OGH 10Ob84/97v

OGH10Ob84/97v15.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Johannes Hock sen. und Dr.Johannes Hock jun., Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) I***** GmbH, ***** als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der H***** GmbH, ebendort, bei Ausübung der Masseverwaltung vertreten durch Dr.Friedrich Fromherz, Rechtsanwalt in Linz, und 2.) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Herausgabe und Duldung (Gesamtstreitwert S 500.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 7.Jänner 1997, GZ 1 R 285/96d-13, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Ob ein selbständiger (und damit sonderrechtsfähiger) oder unselbständiger (und damit sonderrechtsunfähiger) Bestandteil (Koziol/Welser II10 12f) vorliegt, entscheidet grundsätzlich die Verkehrsauffassung (SZ 40/104) und ist damit einzelfallabhängig (SZ 57/166), wobei im Zweifel anzunehmen ist, daß Bestandteile im selben Eigentum stehen wie die Hauptsache (1 Ob 21/82).

Ausgehend von den in der Berufung der Klägerin unbekämpft gebliebenen und für den Obersten Gerichtshof ausschließlich maßgeblichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen entstanden erst durch die von ihr errichteten und gelieferten Dacheindeckungs- und Fassadenteile (Trapezblechschalen) an der bauseits vormontierten Stahlbetonträgerkonstruktion die fertigen Einstell- und Prüfhallen im Kasernengelände der Zweitbeklagten. Nach den Feststellungen über die Montage (wie auch Demontage) dieser nach Maß vorgefertigten Einzelteile für die Seitenwände und die Dächer kann zwar kein Zweifel darüber bestehen, daß grundsätzlich die (technische) Möglichkeit der Absonderung und Wiederherstellung der Einzelteile als selbständige Sachen möglich wäre, jedoch ist ebenso klar, daß hiedurch das Wesen der Hauptsache so verändert würde, daß sie wirtschaftlich als etwas ganz anderes angesehen werden müßte, nämlich wiederum eine nackte Trägerkonstruktion ohne Hallencharakter und damit verbundenen Verwendungszweck. Nach der Verkehrsauffassung ist jedoch in einem solchen Fall eine wirtschaftliche und damit auch rechtliche Absonderung(sfähigkeit) zu verneinen, also die Zurückbringung in den vorigen Stand (im Sinne des § 415 ABGB) nicht möglich (EvBl 1958/159, 3 Ob 112/87; Klang in Klang II**2 14), kann doch nicht ernstlich bezweifelt werden, daß nur durch diese Fassaden- und Dachteile die wirtschaftliche Funktion als Lagerhallen überhaupt zu erreichen ist.

In der Erkenntnis, daß heute vielfach Bauwerke aus Fertigteilen bestehen, hat der Oberste Gerichtshof in der mehrfach veröffentlichten Entscheidung SZ 60/66 (= EvBl 1987/143 = JBl 1987,

779) - im Zusammenhang mit 40 Stahlbetonfertiggaragen - der Verkehrsauffassung im vorstehenden Sinne vorrangige Bedeutung zuerkannt. Schon in seiner Entscheidung SZ 15/238 hatte der Oberste Gerichtshof überdies ausgesprochen, daß der Umfang der Wirksamkeit eines vereinbarten Eigentumsvorbehaltes nach seiner wirtschaftlichen Bedeutung und nach der Zweckbestimmung der verkauften Sache oder des hergestellten Werkes beurteilt werden muß; mögen die hier betroffenen Teile auch nach ihrer physischen Beschaffenheit (auf die in der Revision vorrangig abgestellt wird) als selbständige Sachen erscheinen, so können sie doch nach der für die rechtliche Beurteilung allein maßgebenden Verkehrsauffassung wirtschaftlich nur als unselbständige Bestandteile der Hallen angesehen werden, mit denen sie verbunden wurden (§ 297 ABGB). Insoweit lag bei den Fertigungsteilen von Anfang an eine der fortdauernden Benützung der Hallen dienende objektivierte Zweckwidmung vor (vgl JBl 1992, 782). Ihre rechtliche Qualifikation als selbständiger Bestandteil wurde daher von den Vorinstanzen, welche zutreffend nicht bloß die technische, sondern auch die wirtschaftliche Lösbarkeit geprüft haben, entgegen der Auffassung der Klägerin zu Recht abgelehnt.

2.) Auch wenn Eigentumsvorbehalt eine durchaus häufige Erscheinung des modernen Wirtschafts- und Geschäftslebens ist (so schon SZ 15/238) und zwischen den beklagten Parteien die Werkvertrags-Ö-Norm B 2110 Vertragsgrundlage bildete, wäre die Klägerin doch als behauptete Vorbehaltseigentümerin nach deren Punkt 2.29.4.2 Schlußsatz verpflichtet gewesen, "diesen Eigentumsvorbehalt durch entsprechende Kennzeichen ersichtlich zu machen". Derartiges wurde nach den Feststellungen des Erstgerichtes aber unterlassen. Dadurch konnte es auch - wiederum nach den Feststellungen der Vorinstanzen - auch geschehen, daß der für die Zweitbeklagte maßgebliche Bauleiter erst nach Konkurseröffnung vom (angeblichen) Eigentumsvorbehalt erfahren hat. Wie die Zweitbeklagte sonst aber erkennen hätte müssen (oder auch nur können), daß ihre Vertragspartnerin und spätere Gemeinschuldnerin nicht Eigentümer des angelieferten bzw zur Hallenerrichtung verbauten Materials war, bleibt die Revisionswerberin auch in ihrem Rechtsmittel näher auszuführen schuldig. Entgegen der in der Revision hiezu vertretenen Auffassung wird nicht die Unredlichkeit, sondern die Redlichkeit eines Erwerbers im Zweifel vermutet (JBl 1993, 183). Nach den §§ 294 und 297 ABGB (SZ 60/66; Koziol/Welser aaO 8, 72f) entstand das Eigentum der Zweitbeklagten im Zeitpunkt der Verarbeitung (= Montage) bzw erlosch der Eigentumsvorbehalt durch die damit erfolgte Verbindung zwischen Haupt- und Nebensache (vgl SZ 57/192), sodaß es damit auch keiner näheren Feststellungen, zu welchem Zeitpunkt die Zweitbeklagte das den klägerischen Aussonderungsanspruch verhindernde Eigentum an den von der Klägerin gelieferten und montierten Bauteilen erworben hat, bedurfte.

3.) Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO war die somit unzulässige Revision zurückzuweisen.

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