OGH 11Os24/97

OGH11Os24/9715.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.April 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ebner, Dr.Schmucker, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Brandstätter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Tanju A***** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 3 und Abs 4 zweiter Satz StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. April 1996, GZ 23 Vr 2061/95-100, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Weiß, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 12.April 1996, GZ 23 Vr 2061/95-100 (S 91/II), mit dem gemäß "§ 494 a (Abs 1 Z 2) StPO iVm § 55 StGB" ausgesprochen wurde, daß aus Anlaß der gleichzeitig erfolgten Verurteilung des Tanju A***** vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zum AZ 23 Vr 391/95 desselben Gerichtes abgesehen, jedoch die Probezeit auf zwei Jahre verlängert wird, verletzt im zuletzt angeführten Ausspruch das Gesetz in der Bestimmung des § 55 Abs 1 StGB.

Dieser Beschluß, der im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die Probezeitverlängerung aufgehoben.

Text

Gründe:

Der am 10.Jänner 1978 geborene Tanju A***** wurde mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 12.Jänner 1996, GZ 23 Vr 391/95-52, des (teilweise als Beitragstäter begangenen) Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2, 129 Z 1, 130 zweiter Satz erster und zweiter Fall sowie 15, 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt und über ihn unter Anwendung der §§ 28 (Abs 1) StGB und 5 (Z 4) JGG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verhängt, deren Vollzug gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine einjährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde.

In der Folge wurde Tanju A***** mit (gleichfalls rechtskräftigem) Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Innsbruck vom 12.April 1996, GZ 23 Vr 2061/95-100, des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, Abs 3 und Abs 4 zweiter Satz StGB sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt und gemäß § 164 Abs 4 StGB unter Anwendung der §§ 28 (Abs 1) und 37 (Abs 1) StGB sowie 5 (Z 4) JGG und Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das vorangeführte Urteil zu einer (unbedingten) Geldstrafe als Zusatzstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurde "gemäß § 494 a (Abs 1 Z 2) StPO iVm § 55 StGB" vom Widerruf der im oben genannten Verfahren AZ 23 Vr 391/95 dieses Gerichtshofes gewährten bedingten Strafnachsicht abgesehen und die dort bestimmte Probezeit auf zwei Jahre verlängert.

Rechtliche Beurteilung

Der zuletzt angeführte Beschluß findet - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - in seinem Ausspruch über die Verlängerung der Probezeit im Gesetz keine Deckung.

Werden (wie hier) mehrere strafbare Handlungen eines Rechtsbrechers, die nach der Zeit ihrer Begehung Gegenstand eines (einzigen) Urteiles hätten sein können, in verschiedenen, im Verhältnis des § 31 Abs 1 StGB stehenden Erkenntnissen abgeurteilt, so ist anläßlich der zeitlich nachfolgenden Verurteilung zu prüfen, ob eine in vorangegangenen Verfahren ausgesprochene bedingte Strafnachsicht auch bei gemeinsamer Aburteilung gewährt worden wäre. Wird dies verneint, ist die bedingte Strafnachsicht gemäß der diese Fallgestaltung abschließend regelnden Bestimmung des § 55 Abs 1 StGB zu widerrufen; andernfalls bleibt die im vorangegangenen Urteil gewährte Strafnachsicht mit der dort bestimmten Probezeit unberührt. Eine Verlängerung der Probezeit (iS des § 53 Abs 2 StGB) ist mangels gesetzlicher Grundlage jedenfalls unzulässig (vgl ua Leukauf-Steininger Komm3 § 55 RN 8; EvBl 1990/166).

Da sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt hat, war der Ausspruch über die Probezeitverlängerung nach § 292 letzter Satz StPO aufzuheben.

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