OGH 14Os15/97

OGH14Os15/9722.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. April 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. E.Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hofbauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anna Sz***** und Rosa S***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1 und 143 zweiter SatzStGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Klagenfurt vom 25. November 1996, GZ 13 Vr 1.113/95-102, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, der beiden Angeklagten und ihres Verteidigers Dr. Gahleitner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden die Angeklagten Anna Sz***** und Rosa S***** - im zweiten Rechtsgang abermals - des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter SatzStGB schuldig erkannt, weil sie am 12. Juli 1995 in St.Veit a.d.Glan im bewußten und gewollten Zusammenwirken dadurch, daß sie dem Johann L***** Flunitrazepam in Form von Rohypnol oder Somnubene verabreichten, sohin mit Gewalt gegen eine Person dem Genannten fremde bewegliche Sachen, nämlich einen Bargeldbetrag von 430 S, mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen haben, wobei die Gewaltanwendung eine an sich schwere Körperverletzung des Johann L*****, nämlich einen stuporösen Zustand, zur Folge hatte.

Rechtliche Beurteilung

Beide Angeklagten bekämpfen dieses Urteil aus den Gründen der Z 6 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde.

Mit der Fragenrüge (Z 6) reklamieren beide Beschwerdeführerinnen das Fehlen je einer Eventualfrage nach dem Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB zu den auf das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter SatzStGB gerichteten Hauptfragen.

Die Rüge ist schon vom Ansatz her verfehlt. Die Stellung einer Eventualfrage ist nämlich nur zulässig, wenn es sich um solche rechtlich verschiedene Beurteilungen derselben Tat handelt, von denen diejenige, die der Hauptfrage zugrunde liegt, die in die Eventualfrage aufzunehmende ausschließt (Mayerhofer, StPO4 § 314 E 15). Hier lauten die Hauptfragen ohnedies auf Raub nach § 142 Abs 1 StGB, allerdings qualifiziert nach § 143 zweiter Satz StGB, sodaß die Stellung von Eventualfragen nach dem selben Grunddelikt von vornherein ausscheidet.

Die Beschwerde könnte aber auch auf die Stellung von (uneigentlichen) Zusatzfragen gemäß § 316 StPO gerichtet verstanden zu keinem Erfolg führen. Diese Gesetzesstelle normiert nur die Voraussetzungen, unter denen Erschwerungs- oder Milderungsumstände überhaupt Gegenstand der Fragestellung sein können, schreibt aber nicht vor, daß nach den eine Änderung des Strafsatzes begründenden Erschwerungs- und Milderungsumständen selbständige Fragen gestellt werden müssen. Gemäß § 317 Abs 2 StPO bleibt es vielmehr der Beurteilung des Schwurgerichtshofes anheimgestellt, ob ein strafsatzändernder Umstand in die Hauptfrage aufzunehmen oder zum Gegenstand einer eigenen Frage zu machen ist. Das Gericht ist nur verpflichtet, auf die Möglichkeit der Bejahung der Hauptfrage mit der Einschränkung, daß die genannten Qualifikationsmerkmale nicht vorliegen, in der Rechtsbelehrung hinzuweisen (Mayerhofer, StPO4 § 316 E 8).

Hier hat der Schwurgerichtshof - der Anklage entsprechend - die Hauptfragen jeweils auf Raub nach § 142 Abs 1 StGB, qualifiziert nach § 143 zweiter Satz StGB, gestellt und in der Rechtsbelehrung die Geschworenen ausdrücklich auf die Möglichkeit der eingeschränkten Beantwortung von Fragen aufmerksam gemacht (S 53/III), sodaß die Vorschriften über die Fragestellung nicht verletzt wurden.

Mit ihren Tatsachenrügen (Z 10 a) suchen die Beschwerdeführerinnen ihren jeweiligen Verantwortungen dahin, daß die Erstangeklagte Sz***** dem Johann L***** das Schlafpulver - ohne Wissen der Zweitangeklagten S***** - zu einem Zeitpunkt in das Bier gegeben habe, als diese - ohne Kenntnis der Erstangeklagten - dem Opfer das Bargeld bereits weggenommen hatte, doch noch zum Durchbruch zu verhelfen. Die Geschworenen sind jedoch diesen - erst in der Hauptverhandlung vorgebrachten - Versionen nicht gefolgt, sondern haben ein bewußtes und gewolltes Zusammenwirken der beiden Frauen als erwiesen angenommen. Gegen die Richtigkeit dieser im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsache bestehen keine erheblichen Bedenken.

Die unberechtigten Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB über die Angeklagte Anna Sz***** eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und über die Angeklagte Rosa S***** eine solche von sieben Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend bei Anna Sz***** zwei auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen und die heimtückische Vorgangsweise, bei Rosa S***** fünfzehn auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen und die Anstiftung der Sz*****, als mildernd bei beiden Angeklagten das teilweise reumütige Geständnis sowie die Sicherstellung der Beute und bei Sz***** zusätzlich, daß sie die Tat unter Einwirkung der Mitangeklagten S***** verübte.

Mit ihren Berufungen streben die beiden Angeklagten eine Herabsetzung der Freiheitsstrafen, die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung an.

Sämtliche Berufungen sind unbegründet.

Den Berufungen der beiden Angeklagten zuwider hat das Geschworenengericht mit Recht den Umstand, daß die schwere Körperverletzung (nur) fahrlässig herbeigeührt wurde, nicht als besonderen Milderungsgrund gewertet. Mit der darüber hinausgehenden Behauptung fehlender Vorhersehbarkeit dieser Tatfolge (mit der notwendigen Konsequenz fehlender Verantwortlichkeit) weicht die Berufung der Angeklagten S***** vom Schuldspruch des Geschworenengerichtes ab.

Entgegen der Berufung der Angeklagten Sz***** wurde die heimtückische Begehungsweise zutreffend als besonderer Erschwerungsumstand herangezogen, der in § 33 Z 6 StGB ausdrücklich vorgesehen ist.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft ist zwar insoweit beizupflichten, als die planvolle Tatausführung der beiden Angeklagten diese im Rahmen der allgemeinen Schuldkriterien des § 32 StGB belastet. Die Staatsanwaltschaft ist auch damit im Recht, daß die schon erwähnte und hinsichtlich Sz***** ohnehin vom Erstgericht berücksichtigte Heimtücke als besonderer Erschwerungsumstand nach § 33 Z 6 StGB auch der Mitangeklagten S***** zur Last fällt. Für eine zusätzliche Verwirklichung dieses Erschwerungsumstandes dadurch, daß das Opfer durch die Tat Qualen erlitten habe, ergeben sich nach der Aktenlage jedoch keine geeigneten Anhaltspunkte.

Den beiden Angeklagten kann - der Berufung der Staatsanwaltschaft zuwider - auch nicht als besonderer Erschwerungsgrund angelastet werden, daß die Tat wegen der Geringwertigkeit der Beute aus besonders verwerflichen Beweggründen (§ 33 Z 5 StGB) begangen worden sei.

Von den angeführten Korrekturen abgesehen wurden die Strafzumessungsgründe bei beiden Angeklagten vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollständig dargelegt und auch ihrem tatsächlichen Gewicht entsprechend gewertet. Letzteres gilt auch für das durch einschlägige Vorstrafen belastete Vorleben der Angeklagten S*****.

Auf der Basis der gesetzlichen Strafdrohung nach § 143 zweiter Strafsatz StGB sind die vom Geschworenengericht über die beiden Angeklagten verhängten Strafen unter dem Blickwinkel der dargelegten Erwägungen tat- und tätergerecht. Eine außerordentliche Strafmilderung kam auch bei der Angeklagten Sz***** nicht in Betracht.

Sämtliche Berufungen mußten daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.

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