Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Necip B***** wurde des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall und Abs 2 erster Fall SGG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, weil er zwischen Dezember 1995 und April 1996 in der Justizanstalt Stein (zu ergänzen: den bestehenden Vorschriften zuwider) Suchtgift in einer großen Menge dadurch in Verkehr gesetzt hat, daß er wiederholt Heroin, und zwar insgesamt mindestens 20 Gramm mit über 1,5 Gramm - nach den Urteilsfeststellungen US 9 Mitte: von mindestens 10,74 Gramm - Reinsubstanz, an (den inzwischen verstorbenen) Gerhard K***** und an (den gesondert verfolgten) Horst E***** verkaufte, wobei er "mit dem Vorsatz" (gemeint: "in der Absicht - vgl US 4 unten und 10 dritter Absatz) handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung (zu ergänzen: der im § 12 Abs 1 SGG bezeichneten Tat) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 5 a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; die Strafhöhe ficht er ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit Berufung an.
Die Mängelrüge (Z 5) greift zunächst zwei Sätze aus den - an sich unanfechtbaren (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 2, 26) - schöffengerichtlichen Erwägungen heraus, in denen das Erstgericht bloß resümierend seine Überzeugung zum Ausdruck bringt, warum es einerseits bei den tatverfangenen mindestens 20 Gramm Heroin von einer Mindestreinsubstanz (allgemein ausgedrückt) von über 1,5 Gramm ausgeht (US 9 vorletzter Satz), und daß andererseits der Angeklagte B***** einen Weg gefunden hatte, E***** und K***** regelmäßig mit Heroin zu versorgen (US 10 zweiter Absatz letzter Satz). Unter der Annahme eines bloß 7 %igen Reinheitsgehaltes, gelangt sie auf Grund eigener, jedoch urteilsfremder Beweiswürdigung zum Ergebnis, die inkriminierten 20 Gramm Heroin hätten nur 1,4 Gramm Reinsubstanz enthalten, übergeht dabei aber die unbekämpft gebliebene, vom Schöffengericht unbedenklich getroffene und mängelfrei begründende entscheidende Konstatierung, wonach die vom Angeklagten in Verkehr gesetzte Heroinmenge einen Reinheitsgehalt von mindestens 53,7 % hatte und somit mindestens 10,4 Gramm reine Heroinbase aufwies, was das Erstgericht schlüssig aus Verfahrensergebnissen ableitete (US 9 Mitte).
Im zweiten Teil moniert der Beschwerdeführer eine (vermeintliche) Aktenwidrigkeit, weil nach seiner Meinung der Sinngehalt eines Schreibens des (zufolge unbekannten Aufenthaltes) in der Hauptverhandlung nicht vernommenen Horst E***** an seine Lebensgefährtin Karin N***** (85 f) im Urteil "falsch wiedergegeben und interpretiert" werde. Die behauptete Aktenwidrigkeit läge indes nur vor, wenn das Erstgericht den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt dieser Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergegeben (EvBl 1972/17) oder in den Entscheidungsgründen als Urkundeninhalt etwas angeführt hätte, das deren Inhalt nicht bildet (vgl Mayerhofer aaO E 185); nicht aber, wenn die Erkenntnisrichter - wie vorliegend - dem aus Tarnungsgründen bewußt unklar gehaltenen Inhalt eines Briefes unter Berücksichtigung weiterer Verfahrensergebnisse, die der Beschwerdeführer allerdings verschweigt, in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) einen denkmöglichen spezifischen Bedeutungsinhalt beimessen (US 6, 7 ff).
In Wahrheit wird damit lediglich nach Art einer in den Verfahrensgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung und demnach unbeachtlich die tatrichterliche Lösung der Schuldfrage kritisiert, ohne einen formalen Begründungsfehler darzutun.
Gleiches gilt für die Einwände in der Tatsachenrüge (Z 5 a), wonach das Erstgericht seiner Entscheidung zahlreiche entscheidende Tatsachen ohne Begründung zugrunde gelegt habe (womit der Sache nach abermals Begründungsmängel releviert werden), gegen deren Richtigkeit sich aus den Akten erhebliche bzw schwerwiegende Bedenken ergäben.
Im Gegensatz zur prozeßordnungswidrigen Vorgangsweise des Nichtigkeitswerbers, der im wesentlichen bloß danach trachtet, anhand von selektierten, aus dem Zusammenhang gerissenen (in der Beschwerdeschrift zitierten) Verfahrensergebnissen mit hypothetisch/spekulativen, beweiswürdigenden Überlegungen seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen, zumindest aber "im Zweifel zu seinen Gunsten" - somit unzulässig eine Beweiswürdigungsmaxime anrufend (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 a E 3, 4) - auf einen Reinheitsgehalt von unter 1,5 Gramm der inkriminierten Heroinmenge zu gelangen, hat das Schöffengericht in einer ausführlichen und kritischen Gesamtschau aller maßgebenden Ergebnisse der aufgenommenen Sach- und Zeugenbeweise, den besonderen Gegebenheiten in der Justizanstalt Stein und den Beschwerdeargumenten Rechnung tragend, sowie - soweit überhaupt möglich - unter Verwertung des persönlich gewonnenen Eindrucks nicht nur die zur Erfüllung des Verbrechens nach § 12 Abs 1 vierter Fall SGG erforderlichen subjektiven und objektiven Sachverhaltskomponenten unbedenklich festgestellt, sondern auch aktenkonform, zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), plausibel, in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen ebenso wie mit der Lebens- und Gerichtserfahrung begründet, aus welchen Erwägungen es den Angeklagten für schuldig hielt, auf nicht mehr näher zu klärende Art und Weise Heroin in die Justizanstalt geschmuggelt und davon mindestens 20 Gramm mit jedenfalls "über 1,5 Gramm" Reinsubstanz (vgl SSt 58/19 = EvBl 1988/3 = RZ 1987/48) - konkret: mit "mindestens 10,75 Gramm Reinsubstanz" - in Verkehr gesetzt zu haben (US 5 ff).
Nach Prüfung der gesamten Aktenlage durch den Obersten Gerichtshof ergeben sich - der Beschwerde zuwider - demnach aus den Akten keine gravierenden Bedenken gegen die entscheidenden erstgerichtlichen Feststellungen zu dem in Rede stehenden Suchtgiftverbrechen.
Die Rechtsrügen entbehren zur Gänze einer gesetzmäßigen Ausführung.
Unter Heranziehung des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO vermißt der Beschwerdeführer im Urteil Feststellungen dahin, "ob es sich tatsächlich um Heroin und bejahendenfalls um welche Reinsubstanzmenge es sich dabei gehandelt hat"; unter Bezug auf Z 10 leg.cit reklamiert er einerseits die Konstatierung, "daß der Reinheitsgehalt des Heroins, mit welchem ich gehandelt habe, nicht feststellbar ist", andererseits begehrt er, im Zweifel zu seinen Gunsten von "1,4 %" (ersichtlich gemeint: 1,4 Gramm) Reinsubstanz an Heroin ausgehend, - abermals im Zweifel - die Subsumtion der ihm angelasteten Tat "nicht unter § 12, sondern nur unter § 16 SGG".
Die erfolgreiche Geltendmachung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe verlangt jedoch unabdingbar ein Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt, dessen Vergleichung mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und den Nachweis, daß dem Erstgericht bei Beurteilung dieses Tatsachensubstrates ein Rechtsfehler oder/und ein beweismäßig indizierter Feststellungsmangel für die verläßliche Beurteilung der Tat unterlaufen ist. Eine Nichtigkeitsbeschwerde ist daher nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, wenn sie eine im Urteil festgestellte Tatsache bestreitet, sich auf eine Tatsache stützt, die im Urteil nicht festgestellt ist, oder wenn sie einen im Urteil konstatierten Umstand verschweigt.
Gerade in diesen prozeßordnungswidrigen Vorgang verfällt der Rechtsmittelwerber, indem er den - wie dargelegt - unbedenklich und formell einwandfrei festgestellten Reinheitsgehalt der tatverfangenen 20 Gramm Heroin von (generell) über 1,5 Gramm und (konkret) von mindestens 10,74 Gramm übergeht (US 9 f), somit erneut und ausdrücklich nur die sachgerechte, aber zu seinem Nachteil ausgefallene Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter in Zweifel zieht.
Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen fällt demnach dem Oberlandesgericht Wien zu (§ 285 i StPO).
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