Spruch:
Der Beschluß des Strafbezirksgerichtes Wien vom 19.Dezember 1995, GZ 10 U 2.488/94-10, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 494 a Abs 4, 498 StPO.
Dieser Beschluß wird aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22.Juli 1992, GZ 8 d E Vr 11.444/91-33, wurde Andreas S***** zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Mit Beschluß vom 13.September 1995 (ON 44) wurde diese Strafe gemäß § 43 Abs 2 StGB endgültig nachgesehen. Dieser Beschluß wurde dem Verurteilten und dem öffentlichen Ankläger erst am 18.Jänner 1996 zugestellt und blieb unbekämpft.
Mit rechtskräftiger Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 19. Dezember 1995, GZ 10 U 2.488/94-10, wurde über Andreas S***** wegen während der Probezeit begangener Vergehen eine Geldstrafe verhängt. Zugleich wurde "gemäß § 494 a StPO vom Widerruf der bedingten Strafe zu LG für Strafsachen Wien 8 d E Vr 11.444/91, Hv 6.849/91 vom 22.7.1992 abgesehen, die Probezeit jedoch auf fünf Jahre verlängert".
Rechtliche Beurteilung
Dieser Ausspruch steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Da die vor dieser Beschlußfassung gemäß § 494 a Abs 3 StPO gebotene Einsichtnahme in die Akten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, AZ 8 d E Vr 11.444/91, unterlassen wurde, blieb unberücksichtigt, daß die bezügliche Freiheitsstrafe bereits mit (damals noch nicht rechtskräftigem) Beschluß vom 13.September 1995 endgültig nachgesehen worden war. Dieser Beschluß des Landesgerichtes erzeugte aber schon vor Eintritt der Rechtskraft eine aus §§ 494 a Abs 4, 498 StPO abzuleitende Sperrwirkung, derzufolge kein Gericht ohne vorangegangene Kassation berechtigt war, über dessen Gegenstand neuerlich abzusprechen. Der (zeitlich nachfolgende) Beschluß des Strafbezirksgerichtes Wien vermochte daher weder die schon vorher beschlossene endgültige Strafnachsicht zu beseitigen, noch sonst gegen den Verurteilten irgendwelche Rechtsfolgen zu bewirken (vgl Mayerhofer StPO4 EGr 20, insb EvBl 1989/64 aE) und war daher, zumal er dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, zu beseitigen (§ 292 letzter Satz StPO).
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