Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herbert E***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (III), der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (erster Fall) StGB (I/2 und II/2), ferner der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (II/3), der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (I/1 und II/1) sowie des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 (zweiter Fall) StGB (I/3) schuldig erkannt.
Darnach hat er die am 15. Dezember 1976 geborene Birgit S*****
(zu III) mit Gewalt
1. im Sommer 1990 in Straß, indem er sich auf sie legte und mit einer Hand ihren Arm festhielt, mit seinem Glied ihren entblößten Geschlechtsteil berührte, zur Duldung des Beischlafes sowie
2. von Juli 1989 bis 1992 in Eberschwang in mehreren Angriffen, indem er sie festhielt, einen Finger in ihre Scheide einführte und sie dabei digital penetrierte (US 3, 16 iVm S 27, 69), zu (gemeint: zur Duldung) einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung
genötigt;
(zu I/1) im Sommer 1989 in St.Lorenz mit Gewalt gegen ihre Person, indem er ihr den Arm wuchtig in die Höhe zerrte und in der Folge kräftig festhielt, zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung, nämlich zur Berührung seines erigierten Geschlechtsteiles genötigt, wobei er ihre Hand führte, um sich zu befriedigen;
(zu II/1) von Juli 1989 bis 1992 in Eberschwang in ca 30 Angriffen mit Gewalt gegen ihre Person, indem er sie mit den Händen festhielt, ihre Hand zu seinem erigierten Geschlechtsteil führte, um sich zu befriedigen bzw ihre Hose öffnete, herunterzog und sie unter der Kleidung an ihren Brüsten und ihrem Geschlechtsteil betastete, zur Vornahme bzw Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt;
(zu I/2 und II/2) durch die unter I/1 sowie durch die von Juli 1989 bis 15. Dezember 1990 verübten unter II/1 bezeichneten Taten eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht;
(zu I/3) die unter I/1 "angeführte Tathandlung unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber einer seiner Aufsicht unterstehenden minderjährigen Person begangen";
(zu II/3) von Juli 1989 bis 1992 wiederholt durch die Äußerung, wenn sie von den unter II/1 geschilderten Vorfällen etwas erzähle, werde "etwas Gröberes" passieren, mithin durch gefährliche Drohung zu einer Unterlassung genötigt.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 5 a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Die Anträge auf "nochmalige" Vernehmung des Opfers zu den "bisherigen Vernehmungen und darin enthaltenen Widersprüche(n)", ferner auf Vernehmung des Günther Sch***** "zum gesamten Beweisthema" (S 283), weiters auf Durchführung eines Ortsaugenscheines sowohl im Haus des Angeklagten als auch im Haus der Eltern der Birgit St*****, "welche an Ort und Stelle die behaupteten sexuellen Übergriffe demonstrieren soll(te)" (S 270), konnten schon mangels Anführung jener konkreten Umstände, welche im Fall ihres Nachweises einer entscheidenden Tatsachenfeststellung entgegenstünden, ohne Verletzung von Verteidigungsrechten (Z 4) abgelehnt werden.
Auf das erst in der Beschwerde nachgereichte (für die Prüfung der prozessualen Antragstauglichkeit daher unbeachtliche) Beweisthema, es hätte bei dem Ortsaugenschein in Straß festgestellt werden können, ob der Angeklagte vom Bett (in dem die Vergewaltigung [III/1] stattfand) die Straße (und damit die Rückkehr des Walter H*****, derentwegen der Vollzug des Beischlafs unterblieb) beobachten konnte - was im übrigen in der Hauptverhandlung nicht bestritten wurde - war bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde nicht Bedacht zu nehmen (Mayerhofer StPO4 E 41 zu § 281 Z 4).
Hinsichtlich der Ablehnung der Besichtigung des in St.Lorenz (I/1) benutzten Wohnwagens fehlt es schon an der formellen Beschwerdelegitimation, weil dieser Antrag in der gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung (S 258) nicht wiederholt wurde.
Die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens über den Angeklagten zum Beweis dafür, daß er "von seiner Persönlichkeitsstruktur her nicht dazu neigt, die gegenständlichen Straftaten zu begehen" (S 270), ist von vornherein nicht geeignet, ein die Täterschaft ausschließendes Ergebnis zu erbringen, weshalb auch davon zu Recht Abstand genommen wurde.
Zu Unrecht wird ein gesetzwidriger Nachteil auch daraus abgeleitet, daß die Tatrichter der "Ablehnung" der Sachverständigen Dr. Gr***** und Dr. Go***** (S 259) nicht folgten.
Abgesehen davon, daß Sachverständige - im Gegensatz zu Gerichtspersonen (§§ 72 bis 74 a StPO) - von den Parteien nicht abgelehnt werden können (Mayerhofer StPO4 E 1 und 2 zu § 120), hat Dr. Go***** ihr Gutachten zum Vorliegen von Konfabulationstendenzen beim Opfer im Auftrag des Gerichtes erstattet (S 3 a) und ist auf Grund von Testergebnissen (vgl S 109) zu dem vom Angeklagten bekämpften Ergebnis gelangt, während Dr.Gr***** ohnedies unmißverständlich zum Ausdruck brachte, daß die abschließende Würdigung der Aussage der Birgit St***** dem Schöffengericht vorbehalten bleibt, und weiters bezüglich der Ohnmachtsanfälle des Opfers eine genetische Belastung auf Grund fehlender Hinweise im EEG (vgl S 165) - somit auf objektiver Grundlage - ausschloß.
Die gegen die beiden Experten erhobenen Einwendungen sind somit auch nicht erheblich im Sinn des § 120 StPO, zumal keine Umstände dargetan wurden, welche eine Befangenheit indizieren könnten, sodaß zu ihrer Ablösung kein Anlaß bestand.
Die Tatrichter haben ihre Überzeugung von der Richtigkeit der belastenden Angaben der Birgit St*****, auf denen der Schuldspruch basiert, im wesentlichen damit begründet, daß diese mit den Wahrnehmungen der Psychologin Dr. E*****, die das Opfer wegen psychosomatischer Beschwerden therapierte, im Einklang stehen, die Sachverständige Dr. Go***** keine Konfabulationstendenzen feststellen konnte, die Ohnmachtsanfälle nach dem Gutachten des Dr. Gr***** nicht organisch sondern in seelischer Traumatisierung bedingt sind und kein Motiv für eine Falschbezichtigung ersichtlich ist (US 9 f).
Dabei hat das Schöffengericht (hier nicht vordergründig bedeutsame Details betreffende) Widersprüche in den Aussagen der Belastungszeugin ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen und diese mängelfrei damit erklärt, daß die strafbaren Handlungen bereits ca sechs Jahre zurücklagen und Birgit St***** die erst nach Information ihres Freundes und Inanspruchnahme der Therapeutin Dr. E***** Anzeige erstattete, die Übeltaten in dieser Zeit verdrängen wollte (US 8 f). Der Mängelrüge (Z 5) zuwider war die Auflistung der einzelnen Widersprüche (wie etwa die exakte Tatzeit betreffend) bei bloß gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht geboten.
Die Tatrichter haben als (zusätzliches) Argument für die Glaubwürdigkeit der Birgit St***** auch angeführt, daß "sie Detailschilderungen von den Vorfällen" gab und - im Gegensatz zur in der Beschwerde vertretenen Auffassung - zwei Beispiele hervorgehoben, nämlich "daß sie den Vorfall zu Faktum III/1 (Schlafzimmer des Angeklagten) lebensnah schildert(e), daß sie insbesondere die Samenflüssigkeit mit einem Handtuch habe aufwischen müssen".
Diese als aktenwidrig gerügte Urteilspassage läßt - ungeachtet ihrer sprachlichen Unschärfe - im Zusammenhalt mit der Feststellung, wonach es bei der Vergewaltigung in Straß (III/1) nicht zum Vollzug des Beischlafs kam (US 7), unzweifelhaft erkennen, daß die Tatrichter das zuletzt angeführte Detail - in Übereinstimmung mit der Aussage des Opfers - einem der unter II/1 bezeichneten Angriffe zugeordnet haben.
Bei Prüfung der Akten anhand des Vorbringens der Tatsachenrüge (Z 5 a) ergeben sich keine Bedenken - geschweige denn solche erheblichen Gewichts - gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch tragenden Tatsachenfeststellungen.
Die ausschließlich gegen die Schuldsprüche wegen Vergewaltigungen (III/1 und 2) erhobene Subsumtionsrüge (Z 10, der Sache nach teilweise Z 9 lit a), in welcher der Beschwerdeführer mit der Behauptung, daß "jedenfalls Gewaltanwendung oder Drohung mit Gewalt nicht vorgelegen haben kann", die Unterstellung der vor Vollendung des 14.Lebensjahres des Opfers verübten Angriffe allein unter § 207 Abs 1 StGB, hinsichtlich der übrigen Taten seinen Freispruch anstrebt, vernachlässigt das dazu konstatierte Festhalten des Mädchens in deliktsspezifischer Absicht (US 3, 7 f, 16 iVm S 207, 211). Solcherart unterläßt der Beschwerdeführer den notwendigen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz und verfehlt damit eine prozeßordnungsgemäße Darstellung der geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgründe.
Hinzuzufügen ist, daß der Angeklagte durch die (bereits) im Sommer 1990 gesetzte Vergewaltigung durch Unternehmen des Beischlafs (III/1) auch das Verbrechen des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (in Idealkonkurrenz) verwirklicht hat (Mayerhofer/Rieder StGB4 E 49 zu § 201), was vom Erstgericht zu seinem Vorteil übersehen wurde und mangels Anfechtung durch die Staatsanwaltschaft auf sich zu beruhen hat.
Die teils nicht gesetzmäßig ausgeführte, teils offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die außerdem ergriffene Berufung (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)