Angriff befürchten ließ, gegen Priska S***** vorgegangen (US 8). Damit ist § 107 Abs 1 StGB objektiv erfüllt.
Dem weiteren Einwand, dieses Verhalten hätte nur § 105 Abs 1 StGB unterstellt werden können und sei vom diesbezüglichen Schuldspruch
(4.) jedenfalls konsumiert, ist zu erwidern, daß der Angeklagte nach dem Urteilsinhalt (US 8, 9) zunächst gewaltsam gegen sein Opfer (nur) in der Absicht vorging, es in Furcht und Unruhe zu versetzen und es erst in weiterer Folge durch Zuhalten des Mundes und der Aufforderung, still zu sein, zur Unterlassung weiterer Hilferufe zu nötigen versuchte. Nur diese Versuchshandlungen sind Gegenstand des Schuldspruches wegen versuchter Nötigung (4.). Die teilweise Anführung auch dieses Verhaltens im Urteilsspruch zu Faktum 1 erfolgte lediglich illustrativ zur Darstellung des kriminellen Gesamtgeschehens.
Zum Schuldspruch wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB:
Der Beschwerdeauffassung zuwider wurde durch das Festhalten des gewaltsam zu Boden geworfenen Opfers während einer Zeitspanne von ungefähr drei Minuten die Erheblichkeitsschwelle des § 99 Abs 1 StGB überschritten.
Wenn auch der objektive Tatbestand des § 99 Abs 1 zweiter Fall StGB ein Verhalten erfordert, das dem Gefangenhalten als einer vollständigen Ausschaltung der Bewegungsfreiheit nach Art, Schwere und Dauer qualitativ gleichwertig ist oder diesem wenigstens nahekommt, kann eine Bewegungseinschränkung in der Dauer von wenigen Minuten diesen Kriterien unter Umständen bereits entsprechen. Je gravierender nämlich die Modalitäten der Tat nach deren Art und Gewichtigkeit sind, umso weniger kommt der Dauer der Freiheitsentziehung - für welche § 99 StGB an sich kein Mindestzeitmaß voraussetzt - entscheidende Bedeutung zu (Leukauf/Steininger Komm3 § 99 RN 6 bis 8a).
Unter den festgestellten Begleitumständen (Punkt 1) wurde durch das minutenlange Festhalten der vom Angeklagten durch Anwendung massiver Gewalt zu Boden geworfenen und ihm wehrlos ausgelieferten Frau auch in zeitlicher Hinsicht die Erheblichkeitsschwelle des § 99 Abs 1 StGB überschritten.
Da eine Freiheitsentziehung nur dann nicht gesondert nach § 99 StGB zu ahnden ist, wenn sie nicht wesentlich über jenes Maß hinausgeht, das mit der Begehung des "Primärdeliktes" (hier: § 107 Abs 1 StGB) schon der Natur nach notwendig (und regelmäßig) verbunden ist und wenn sie (überdies) im Vergleich zu diesem einen wesentlich geringeren Unrechtsgehalt aufweist, sodaß durch dessen Bestrafung der gesamte Unrechtsgehalt der Tat erfaßt wird, wurde das Verhalten des Angeklagten (zu 1.) vom Erstgericht rechtsrichtig auch dem § 99 Abs 1 StGB unterstellt, weil keine der erwähnten Voraussetzungen für die Konsumtion gegeben ist (Leukauf/Steininger aaO RN 26 ff mwN).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über Heinz P***** nach §§ 99 Abs 1, 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, wovon es sechs Monate für eine dreijährige Probezeit bedingt nachsah. Überdies widerrief es die dem Angeklagten im vorangegangenen Verfahren gewährte bedingte Nachsicht einer Freiheitsstrafe von vier Monaten (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO).
Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen von vier Vergehen als erschwerend; demgegenüber das Geständnis des Angeklagten, eine gewisse Einschränkung seiner Dispositionsfähigkeit sowie den Umstand, daß die Nötigung beim Versuch geblieben ist, als mildernd.
Die Berufung des Angeklagten, mit welcher er die Verhängung einer zur Gänze bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, hilfsweise die Anwendung der Strafenkombination nach § 43 a Abs 2 StGB anstrebt, ist nicht berechtigt.
Die als mildernd ohnehin berücksichtigte Einschränkung der Dispositionsfähigkeit inkludiert, daß die Tat wegen der charakterlichen Abartigkeit des Angeklagten auf einem sofortiger intellektueller Gegensteuerung bis zu einem gewissen Grad entzogenen Willensempuls beruht.
Da der Berufungswerber wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat (§§ 201 Abs 2, 105 Abs 1 StGB) vorbestraft ist, kann ungeachtet seiner sonstigen Straffreiheit nicht ernsthaft behauptet werden, die ihm nunmehr angelastete strafbare Handlung stünde im auffallenden Widerspruch zu seinem sonstigen Verhalten. Ebensowenig kann mit Fug ins Treffen geführt werden, die nächtliche Begegnung mit einem attraktiven Mädchen legte einem ansonsten rechtstreuen Menschen die Verübung einer sexuell-sadistisch motivierten Gewaltattacke besonders nahe (§ 34 Z 9 StGB).
Abgesehen davon, daß die Begehung der Tat rund drei Monate vor Vollendung des 21.Lebensjahres des Angeklagten zusätzlich als mildernd zu berücksichtigen ist, hat das Schöffengericht demnach alle weiteren Milderungsgründe vollständig erfaßt.
Zutreffend hat es aus spezialpräventiver Sicht auf Grund des Rückfalls innerhalb der Probezeit ungeachtet einer sozialtherapeutischen Behandlung des Angeklagten und seiner mehrjährigen Betreuung durch einen Bewährungshelfer auch die Verhängung einer zur Gänze oder in Kombination mit einer Geldstrafe bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe als nicht ausreichend erachtet. Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, der Angeklagte habe "freiwillig durch eigene Einsicht vom Opfer abgelassen", widerspricht dem Urteilsinhalt. Darnach hat er vielmehr die Flucht ergriffen, weil sich Priska S***** gegen seine Angriffe heftig zur Wehr gesetzt und er überdies auf Grund ihrer Schreie seine Entdeckung befürchtet hatte (US 9).
Der Widerruf der bedingten Strafnachsicht war in Anbetracht der Verhängung eines unbedingten Strafteils von nur zwei Monaten nach Lage des Falles zusätzlich zu dieser dringend geboten, um den Angeklagten von weiteren - überdies konkret zu befürchtenden (S 167) - einschlägigen strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB).
Auch der Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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