OGH 7Ob25/97w

OGH7Ob25/97w16.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mesut H*****, vertreten durch Dr.Alexander Pratter und Dr.Peter Lechenauer, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei A***** Versicherungs AG, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang R. Gassner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung einer Deckungspflicht (Streitwert S 50.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 30. Oktober 1996, GZ 22 R 273/96t-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 3.April 1996, GZ 14 C 226/95s-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

§§ 380, 425 ABGB fordern für den abgeleiteten Eigentumserwerb ein gültiges Titelgeschäft und eine rechtliche Erwerbungsart. Nur das letztgenannte Verfügungsgeschäft ist hier für den strittigen Eigentumserwerb zu prüfen. Auch sachenrechtliche Geschäfte setzen gültige Willenserklärungen voraus, die auf die Begründung oder Übertragung von Sachenrechten gerichtet sein müssen (Koziol/Welser10 II 3 f). Die Übereignung kann trotz unbedingten Titelgeschäfts einer Bedingung unterworfen werden; so wird häufig Eigentum unter der Bedingung der Kaufpreiszahlung übertragen (HS IV/63; Koziol/Welser aaO 75).

Nach herrschender Lehre (Klang in Klang2 II 307 f; Koziol/Welser aaO 75 f,. Bollenberger, Zahlungsunfähigkeit 67 ff) und Rechtsprechung (ZVR 1977/104; MietSlg 28.169; JBl 1984, 671) ist die gemäß § 425 ABGB für die Eigentumsübertragung erforderliche rechtliche Übergabe und Übernahme als besonderes dingliches Verfügungsgeschäft anzusehen, das nicht schon dem Verpflichtungsgeschäft unwiderruflich innewohnt. Spielbüchler (in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 425) und Bydlinski (in Klang2 IV/2, 375) vertreten dagegen die Auffassung, daß die Übergabe nur ein Realakt ist, der aber, um das Eigentumsrecht zu übertragen, auf einer Einigung über den Eigentumsübergang beruhen muß ("dingliche Einigung"), welche jedoch in aller Regel nicht erst bei der Übergabe oder sonst selbständig außerhalb des Kaufvertrages geschlossen wird, sondern unselbständig, sozusagen der sachenrechtliche Teil der kaufvertraglichen Einigung ist. Der Oberste Gerichtshof ist dieser Auffassung in den Entscheidungen ÖBA 1987, 51 (Iro) - und RdW 1987, 157 (Iro) gefolgt, ohne sein Abweichen von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung näher zu begründen (kritisch dazu Koziol/Welser aaO 75 f). Die Streitfrage muß hier aber nicht untersucht werden, weil im Rahmen der gegenständlichen Veräußerung eines Kraftfahrzeugs an den Kläger weder bei Abschluß des Kaufvertrages noch bei der Übergabe ein Vorbehalt gemacht wurde, daß der Kläger das Eigentumsrecht erst nach der Abmeldung des Fahrzeugs bei der Zulassungsbehörde übertragen erhalten soll.

Die Verkäuferin des gegenständlichen Kraftfahrzeuges machte bei Abschluß des schriftlichen Kaufvertrages Anfang Oktober 1993 gegenüber dem Kläger keine Erklärungen über den Übergang des Eigentumsrechts, sondern überließ, da sie verreisen wollte, alles übrige ihrem Sohn mit dem - nicht gegenüber dem Kläger geäußerten - Bemerken: "Melde das Fahrzeug ab und gib ihm dann die Schlüssel". Als sich der Kläger mit dem Sohn der Verkäuferin am 12.10.1993 zur Ummeldung bei der Zulassungsbehörde getroffen und den Kaufpreis gezahlt hatte, erkundigte sich der Sohn der Verkäuferin beim Schalterbeamten, ob dabei alles gutgehen werde und übergab dem Kläger sodann den Fahrzeugschlüssel. Da die Abmeldung aber am fehlenden Reisepaß der Verkäuferin scheiterte, nahm der Kläger das Fahrzeug an sich und teilte das auch der Tochter der Verkäuferin mit, weil er deren Sohn nicht erreichen konnte. Bis zum gegenständlichen Unfall am 27.11.1993 wurde das Fahrzeug weder von der Klägerin noch von ihrem Sohn als ihrem Vertreter zurückverlangt. Unter diesen Umständen ist der Übertragungswille zumindest schlüssig erklärt worden. Mit der Eigentumsübertragung aber trat der Kläger als Erwerber an die Stelle der Verkäuferin in die sich aus der bestehenden Haftpflichtversicherung ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein (§ 69 Abs 1 VersVG iVm § 158h VersVG). Die Veräußerung der versicherten Sache bewirkt also das Ausscheiden des bisherigen Versicherungsnehmers aus dem bestehenden Vertragsverhältnis; mit dem Übergang des Eigentums an einem Kraftfahrzeug ändert sich auch die Person des Versicherungsnehmers (EvBl 1969/341; 7 Ob 36/78).

Am 12.10.1993 ließ der Sohn der Verkäuferin über die Beklagte ein Fahrzeug für sich anmelden. Bei dieser Gelegenheit teilte er dem Sachbearbeiter der Beklagten mit, daß seine Mutter das ebenfalls bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug veräußert hatte, ohne jedoch den Namen des Klägers als Käufer zu nennen. Da dieser Sachbearbeiter - ohne allerdings rückzufragen - dabei angenommen hatte, daß das Fahrzeug bereits abgemeldet ist, fragte er nicht nach dem Namen des Erwerbers. Der Kläger zeigte der Beklagten den Erwerb des versicherten Fahrzeugs nicht an. Gemäß § 71 Abs 1 VersVG ist die Veräußerung dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen; wird die Anzeige weder vom Erwerber noch vom Veräußerer unverzüglich erstattet, so ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen. Gemäß § 71 Abs 2 VersVG (in der hier noch maßgebenden Fassung vor der VersVG-Novelle 1994) bleibt die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung bestehen, wenn ihm die Veräußerung in dem Zeitpunkt bekannt war, in welchem ihm die Anzeige hätte zugehen müssen. Der Versicherer bleibt demnach auch nach der Monatsfrist noch im Risiko, sofern er in dem maßgeblichen Zeitpunkt anderweitig Kenntnis von der Veräußerung hatte, sei es vom Veräußerer, sei es durch andere Quellen (Bruck/Möller/Sieg, VVG8 II 904). Es reicht jedenfalls aus, wenn die Anzeige durch den Veräußerer oder durch den Erwerber erfolgt ist (Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 293). Im vorliegenden Fall hat der Vertreter der Versicherungsnehmerin dem Angestellten der Beklagten zwar nicht die Person des Erwerbers genannt (vgl zu den Mindesterfordernissen der Anzeige Bruck/Möller/Sieg aaO 898), doch wurde die Veräußerung durch den Vertreter der Versicherungsnehmerin angezeigt und unterblieb eine Zurückweisung diese Anzeige durch die Beklagte. Die Beklagte hat im Verfahren auch keinen Grund genannt, warum sie wegen der Person des Erwerbers von ihrem Rücktrittsrecht (§ 70 VersVG) Gebrauch gemacht hätte. Die Revision führt auch nur aus, daß den Beklagten an der Nichterstattung der Anzeige gemäß § 71 VersVG ein grobes Verschulden treffe, sodaß jedenfalls Leistungsfreiheit gegeben sei. Liegt aber rechtzeitige Kenntnis des Versicherers von der Veräußerung vor, dann kommt es nicht mehr darauf an, ob den Erwerber an der Verletzung seiner Anzeigepflicht ein Verschulden trifft.

Die Vorinstanzen haben den Versicherungsschutz des Klägers als Erwerber des versicherten Kraftfahrzeugs ohne Rechtsirrtum bejaht. Die Revision war daher - ungeachtet des nicht bindenden Ausspruchs, daß sie zulässig sei - mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Dabei konnte sich der Oberste Gerichtshof auf die Darstellung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO nicht hingewiesen.

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