OGH 5Ob2421/96g

OGH5Ob2421/96g22.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Günther O*****, vertreten durch Dr.Heinz Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Adolf C*****, Hauseigentümer, ***** vertreten durch Dr.Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 24.September 1996, GZ 39 R 533/96p-11, womit der Zwischensachbeschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 16.März 1996, GZ 4 Msch 124/95i-5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Der Zwischensachbeschluß des Erstgerichtes wird wiederhergestellt.

Text

Begründung

Der Antragsgegner ist Eigentümer des Hauses Wien ***** indem der Antragsteller seit 1.2.1978 das Geschäftslokal top Nr.1 um einen wertgesicherten monatlichen Hauptmietzins von S 3.000,- gemietet hat. Der Antragsteller übernahm damals im Einvernehmen mit der Hausverwaltung den bestehenden Betrieb (Cafe-Restaurant) von den bisherigen Mietern.

Der Antragsteller bekämpft - nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle - im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG die vom Antragsgegner unter Hinweis auf eine neuerliche Verpachtung zum 1.9.1994 vorgenommene Vorschreibung eines Hauptmietzinses von S 7.700,- (S 70,- pro Quadratmeter) statt der bis dahin vereinbarungsgemäß geleisteten S 5.312,09.

Im Zuge des Verfahrens stellte der Antragsteller den Zwischenantrag auf Feststellung, daß die Mietzinsbildungsvorschriften des § 12a Abs 5 MRG infolge neuerlicher Verpachtung ab 1.9.1994 auf Grund einer Parteienvereinbarung über das verfahrensgegenständliche Geschäftslokal nicht anwendbar seien.

Der Antragsteller führte dazu im wesentlichen aus, daß er gleichzeitig mit dem Mietvertragsabschluß den damals bestehenden Cafe-Restaurantbetrieb übernommen und mit der Hausinhabung eine Zusatzvereinbarung betreffend Verpachtung geschlossen habe. Dies sei eine ausdrückliche Voraussetzungen für den Abschluß des Mietverhältnisses gewesen. Der Hauptmietzins sei daher schon damals entsprechend angehoben worden (siehe Vorbringen im Antrag bei der Schlichtungsstelle). Der Betrieb sei seither ständig verpachtet gewesen und niemals vom Antragsteller selbst geführt worden. Er leite aus diesem Sachverhalt einen Verzicht des Vermieters auf Mietzinsanhebung ab.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Antrages des Antragstellers und wendete ein, § 12a Abs 5 MRG finde voll Anwendung.

Das Erstgericht wies den Zwischenfeststellungsantrag ab. Es stellte - zusätzlich zu den eingangs wieder gegebenen unbestrittenen Sachverhalt - folgendes fest:

Die Zusatzvereinbarung vom 1.2.1978 zwischen dem Antragsteller und den seinerzeitigen Hauseigentümern, vertreten durch den Hausverwalter lautet unter anderem:

"1. Die Hausinhabung räumt Ihnen das Recht der Verpachtung des vorgenannten Mietobjektes ***** ein falls der Pächter den gewerberechtlichen Vorschriften entspricht und keine begründeten Bedenken gegen seine Bonität vorliegen. Vor der Verpachtung ist die Hausinhabung in Kenntnis zu setzen.

(.....)

3. Schließlich räumt die Hausinhabung Ihnen das Weitergaberecht dieser Hauptmietrechte innerhalb der nächsten zehn Jahre ab Vertragsbeginn (Ende somit 1.2.1988) zu denselben Bedingungen wie im abgeschlossenen Mietvertrag ein, falls gegen Ihren Mietrechtsnachfolger bzw dessen Bonität keine Begründeten Bedenken bestehen.

Eine Weitergabe nach Ablauf der 10-jährigen Frist kann nur zu neuen abgeänderten Bedingungen erfolgen, die von der Hausinhabung festgelegt werden."

Außerdem wurde ausdrücklich auf den zugrundeliegenden (unstrittigen) Mietvertrag verwiesen.

Mit Schreiben vom 6.9.1994 forderte die nunmehrige Hausverwaltung L***** GmbH den Antragsteller unter anderem auf, den neuen Pächter bekanntzugeben und verwies auf die diesbezügliche Verständigungspflicht in der Zusatzvereinbarung.

Der Antragsteller teilte darauf mit Schreiben vom 9.9.1994 mit, daß ab 1.8.1994 der neue Lokalpächter Johannes P***** ist. Die Hausverwaltung schrieb dem Antragsteller am 20.10.1994 unter Hinweis auf § 12a MRG ab 1.September 1994 einen als angemessen bezeichneten Hauptmietzins von S 70,- pro m2, für 110 m2 (unstrittig S 7.700,-) wertgesichert nach dem VPI 1986, Ausgangsbasis 9/94, Schwankungsgrenze 5 % vor, sodaß sich gegenüber dem bisherigen Hauptmietzins eine monatliche Differenz von S 2.387,91 zuzüglich Umsatzsteuer ergebe und forderte die Nachzahlung für die Monate September und Oktober 1994.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es seien sämtliche Voraussetzungen zur Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 5 MRG nach dem Wortlaut dieses Gesetzes in der Fassung des 3. WÄG, das nach § 46a Abs 3 MRG in diesem Fall anwendbar sei, erfüllt. Der Antragsteller stütze sein nunmehriges Feststellungsbegehren im wesentlichen auf den Umstand, daß der Hauseigentümer mit der Einräumung des Rechtes zur Verpachtung des Mietobjektes auf eine Mietzinsanhebung verzichtet hätte. Die entsprechende Zusatzvereinbarung vom 1.2.1978 enthalte dazu aber keinerlei Vereinbarung. Soweit der Antragsteller damit argumentiere, daß im Gegenzug für das Zugeständnis der Verpachtung der Mietzins entsprechend - offenbar gegenüber den Vormietern - angehoben worden sei, sei entgegenzuhalten, daß nach § 16 Abs 1 MG in der Fassung der Mietengesetznovelle 1974 eine freie Zinsvereinbarung zulässig gewesen sei. Soferne man dem Antragsteller in seiner Argumentation des Verzichts auf eine Mietzinsanhebung folgen wollte, wäre dieser Verzicht wohl nur im Sinne des Punktes 3 der Zusatzvereinbarung, also befristet bis zum 1.2.1988, zu verstehen gewesen. Außerdem bestimme § 12a Abs 5 MRG die Zulässigkeit der Verpachtung sogar ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen. Unabhängig davon bestehe das Recht des Vermieters zur Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 5 2. bis letzter Satz MRG.

Das Rekursgericht hob den Zwischensachbeschluß des Erstgerichtes auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der weitere Rekurs (an den Obersten Gerichtshof) zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Zutreffend würde der Antragsteller damit argumentieren, daß die Rechtsprechung zur Unternehmensveräußerung jetzt auch auf die Verpachtung eines Unternehmens anwendbar sein müsse (vgl Würth/Zingher WohnR'94 Anm 10 zu § 12a MRG). Da im Falle der Veräußerung eines Unternehmens die Mietzinserhöhungsmöglichkeit dem Vermieter als Ausgleich für die Aufdrängung des Unternehmenserwerbers als neuen Vertragspartner gewährt werde, komme nach der Rechtsprechung diese Mietzinserhöhungsmöglichkeit dann nicht zur Anwendung, wenn dem Unternehmensveräußerer ein die Mietrechte betreffendes Weitergaberecht zugestanden sei. Daß der Vermieter bei Gewährung des Weitergaberechtes vor Inkrafttreten des MRG die Regelung des § 12 Abs 3 aF MRG (nunmehr § 12a Abs 1 MRG) nicht in seine Erwägungen habe einbeziehen können, vermöge nichts daran zu ändern, weil der Vermieter damals ja zur Gewährung eines Weitergaberechtes nicht verpflichtet gewesen sei (vgl MietSlg 41.230, 36.279). Diese Grundsätze seien im wesentlichen auch auf die Verpachtung eines Unternehmens anzuwenden. Habe daher der Vermieter die Verpachtung ausdrücklich vertraglich erlaubt, obwohl er zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Möglichkeit gehabt hätte, eine Verpachtung vertraglich wirksam auszuschließen, so könne nach Ansicht des Rekursgerichtes das Mietzinsanhebungsrecht nach § 12a Abs 5 MRG nicht ohne weiteres zum Tragen kommen. Ausgehend davon, daß im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen den Streitteilen mangels einer Vereinbarung über eine Verpachtung eine solche vom Vermieter nicht hätte verhindert werden können, erscheine dem Rekursgericht eine analoge Anwendung der Judikatur zur Mietzinsanhebung bei Unternehmensveräußerung nur dann gerechtfertigt, wenn sich der Mieter das Weiterverpachtungsrecht "erkauft" habe. Diesbezüglich seien jedoch vom Erstgericht keine Feststellungen getroffen worden, obgleich der Antragsteller behauptet habe, daß die Einräumung des Verpachtungsrechtes nach den Willen der vertragsschließenden Parteien in der Höhe des vereinbarten Mietzinses seinen Niederschlag gefunden habe.

Das Erstgericht werde daher im fortzusetzenden Verfahren diesbezügliche ergänzende Feststellungen zu treffen haben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob die Mietzinsanhebungsmöglichkeit nach § 12a Abs 5 MRG im Falle der ausdrücklichen Einräumung eines Verpachtungsrechtes ausscheide.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Zwischensachbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt werde; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller begehrt, aus Anlaß des zulässigen Revisionsrekurses dahin zu entscheiden, daß dem Rekurs des Antragstellers gegen den Zwischensachbeschluß erster Instanz Folge gegeben und die beantragte Feststellung getroffen werde.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

§ 12a Abs 3 Satz 3 - 5 MRG gestattet dem Vermieter für die Dauer der Verpachtung des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens des Mieters die Anhebung des Hauptmietzinses auf das im Zeitpunkt der Verpachtung (§ 12a Abs 7 MRG) nach § 16 Abs 1 MRG angemessene Ausmaß, jedoch unter Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand Geschäftstätigkeit, solange der Pächter diese nicht ändert. Diese Bestimmungen sehen das Mietzinsanhebungsrecht des Vermieters ohne Rücksicht darauf vor, ob die Verpachtung dem Mieter vom Vermieter von vornherein gestattet war oder eine Verpachtung bloß mangels Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter in diesem Punkt nicht verhindert werden könnte ob das Verpachtungsrecht nunmehr sogar ohne Rücksicht auf eine entgegenstehende Vereinbarung kraft § 12a Abs 5 Satz 1 MRG besteht. Dieses generell mit einer Unternehmensverpachtung durch den Mieter verbundene Mietzinsanhebungsrecht des Vermieters entspricht den schon in § 12 Abs 3 MRG aF und durch § 12a MRG idF des

3. WÄG verstärkten Bemühungen des Gesetzgebers, Altmietzinse auf das neu zulässige Ausmaß zu bringen (vgl Würth/Zingher, WohnR'94 Anm 12 zu § 12a MRG).

Der vom Antragsteller geltend gemachte Umstand, es sei schon seinerzeit bei Abschluß des Mietvertrages von den Vertragsparteien davon ausgegangen worden, daß der Antragsteller den Mietvertrag bloß deswegen abschließe, um das darin betriebene, von ihm erworbene Unternehmen auch in Zukunft nur in Form der Verpachtung zu betreiben, und daß die im Mietvertrag gestattete Verpachtung in der Höhe des damals vereinbarten Mietzinses seinen Niederschlag gefunden habe, steht der Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 5 MRG aus folgenden Gründen nicht entgegen:

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages war eine freie Mietzinsvereinbarung möglich. Es ist selbstverständlich, daß sich die Höhe eines auf solcher Grundlage vereinbarten Mietzinses auch nach der Art und dem Umfang der dem Mieter eingeräumten Rechte richtet. Allerdings erfährt aus allgemein vertragsrechtlichen Gründen der einmal vereinbarte Mietzins keine Änderung, im Falle seiner Wertsicherung keine Änderung des realen Wertes, auch wenn sich die Marktverhältnisse später ändern sollten und wenn als Folge dieser Änderung in neu abgeschlossenen Mietverträgen ein höherer Mietzins erzielbar wäre.

Wenn nun durch geänderte gesetzliche Bestimmungen bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen - hier derjenigen des § 12a Abs 5 MRG - dem Vermieter die Möglichkeit zur Anhebung des Hauptmietzinses auf das derzeitige Niveau gestattet wird, so wird der Vermieter nicht deswegen daran gehindert, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, weil in einem seinerzeit frei vereinbarten Mietzins - wie der Antragsteller meint - ein Verzicht auf das erst nunmehr eingeräumte Recht gelegen wäre. Die Vereinbarung eines zunächst wohl marktkonformen Mietzinses unter Berücksichtigung der konkreten Vertragsgestaltung bedeutet keinen Verzicht des Vermieters, von einem später durch Gesetz eingeräumten Recht auf Anhebung des dann nicht mehr angemessenen Mietzinses Gebrauch zu machen. Ein derartiger Verzicht kann weder aus dem allgemeinen Vertragsrecht abgeleitet werden noch existieren diesbezügliche - zB mietrechtliche - Sondervorschriften.

Es ist richtig, daß die Rechtsprechung eine Anhebung des Mietzinses nach § 12 Abs 3 MRG aF bzw § 12a Abs 1 MRG idF des 3. WÄG im Falle der Unternehmensveräußerung dann nicht zuläßt, wenn dem veräußernden Mieter vom Vermieter ein Weitergaberecht eingeräumt worden war. Dies ist eine Folge der gesetzlichen Regelung, wonach das Mietzinsanhebungsrecht im Falle der Unternehmensveräußerung dem Vermieter deswegen zusteht, weil der neue Mieter seine Rechte vom Erwerb des Unternehmens kraft Gesetzes ableitet. Dies ist bei Ausübung eines Weitergaberechtes durch den Vormieter nicht der Fall. Eine Gleichstellung der Verpachtung des vom Mieter im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens mit Zustimmung des Vermieters mit einem Mietrechtserwerb als Folge der Ausübung eines Weitergaberechtes durch den Vormieter ist daher nicht sachgerecht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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