OGH 4Ob125/97d

OGH4Ob125/97d13.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der am 26. März 1994 verstorbenen Johanna B*****, infolge Revisionsrekurses der Alleinerbin Helga P*****, vertreten durch Dr. Gerald Wildfellner, Rechtsanwalt in Grieskirchen, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 26. Februar 1997, GZ 21 R 49/97y-128, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Peuerbach vom 17. Jänner 1997, GZ SW 81/96-125, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 19.11.1992 bestellte das Erstgericht für Johanna B***** einen Sachwalter zur Besorgung aller Angelegenheiten. Sachwalter war Mag. Alfons S***** vom Verein für Sachwalterschaft in W*****. Der Sachwalter legte am 13.1.1994 für den Zeitraum 1.1.1993 bis 31.12.1993 und am 6.4.1994 für den Zeitraum 1.1.1994 bis 26.3.1994 Rechnung. Die genehmigte Schlußrechnung wurde dem Verlassenschaftsverfahren nach der am 26.3.1994 verstorbenen Johanna B***** zugrunde gelegt. Mit Beschluß vom 2.4.1996 wurde der gesamte Nachlaß Helga P*****, einer Tochter der Verstorbenen, eingeantwortet.

Mit Beschluß vom 29.10.1996 gestattete der Oberste Gerichtshof der Antragstellerin, in die vom Sachwalter Mag. Alfons S***** für die Zeiträume 1.1. bis 31.12.1993 und 1.1. bis 26.3.1994 gelegten Rechnungen Einsicht zu nehmen.

Am 17.12.1996 wurde der Antragstellerin Einsicht in die Sachwalterrechnungen gewährt.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr, ihr Akteneinsicht in den gesamten Sachwalterschaftsakt zu gewähren.

Ihr sei nur Einsicht in die Sachwalterrechnungen gewährt worden; nicht einmal die Beilagen seien ihr gezeigt worden. Als Alleinerbin sei sie in die Rechte der Verstorbenen eingetreten; sie genieße somit gleichsam als Partei volles Akteneinsichtsrecht.

Das Erstgericht wies den Antrag ab.

Die Beilagen zu den Sachwalterrechnungen befänden sich nicht mehr im Akt; sie seien nach der Überprüfung dem Sachwalter ausgehändigt worden. Das Sachwalterschaftsverfahren habe mit dem Tod von Johanna B***** geendet; die Antragstellerin sei nie Partei dieses Verfahrens gewesen. Ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht habe sie nicht einmal behauptet.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Antragstellerin sei "Dritte" des Sachwalterschaftsverfahrens; als "Dritte" müsse sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen, um Akteneinsicht erhalten zu können. Im Bereich des Außerstreitverfahrens würden vielfach Familien- oder Vermögensverhältnisse offengelegt, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt seien. Das ergebe sich auch aus dem Grundrecht auf Datenschutz. Jedermann habe Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, hat. Im Sachwalterschaftsverfahren seien die Interessen besonders sorgfältig abzuwägen. Als Universalerbin habe die Antragstellerin nur ein rechtliches Interesse am Nachlaß, nicht aber auch an Informationen über den körperlichen und geistigen Zustand der Verstorbenen und anderen rein personenbezogenen Daten. Das Recht auf Schutz persönlicher Daten und Angelegenheiten reiche über den Tod hinaus.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist nicht berechtigt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, daß der angefochtene Beschluß der Entscheidung 4 Ob 2316/96h widerspreche. Als Alleinerbin könne sie nicht nur in die Rechnungen des Sachwalters, sondern in den gesamten Sachwalterschaftsakt Einsicht nehmen. Das höchstpersönliche Recht auf Datenschutz sei auf sie als Alleinerbin übergegangen.

Auf die Akteneinsicht im Außerstreitverfahren ist § 219 ZPO sinngemäß anzuwenden. Danach können Dritte mit Zustimmung aller Parteien in den Akt Einsicht nehmen; ohne Zustimmung der Parteien kann ihnen Akteneinsicht nur gewährt werden, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen.

Dabei ist auf Wesen und Zweck des Außerstreitverfahrens Bedacht zu nehmen. Im Außerstreitverfahren werden vielfach Familien- und Vermögensverhältnisse offengelegt, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Aus dem Grundrecht auf Datenschutz ergibt sich, daß jedermann Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten hat, soweit er daran ein schutzwürdiges Interesse, insbesondere im Hinblick auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, hat (§ 1 Abs 1 DSG; 8 Ob 511/93 mwN). Das schutzwürdige Interesse endet nicht mit dem Tod. Akteneinsicht kann nur gewährt werden, wenn der Dritte nicht nur ein rechtliches, sondern auch ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht hat (Gitschthaler in Rechberger, ZPO § 219 Rz 2 mwN).

Das für Johanna B***** geführte Sachwalterschaftsverfahren endete mit deren Ableben. Die Antragstellerin ist, wie schon in der Entscheidung 4 Ob 2316/86h ausgeführt wurde, nicht in das Verfahren eingetreten. Auch als Alleinerbin ihrer Mutter ist sie daher nicht Partei des Sachwalterschaftsverfahrens, sondern eine dritte Person, die nur unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen in den Akt Einsicht nehmen darf.

Während sich das rechtliche Interesse des Alleinerben, in die Rechnungen des Sachwalters Einsicht zu nehmen, schon aus seiner Stellung als Erbe ergibt, trifft dies für die Einsicht in den restlichen Sachwalterschaftsakt nicht zu. Das Sachwalterschaftsverfahren endet mit dem Tod des Betroffenen; die im Akt enthaltenen personenbezogenen Daten sind für die Wahrung der mit dem Nachlaß verbundenen Rechte ohne Bedeutung. Der Erbe kann zwar auch in höchstpersönlichen Angelegenheiten des Erblassers einschreiten (4 Ob 2316/96h mwN) und dessen Rechte, soweit sie über den Tod hinaus von Bedeutung sind, wahren. Die Persönlichkeitsrechte des Erblassers gehen aber nicht auf ihn über (s Welser in Rummel, ABGB**2 § 531 Rz 6). Soweit es sich demnach um personenbezogene Daten des Erblassers handelt, folgt aus der Stellung als Erbe noch kein berechtigtes Interesse, von diesen Daten durch Akteneinsicht Kenntnis zu erlangen. Auch dem Alleinerben kann demnach Akteneinsicht im Sachwalterschaftsverfahren nur gewährt werden, wenn er ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht.

Die Antragstellerin hat sich nur darauf berufen, Alleinerbin der Betroffenen zu sein. Sie hat weder Umstände behauptet, die auf ein berechtigtes Interesse schließen ließen, noch ist ersichtlich, daß und aus welchem Grund sie ein berechtigtes Interesse haben könnte. Daß ihr nur Einsicht in die Rechnungen des Sachwalters und nicht auch in die Beilagen gewährt wurde, liegt daran, daß die Beilagen nach Überprüfung dem Sachwalter zurückgestellt wurden und daher nicht mehr im Akt sind.

Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.

Stichworte