OGH 3Ob95/97k

OGH3Ob95/97k23.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M*****verlag GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Christian Ebert und Dr.Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei S***** Verlag*****, vertreten durch Dr.Heinrich Kammerlander und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22.Jänner 1997, GZ 4 R 704/96w-31, womit über Rekurs der verpflichteten Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 12.November 1996, GZ 46 E 8004/96a-2, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 19.845,--, darin enthalten S 3.307,50 Umsatzsteuer, bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Am 18.1.1996 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich.

Dieser lautet in seinem Punkt 1.) auszugsweise:

"1.) Die Beklagte ist bei sonstiger Exekution ab sofort schuldig, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes bei Herstellung und/oder Vertrieb periodischer Druckschriften, insbesondere der periodischen Druckschrift "K*****", es zu unterlassen, unentgeltliche Zugaben anzukündigen und/oder zu gewähren, wenn der Eindruck erweckt wird, daß der Erwerb der periodischen Druckschrift "K*****" zur Erlangung der Zugabe notwendig oder förderlich sei, insbesondere...

c) durch Abdruck eines auszuschneidenden Kupons in der periodischen Druckschrift "K*****" ... und /oder mit dem an einem Gewinnspiel teilgenommen werden kann,...

sowie die periodische Druckschrift "K*****" vertreiben zu lassen, wenn damit oder im Bezug auf derartige Ankündigungen unentgeltliche Zugaben gemäß a) und/oder b und/oder c) vorgenommen werden."

Der Ausgabe der periodischen Druckschrift "K*****" vom Sonntag, dem 13.10.1996, die an diesem Tag österreichweit verkauft wurde, lag ein "Folder" bei, in dem es unter anderem hieß:

"Jeder Tag kann Ihr Glückstag sein!

Raiffeisen-Börsen-Lotto

Täglich S 20.000,-- zu gewinnen!

Hauptpreis: BMW compact

"open air!"

Darunter sind in 8 zweizeilig angeordneten Kästchen 8 bis zu zweistellige Zahlen abgedruckt. Daneben findet sich der Hinweis: "Das ist Ihre persönliche Gewinnkarte. Heben Sie sie gut auf! Wie Sie damit gewinnen können, erfahren Sie, wenn Sie umblättern.

Am Dienstag, dem 15.Oktober geht's los!"

Auf der Rückseite heißt es unter anderem:

"Auf drei Dinge müssen Sie achten, um Ihre tägliche Gewinn-Chance zu nützen:

1 Ihre Gewinnkarte: Auf Ihrer Gewinnkarte befinden sich 8 Zahlen zwischen 1 und 40. Jeder dieser Zahlen steht für eine Aktie. Mit ihren 8 Aktienzahlen können Sie täglich bis zu öS 20.000,--, - gewinnen.

Die Aktienkurse des Tages: Ab 15.Oktober finden Sie täglich von Dienstag bis Samstag in der "K*****" eine Tabelle mit 40 ausgewählten Aktien. Zählen Sie täglich diese Änderungen der auf Ihrer Spielkarte angeführten 8 Aktien zusammen (bei Kursgewinn addieren, bei Kursverlust subtrahieren).

3 Die Glücksziffer des Tages. Am Ende der Aktienkurs-Tabelle erscheint täglich eine "Glücksziffer". Stimmt die Summe der Veränderungen Ihrer Aktien mit der Glücksziffer überein, so haben Sie gewonnen. Jetzt heißt es schnell handeln und Ihren Gewinnanspruch über die Gewinn-Hotline anzumelden.

Übrigens: Sie müssen nicht unbedingt die K***** kaufen, um bei diesem Gewinnspiel mitmachen zu können. Die Aktienkurse, ihre Veränderungen und die Glücksziffer des Tages werden auch in allen steirischen Raiffeisenbanken veröffentlicht. Sie können diese Informationen aber auch täglich von 8-15 Uhr bei unserem Service-Tonbanddienst unter .... erfahren.

So melden Sie ihren Gewinn-Anspruch an: Gewinn-Hotline:..."

Daneben ist als Beispiel eine Liste von 40 (jeweils den gleichen Phantasienamen tragenden) Aktien und der dazugehörigen mit Plus oder Minus bezeichneten Kursdifferenzen in ganzen ein- oder zweistelligen Zahlen aufgelistet, darunter die Summe der Kursschwankungen "Ihrer 8 Aktien" mit 17 und unterhalb die Glücksziffer ebenfalls mit 17 angegeben.

Danach heißt es weiter:

"So gewinnen Sie den BMW compact "open air". Am letzten Spieltag, am Samstag, dem 7.12. wird zusätzlich zur Glücksziffer des Tages eine Zahl zwischen 1 und 40 als "Jokerzahl" veröffentlicht ...

Was Sie noch über das Raiffeisen-Börsen-Lotto wissen sollten. Weitere Gewinnkarten und Börsen-Lotto-Informationen können sie bei der Gewinn-Hotline unter ... anfordern bzw erhalten sie auch in allen steirischen Raiffeisenbanken und bei der "K*****". Beim Börsen-Lotto kann jeder mitmachen ...".

Mit ihrem am 30.10.1996 beim Erstgericht eingelangten Exekutionsantrag beantragte die betreibende Partei, ihr aufgrund des vollstreckbaren Vergleichs wider die verpflichtete Partei zur Sicherstellung ihres näher zitierten Anspruches aus dem Vergleich die Exekution gemäß § 355 EO zu bewilligen und über die verpflichtete Partei wegen des angeführten Zuwiderhandelns eine Geldstrafe von S 40.000,-- zu verhängen.

In dem Antrag war der "Folder" vom 13.10.1996 einkopiert. Dazu brachte die betreibende Partei vor, daß die Ausgabe der "K*****" vom Sonntag 13.10.1996 auch in einer Trafik in Wien verkauf worden sei. Dem Folder sei eine "persönliche Gewinnkarte" angeheftet, dem weiteren Text der Ankündigung sei zu entnehmen, daß die verpflichtete Partei sowie die steirischen Raiffeisenbanken Veranstalter dieses Gewinnspieles in Kooperation seien. Damit verstoße die Verpflichtete gegen das bestehende Unterlassungsgebot, insbesondere dessen allgemeinen Teil. Die Teilnahmemöglichkeit sei nicht nur auf bloß eine "persönliche Gewinnkarte" beschränkt, die Verbraucher können durch mehrfahen Erwerb der Zeitung auch mehrfache Gewinnkarten beziehen. Bei der täglichen Ermittlung schon von 8 Aktienkursen sowie der Gewinnzahl sei die telefonische Informationsbeschaffung bzw jene über die Raiffeisenbank nicht der einfachen Informationsbeschaffung über den Erwerb einer "Kleinen Zeitung" zum Preis von S 10,-- gleichwertig. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher werde mehrere Gewinnkarten beziehen und daher Information über sämtliche 40 Aktienkurse sowie die tägliche Gewinnzahl benötigen, um am Gewinnspiel entsprechend teilzunehmen. Einem teilnahmewilligen Leser sei es aber auch peinlich, wenn er persönlich Kontakt aufnehmen müsse mit einem der Veranstalter (Raiffeisenbank), um Aktienkurse anzufordern, und sich in der psychischen Zwangslage sehe, seine Teilnahme am Gewinnspiel ohne Bezug der Ware oder Dienstleistung zu rechtfertigen. Die Abfrage in einer Telefonzelle sei umständlich und anfällig für Übertragungsfehler. Trafiken seien im Gegensatz zu Raiffeisenbankfilialien vor 8.00 Uhr oder nach 15.00 Uhr geöffnet, auch könne die Zeitung bei einem Kolporteur vom Auto aus besorgt werden. Ein Telefongespräche sei bei derart umfangreiche Informationsaufnahme auch teurer als der Zeitungserwerb. Bei 543 Gemeinden in der Steiermark werde es noch immer ca 50 % der Orte geben, in denen es keine der ca 350 Filialien der Raiffeisenbank gebe. Es sei daher anzunehmen, daß ca. in der Hälfte der Gemeinden Teilnehmer am Gewinnspiel auf den Zeitungskauf verwiesen seien, da sie vielleicht auch kein eigenes Telefon hätten bzw telefonische Information für sie zu teuer und auch zu irrtumsanfällig wäre. Es liege daher ein psychischer Kaufzwang zum Erwerb der "K*****" vor. Ein Zuwiderhandeln liege darin, daß die Verpflichtete den oben dargestellten Folder beim Start des Gewinnspiels am 13.10.1996, sowie im weiteren seit 15.10.1996 täglich jeweils von Dienstag bis Samstag die Teilnahmemöglichkeit am Gewinnspiel durch die Veröffentlichung der Teilnahmebedingungen und die Aktienkurse samt Gewinnzahl in der "K*****" angekündigt und angeboten habe.

Das Erstgericht bewilligte antragsgemäß die Exekution und verhängte die beantragte Geldstrafe.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der verpflichteten Partei gab das Rekursgericht Folge und wies den Exekutionsantrag ab. Es sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand an Geldeswert S 50.000,-- übersteige, und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Bei der Prüfung, ob eine Zuwiderhandlung vorliege, sei vom Inhalt des gerichtlichen Vergleichs auszugehen. Ein Verstoß gegen Punkt 1.) dieses Vergleiches liege nach Auffassung des Rekursgerichtes deshalb nicht vor, weil den interessierten Mitspielern als gleichwertig anzusehende Möglichkeiten offeriert worden seien, sich die für die Teilnahme am Gewinnspiel erforderlichen Informationen auf andere Weise zu beschaffen. Die Möglichkeit, sich eine weitere Gewinnkarte oder die Gewinnzahlen (Aktienkurse) durch einen telefonischen Anruf zu beschaffen, ersetze die Notwendigkeit des Ankaufes eines weiteren Exemplares der Zeitung. Dieser sei daher zu allfälligen Erlangung der Zugabe (des Gewinnes) nicht notwendig, aber auch nicht entscheidend förderlich, ganz abgesehen davon, daß angenommen werden könne, daß die meisten Mitspieler ohnedies im regelmäßigen Bezug der "K*****" seien, zumindest aber als Leser derselben die Möglichkeit hätten, sich die erforderlichen Informationen kostenlos zu beschaffen. Zum Erwerb allenfalls gewünschter weiterer Gewinnkarten habe der Ankauf weiterer Zeitungsexemplare zumindest in der Folge, abgesehen vom 13.10.1996, nicht führen können.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil eine speziell auf den vorliegenden Fall anwendbare Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege. Der Erledigung des Rechtsmittels könne im übrigen deshalb eine besondere, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen, da mit der Klage nach § 36 Abs 1 Z 1 EO grundsätzlich nur die Voraussetzungen für die Bewilligung der Exekution im Sinne des § 7 Abs 2 EO, nicht jedoch die Voraussetzung des § 7 Abs 1 EO geprüft werden könnten. Die materielle Rechtskraftwirkung der Entscheidung dieser Sache könne somit - abgesehen von der Tatfrage - weitgehend abschließende Bedeutung haben.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der rechtzeitige Revisionsrekurs der betreibenden Partei, mit dem sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Exekutionsbewilligung anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum psychischen Kaufzwang abgewichen ist.

Zwar kommt es für die Frage, ob die Exekution zu bewilligen ist, nicht darauf an, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern darauf, was er nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat (zuletzt ecolex 1995, 351; RPflE 1995/115; 3 Ob 105, 106/95), es kann hier aber nicht übersehen werden, daß die Einschränkung der Unterlassungsverpflichtung auf solche Zugaben, bei denen der Eindruck erweckt wird, daß der Erwerb der Tageszeitung der verpflichteten Partei zur Erlangung der Zugabe notwendig oder förderlich sei, der ständigen Rechtsprechung zu § 9a UWG entspricht (zuletzt etwa ÖBl 1996, 38-Städteflugreisen). Der Erwerb der periodischen Druckschrift zur Erlangung der Zugabe ist aber schon dann förderlich, wenn der Erwerb der Hauptware die bequemste Art ist, zur Zugabe zu kommen. Daß vom Unterlassungsgebot jedenfalls auch Gewinnspiele, die beim Vertrieb der "K*****" durchgeführt werden, vom Titel umfaßt sein sollen, ergibt sich unzweifelhaft aus der Anführung eines speziellen Gewinnspiels in Punkt 1. c) des Vergleiches. Zur Auslegung des Umfanges der Unterlassungspflicht kann aber auch, was den "inneren Zweckzusammenhang" zwischen Hauptleistung und unentgeltlicher Zusatzleistung angeht, auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 9 a UWG zurückgegriffen werden. Es kommt darauf an, daß die Zuwendungen neben Hauptangeboten gemacht oder in Aussicht gestellt werden, für die sich der Kunde um ihretwillen entschließen soll: Auf die Förderung des Einzelgeschäftes und nicht der allgemeinen Geschäftstätigkeit kommt es dabei an. Der notwendige Zusammenhang muß zur Zeit des Kaufabschlusses gegeben sein, er kann nicht nachträglich hergestellt werden. Werden nach dem Geschäftsschluß Zuwendungen in Aussicht gestellt oder gewährt, mit denen der Käufer beim Kauf nicht rechnen konnte, dann ist die Zuwendung keine Zugabe (ÖBl 1996, 38 mwN).

Daraus ergibt sich bereits, daß in der bloßen Beilegung eines Faltprospekts, in dem das "Raiffeisen-Börsen-Lotto" angekündigt wurde, zur Ausgabe der "K*****" vom 13.10.1996 kein Verstoß gegen den Titel liegt, weil nicht einmal behauptet wurde, daß auf die Beilage auf der Titelseite oder in anderer auffälliger Weise hingewiesen worden wäre. Demnach konnte der Käufer nicht mit der Beigebung insbesondere der "Gewinnkarte" zu dieser Zeitungsausgabe rechnen. Die Beigebung des Folders samt Gewinnkarte stellt daher nicht das Gewähren einer unentgeltlichen Zugabe im Sinne des Unterlassungstitels dar, sehr wohl wird aber damit eine Zugabe in der Form angekündigt, daß späteren Ausgaben der Tageszeitung "K*****" (und zwar nahezu allen durch Monate hindurch) eine Liste mit der Veränderung 40 ausgewählter Aktien beiliegen werde, aus denen sich ergeben werde, ob die ebenfalls in den betreffenden Aktienkurs-Tabellen aufscheinende Glücksziffer mit der Summe der Kursveränderungen der 8 Aktien der Gewinnkarte übereinstimmt.

Ein Verstoß gegen den Titel läge darin nur dann nicht vor, wenn der Erwerb der Tageszeitung nicht die bequemste Art wäre, an dem Spiel teilnehmen zu können, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn die Veranstalter eine gleichwertige Alternative für die Teilnahme zum Kauf der Hauptleistung anbieten. Wie schon der Rekursentscheidung zu entnehmen ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits zu § 28 UWG klargestellt, daß das Zeitungsunternehmen sogar dann, wenn das Gewinnspiel durch ein Inserat eines Kunden angekündigt wird, dafür sorgen muß, daß bei der Gestaltung der Anzeige der Eindruck einer Abhängigkeit des vom Dritten angekündigten Gewinnspiels vom Kauf eines Exemplars der Zeitung, in der es angekündigt wird, unterbleibt (4 Ob 436/91; Leitsatz veröff. in ecolex 1992, 347 [Kucsko]). Umsomehr muß dies natürlich von einem Gewinnspiel gelten, das wie hier das Zeitungsunternehmen selbst veranstaltet. Aus dem Text des das Spiel ankündigenden Prospektes ergibt sich, daß die "K*****" zumindest Mitveranstalter ist.

Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes ist der Ansicht der betreibenden Partei zuzustimmen, daß für die Teilnahmewilligen die gebotenen Alternativen dem Kauf der Zeitung nicht gleichwertig sind.

Selbst wenn man mit dem Rekursgericht annehmen würde, daß die meisten Mitspieler zum Kreis der regelmäßigen Bezieher oder Leser der "K*****" gehören würden, kann daraus nicht abgeleitet werden, daß sich die Ankündigung und Gewährung der Zugaben von vornherein mit unerheblichen Ausnahmen lediglich an Abonnenten und solche Personen richten würde, die ohnehin praktisch täglich die "K*****" kaufen oder sonst die Möglichkeit haben, diese ohne Erwerb derselben zu lesen.

Als gleichwertig zur Überprüfung der Kursschwankungen bei den 8 auf der Gewinnkarte angeführten Aktien von den 40 der jeweils veröffentlichten Liste und deren Addition oder Subtraktion zur Ermittlung der Gewinnzahl kann weder die Möglichkeit, die Kursschwankungen telefonisch von einem Service-Tonbanddienst abzuhören, noch das Aufsuchen einer steirischen Raiffeisenbank angesehen werden.

Auch wenn man entgegen der Auffassung der betreibenden Partei nicht als gerichtsnotorisch ansehen kann, daß noch eine Vielzahl von Österreichern ohne Telefon sei, ist es richtig, daß das Abhören des Tonbandes mit einer langen Liste von Aktien und insgesamt bis zu 80 Zahlen (jeweils eine Ordnungszahl und eine Kursschwankungszahl) nicht nur die Gefahr von Hörfehlern birgt, sondern auch Kosten für die Telefongebühren hervorruft. Diese sind um so höher, je größer die höchste Gewinnzahl auf der Gewinnkarte ist und je größer die Entfernung des benützten Telefonapparates von Graz ist, wobei nicht übersehen werden darf, daß nach den zugrundezulegenden Behauptungen der betreibenden Partei die "K*****" österreichweit vertrieben wird.

Nichts anderes gilt aber für die Möglichkeit, die Veröffentlichungen in allen Raiffeisenbanken der Steiermark in Augenschein zu nehmen. Abgesehen davon, daß bei Personen, die nicht Kunden einer Raiffeisenbank sind, zwar nicht, wie von der betreibenden Partei vermeint, von einer Peinlichkeit, wohl aber von der Notwendigkeit, eine gewisse Schwellenangst zu überwinden, auszugehen ist, ist unbestritten, daß es "steirische Raiffeisenbanken" nicht einmal in jedem steirischen Ort gibt, sodaß schon deshalb für eine große Zahl von angesprochenen Personen eine mit Kostenaufwand und Zeitverlust verbundene Ortsveränderung notwendig wäre, um sich auf diesem Weg Kenntnis von den entsprechenden Gewinnzahlen zu verschaffen. Diese Informationsmöglichkeiten stellen daher keine gleichwertigen Alternativen zum Kauf einer bloß S 10,-- kostenden Zeitungsausgabe dar, aus der unschwer die entsprechenden Zahlen abgelesen werden können. Zudem ermöglicht der Ankauf eines Zeitungsexemplars auch eine sichere Kontrolle der angestellten Rechnung, was schon zur Vermeidung einer Blamage beim Anruf bei der "Gewinn-Hotline" angezeigt erscheint. Die Veranstaltung des gegenständlichen Gewinnspieles erzeugt daher den Lockeffekt, den die verpflichtete Partei offensichtlich beabsichtigt, wie sich auch aus der Formulierung "Sie müssen nicht unbedingt die K***** kaufen ..." ergibt.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe hat die verpflichtete Partei keine Einwände erhoben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 50, 41 ZPO iVm § 78 EO.

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