OGH 10Ob2473/96s

OGH10Ob2473/96s11.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Olga P*****, Volksschuldirektorin i.R., ***** vertreten durch Mag.Dr.Michael Kreuz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Silvia G*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr.Johannes Mayerhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung (Streitwert 24.000 S) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 2. Oktober 1996, GZ 39 R 732/96b-21, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 21.Mai 1996, GZ 15 C 2426/95p-16, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Rechtssache wird gemäß § 6a ZPO dem Bezirksgericht Floridsdorf als Pflegschaftsgericht zur Prüfung übermittelt, ob bei der klagenden Partei unter Beziehung auf diesen Rechtsstreit die Voraussetzungen des § 273 ABGB vorliegen.

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes unterbrochen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hauses, in dem eine von der Beklagten benützte Wohnung liegt. Sie begehrt mit ihrer am 5.9.1995 eingebrachten Klage, die Beklagte zur Räumung dieser Wohnung zu verpflichten. Es bestehe kein Mietvertrag, die Beklagte benütze die Wohnung titellos. Überdies seien durch die nachteilige Benützung der Beklagten gravierende Schäden an der Substanz des Hauses aufgetreten.

Die Beklagte bestritt dieses Begehren.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte sei Hauptmieterin der Wohnung; sie benütze das Bestandobjekt auch nicht in einer die Substanz des Hauses schädigenden Weise.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Anläßlich der Prüfung der Akten ergaben sich Bedenken gegen die Prozeßfähigkeit der Klägerin. Aus dem Akt 16 Sw 62/87 des Bezirksgerichtes Floridsdorf ergibt sich, daß für die Klägerin mit Beschluß vom 11.1.1988 (ON 10) ein einstweiliger Sachwalter zur Vertretung im Verfahren 6 C 5249/86f (es handelte sich um ein Verfahren über eine von der Klägerin gegen die Beklagte angestrengete Räumungsklage) bestellt wurde. Mit Beschluß vom 2.6.1989 wurde für die Klägerin ein Sachwalter zur Vertretung in allen Verfahren bestellt, in denen die (hier) Beklage als Prozeßgegnerin auftritt. Wiederholte Anträge der Klägerin auf Aufhebung der Sachwalterschaft wurden abgewiesen (ON 102 - Rekursentscheidung ON 129, ON 147 - Rekursentscheidung ON 159, ON 162 je im Akt 16 Sw 62/87). Mit Beschluß vom 17.12.1992, 16 Sw 62/87-168 wurde ein neuerlichen Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Sachwalterschaft abgewiesen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gab dem von der Klägerin gegen diesen Beschluß gerichteten Rekurs mit Beschluß vom 30.3.1993, GZ 44 R 80/93-188 Folge, hob die Sachwalterschaft auf und enthob den bestellten Sachwalter seiner Funktion. Die Betroffene (hier Klägerin) leide nach wie vor an Paranoia querulans, ihr Verhalten sei im Rahmen der Führung der Prozesse gegen die Beklagte und ihren Gatten wahngesteuert und sie könne nur mit viel Aufwand dazu gebracht werden, anwaltlichen Rat in einem Kündigungsverfahren gegen die Beklagte und ihren Gatten zu akzeptieren und danach zu handeln. Die Sachwalterschaft stelle allerdings eine psychische Belastung für sie dar. Stelle man diesen Nachteil dem durch die Sachwalterschaft gebotenen Schutz gegenüber, so erscheine dieser Schutz nicht notwendig. Die (ergebnislose) Prozeßführung gegen die Beklagte und ihren Gatten sei wohl mit Kosten für die Klägerin verbunden. Dies stelle aber im Hinblick auf ihr Einkommen und ihre Vermögensituation keine wesentliche finanzielle Beeinträchtigung dar; es erscheine ausgeschlossen, daß die Klägerin dadurch ihrer finanzielle Existenz oder ihr Vermögen gefährden könnte. Die Sachwalterschaft sei daher aufzuheben. Sollte sich das Krankheitsbild bei der Klägerin verschlechtern oder eine solche finanzielle Gefährdung erkennbar werden, die ein Eingreifen des Gerichtes gerechtfertigt erscheinen lasse, so bestehe die Möglichkeit, neuerlich einen Sachwalter zu bestellen.

Im Hinblick auf die Gestion der Klägerin im vorliegenden Verfahren bestehen jedoch wiederum schwerwiegende Bedenken gegen ihre Prozeßfähigkeit. Die Sache war daher an das Pflegschaftsgericht zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 273 ABGB zu übermitteln (§ 6a ZPO). Die seinerzeit vom Rekursgericht im Sachwalterschaftsverfahren für die Aufhebung der Sachwalterschaft gegebene Begründung unterliegt im vorliegenden Revisionsverfahren nicht der Überprüfung. Es wird aber zu klären sein, ob nunmehr die Voraussetzungen des § 273 ABGB vorliegen, insbesondere, ob in den Umständen, die etwa 2 1/2 Jahre vor der Einbringung der vorliegenden Klage das Rekursgericht zur Aufhebung der Sachwalterschaft bewogen, mittlerweile eine Änderung eingetreten ist.

Der Rechtsstreit war bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes zu unterbrechen (SZ 60/56).

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