OGH 4Ob80/97m

OGH4Ob80/97m22.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang S*****, vertreten durch Dr. Gerhard Preisl, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagten Parteien 1. Bernhard T*****, 2. I***** AG, ***** beide vertreten durch Dr. Andreas Oberbichler und Dr. Michael Kramer, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Unterlassung, Widerruf und Schadenersatz (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000,--), infolge Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 31. Jänner 1997, GZ 2 R 2/97g-8, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 25. November 1996, GZ 7 Cg 291/96f-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger war bis April 1996 bei der Zweitbeklagten als Provisionsvertreter angestellt; jetzt ist er in derselben Funktion bei einem Konkurrenzunternehmen tätig.

Der Erstbeklagte ist bei der Zweitbeklagten angestellt. Er hat (auch) Kunden zu betreuen, die vom Kläger betreut worden waren. Im Oktober 1996 schrieb der Erstbeklagte auf Briefpapier der Zweitbeklagten an Kunden, die den Versicherungsvertrag mit der Zweitbeklagten gekündigt hatten, wie folgt:

"Wie Sie sich vielleicht erinnern können, haben Sie im Juli 1996 ein Schreiben erhalten, in welchem ich mich als Ihr neuer Versicherungsbetreuer vorgestellt habe. Leider konnte ich Sie bisher telefonisch nicht erreichen.

Mit Verwunderung habe ich erfahren, daß Sie Ihre Auto-Haftpflicht-Versicherung bei unserem Unternehmen gekündigt haben. Nach genauer Durchsicht Ihrer Versicherungsverträge stelle ich fest, daß Ihnen die in unserem Unternehmen möglichen Prämiennachlässe von Ihrem bisherigen Betreuer, Herrn S*****, nicht eingeräumt wurden.

Ich kann Ihnen nun aber mitteilen, daß wir für Ihr Auto eine neue Prämie, die 30 % Rabatt enthält, anbieten können.

..."

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten die Behauptung zu verbieten, daß der Kläger den Kunden der Zweitbeklagten die im Unternehmen der Zweitbeklagten möglichen Preisnachlässe, insbesondere Preisnachlässe von 30 %, nicht eingeräumt habe.

Das Schreiben erwecke den Eindruck, daß der Kläger mögliche Preisnachlässe nicht gewährt habe. Der Kläger habe aber im Sinne seiner Vorgesetzten gehandelt. Prämiennachlässe von 30 % seien damals nicht gewährt worden. Das Ansehen des Klägers werde durch die unwahren Behauptungen erheblich beeinträchtigt, vor allem deshalb, weil er nunmehr als Versicherungsvertreter für ein Konkurrenzunternehmen tätig sei. Das Verhalten der Beklagten verstoße nicht nur gegen § 1295 Abs 2, § 1330 ABGB, sondern auch gegen §§ 1, 2 und 7 UWG. Dem Kläger drohe ein unwiederbringlicher Schaden.

Die Beklagten beantragen, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Der Kläger habe nicht alle möglichen Rabatte gewährt. Er wäre ohne Rücksprache mit dem Gebietsleiter berechtigt gewesen, einen Rabatt von 25 % einzuräumen. Nachdem der Kläger bei der Zweitbeklagten ausgeschieden sei, habe er versucht, deren Kunden mit besonderen Nachlässen abzuwerben.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung.

Es nahm nicht als bescheinigt an, daß der Kläger während seiner Tätigkeit für die Zweitbeklagte mögliche Rabatte nicht eingeräumt habe. Ebensowenig nahm es als bescheinigt an, in welcher Höhe der Kläger Rabatte einräumen durfte und welche Rabatte er einzelnen Kunden einräumte.

Der Erstbeklagte habe gegen § 7 UWG verstoßen. Die von ihm aufgestellte Tatsachenbehauptung, der Kläger habe mögliche Prämiennachlässe nicht gewährt, setze den Kläger herab. Die Beklagten hätten nicht bescheinigt, daß die Behauptung wahr sei. Die Zweitbeklagte sei passiv legitimiert, weil der Erstbeklagte für sie tätig sei.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Sicherungsantrag abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Als angestellter Provisionsvertreter betreibe der Kläger kein Unternehmen. § 7 UWG erfasse ausschließlich die Beeinträchtigung von Unternehmen durch wettbewerbswidrige Handlungen anderer. Nach § 1330 ABGB stehe dem Kläger kein Unterlassungsanspruch zu, weil er nicht bewiesen habe, daß die beanstandete Behauptung unrichtig sei. Die Beweislast treffe den Kläger; die Beklagten hätten die Richtigkeit der Behauptung bestritten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, daß § 7 UWG anzuwenden sei. Auch ein angestellter Provisionsvertreter betreibe ein Unternehmen. Der Anspruch sei auch nach § 1330 ABGB begründet, weil die Beklagten die Behauptungen des Klägers zugestanden hätten. Damit habe sich eine Bescheinigung erübrigt. Die Bescheinigungslast habe wegen der größeren Nähe zum Beweis die Beklagten getroffen. Das beanstandete Schreiben widerspreche Treu und Glauben. Für die Zweitbeklagte sei es von Vorteil gewesen, daß der Kläger nicht immer den Höchstrabatt gewährt habe.

Nach § 7 UWG sind Tatsachenbehauptungen zu beurteilen, die zu Zwecken des Wettbewerbes über das Unternehmen eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Unternehmens, über die Waren oder Leistungen eines anderen behauptet werden. "Unternehmen" ist im weitesten Sinn zu verstehen. Darunter fällt jede selbständige Tätigkeit, die auf Erwerb gerichtet ist oder die, ohne Erwerbszwecke zu verfolgen, doch wirtschaftlichen Zwecken dient (WBl 1992, 195; s auch SZ 64/177 = ecolex 1992, 250 = EvBl 1992/91 = ÖBl 1992, 35 - Haus K mwN).

Ob der Kläger als angestellter Provisionsvertreter ein Unternehmen im Sinne des § 7 UWG betreibt, kann offenbleiben. Sein Sicherungsantrag ist auch dann begründet, wenn der Unterlassungsanspruch nach § 1330 Abs 2 ABGB beurteilt wird.

Nach dieser Bestimmung ist zur Unterlassung verpflichtet, wer Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen mußte. Die Beweislast für die Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung, die nicht zugleich Ehrenbeleidigung ist, trifft den Kläger (Reischauer in Rummel, ABGB**2 § 1330 Rz 18 mwN).

Im beanstandeten Schreiben wird der Eindruck erweckt, der Kläger hätte 30 % Rabatt geben können. Der Kläger hat behauptet, es sei unrichtig, daß er Kunden mögliche Prämiennachlässe nicht gewährt habe. Die Beklagten haben dem entgegengehalten, der Kläger wäre berechtigt gewesen, Kunden einen Rabatt von 25 % einzuräumen.

Damit haben die Beklagten zugestanden, daß der im Schreiben des Erstbeklagten erweckte Eindruck falsch ist. Insoweit ist es daher nicht richtig, daß sie sich - wie das Rekursgericht meint - auf die Richtigkeit der beanstandeten Aussage berufen hätten. Es trifft auch die Behauptung der Beklagten in der Revisionsrekursbeantwortung nicht zu, daß sie vorgebracht hätten, der Kundenbetreuer (und damit auch der Kläger) hätte nach Rücksprache mit dem Gebietsleiter 30 % Rabatt gewähren können. In der Äußerung, auf die sie sich in der Revisionsrekursbeantwortung beziehen, haben sie nur behauptet, der Erstbeklagte habe nach Rücksprache mit dem Gebietsleiter Kunden, die den Versicherungsvertrag gekündigt hatten, 30 % Rabatt angeboten.

Durch das Zugeständnis der Beklagten hat sich eine Bescheinigung erübrigt. Die Frage, ob die Bescheinigungslast wegen deren größerer Nähe zum Beweis die Beklagten trifft, stellt sich demnach nicht.

Der durch das Schreiben erweckte Eindruck, der Kläger habe die ihm möglichen Rabatte nicht eingeräumt, ist geeignet, den wirtschaftlichen Ruf des Klägers als Versicherungsvertreter zu schädigen. Die Auswirkungen der Rufschädigung sind nicht zu überblicken und lassen sich daher durch Geldersatz nicht völlig ausgleichen (SZ 61/193 = MR 1988, 194 - Camel I; s Reischauer aaO § 1330 Rz 23). Die vom Kläger beantragte einstweilige Verfügung ist demnach notwendig, um den drohenden unwiederbringlichen Schaden abzuwehren (§ 381 Z 2 EO).

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte