OGH 4Ob146/97t

OGH4Ob146/97t13.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****verband ***** vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 10. April 1997, GZ 1 R 80/97h-8, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung darf bei blickfangartiger Herausstellung eines Teils der Ankündigung auch dieser Teil für sich allein nicht zur Irreführung im Sinne des § 2 UWG geeignet sein (ÖBl 1984, 75 - Elektrogeräte-Bestpreisgarantie uva). Im Inserat der Beklagten ist der Preis von "nur S 1.890,--" blickfangartig hervorgehoben; über die Voraussetzungen, unter denen dieser günstige Preis gilt, wird in wesentlich kleinerem Druck aufgeklärt. Schon aus diesem Grund ist die Preisankündigung zur Irreführung geeignet; auf die Frage, ob auch darüber aufklärt werden muß, welche Folgen eintreten, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, braucht nicht mehr eingegangen zu werden.

Irregeführt werden nicht nur Personen, die an einer Anmeldung bei einem österreichischen GSM Betreiber nicht interessiert sind, sondern auch Personen, für die eine solche Anmeldung durchaus von Interesse ist. Auch sie werden durch den blickfangartig herausgestellten günstigen Preis veranlaßt, sich mit dem Angebot der Beklagten zu befassen, muß es ihnen doch günstiger erscheinen als das Angebot anderer Anbieter. Es ist daher für die Entscheidung unerheblich, ob, wie die Beklagte behauptet, nur etwa ein Prozent der Interessenten kein Interesse an einer Anmeldung hat.

Das Unterlassungsgebot orientiert sich am Wettbewerbsverstoß der Beklagten. Es gibt, etwas allgemeiner formuliert, den Inhalt der Werbeaussage der Beklagten wieder. Danach darf die Beklagte nicht für GSM Handys zu einem blickfangartig als besonders günstig hervorgehobenen Preis werben, ohne klar und deutlich darauf hinzuweisen, daß dieses Angebot nur unter bestimmten Voraussetzungen gilt. Gegen dieses Unterlassungsgebot wird verstoßen, wenn nicht entsprechend aufgeklärt wird; wie die Bedingungen lauten, unter denen der günstige Preis gilt, ist für die Frage, ob ein Verstoß vorliegt, ohne Bedeutung. Es ist daher unverständlich, was die Beklagte damit meint, wenn sie beanstandet, daß die einstweilige Verfügung "auch dann gilt", wenn der "sonst gültige höhere Verkaufspreis nur S 1,-- über dem im Inserat genannten Kaufpreis liegt". Die Ausführungen des Rekursgerichtes, das Verlangen des normal gültigen höheren Verkaufspreises bei Nichteintritt der Bedingungen wäre "als sittenwidrig zu unterlassen", sind ohne Bedeutung.

Das hohe Schutzniveau des österreichischen Wettbewerbsrechts ist mit Art 7 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10.9.1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende Werbung vereinbar. Zweck der Richtlinie war nicht die Schaffung eines einheitlichen Irreführungsrechts, sondern lediglich die Aufstellung von Mindestanforderungen; Art 7 zielt nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Vorschrift nicht nur auf die Sanktionsseite, sondern vor allem auf das materielle Schutzniveau ab (Artmann, Europarechtliche Vorgaben für § 2 UWG: Abkehr vom flüchtigen Verbraucher?, ÖBl 1997, 10 [14] mwN; Rüffler, Irreführende Werbung und Europarecht, WBl 1996, 89 [94ff] mwN).

Die Mitgliedstaaten sind daher nicht gehindert, bei Inlandssachverhalten an strengeren Irreführungsverboten festzuhalten. Ob Art 30 EGV bei grenzüberschreitenden Sachverhalten eine andere Beurteilung erfordert (s Artmann aaO 14ff; Rüffler aaO 96ff), ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Es besteht daher auch kein Grund, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.

Stichworte