OGH 8Ob35/97y

OGH8Ob35/97y17.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GesmbH *****, vertreten durch Dr.Erwin Bajc, Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Dr.Michael Z*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Marlies S*****, vertreten durch Dr.Siegfried Legat, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wegen S 35.929,20 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 14.Oktober 1996, GZ 1 R 237/96m-27, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Das Verfahren wird mit Zustellung dieses Beschlusses wieder aufgenommen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.381,12 bestimmten Kosten ihres Rekurses (darin S 563,52 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage von der späteren Gemeinschuldnerin S 35.929,20 sA an Werklohn.

Mit Urteil vom 3.3.1996 erkannte das Bezirksgericht Bruck an der Mur die Klagsforderung als mit S 31.770,-- und eine von der Beklagten eingewendete Gegenforderung als bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht bestehend und wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin wurde schuldig erkannt, der Beklagten S 25.082,80 an Kosten zu ersetzen.

Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin am 11.4.1996 Berufung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren im Ausmaß von S 31.770,-- sA stattgegeben werde.

Die spätere Gemeinschuldnerin beantragte in ihrer am 24.4.1996 eingebrachten Berufungsbeantwortung, der Berufung nicht Folge zu geben.

Mit Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 30.5.1996, 17 S 288/96p, wurde über das Vermögen der bisherigen Beklagten der Konkurs eröffnet, worauf das Berufungsgericht mit Beschluß vom 15.7.1996 die Unterbrechung des Verfahrens feststellte.

Am 11.9.1996 beantragte der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Marlies S*****, das Verfahren fortzusetzen. Daraufhin beraumte das Berufungsgericht mit Beschluß vom 30.9.1996 die Tagsatzung zur mündlichen Berufungsverhandlung für den 12.12.1996 an.

Mit Schriftsatz vom 3.10.1996 wies die Klägerin darauf hin, ihre Werklohnforderung, die der Anmeldung im Konkurs unterliege, im Konkursverfahren nicht angemeldet zu haben, sodaß eine Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreites nicht möglich sei.

Mit Beschluß vom 14.10.1996 beraumte das Berufungsgericht daraufhin die Tagsatzung zur mündlichen Berufungsverhandlung ab und wies den Antrag des Masseverwalters auf Fortsetzung des Verfahrens ab. Die Aufnahme des Verfahrens habe die Prüfung der strittigen Forderung im Konkurs zur Voraussetzung, die aber - da die Klägerin ihre Forderung nicht angemeldet habe - nicht erfolgt sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Masseverwalters mit dem Antrag, sie dahin abzuändern, "daß dem Berufungsgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen und eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt" werde.

Die Klägerin beantragt, den Rekurs zurückzuweisen, hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (JBl 1992, 331; MR 1991, 28; EvBl 1989/60), wobei wegen Rechtsähnlichkeit zum Fall des § 521a Abs 1 Z 3 ZPO das Rechtsmittelverfahren zweiseitig ist (EvBl 1989/60).

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Der Rekurswerber verweist darauf, daß die Masse mit der aus dem bisherigen Verfahren resultierenden Honorarforderung des Rechtsanwaltes der nunmehrigen Gemeinschuldnerin konfrontiert sei. Insofern stehe der Masse ein Kostenersatzanspruch gegen die Klägerin zu, dessen Durchsetzung diese nicht durch Verweigerung der Anmeldung ihrer Forderung im Konkurs vereiteln könne.

Diesem Einwand kommt Berechtigung zu:

Gemäß § 7 Abs 3 KO kann bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Konkurs unterliegen, das infolge Konkurseröffnung unterbrochene Verfahren vor Abschluß der Prüfungstagsatzung nicht aufgenommen werden. Diese Bestimmung wird von der Rechtsprechung dahin ausgelegt, daß "der Prozeß erst dann wieder aufgenommen werden kann, wenn der Anspruch im Konkurs wirklich angemeldet, der Prüfung unterzogen worden ist und der Masseverwalter erklärt hat, die Forderung nicht anzuerkennen" (ZBl 1929/245; RZ 1958, 139; JBl 1978, 433; Fasching, Kommentar II 775; Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 590 ff; Riel, Die Befugnisse des Masseverwalters im Zivilverfahrensrecht 119 ua). Diese Auslegung soll sicherstellen, daß die strittige Forderung zur Vermeidung unnötigen Prozeßaufwandes vorerst dem außerstreitigen Prüfungsverfahren im Konkurs unterzogen wird. Vor Abschluß des Prüfungsverfahrens ist daher der Rechtsweg unzulässig (RZ 1992/21).

Diese Grundsätze versagen aber dann, wenn der Gegner des beklagten Gemeinschuldners zur Anmeldung der strittigen Forderung - etwa wegen der Gefahr, bei Fortsetzung des unterbrochenen Rechtsstreites selbst kostenfällig zu werden - nicht bereit ist. Hielte man die dargestellte Auslegung des § 7 Abs 3 KO auch für diesen Sonderfall aufrecht, hätte es der Gegner des Gemeinschuldners in der Hand, die ihm im Falle der Aufnahme des Verfahrens drohenden Kostenfolgen durch Verweigerung der Anmeldung seiner Forderung abzuwenden. Dieses Ergebnis kann aber nicht hingenommen werden, da die Konkursmasse ihrerseits mit den bis zur Unterbrechung des Verfahrens aufgelaufenen Prozeßkosten des Gemeinschuldners belastet ist und - wie bei sonstigen Aktivansprüchen der Masse auch - für den Masseverwalter die Möglichkeit bestehen muß, den Kostenersatzanspruch der Masse gegen den Gegner durchzusetzen.

Die Auslegung des § 7 Abs 3 KO, wonach die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens über eine anmeldungspflichtige Forderung erst möglich ist, wenn die Forderung im Konkurs angemeldet und vom Masseverwalter bestritten wurde, bedarf daher im hier zu beurteilenden Sonderfall einer Einschränkung: Meldet - wie hier - der Gegner des Gemeinschuldners seine Forderung im Konkurs nicht an, so vereitelt er die Einleitung des außerstreitigen Prüfungsverfahrens im Konkurs, was zur Folge hat, daß der Masseverwalter nach Abschluß der (allgemeinen) Prüfungstagsatzung - diese Einschränkung seines Aufnahmerechtes ergibt sich zwingend aus § 7 Abs 3 KO - das Verfahren ohne weitere Voraussetzungen aufnehmen kann.

Dies bedeutet im hier zu beurteilenden Fall, daß der Aufnahmeantrag des Masseverwalters berechtigt ist. Aus dem Akteninhalt ergibt sich nämlich, daß die Prüfungstagsatzung bereits am 26.6.1996 stattgefunden hat (AV vom 9.10.1996, S 365 dA).

In Stattgebung des Rekurses war daher die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Aufnahmeantrages abzuändern.

Die Entscheidung über die Rekurskosten des Masseverwalters gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Die Klägerin, die sich mit ihrem Schriftsatz vom 3.10.1996 gegen die Aufnahme des Verfahrens ausgesprochen hat, hat damit einen Zwischenstreit ausgelöst, in dem sie letztlich unterlegen ist. Sie hat daher dem Masseverwalter die Kosten seines Rekurses zu ersetzen.

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